kw 30

kinder für 14 tage weg. der trubel vor der abfahrt ist voller einzelner socken, aber sie packen alleine inzwischen, ich muss bloss noch gegenchecken. sie sind 15 und 13, ich gebe dem großen tatsächlich den fänger im roggen mit („yo, ist ja nicht so dick“) und den zwillis zu adams zeiten und einen band stephen king, den der vielleser grade verschlingt, weil ich die männer-auf-segelschiff-bücher grad nicht finde, auf die sie lust haben. der hund ist vor und nach dem abschied unruhig, ich auch, vermisse sie wie jeden sommer. ertappe mich seitdem beim vollkommen leeren vormichhinstarren, ohne meditation, ein geschenk. die zeit steht still seitdem, alles bleibt liegen, wo ich es hinpacke, und der kühlschrank leert sich nicht. woran merkt man denn, dass die zeit verstreicht, wenn man keine kinder hat?

versuche, nicht alle geschenkten bücher jetzt schon zu lesen, ein paar für die kinderferien aufzuheben. jetzt zwei wochen zeit, zumindest mal wieder konzerte, theater hat ja leiderleider sommerpause. umsonst gesehen, ich weiß nichtmal, ob ich den jetzt empfehlen soll oder nicht, ich mochte die berlinbilder, der ganze film ist in einem radius von vielleicht 2km um das kino herum entstanden, in dem ich ihn gesehen habe, er ist ein bisschen langweilig, weil er einen dieser nachmittage zeigt, die wir alle mal hatten in dem alter, die unsicherheit und losgelöstheit der protagonistin wird zu nichts neuem führen, außer dem nächsten tag. habe mir das dann ein paar radfahrten lang orgestellt, dass all die passanten der sprung in eine rahmenhandlung „filmdreh“ am ende des films ist in seiner beliebigkeit auch ein schönes berlinbild. klug und dicht war die mutter-tochter beziehung, über die man nach den paar szenen alles zu wissen glaubte.

diese nachmittage, an denen ich stundenlang auf dem rad durch mauerberlin gefahren bin, ohne schatten oder ziel. das macht jetzt mehr spass, weil es rhabarberschorle gibt.

berlin ist sehr heiß gerade, man mag nichtmal tanzen gehen, die luft steht und die tage schmelzen so dahin.

kids + wm

diese wm war meine erste mit ernstzunehmenden fans an meiner seite. bei der letzten und vorletzten waren die kinder noch klein, bei der hier im land waren sie, mit 5 und 7, lustig wie all die kinder, die plötzlich zur überraschung ihrer eltern lauter fahnen auseinanderhalten können und gelernt haben, wo welches land liegt und welche farben es trägt, und dann vor der zweiten halbzeit auf dem sofa einschlafen. die letzte hab ich vergessen, wo war die noch? südafrika! erinner ich kaum, ich schaue fußball ja nur während einer wm.

bei dieser hatte ich drei fachleute neben mir, die laufend kommentierten, alles wussten, spielerbiografien kannten, strategien verfolgen konnten, während ich wie immer manchmal mitten im spiel vergessen habe, wer da jetzt spielt und ob das noch vorrunde ist, oder einfach nicht mehr hingeguckt hab, ohne das zu merken, und auf dem tablett was anderes gelesen hab. ich hatte 2014 drei ein paar mal laut und begeistert gröhlende teenager auf dem sofa oder neben mir auf der bank vorm araber unten an der ecke, so laut, dass es mich erschreckt hat, einfach, weil diese leidenschaft in den kindern steckt und sonst nicht zu sehen ist, und weil die freude am lärm genauso wichtig war wie der grund dafür. keine ahnung, woher sie all das wissen haben, staunend das eigenleben der söhne wahrgenommen, sie kennen sich aus und ich war nicht dabei, das „och mama“-sagen haben sie genossen. sie waren ausgelassen und laut, für italien, bis naja, mit tränen, dann für deutschland, es war beim draußen schauen auch wichtig, mit anderen männern laut zu werden und dabei mit allen partei zu ergreifen, die jungmann-tonlage vom großen und die jungsstimmen der zwillis dabei noch ein stück tiefer gedrückt. oleeee. ihr glück darüber, dass eine sonst nur mit kumpeln geteilte liebe für den fußball plötzlich von allen geteilt wird, dass fußball so wichtig wird für ein paar wochen, das hat den großen schon so gefreut, als wir mal mit dem mek zu einem spiel gegangen sind. es hängt auch mit ihrer männlichkeit zusammen, ich weiß nicht, ob das durchs alleinerziehen verstärkt wird, der hunger nach dem mann, oder ob der bei teenagern normal ist. mal sehen, was die nächste frauen-wm mit ihnen macht. die zwillis wollten fahnen fürs auto, no way, hab ich gesagt, und vom nationalismus geredet, mama! das ist doch fußball, kein krieg, bis du etwa nicht für deutschland? ich würde ja auch keine italienfahnen kaufen, sage ich, fahnen sind für mich kaputt, es sind zeichen für was anderes, nicht für fußball, die fahnen habe ich also verweigert, was keinen gestört hat, weil es ihnen ja nichts bedeutet, die sind nur ein mögliches zeichen ihrer begeisterung, das größere ist ihr wissen und mitfiebern und der spass, dabei zu sein. das mitbrüllen hätte ich nicht verbieten können.

der große kam heut nacht strahlend vom public viewing in der kulturbrauerei zurück und hat mir im spreeblick-stil das wichtigste nochmal nacherzählt, er ist zum ersten mal überhaupt nach mitternacht nach hause gekommen, aber es ist ihm zum glück nicht aufgefallen, die kids haben ja einen gutsortiertes regal für präzedenzfälle. er trug ein mannschaftsshirt und einen hut, er war mit freunden da, er ist 15, das allerbeste alter für einen wm-sieg, not? ich mochte die mannschaft nach dem pokalsieg, mit den ganzen kindern auf dem arm, dem strahlen, den vielen umarmungen, dem hemd von dem einen, der nicht dabei war, und mann, haben die alle schöne rücken! ich steh grad auf rücken. und nee, keins meiner kinder ist ein nazi. nazis sind nazis, wie jemand auf twitter schrieb. bei fussball gibt es halt eine gemeinsame schnittmenge, der man sonst aus dem weg gehen kann. schöne spiele, großer spass. nur nicht für den hund.

 

„gutartig“

der gute arzt ist der mit den richtigen prioritäten: es ist gutartig, sagt er nach dem mrt, ein klarer befund, es ist eine cartilaginäre exostose, dann erklärt er genau, was das bedeutet, was wir tun sollen, wo wir hinkönnen damit. ich küsse den gregorzwilling, der sich wegduckt und sehr cool bleibt. der nicht so gute erste arzt stand vor zwei wochen vor dem röntgenbild und sagte minutenlang gar nichts, die große stille im raum, dann sagt erzählt er, mir und dem kind: „hm, weiß ich jetzt auch nicht, es ist ein tumor, das müssen wir klären, warten sie mal, ct oder mrt? machen wir lieber ein mrt.“ das kind: „ein tumor? damit kann ich angeben!“ der arzt: „nein, das läßt du lieber“ bevor er auf den überweisungsschein schreibt: unklarer tumor tibia. ein arzt aus der familie sagt nach dem guten ausgang noch, sicherheitshalber: er wird sich mal erkundigen, ob man das wirklich so gut unterscheiden könne, das gute und das böse. kann man, bin ich sicher, also der röntgenarzt, der den ganzen tag nichts anderes macht, der kann das, ich meine auch, er hat das extra  so deutlich formuliert.

ich jedenfalls bin sehr leicht grade. gregorzwilling auch, denke ich, er singt wieder, was er die letzten beiden wochen gelassen hat.

(diese leere, während man im warteraum sitzt und das kind in der röhre liegt, sogar die liebe ist ganz still, alles ist still. die seitenblicke vorher vom kind, mama, ist was? du atmest so komisch, oder: „wohin guckst du?“ ich bin sein seismograph, meine gelassenheit ist seine und muss also halten, sie ist zum glück wirklich sehr solide, ein bisschen hysterie ab und zu sollte man sich vielleicht doch mal gönnen. nur mit 13 ist coolness erlaubt.)

 

80

den beiden schwestern beim schnellen herumhopsen durch uralte döntjes zugehört („doch, das weiß ich noch genau, da war ich doch schon acht“), eine heute achtzig geworden, eine im nächsten jahr, kaffee, kuchen und blumen, am wochenende kommen die anderen frauen der familie dazu. die zahl ist bemerkenswert, sie waren 11 und 10 bei kriegsende, ihre kindheit war satt an geschichten und menschen, vater konditor mit eigenem café, vielen gesellen und lehrlingen und kellnern, einer backstube im haus, mit eigenen schweinen im hof. der vater hatte außerdem noch seidenraupen dort, eine passion, die privat geblieben ist und von der es wenig anekdoten gibt, sie überlebt seit jahrzehnten hartnäckig im nebensatz, „er hatte da ja auch seine seidenraupen“. die schwester erzählt von ihrer arbeitszeit 1956-57 in bayern, mit anfang zwanzig, wie sie wandern gingen an den wochenenden und bei plötzlichem schneefall in einer almhütte unterkamen, „die stand da so, da haben wir dann übernachtet, vier männer, drei frauen, du, gefroren hat keiner.“

heute einem eichhörnchen beim überleben zugeguckt (über SZ), dann nochmal einer krähe beim bespieltwerden, zufrieden. die selbstverständliche antwort auf alles tierische ist ja, ohne zweifel oder umwege, rührung oder andere gefühle sind schon wieder entfremdung, nur bei capybaras nicht.

gregorzwilling, der seine 4 jahre alte schwester am telefon beruhigt, die angst vor ihrem ersten flug hat, „beim starten hast du so einen druck im rücken, aber der geht vorbei, du musst einfach aus dem fenster gucken.“

alle jungs singen abends vor sich hin, jeder ein eigenes lied, der einzige moment, an dem ich wahnsinnig gern richtig ausfallend werden würde, dieses spezielle genervtheit, nach der etwas besser sofort aufhören sollte. auf mein ruhe! höre ich dann: „schulz“ „schulz“ „schulz“, und bleibe allein im gelächter mit dieser sehnsucht nach ruhe im hirn, ohne kids, ohne tinnitus, ohne pegel.

 

contest

der eine zwilling flucht mittellaut vor sich hin, seine stimme gewinnt langsam an tonlage und rhythmus, er gerät ins singen, 4/4 auf der drei, der andre zwilling, der beschimpfte, singt nach einer weile „halt dein maul, halt dein maul, halt dein maul“, 3/4 auf der eins, über einen quartakkord. der moment, wenn sie beide das ein, zwei minuten lang vor sich hin machen, und es gut klingt: pure magic.

 

kw mai

ausflug am ersten mai ohne ein einziges kind, keins hatte lust, alle woanders, mit freunden, deren kinder auch alle unterwegs sind, das unrenovierte schloß petzow am schwielowsee angeschaut, tief verwunschen, das parkett trüb, die türkisgrüne samttapete am boden, die hoffenster nur angelehnt, eine riesige linde im innenhof, unter der wir alle sitzen werden in 20 jahren, um uns unsere geschichten zu erzählen. fast unbemerkt hat die phase begonnen, in der die kinder eigene wege gehen, wie sich dann das familienbild plötzlich verändert und öffnet zu einem rahmen, der anders zusammenhält. anderes zusammenhält? beides. die jungs genießen es, entscheiden zu können, die grenzen werden neu gesteckt – aufräumen nach wie vor, mitkommen nicht immer, das austesten der grenzen läuft im gespräch und in der diskussion, dabei müssen wir lernen, das überzeugt werden nicht mit aufgeben identisch ist.

(sitzt man dann und salbadert so herum in friedlicher maientrunkenheit, dabei knallen schon wieder die türen, aber es gab diesen moment, in dem alles glatt war, grad eben noch)

heilandkirche

auf einem der pfeiler am eingang zur heilandkirche in sacrow steht zu unserer überraschung das hohelied, 1 cor 13, gut lesbar, der bau ist ja grad mal 170 jahre alt. sich vorstellen, wie ein paar meter von diesem text enfernt 40+ jahre lang die mauer stand, natürlich ist der brief älter als diktaturen und steht fester in der zeit als die moderne, er stört ja auch nicht weiter, aber selbst diese verspielte und romantische kleine kirche in 1a-lage kann ihn nicht kleiner machen, er setzt sich mühelos  in beziehung. … und hätte der liebe nicht, so wäre ich nichts steht da, zeitlos auf eine übersehene weise.

unter blühendem flieder zurück zum auto, der park funktioniert mit seinen wiesen und sichtachsen wunderbar, lammfromm nehmen wir emma an die leine und unterhalten uns über die kirschblüte, die kinder, das leben, als flaneure, spaziergänger mit allem im rücken, das biedere als entspannung. it works. wir werden alle älter.

gilgamesh

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die erste oper für die zwillinge. gregor saß neben dem mischpult und fand den platz toll, die jungs gebannt und begeistert die ganze zeit, sie haben am längsten von allen geklatscht, gut, war ein wette bei ihnen zum schluss, aber sie haben noch die ganze rückfahrt geredet und gutgelaunt beim interpretieren mitgemacht. die frau im langen schwarzen glitzerkleid, ob sie eventuell den tod dargestellt haben könnte, frage ich. nein, sagt david, seiner meinung nach eher die angst vor dem tod, am ende sei sie ja wie die anderen gekleidet gewesen, als gilgamesh seine angst verloren hätte, und sei nicht mehr zu erkennen gewesen.

wir erwachsenen fanden die musik eher so lala, die songs zu sehr nach der horror vacui-methide (bei dem verschreiber immer matilda im kopf) – methode geschrieben, rhythmisch und melodisch wenig differenziert, fast alles laut und zu schnell, aber die inszenierung hat die kids abgeholt, wo sie waren und sehr viel daraus gemacht, der regieteil des projekts war sehr gelungen also.

die faszination darüber, dass ein ca. 4000 jahre alter text so mühelos lesbar und zeitgenössisch bleibt.

kw weiss nimmer

beim vietnamesen ums eck gibt es grosse büchsen mit mangopüree, mit milch und yoghurt und einem hauch zimt wird daraus im nu wunderbares mangolassi, ein grosses kinderglück! man benötigt nicht einmal einen mixer, ein löffel genügt zum umrühren. und ich bin da nie drauf gekommen, musste erst die nachbarin von erzählen, als wären wir provinz.

ein zwilling ist neulich vor der schule allein zum arzt gegangen, um sich einen splitter herausschneiden zu lassen. ich hatte einen klaren ochnöö-moment, als er mit einem küchenmesser in der einen und mit pflaster in der anderen hand auf einem bein abends um neune vor mir stand. muss ja nicht alles selber machen. der arzt hat wider erwarten nichts i.s. von „das hätte deine mutter aber wirklich alleine … “ kommentiert.

der zeitpunkt im jahr, an dem die diversen über den winter angesammelten haufen in der wohnung sich selbständig machen, keine durch logik gegebenen verortungen mehr, diese feine schwelle zur ernsthaften unordnung, wenn man beim suchen überall nachsehen muss, ungelesenes nicht mehr nur auf dem schreibtisch, socken zwischen den sofateilen, hier gürtel, die über nacht zu eng geworden sind, auf dem hundehaus taschenlampen und wärmflaschen, ein beunruhigend großer kabelsalat vorm kleiderschrank, altbatterien im kartoffelkasten. finde nix mehr wieder. leider erstmal keine zeit zum ausmisten.

freitags nach einer 30std.- woche um 15uhr zuhause und das kurznickerchen ruft, eigentlich steht der hausputz noch an, morgen lieber besuch, morgen abend das gilgamesch-abenteuer, ich bleibe also besser in bewegung und erledige noch den großeinkauf, hund und menschen. in einer umkleidekabine einen rundumblick auf mich as i am ergattert, sehr ernüchtert nix gekauft, weil wozu? ab jetzt nur noch schuhe. bei real eine mutter mit vier kleinen kindern hinter mir in der schlange, ob ich meinen einkauf auf ihre payback karte? klaro. sie hat das gleiche fake-gucci-portemonnaie wie ich, wir grinsen uns an, oder war ihres echt? als ich um fünfe mit vollem wagen vorm haus parke, wollen die kinder alle grad los, zum klavier, zu einem kumpel und (-vergessen), halte sie auf und lasse sie beim hochtragen helfen, sie tun es fröhlich schimpfend und schnatternd. emma setzt sich im hausflur vor die tüte mit dem hundefutter und freut sich, ihr schwanz geht hin und her, hin und her. wie immer freitags total erledigt und mit jeder zelle im leben zuhause, zufrieden. einen caol ila.

 

15:00

himmel sehr grau, licht dämmrig, drei uhr nachmittags. ein zwilling hat 39,5° fieber, ist ein bisschen aufgeregt darüber, trinkt tee, geniesst den kühlen lappen auf der stirn und hat es sich mit decke auf dem sofa gemütlich gemacht, vor batman auf watchever, der andere geht zu einem freund. emma bleibt vor dem kranken auf dem boden liegen, der große sohn flucht und jauchzt abwechselnd über einer partie fifa ’13,  „ich bin grad sehr gereizt und kurz davor, den rechner zu zerschlagen. nicht lachen, mama! geh lieber schnell raus“ – eltern von teenagern werden verstehen, warum mich das freut. ich sitze im sessel, auf einer bildschirmhälfte alte serien, auf der anderen schwärmereien von so männern über alte gitarren, dazu milchkaffee. der moment, an dem nichts fehlt und die baustellen alle nicht zählen, ich freu mich über meine lebenserfahrung, ohne die ich solche nachmittage vielleicht nicht als das wahrnehmen könnte, was sie sind: perfekt.

KW 52

gregorzwilling baut aus lego nach, wie der drache aus dem goldsee auftaucht. davidzwilling findet plötzlich alles doof, will alles anders haben und sich mit dem, was ist, nicht begnügen („ich will das so nicht! es soll alles anders werden!“). dann baut er ein wasserflugzeug mit lego.

wie der große plötzlich zweien nach hause bringt und das nichtmal erzählt.

die großen veränderungen werden an kleinen redundanzen sichtbar, als stromschnellen, wie sich die kinder einen stil suchen, der ihr größerwerden aushält und in dem sie noch herumtanzen können, vom kind zum jugendlichen and back, der eine im selbstzitat, der andere in nietnagelneuem aufruhr, der große im stillen auskosten von erfolg. mein blick auf ihn wechselt manchmal mitten im satz, der teenager, der 185cm große junge mann. bei ihm wechselt das auch noch, mit quecksilbriger eleganz.

wie ich nach einer wirklich schrecklichen woche mit meiner mutter in einem laden in der danziger lande, und sie mir einen nicki kauft, und dann ist eine weile lang alles gut, in so einer heiteren gleichzeitigkeit von hellsichtigkeit und regression, ein paar meter lang. nicht billig, leichtfüßig.

die verkäuferin fragte, ob ich emmas fell mit ei wasche, weil es so glänzt. jau, sage ich. in den achtzigern, dann diese shampoowerbung in den neunzigern, jetzt beim hund. sie ist ton in ton mit der geschichte der waren im geschäft, kleidung als found footage.

 

 

23.12., kein tag für anfänger im kinderhaben: morgens streiten sie nur wie eine frische brise, mit kleinen niedlichen brechern, vereinzelten schaumkrönchen, aber es dräut bereits mächtig am horizont. dazwischen, über die mittgspause und in der flaute danach gibt es eine kurze runde ruhiges spiel, aber seit einbruch der dunkelheit herrscht orkan, die schiffe alle gekentert, die seehunde geschlachtet und ausgestorben, die wale werden eben gerade harpuniert, noch im tode schreien sie mark-er-schütternd. grad ruft der eine: „hör auf! morgen ist immer noch weihnachten!“, aber für reue ist es jetzt zu spät. die schreie ziehen über den horizont und werden und werden nicht leiser, erst spät in der nacht wird es ruhiger, nach langem ergiebigem sturm und einem regen, der keine fläche trockenlässt.

danach liegen sie alle in ihren betten, lächeln, und sagen „mama, morgen, morgen ist endlich weihnachten!“