books&dioptrien

berlinbooklovers ist eine sehr charmante idee von der bloggerin und übersetzerin (oder umgekehrt) hinter love german books: menschen werden mit ihrem lieblingsbuch fotografiert, wer mag, kann sie kontaktieren. sonst nix, keine fragen vor allem, keine hundertausend fragen, kein algorhythmus, nur: ein buch. ich werde da auch mitmachen, irgendwann in den nächsten wochen habe ich einen fototermin. von der wahl des buches hängt natürlich einiges ab, sie fällt mir eher schwer, vielleicht nehme ich ein handbuch zu deutschen porzellanmarken oder sowas, an dem ich auch irgendwie hänge, nicht nur, weil es in einem kindergartenhellblau gehalten ist.

nota zu okcupid: es fehlt ein auswahlpunkt „dioptrien“. würde gern nur noch männer mit >3 anschreiben, nimmt mir die befangenheit, wobei hier das englische „self-conscious“ leider genauer passt, obwohl: bei den älteren erledigt sich die nahsicht ja sowieso von alleine.

 

gilgamesh

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die erste oper für die zwillinge. gregor saß neben dem mischpult und fand den platz toll, die jungs gebannt und begeistert die ganze zeit, sie haben am längsten von allen geklatscht, gut, war ein wette bei ihnen zum schluss, aber sie haben noch die ganze rückfahrt geredet und gutgelaunt beim interpretieren mitgemacht. die frau im langen schwarzen glitzerkleid, ob sie eventuell den tod dargestellt haben könnte, frage ich. nein, sagt david, seiner meinung nach eher die angst vor dem tod, am ende sei sie ja wie die anderen gekleidet gewesen, als gilgamesh seine angst verloren hätte, und sei nicht mehr zu erkennen gewesen.

wir erwachsenen fanden die musik eher so lala, die songs zu sehr nach der horror vacui-methide (bei dem verschreiber immer matilda im kopf) – methode geschrieben, rhythmisch und melodisch wenig differenziert, fast alles laut und zu schnell, aber die inszenierung hat die kids abgeholt, wo sie waren und sehr viel daraus gemacht, der regieteil des projekts war sehr gelungen also.

die faszination darüber, dass ein ca. 4000 jahre alter text so mühelos lesbar und zeitgenössisch bleibt.

kw weiss nimmer

beim vietnamesen ums eck gibt es grosse büchsen mit mangopüree, mit milch und yoghurt und einem hauch zimt wird daraus im nu wunderbares mangolassi, ein grosses kinderglück! man benötigt nicht einmal einen mixer, ein löffel genügt zum umrühren. und ich bin da nie drauf gekommen, musste erst die nachbarin von erzählen, als wären wir provinz.

ein zwilling ist neulich vor der schule allein zum arzt gegangen, um sich einen splitter herausschneiden zu lassen. ich hatte einen klaren ochnöö-moment, als er mit einem küchenmesser in der einen und mit pflaster in der anderen hand auf einem bein abends um neune vor mir stand. muss ja nicht alles selber machen. der arzt hat wider erwarten nichts i.s. von „das hätte deine mutter aber wirklich alleine … “ kommentiert.

der zeitpunkt im jahr, an dem die diversen über den winter angesammelten haufen in der wohnung sich selbständig machen, keine durch logik gegebenen verortungen mehr, diese feine schwelle zur ernsthaften unordnung, wenn man beim suchen überall nachsehen muss, ungelesenes nicht mehr nur auf dem schreibtisch, socken zwischen den sofateilen, hier gürtel, die über nacht zu eng geworden sind, auf dem hundehaus taschenlampen und wärmflaschen, ein beunruhigend großer kabelsalat vorm kleiderschrank, altbatterien im kartoffelkasten. finde nix mehr wieder. leider erstmal keine zeit zum ausmisten.

freitags nach einer 30std.- woche um 15uhr zuhause und das kurznickerchen ruft, eigentlich steht der hausputz noch an, morgen lieber besuch, morgen abend das gilgamesch-abenteuer, ich bleibe also besser in bewegung und erledige noch den großeinkauf, hund und menschen. in einer umkleidekabine einen rundumblick auf mich as i am ergattert, sehr ernüchtert nix gekauft, weil wozu? ab jetzt nur noch schuhe. bei real eine mutter mit vier kleinen kindern hinter mir in der schlange, ob ich meinen einkauf auf ihre payback karte? klaro. sie hat das gleiche fake-gucci-portemonnaie wie ich, wir grinsen uns an, oder war ihres echt? als ich um fünfe mit vollem wagen vorm haus parke, wollen die kinder alle grad los, zum klavier, zu einem kumpel und (-vergessen), halte sie auf und lasse sie beim hochtragen helfen, sie tun es fröhlich schimpfend und schnatternd. emma setzt sich im hausflur vor die tüte mit dem hundefutter und freut sich, ihr schwanz geht hin und her, hin und her. wie immer freitags total erledigt und mit jeder zelle im leben zuhause, zufrieden. einen caol ila.

 

wahl oder pflicht

kurzbios in den medien: „wahlberliner„* – immer den pflichtberliner dazugedacht, aber sogar die wehrflüchtigen hatten ja eine wahl, waren nicht die ostberliner die letzten ohne freien wohnsitz? menschen, deren betriebe nach berlin auswandern und die ihren jobs folgen müssen, gab es es ja seit dem bonn-umzug auch nicht mehr so häufig. wahrscheinlich verbindet man als wahlberliner mit der stadt viele hoffnungen mit schwankender realisierbarkeit, weil zufall, auswahl und gelegenheit teil des konzepts sind, anders als bei berlinwahlen, wo all das vermieden wird. dabei meint es seit kennedy glaub‘ ich eher das ausmass der identifizierung, als wappen und konsequenz, plus den kleinen trotz aus (westberliner) mauertagen, als man mit der stadt auch noch das fehlende umland und das bedrückende wissen um die ddr in kauf nehmen musste, wie heute das morsche und spröde. mochte irgendwie die früheren wahlberliner lieber, die noch nicht den kapitalistischen lebenstil suchten, oder wie das heisst, wenn man nicht nur genug, sondern viel geld machen will, aber bestimmt haben die bloss keine kurzbios in der presse und es gibt noch genauso viele von ihnen wie immer – klar, muss nur mal meinen freundeskreis durchgehen.

ich mag meine stadt sehr, die mischung aus hoffnung und kreativem, das neben- und ineinander von lebensentwürfen, wie ideen hier noch immer wichtiger sind als geld. anyway sind nur die kinder echte pflichtberliner. ich habs gut, ich bleibe überall berlinerin, weil hier geboren.

*ich verwende lieber startpage als google, obwohl ich mir dabei albern vorkomme, harmlos, wie ich bin. man möchte glatt ein paar gefährliche dinge suchen im netz, wie in dem ollen witz mit dem ami, der seiner mutter in england nicht beim umgraben ihres gartens helfen kann und ihr einfach einen anonymen brief schickt, dem er einen plan über im garten verbuddelte waffen oder so beilegt.

 

der kleine neid für zwischendurch

yo man. (kurzer anfall von etwas tiefschwarzem, nachdem ein nebensatz im gespräch mit einer freundin langsam gezündet hat: sie in angesehener halbtagsstellung mit geringem lohn, ihr mann in der wirtschaft mit dem x-fachen, zusammen haben sie im monat soviel wie ich im jahr. in einem guten jahr. das, und die beiden alten freunde, männer natürlich, die trotz schwieriger bedingungen glücklich unter die haube gekommen sind, durch fucking serendipity. jetzt sitzt man dann allein am tisch und legt seine arschkarten neu, im nunmehr 10. jahr.)

you joe

auf einer seite für berliner kleinanzeigen verkauft jemand eine schöne sache sehr billig, frau casino hat großen spass am sachensuchen im netz und fragt nach. bei anfrage stellt sich heraus, er kann kein deutsch und wohnt in england, schickt aber gern noch ein dutzend bilder mehr von der schönen sache. englisch kann er irgendwie auch nicht, so mal dem satzbau nach, ich komm noch auf keinen bösen gedanken, google aber eins der bilder und finde es auf einer seite für spezialisten, in einem beitrag vom vorletzten jahr, mit genauer beschreibung, kaufempfehlung und einem link zu einer ebay-versteigerung. dort finde ich eine beschreibung, den erzielten gewinn (das dreifache des kleinanzeigenpreises), keine bilder mehr, die versteigerung ist im vorletzten sommer abgelaufen, die werden wohl irgendwann gelöscht bei ebay, das bild aus der kleinanzeige und das aus dem spezialistenforum sind aber identisch. ein netter scam,  sie müssen nur noch ein bisschen am stil arbeiten:  „As to the delivery and payment I wish to use a professional shipping company. You Joe see here how it works.The shipping company Joe manage and intermediate our sale.“