paris

oh mama, mußtest du das jetzt sagen? fragt der große, als ich beim frühstück ein bisschen impulsiv verkünde, wir alle sollten jetzt weiterhin ausgehen, spass haben, unser leben genießen, tanzen und sex haben. er hat einen freund mit dabei, und wenn mehrere teenager am tisch sind, da ist schon das wort eine grenzübeschreitung. es ist ja eigentlich egal, was man tut gegen die blinde lebensverneinung. das leben gehört gefeiert. der fotograf, der die eher anregende hysterical literature erfunden hat, hat es heut nacht sehr schön gesagt.

die kinder scheinen nicht so verstört wie die großen, vielleicht ist paris für sie nicht näher als syrien oder palästina oder pakistan, da nehme ich die vielen toten ja auch leichter hin, als teil des anderen lebens in konfliktreichen weltgegenden, also als todesarten, die irgendwie erklärbar scheinen. es ist ja eigentlich die tradition rechter gewalt, unbeteiligte als opfer auszuwählen, aber das hier ist geht darüber hinaus, weil unser normales, buntes und selbstgewähltes leben ein grund zum töten geworden ist. das fühlt sich schlimmer an als die willkür rechter gewalt, sie töten dich nicht, weil du eben heute zufällig da bist, wie es den opfern von piazza fontana oder den menschen im italicus in bologna ergangen ist, oder den opfern der bomben in der londoner u-bahn, sondern weil du so bist, wie du bist, ein freier mensch in einer friedlichen demokratie, eine, die waffen verkauft, nagut – man kann in keiner richtung mehr ungestört im recht sein heutzutage. für die kinder läuft auch ein erklärter krieg immer nur aufs töten hinaus, wie in egoshootern. drüber posten oder nicht? weiß auch nicht. diese woche hab ich keine zeit fürs nachdenken, es ist wieder so eine woche mit 11h-tagen, so bleibt alles unaufgelöst in der tiefen fassungslosigkeit über das grundlose töten.

 

3 Gedanken zu „paris“

  1. ist ähnlich bei der tochter, diese eher trocken zur kenntnis genommenen vorgänge, wer weiss, wo die verstörung sich hinflüchtet, selbstschutz vielleicht, und vielleicht ist das ja aber auch gerade gut so, sie werden ja (hoffentlich) noch länger als wir in dieser welt leben.

    1. Nehmen die Kinder das Ganze nicht deswegen trocken zur Kenntnis, weil sie sich noch vollkommen unverwundbar wähnen und das Leben so unendlich lang ist?
      „Nothing happens unless it happens to you“.
      Das glaubt doch mehr oder weniger jeder. Andere stürzen mit dem Flugzeug ab, werden ermordet etc., nicht ich.

      Je älter wir werden aber werden und je häufiger die Einschläge direkt neben uns stattfinden, desto eher begreifen wir, dass es auch uns treffen kann.

      1. das wäre mir auch am liebsten, ich hoffe, da bleibt noch ein paar jahre so.

        schneck: ich glaube, sie waren tatsächlich nicht so verstört wie ihre mutter, ich hoffe, aus den von tikerscherk angesprochenen gründen.

        ich erinnere den terrorismus der siebziger in italien, wo mein vater auch auf irgendeiner liste war, als allgemeine verunsicherung, die jetzt wieder nach oben kommt. die kids heute sind aber viel mehr in der welt, ich fand die nachrichten in ihrem alter total langweilig, es gab viel weniger weltpolitik damals.

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