wie mir italien

wie mir italien fehlt. bei meinem kurztrip neulich an den lago, als ich abends praktisch aus dem flieger in die wohnung am see kam, alles dunkel und still dort, es fühlte sich haarscharf genauso an wie als kind, als wir immer am wochenende und in den ferien dort waren, eine stunde auto von mailand aus, ein klacks, von einem zuhause ins andere zuhause. die reisetage, die seit 25 jahren zwischen mir und dem haus am see liegen, der adrenalinberg, der aufwand, die 1100km, alles weg. schade, dass es kein bezahlbares flugabo gibt, ich würde einmal im monat für ein weekend dorthinfliegen und meine welten zueinanderzwingen.

deplacement

deplacement, merkwürdiges. erste hühnersuppe. das fehlen des sommers fällt mir gar nicht auf, ich sehe dem schnellen wechsel draussen zu und habe das gefühl, die zeit verginge schneller als sonst, während ich in meinem elastischen stillstand festsitze (plaste und elaste aus schkopau). aber das gepladder verhindert radfahren, and that sucks.

das stille glück, kann ick. ist langweilig.

unbehagen bei absätzen oder diesen absatzmarken in blogtexten, lieber alles condensed auf einen nicht mehr lesbaren punkt.

kinder vor der glotze nach endlosen versuchen, streitereien zu schlichten. einmal um dem block gescheucht hab ich sie, für programm fehlt mir die lust grad.

begeistert vom leben, auch wenn sich das nicht immer so anhört, hier liegen, unter einem plaid, dem regen zusehen, eigentlich das hühnerfleisch lösen müssen, die freude über kinder, die wohnung, die dinge in ihrem bezug zu mir, die freude an der brillanz vieler sätze bei „on beauty“, der alte kelim unter den nackten füßen, der regen. ziele haben, hatt ich immer, fast keines erreicht, aber hey, man richtet sich ein.

hundert 60w-glühbirnen gekauft, ist das nicht verrückt? die sind mir eigentlich zu dunkel, aber das andere licht ist im berliner winter nicht adäquat.

keine lust, den houllebecq zu lesen, den ich schon hin-und zurück nach italien geschleppt habe. mich beunruhigt immerhin sein titelbild, ich finde die abgeklärtheit des autors total uninteressant und unangemessen in meine wahrnehmung seiner werke hineinschwappend (grad über inappropriate als reizwort der amerikanischen akademikerwelt in „on beauty“ gefreut), sein unglück macht es auch nicht besser, die bücher vergilben einem unter den händen weg. aber das bild ist großartig.

shittibitty, ich muss jetzt das huhn.

navigation. kinder brauchen bücher, hefte, ordner, immer wieder andere als auf den abgearbeiteten listen, es gibt einen platten reifen und einen kaputten radhelm, die geldbörse verschwindet, der kakao fliegt auf den teppich, das falsche englischbuch wird geliefert, der dynamo vom dritten kind rutscht immer in den reifen, heute beim eisessen lauter liebe freundinnen und bekannte getroffen, es geht allen so, viel zu tun, berge hoch, wobei nein, es geht nur den müttern so, die anderen haben nur den job, das ist doch schon etwas vollkommen anderes. yes, vollkommen. ein hoch auf die mütter! gregor im eisladen: „mama, der milchshake kostet sehr viel, oder? 3,20, das will ich auch gar nicht, ich nehm‘ das normale eis“. vernünftiges kind, denke ich. die kinder brauchen 20 euro für die klassenkasse, 18 euro für die klassenkasse, 55 euro im monat zum essen, 30 und nochmal 30 euro zum schulessen (die kleinen essen wohl noch weniger), plus die ganzen schülerkarten für die öffentlichen. immer eher pleite nach den ferien, das ist aber im flow, denke ich, hoffe ich, und versuche aussenstände einzutreiben. der grosse verschreibt sich bei den hausaufgaben und kriegt einen wutanfall, zwilling zwei hat die klaviernoten verloren, zwilling eins will jetzt doch gitarre und nicht mehr flöte, der große hat sein handy bei der klavierlehrerin vergessen, zwilling 2 hat seine stiftetasche versaust und der große will sein lineal nicht verleihen, tut es dann aber doch, sobald ich mit zwilling 2 schimpfe, im auftrag der solidarietät. der vormittag im job war ähnlich chaotisch und erfolglos, die waschmaschine ist noch voll und der wäscheständer auch. ich bin erschossen und hab null lust, was zu kochen. abend für pasta pomodoro, mit den guten mutti-tomaten (heissen so. sind feine aus süditalien). ein bierchen zur inneren nivellierung dazu. und morgen? gehts weiter.

wüst den unentrinnbaren antwortautomaten beschimpfen, wenn man beim kino anruft, um nach einer liegengebliebenen kinderjacke zu fragen. wütend den auflegen-knopf drücken. nochmal anrufen, weiter fluchen. nochmal anrufen, versuchen, 500 plätze zu reservieren, „sie wollen _zwei_ plätze reservieren?“. versuchen, sich an biblische schimpfwörter zu erinnern, und nicht immer nur dio cane. vom fluchen ins verfluchen rutschen, den schuldigen und die folgenden generationen. (in welchem buch gab es nochmal einen nörgel-telefonservice? ein nicht so tolles von lethem, oder?).

der große liegt auf dem sofa und ruft: ich will lernen! (einschulung ins gymnasium erst um 11 uhr)

dem großen und einem zwilling zuhören, wie sie nebeneinander auf dem bett sitzen und sich alles über den ersten schultag erzählen, ganz ruhig und neugierig. heut morgen bei der einschulung in der aula des c.v.o. so einen sehr deutlichen übergang gespürt, hierhin hast du ihn gebracht, jetzt muss er allein weiter, sowas in der art. hatte ich eigentlich schon bei der ersten einschulung, da kannte ich natürlich das berliner schulsystem noch nicht, das so sehr auf die mitarbeit der eltern baut. ob es diesmal genauso wird?

auf dem heimweg gehen wir beim friseur vorbei, er lässt sich die haare ultrakurz schneiden, von sehr lang, ohne jedes federlesen.

two to go.

wow. endlich mad men geguckt. reduziert die hausbar. das zeitaroma ist etwas ermüdend, die gegenstände der fünfziger/sechziger finde ich gilb und bedrückend, vor allem, weil die berliner trödelläden so voll davon sind, diese lampen, die aus dem braun tapezierten wohnzimer einer alten frau oder eines alten mannes kommen, dieses unfreie design mit der plüschigkeit der fünfziger, auf dem weg, aber noch in der seltsam-phase. don draper aber ist absolut hinreissend, schön, smart, unglücklich, eine sehr anziehende figur. am allerspannendsten aber finde ich natürlich die frauenbilder – die männer sind genau so geschrieben, wie man sie erwartet, eigentlich nie überraschend, aber die frauen bieten, besonders die figur der peggy olson, noch entwicklungsmöglichkeiten und geben anlass zur hoffnung. ich war überrascht von all den aggressiven und selbstbewussten damen in drapers bett, die ich eher in den späten als in den frühen sechzigern erwartet hätte, aber vielleicht waren die amis da schneller.

man sollte die serie erst nach 17:00 gucken, wenn das trinken in ordnung geht.

traurig, glücklich, betrunken. freunde gesehen, und wiedergesehen, umarmt worden, selber umarmt, geweint und gelacht. auch deswegen hingeflogen, weil ich am sonntag hier vorm blog sass und mir kommentare gewünscht hatte, irgendwelche, darum geht es bei trauer, dazu sind beerdigungen da: gemeinsam verabschieden, „commiato“, und trauern, mit freunden, die ihre geschichten mit g. erzählen, gemeinsam essen und trinken, all that stuff. und es war falsch, den kram ins netz zu stellen, das netz sind die paar hundert leser seit vorgestern, die nichts sagen und nur als zahl existieren, aus gründen, die mich nichtmal was angehen. gemerkt, dass sich grad was verändert in meinem umgang mit dem netz.

vorletzte woche war guido noch lebendig, seine letzte sms ist vom donnerstag, mit der nachricht über den rückfall. am freitag war ich bei ihm, ich bin am tag der rückreise nach d mit kindern und gepäck nochmal im krankenhaus vorbeigefahren, weil die sache mich ganz dizzy gemacht hat, ich wollte abschied nehmen von ihm, und dann war es natürlich nur gerede, ein paar sätze mit „nächstes jahr“, auguri, magari vengo in ottobre, die kinder aufgereit am bettende, ein viererzimmer. aber auch eine umarmung, ich trau mich keine feste, weil er so schmal geworden war. beim rausgehen hab ich mich zweimal umgedreht, er sass da, kein lächeln, ich auch keins. kurzer blick noch, dann bin ich raus, der schnelle film darunter, das nienienie und das immer, meins und seins, auf dem weg zum fahrstuhl, die kinder schon vorausgelaufen in den kiosk unten, aber ich wusste natürlich nicht, ob er wirklich stirbt, es ist dann auch so eine aufregung dabei, wenn man selber so lebendig ist, es kann doch nicht wirklich sein, oder? vielleicht geht alles gut, er wird noch eine chemo bekommen, das hirn hofft stupide und lebendig vor sich hin, wie ein plappern, und füllt die leere, aber ich hab schon gewusst, dass ich ihn nicht mehr wiedersehen werde. war ein gut gekühltes faktenwissen. in der letzten woche immer mal wieder das letzte umdrehen noch an der tür bereut, weil es so nach abschied aussah, und er hat von plänen gesprochen, vom „leben mit der krankheit“, ich wollte nichts falsch machen. macht man nicht, weiß ich, gibt kein richtig oder falsch bei sowas, ist ja jetzt sowieso erledigt. ich weiß auch gar nicht, wieviel er wusste von seinem tod. nichts! von seinem sterben, meine ich. er war kein googler. sie spüren das, sagt die ärztin. aber so schnell?

er hat früher auf papier immer ornamente mehr gekritzelt als gezeichnet, am telefon oder auf briefen, weiß ich gar nicht mehr, bassetti hat früher solche dichten und feinen muster verwendet. ich bin dieses jahr, auch wegen der aufploppenden erinnerung an diese zeichnungen, auf dem weg ins krankenhaus bei einem bassetti-outlet vorbeigefahren, in einer neonbelichteten lagerhalle neben der strasse, aber heute sind die stoffe dort viel einfacher bedruckt, die alten lilien, blumen und strukturen wie vergröbert. meine 40 jahre alten plaids gehen auseinander, ich habe also trotzdem viel mitgenommen, aber es ist mehr schatten als bild – stimmt das? nein, es stimmt nicht. ich stand vor den übervollen regalen und fand nichts. die erinnerung an guidos kritzeleien ist nicht mehr verfügbar und die kritzeleien auch nicht. sie waren ein bisschen wie dieses schrankpapier.

v., mit dem ich über guido rede, erzählt von einem anderen krebskranken, der sei so gelassen, „ich mache meine geschäfte, der tod macht seine geschäfte“.

die todesangst von davidzwilling: angst vor verlassenheit und vorm verlassenwerden, mangel an bedingungsloser sicherheit. bei kindern sind diese großen gefühle viel näher am ich als an leben und tod.