Der Tod ist nicht.

Es ist nicht alles da, vor allem kein Zusammenhang zwischen Körper und Raumzeit. Das, was da ist, könnte überall sein, ich weiß nicht, wo ich bin, das Denken geht an und aus wie ein Warnblinklicht, der Körper ist träge und schutzlos, weil ich kaum Gewalt darüber habe, wie wenig, weiß ich aber nicht, weil ich den Weg zwischen Gedanken und Bewegung nicht mehr finden kann, mein Gehirn schafft grade, ich zu denken, es gibt mich in einem Raum, es dauert ewig, bis ich diesen Raum als von mir unterschiedenes wahrnehmen kann. Mein Arm fühlt sich unförmig an, das merke ich, als ich ihn zu heben versuche, die Hand fällt sofort gefühllos auf meine Seite, fällt sie weit? Sie fällt durch den Weltraum. Es ist dunkel. Das Denken ist mühsam und funktioniert nur in kleinen einzelnen Sekunden, ich erinnere später nur den Unterschied zwischen der Zeit mit Gedanken und der ohne, reine Abwesenheit, schwarz auf eine lichtlose Weise. Ich wollte mich nach einer Weile gegen das Nichts orientieren, ganz simpel, hier bin ich, ich ist etwas, und das ist mir lieber als nichts, obwohl das Nichts einfacher war, keine Energie aufbringen, es überall hinlassen. Die Erfahrungen waren beide elementar, der Wechsel von einer in die andere fing direkt in den Bewegungsnerven an, ich konnte spüren, wie der Plan aus dem Kleinhirn ins Bein rumpelt, Bein hoch, ins Reale, seitwärts, aus dem Bett runter, aua, da knallt der Fuß aufs Parkett.

So funktioniert das Hirn eben, es braucht zum Überleben Luft, Zucker und Wasser, es hat keine Energiespeicher zur Verfügung, ohne Luft überlebt es nur ein paar Minuten, ohne Zucker bleibt noch Zeit für diesen Schwanentanz, bei dem nacheinander die Funktionen des ZNS abgeschaltet werden, damit die Restenergie noch für das vegetative Nervensystem genügt. Das Erlebnis ist ein paar Jahre her, aber ich hab noch immer eine Art von Ehrfurcht vor der klaren Hierarchie zwischen nötig und nicht nötig, wie dann als erster Gedanke, also Gedanke als etwas, das man nicht gleichzeitig tun muss, die Bilder für „Hypoglykämie“ und „Honigtopf, kleiner Schrank, Küche“ aufkommen und die Magie der Grenzerfahrung vorbei ist, während ich meinen Körper in die Küche wuchte, wie beim Sackhüpfen, nur ohne Hüpfen, weil das Hirn nur noch Energie hat für die Hälfte des Körpers.

An dieser Grenze fällt einem vor allem der Unterschied auf: Es gibt nichts zu sagen über das Nichts, während man übers Leben bis runter zu den Nerven andauernd Romane schreiben möchte. Neurotransmitter: Toll! Glutamat, Serotonin, Rezeptoren, Zellwände, ein Kosmos, egal, wo man hinschaut, es ist komplex, es ist kompliziert, es ist ein Wunder. Das Nichts ist einfach nur Nichts. Ich seh das so: Leben ist das, was die Zellen miteinander machen, wenn man sie läßt, Leben ist Stoffwechsel, Tod lohnt die Mühe nicht, er ist das Nichts, es liegen genug Rätsel im Leben, mit dem Tod will ich mich nicht aufhalten, auch die Seele ist nicht mehr als der Wärmeabdruck im Bett, wenn der Liebste schon gegangen ist, etwas hiesiges.

geschrieben für dieses beeindruckende projekt.

2 Gedanken zu „Der Tod ist nicht.“

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