9. mai 20

so ein schöner morgen, dachte ich gestern, stand früh auf und macht mich auf den weg in den tag. nach hunderunde klein und frühstück mit dem auto zum großeinkauf, der grade gefühlt alle drei tag nötig ist, weil die jungs das kochen entdeckt haben. dort wie immer mit einer von drei karten zahlen gewollt, aber sie war nicht da, weil sie noch im portemonnaie vom g.-zwilling steckte, den ich letzte woche mit emma zum tierarzt geschickt habe. zweite karte, kassiererin, kartenlesegerät und ich bemerken: die ist abgelaufen. 04/20, wie die zeit vergeht! dritte karte ist die visa, niemand kennt die pin seiner visakarte, weil man die nirgendwo braucht, nur eben an supermarktkassen. den vollen wagen an die kasse gestellt, zum auto, nach hause. g.-zwilling war nicht da, hatte aber sein portemonnaie liegengelassen, ich also mit ec-karte zurück zu meinem einkaufswagen, gezahlt, das eis in die tüte für gefrierzeugs gepackt, nach hause, keinen schlüssel in der tasche gehabt. bei nachbarin geklingelt und ihr das eis in den freezer gelegt, gleich ein paar lebensupdates gemacht, wir haben uns alle solang nicht mehr gesehen. sie hat die nummer vom d.-zwilling (mein handy liegt auf dem schreibtisch vom g., wo ich seine geldbörse durchsucht habe), hat ihn herbestellt, ich hab ihn alles hochtragen lassen und wollte mich auf den weg zum optiker machen, mein 0€ gestell ersetzen lassen, mit termin. mein rad hatte ich am tag zuvor an den g. verliehen gehabt, am fahrrad fällt mir auf, dass mein radschlüssel nicht am schlüsselbund ist, weil er noch am schlüsselbund vom g.-zwilling hängt, was anders besprochen war. ich also schnell zu fuss los, zu spät, brille repariert, halbe stunde zu spät für geplante große hunderunde mit freundin, sie kann nicht später, wir haben uns lang nicht gesehen und setzen uns also wie zwei studies mit unseren laptops auf dem schoß auf eine parkbank, wo wir zweieinhalb stunden in ruhe etwas tun können, eine rechts außen, eine links außen. um uns herum die jugend, also leute unter 40, mit bocciakugeln, drinks in der hand, zu nah beieinander stehend. dann wird die bank zu hart.

keinen haushalt gemacht, jetzt keine lust mehr. abends koche ich ein kochbuchessen (ich habe für volle tage ein sehr dickes buch mit italienischen regionalrezepten, die sind alle aus dem alltag, teilweise mit rätselhaften zutaten in dialekt, immer nur 3 bis 4 zugaben, eine davon salz, „fertig garen“, das wars), schmeckt allen, salsiccia mit knofi, peperoncino und broccoli, dazu kartoffeln.

müde.

abends nochmal stimmung, weil der g.-zwilling sich von einer freundin ein ohrloch stechen lassen will, mit einer stecknadel. es geht wohl in der stadt erst wieder übermorgen, muss also heute sein, und „ich bin 19, mama“. er besitzt jetzt zwei ohrringe, braucht also ein zweites loch, habe ihm zum geburtstag die beiden brillis geschenkt, die ich vor 23 jahren von seinem vater geschenkt bekommen habe, wunderbar, hab es immer bisschen bedauert, dass keins der kinder mir handtaschen, kleider und schmuck klauen will oder abnehmen wird. nach den ersten schreien holt erst er, dann die freundin sich einen grappa, bevor sie nach einem hinweis aus dem internet mit besserem werkzeug (alter pen von mir mit frischen nadeln) einen neuen versuch machen. nach einigen quiekern und schreien gelingt das unterfangen, der stecker sitzt, die beiden gehen noch auf eine runde in die stadt, was wohl irgendwie wieder geht.

bewundere sie fast mehr als ihn.

es war ein g.-zwilling-tag, merke ich, das ist manchmal so, das liegt teilweise an all der ungebundenen energie wegen corona, denke ich, teilweise … teilweise aber auch nicht.

8. mai 2020

ich habe meine deutsche ausgabe der mussolini-texte noch immer im regal, auf zerbrechendem kriegspapier gedruckt, meine mutter hat das kitschige bild (motiv: strasse in pompei) von einem mussolini-sprössling auch noch herumstehen. keiner will die sachen haben, zumindest keiner, an den wir sie weitergeben wollen. aber im müll sind sie auch noch nicht gelandet. ich hebe sie auch deswegen auf, weil es nazis gab in meiner familie, väterlicherseits, unbelehrbare, von der wirklichkeit vergessene menschen. es gab auch andere, kriegsgegner und antifaschisten, deren geschichten leichter erzählt werde. für das gute gibt es keine dokumente, die geschichten werden größer oder kleiner mit den jahren, verändern sich, sind frei wie kleine luftballons, ein zeichen für das gute, als solches nicht so wichtig und nachhaltig wie die dinglichen beweise für die nazis, von denen wir nur wissen, dass sie mehr als nur mitläufer waren, der stiefgroßvater hat in rom für die deutschen gearbeitet, hat seine energie und intelligenz (er war anwalt) für die nazis eingesetzt. ich denke da nur noch am 8. mai dran, aber vor ein paar jahren hat meine schwester entdeckt, dass die CIA in der unmittelbaren nachkriegszeit diesen stiefopa beobachtet hat, die unterlagen wurden im rahmen des freedom of information act freigegeben, man kann sie einsehen und downloaden, es sind pdfs von schlecht fotokopierten dokumenten, tickets, quittungen, berichte von dritten. es steht wenig drin, aber es wird klar, dass der mann sich nach dem krieg ganz unbekümmert und ungestört weiterhin für den aufkommenden neofaschismus eingesetzt hat. wir wollen das mal aufarbeiten und aufschreiben, meine schwester und ich, seit jahren allerdings, vielleicht wird es endlich mal was.

18. april 20

gestern den heutigen 19. geburtstag der zwillis vorbereitet. sie bekommen jeder ein fotobuch mit ihren kinderbildern und meinen aufzeichnungen über die ersten jahre, wer wann was gemacht hat, bestellt bei cewe, weil das direkt aus dem fotoprogramm nicht mehr geht. einband und papierqualität sind schlechter als bei apple, oder vielleicht nur: dünner, ich hätte bei „ganze kindheit“ lieber mehr material in der hand. hatte wegen corona schön viel zeit dafür. d.-zwilling bekommt eine sonnenbrille, seine erste, er hat seit ein paar tagen einen dramatischen undercut, sieht ein bisschen aus wie ein franziskaner, und will jetzt endlich eine. bei fielmann steht jemand, der am eingang die hände desinfiziert und uns masken gibt, die ausprobierten brillen werden auf ein tablett mit küchentuch gelegt und danach erst desinfiziert. wir brauchen 20 minuten, dann hat jeder eine ausgesucht, montag gibt es einen termin für die glasanpassung. sehr professionell und angenehm alles. kind freut sich. g.-zwilling bekommt meine brilli-ohrstecker, die mir sein vater vor ca. 23 jahren mal geschenkt hat, seine neue festplatte habe ich leider nicht zum laufen gebracht, hoffe, das kriege ich noch hin. plus bücher, im buchladen auch spray am eingang, kaufe für jeden ein buch und eins für beide, naomi kleins green new deal. außer mir noch 2 leute im laden, alle kaufen was, vielleicht gibt es weniger schmökerer? ich geh ja sonst gern zum anlesen ohne feste kaufabsicht in buchläden, mache ich nicht zur zeit. sie haben so verkehrshüte im sicherheitsabstand um die kasse und um den rechner im hinteren raum gestellt. lasse alle drei bücher einwickeln, weil mcpaper geschlossen ist und ich kein geschenkpapier mehr habe. den rest verpacke ich zuhause in packpapier, wie schon an weihnachten, jetzt halt aus anderen gründen. dazu gibts je einen fuffi von der großmutter. teig, streusel und apfelfüllung für den kuchen habe ich gestern abend noch vorbereitet und heut früh nur gebacken, sehr lecker geworden, die kerzen darauf sind allerdings immer wieder umgefallen, weil der kuchen noch zu heiß war. was sie sich wünschen fürs neue lebensjahr? „ausziehen, studium anfangen und vögeln“, sagt einer und der andere sagt „genau“. alles gut. heute abend gibts lasagna. (das zitat nehm ich gleich wieder raus)

gestern noch erfahren, dass ich ab mai einen neuen job brauche, macht schon auch unruhig. werde mich auch in allen möglichen sozialen einrichtungen bewerben, bin aber eigentlich als risikopatient nicht einsetzbar, bisschen doof grade. bin eigentlich optimistisch wie immer, irgendwas wird sich finden, finanziell kann es eh nur besser werden, hoffe ich zumindest.

hab mich beim einschlafen abgelenkt mit der erinnerung an die geburt der zwillis, mehr bilder als gefühle, besonders für den zeitraum seitdem habe ich gar kein gefühl, neunzehn jahre, das klingt und ist so lang, trotzdem ist in der gegenwart dieser beiden menschen immer die ganze vergangenheit gleichzeitig präsent, anders als bei meinen eltern oder meiner schwester, weil dies ganze warme gegenwart so fest mit meiner verwachsen ist.

auf einer liege im gang im krankenhaus, es war ein kaiserschnitt mit termin, 38. woche, wegen beckenendlage und diabetes. die pda, nach der ich kurz fast weggekippt bin und keine luft mehr bekam, wie die ärztin sagte, „einen moment bloß“ und es mir nach sekunden wieder gut ging, meine entspanntheit bei der sache, der winzig kleine op-raum in der pulsklinik am westend, der ex neben mir am kopfende, wir beide hinter dem vorhang, wie der ex kurz aufstehen wollte, um hinzuschauen, und die ärzte ihn wieder runtergedrückt haben. das geruckel am bauch, wie schnell alles ging, die jungs mit nur 2 minuten abstand auf die welt gebracht, ich vergesse am anfang immer wieder, welcher von beiden der erstgeborene ist, wie dann einer der ärzte lächelnd mit den beiden auf dem arm um den vorhang herumkam, um sie uns zu zeigen, beide noch in käseschmiere. „ich mach ihnen eine schöne narbe!“, sagte die operierende ärztin, und das hat sie auch getan. meine kaiserschnittchen. grad sitzen sie gackernd auf dem sofa des einen und gucken irgendwas, dauernd anrufe, die sie zusammen beantworten. dankbar.

ein freund der zwillis ist im abitur und weiß bis heute nicht, ob und wann er nächste woche prüfungen hat. eine zumutung, das kümmert natürlich keinen. schulen und berlin.

heute bisschen husten, immer noch frosch im hals, die zwillis fühlen sich auch nicht gesund, wir tippen auf erkältung. erkältung und insekten werden uns alle überleben.

15. april 20

in einer auseinandersetzung mit einem zwilling, der für ein paar tage zu einem freund ziehen will, unbedingt weg von zuhause. seine argumente sind alle nachvollziehbar, meine aufgabe ist es, mein nein zu begründen, aufs interesse der allgemeinheit zu verweisen, infektionsschutz vs bedürfnis des einzelnen. er sagt, er sei gesund, sein freund auch, sie würden eben dort isoliert bleiben. die lage ist ja eh unklar. es ist eine vertrauensfrage, sagt er, ich bringe die wahrscheinlichkeit ins spiel. jetzt warten wir, ob solche besuche erlaubt werden oder nicht, wobei eine erlaubnis ja nichts daran ändert, dass ansteckung leichter durch dritte als im eigenen haushalt erfolgt. ich möchte jedenfalls lieber nicht infiziert werden.

ein naher verwandter schickt den kindern einen tag, nachdem ich sie ihm mit dem auto gebracht habe, statt sie anderthalb stunden mit den öffentlichen fahren zu lassen, einen haufen links, die sie verteilen sollen. darin wissenschaftler mit belegen zu seiner überzeugung, es sei alles u.a. ein who-schwindel, um mehr impfstoffe verkaufen zu können, die sterblichkeit läge bei <1%, man müsse grundimmunisierung durch offene schulen vorantreiben, etc. als würden solche leute nur den elfenbeinturm kennen, als hieße wissenschaftliches denken vor allem, von gegenargumenten ungestört eigene theorien in die welt zu setzen. nichts bringt solche typen in die krankenhäuser von new york oder norditalien, wo die folgen dieser argumentation so offensichtlich sind. nicht nachvollziehbar. na, der mensch hat die kinder im auto zurückgebracht, der rest soll mir wurscht sein.

bleibt schwer zu begreifen, warum intelligente, studierte leute ihre zeit mit all diesen psychoterrorisierten verbringen oder selber welche werden. sie glauben, sie stünden an irgendeinem abgrund, den sie mit aufgerissenen augen und vorgeschobenem kiefer vollumfänglich verkünden (immer lange videos), und sind bloss hoffnungslos im abseits, ihr größter schmerz, nicht gehört zu werden, obwohl sie doch alles besser wissen. macht ratlos. beim versuch, zu verstehen, rutsche ich in was anamneseartiges, schaue in meinem dicken berger unter paranoia und wahn nach und bins zufrieden. zum glück bloss internet. abschütteln, fenster auf.

(und diese leute auf twitter, hoffentlich nur eine kleine blase, die sich um die sozialschwachen kinder sorgen, wenn die schulen länger geschlossen bleiben, und sich aufregen, wenn man in diesem hinweis kein argument für sofortige coronaparties schulöffnung sieht. ja, es ist schwieriger für diese kinder, alles ist schwieriger in solchen familien, das bestreitet doch niemand, trotzdem ist eine längere schließzeit zu befürworten. leute, die ampeln abschaffen wollen, weil ein teil der bevölkerung farbenblind ist. schräge welt. weniger twitter tut not.)

meine tage sind kürzer geworden, weil ich mehr zeit für die einzelnen schritte darin habe. aufstehen, hunderunde, bespassung der jugend (zuwenig, sie wollen nicht), essen, haushalt, jobsuche und bewerbungen und fortbildung durch lesen – alles bekommt jetzt eine eigene kleine blase im tag und kann sie füllen, bis der druck weg ist, der hund müde, nur eine statt drei bewerbungen geschrieben, das erste kapitel nochmal gelesen, weil vergessen. vielleicht prokrastiniere ich sonst gar nicht, sondern brauche schlicht mehr zeit für meinen kram.

alles in allem okay.

13. april 20

zum ersten mal seit der sperre allein zu hause, sofort total k.o. und müde. keine lust auf hunderunde, der hund schläft zu meinen füßen. sie verliert grad ihr winterfell und ihr körper findet dabei irgendwie kein ende, das ganze dichte und leicht filzige unterfell ist schon weg und sie verliert immer noch büschelweise fell. sie sieht ganz zart aus.

die jungs heut von mittags bis abends beim vater, ich hab sie hingebracht, damit sie der bvg fernbleiben können, genieße die leere der wohnung sehr. bin in den letzten wochen auf mich zurückgefallen, ich habe mich sowenig verändert im kern, merke ich erst, wenn das außengerüst abfällt mit verhalten, gewohnheiten, abläufen, beziehungen und all den anderen bedingungen des alltags, die genauso formen wie halten, aktiv wie passiv. bald bin ich wieder bei lyrik. bisschen schade, dass ich kein home-office machen kann, würde gern herausfinden, ob das noch geht oder nicht.

spass am rumwurschteln mit dem rechner vom g.-zwilling, der total hinüber ist, jetzt warte ich auf eine neue ssd-festplatte. habe mein aaps aktualisiert und werde einen weiteren rettungsversuch beim edison versuchen, dessen antenne nicht mehr geht, man kann ihn wohl versuchsweise neu flashen, mit einem pc statt mac, das hat ja bei der smartwatch auch wunder bewirkt. es beruhigt mich, es ist mit den großartigen und idiotensicheren anleitungen im netz genau wie malen nach zahlen, das ist ja auch sehr meditativ.

meine rolle in der familie hat etwas flirrend-unklares bekommen, will die jungs zu sinnvollem anhalten, lesen, bewerben, lernen, loslaufen, was sie ja seit ihren abis selbstverantwortlich tun sollen, sie waren da im selben fluss wie fast alle ihre freunde, reisen, jobs, vielleicht ein praktikum, dann studium oder lehre. jetzt fehlt ihnen die erfahrung der fremdheit, die grand tour, die sie so gebraucht haben, um von zu hause und von der kindheit wegzukommen. die meisten spielen, sagen die jungs, übers netz verbunden, jeden tag ein paar stunden. der eine kumpel, erstsemester irgendwo, den alle insgeheim ein bisschen bewundern, ist allein zu hause, eltern im ferienhaus, ernährt sich von nudeln mit ketchup und spielt den ganzen tag.

g.-zwilling erzählt von eve, ein sandbox-mmo-spiel, wo sich seit 2003 ganze zivilisationen bilden, wo man alles sein kann, was man will, in einer galaxie voller welten. fasziniert mich, auch wenn es in den erklärbärvideos eher um kriegsführung geht als um handel. „so ein titanschiff ist so groß, da kannst du nicht mehr steuern, da jumpst du dann irgendwo hin und bleibst da, bis der kampf vorbei ist“, so der moderator in einem let’s play-beitrag, als wäre die kämpferei, wie so ein reiner geldjob, eine notwendige, aber lästige verpflichtung, um im spiel bleiben zu können. einen geldjob muss sich der spieler in eve auch suchen, um weiterzukommen. erinnert mich an tad williams‘ otherland, in dem die menschen über physische plugins ins netz kommen und dort um ihr leben kämpfen, wenn ich das richtig erinnere. parallele universen. wenn ich da nur forschen oder reisen oder raumschiffe ausprobieren könnte, wäre ich dabei, mich interessiert die umsetzung von raum und weite in die wahrnehmung des spielenden, dabei ist das bestimmt das leichteste beim programmieren.

ich habe alle brettspiele wieder aus der kammer geholt vor zwei wochen oder so, bisher hatten wir ein paar zweierspiele wie boggle (ein paar zweier wäre einen versuch wert, das ginge auch zu dritt, wenn einer doppelt spielt), weil wir das gemeinsam spielen nicht mehr gewöhnt sind, das ganze konzept brettspiel ist uns aus dem fokus gerutscht. lust auf malefiz oder monopoly, werde es inszenieren, also etwas größer machen als die selbstverständlichkeit, die dem spielen gebührt in einer familie. meine höflichen kinder spielen dann meinetwegen mit, es fühlt sich nach schauspielerei an, es dauert eine weile, bis es wieder ums gewinnen geht, dann sind auch sofort die hahnenkämpfe der jungs wieder da, um coolness, pointen, gemeinheiten, dann sind sie wieder teenager und nicht fast keine mehr.

wir reden beim abendessen miteinander, wir wollten abwechselnd kochen, was nicht immer klappt, dann gibts es auch mal stullen. für gemeinsames programm wie spielen, filme, hunderunden verabreden wir uns, wir leben in unserer wohnung, als wäre es die welt, nicht ausgehen heißt im eigenen zimmer bleiben, ausgehen heißt küche oder wohnzimmer.

bisschen heiser, gliederschmerzen und großes schlafbedürfnis, gelegentliches niesen, kein husten, isf bei 130%.

20. märz

gestern vormittag bei obi mit g. nur einzeln reingelassen worden, immer nur ein familienmitglied. sie haben zwischen kasse und kunden trennwände gebaut, große klare plastikscheiben auf einem gerüst aus holzlatten, sehr baumarkt. die kassiererinnen tragen handschuhe, halten abstand, da trägt jemand fürsorge und kümmert sich im rahmen des möglichen um seine mitarbeiterinnen. beim rausgehen standen bestimmt 20 leute in der schlange. später bei DM bat man auf stelltafeln um rücksicht und abstand, drinnen stand ein wachschutzmensch, aber es war nicht so voll. keine mülltüten, kein klopapier.

nachmittags viel stress mit g.’s flug. er hätte nach kapstadt fliegen sollen, um dort bei einer freundin zu wohnen, die ein praktikum macht, und sich dann das land ein paar wochen anzuschauen. viel zeit und selbstverdientes geld sind in die vorbereitung gegangen, es war eine für ihn sehr wichtige reise, ein freischwimmen auf einem anderen kontinent und in einem anderen meer, weit weg von zuhause. er wollte hin, komme was wolle, hat am samstag erfahren, dass ab dieser woche keine deutschen staatsbürger mehr ins land gelassen werden, wollte den flug erst vorverlegen, um noch hinzukommen, muttern im hintergrund zwar unterstützend, aber auf die trägheit des systems vertrauend. am sonntag schien dann auch sein transit mit umstieg über doha nicht mehr möglich, 14 tage sollen deutsche reisende in quarantäne. trotz der so eindeutigen lage war es in 5 tagen nicht möglich, den flug zu stornieren oder umzubuchen, nur am tag vorher, für einen 0-euro gutschein. da war auf der webseite von qatar der weiterflug von doha nach kapstadt schon gecancelt. qatar verwies beim storno/umbuchungsversuch auf den buchungsservice, opodos webseite war überlastet, ans telefon ging stundenlang niemand. stundenlang. wir haben mails geschickt, aber der flug nach doha ist gestern gestartet, ohne g., der rückflug wurde gestern dann auch noch gecancelt. zum glück ist er nicht mitgeflogen, ob sie ihn mitgenommen hätten ohne aussicht auf ein weiterkommen, meinen 18jährigen? am abend kam eine mail von opodo mit der bitte, sich in doha an das deutsche reisebüro zu wenden.

g. ist wohl unfreiwillig zum no show geworden, keine ahnung, ob er von seinen 700€ etwas wiedersehen wird. die extra bei der allianz abgeschlossene reiserücktrittsversicherung verweigert corona-ersatz, alle beteiligten firmen (qatar, opodo, allianz) scheinen ausschließlich aufs eigene wohl bedacht und unfähig, sich der neuen lage anzupassen. lektion gelernt.

in den paar schönen tagen seit dem wochenende hat sich mein bücherstapel ordentlich reduziert, auch der karton mit den italienischen büchern ist leer geworden. jetzt kippt das wetter leider, g.-zwilling hat seinen reisefrust ins aufräumen gesteckt, sein zimmer zweimal komplett umgeräumt und dabei ebenfalls stapelweise büchern aussortiert, die jetzt auch alle auf dem flur stehen und arg nach etwas unfertigem aussehen. heute hat sich d.-zwilling anstecken lassen. die wohnung wird super aussehen nach dem rückzug ins private. die schulbücher könnte ich vielleicht weiterverkaufen, ein paar neue auch, aber den rest können wir, falls tatsächlich eine ausgangsperre kommt, im prinzip wieder einsortieren.

a bis z

in den letzten wochen habe ich meine bücher sortiert, nach alphabet, dabei alle doppelten reihen und stapel mit eingenordet. es war mühsam und hat lange gedauert, das aussortieren ging mit der zeit leichter, ich hab gemerkt, dass ich ein kind meiner zeit bin und eher auf neuere als auf ältere autoren verzichte, wenn ich mich weder an den/die autor/in noch an den inhalt erinnere, hab ich das buch rausgenommen. es sind sehr viele geworden, sie liegen im flur gestapelt, ich darf sie nicht wieder anschauen, bis ich einen abnehmer finde, will aber auch nicht drüberfallen, das wird also eine herausforderung.

beim bücher räumen bilder im kopf, wie die wohnung irgendwann einmal einem entrümpler überantwortet werden wird, für den all das nur gewicht und aufwand ist, oder meinen kindern, die auch nur ein paar autoren davon kennen und wenig behalten werden, vermutlich, wer weiß schon, wie sie sich entwickeln. wir leben in der gegenwart, für die gegenwart. sentimental geworden, den klardenkenden d.-zwilling in ein gespräch ziehen wollen über die vergänglichkeit, aber er hat mich gleich wieder auf den weg gesetzt („entscheide einfach, wieviel platz du brauchst“).

hinter einem zugestellten bild ein din a3 – großes fotobuch entdeckt, dream house von gregory crawson, auf den bildern lauter interieurs mit menschen drin, die menschen sind schauspieler wie tilda swinton oder william h. macy. auf jedem bild scheint gerade etwas passiert zu sein, oder wird gleich passieren, aber wir wissen nicht, was es ist. der blick darauf wirkt voyeurhaft, sie haben spannung, wirken wie filmstills, mitten aus einem geschehen heraus. in keinem der zimmer stehen bücher. gedacht, dass bei mir die bücher die geschichten erzählen, hunderte, andauernd, und keine ist ein geheimnis, keine erlangt bedeutung durch mein unwissen über das, was war oder sein wird. ich muss sie nur öffnen und weiterblättern.

lichter, gedenkfeier

schon wieder in der kirche gewesen, diesmal eingeladen unter schweigepflicht. die kirche sollte voll werden, was einem abend um 18 uhr unter der woche nicht einfach ist, es waren aber wesentlich mehr menschen da als neulich am sonntag, weil die idee ganz schön war, nacht der lichter, zum gedenken an den 9.10.1989, als die ostler in der gethsemanekirche zuflucht gefunden haben vor der draußen prügelnden stasi. die frau neben mir ist dabeigewesen und erzählt, wie sie über den zaun aufs kirchengrundstück geklettert ist, und es ist ein zaun mit sehr spitzen stäben, der ist dem d.-zwilling und mir aufgefallen, als wir zum nebeneingang gelaufen sind, weil der haupteingang blockiert war, „adrenalin war das“ sagt sie, und wie sie nicht wusste, was da grade passierte alles. eine frau im rock mit leopardenmuster und passendem tuch, blodes haar, roter lippenstift, verteilt programme. es ist auf den letzten drücker noch fast voll geworden.

die pfarrerin jasmin el-manhy begrüßt uns, dann liest eine schauspielerin, deren namen ich vergessen habe, aus einem buch über den herbst ’89 in der gethsemanekirche vor. „wachet und betet“ stand damals draußen an der kirche, eine nicht unmittelbar politische, aber doch klar verständliche einladung zur aktivität, zur aufmerksamkeit, zum widerstand, wenn auch im gebet. die kirche war an dem abend voller menschen, dicht gedrängt sitzen und stehen sie im raum, ein foto ist auf einem großen schicken bildschirm zu sehen. el-manhy liest einen psalm, der mir gut gewählt erscheint,

weil in der der ersten reihe angela merkel sitzt (drei reihen vor uns, so nah komm ich der macht nie wieder. sie trägt bordeaux). nach einem lied lesen jugendliche aus tagebüchern vor und verbinden den damaligen widerstand, der tatsächlich zu einer revolution geführt hat, mit dem heutigen, der mindestens zu einer wende führen muss. einer der jungen leuten sagt dabei ein paar zeilen, die der bischof, der natürlich auch da ist, in seiner kurzen rede („ansprache“) wieder aufnimmt, sie mussten protestieren, weil sie es für richtig hielten, diese konzentration auf einen zentralen menschlichen aspekt bei der wende, die gemeinsamkeit, dass es allen zuviel wurde, dieses geheimnisvolle kippen der verzweiflung und unzufriedenheit in die gewissheit, jetzt etwas tun zu müssen. er verbindet es immer wieder mit der heutigen lage, das wort selbstwirksamkeit fällt ein paar mal, meine ich zu erinnern. man spürt seine große betroffenheit über das attentat in Halle, „am jom kippur“, er erwähnt es mehrfach.

immer wieder sehr höfliche ermahnungen, auch in gebetsform, doch bitte irgendwas zum erhalt der schöpfung zu tun, sicher auch an die kanzlerin, aber eher indirekt. es dauerte knapp über eine stunde, am ende zünden alle eine kerze an und singen dabei, in einem sehr leichten und eigentlich in seiner vielstimmigkeit gelungenem kanon „dona nobis pacem“, während die kanzlerin mit mann und herrn platzek und herrn de maiziere und ein paar agenten die kirche wieder verlässt. ich denke, sie wollte aus eigenem antrieb herkommen, sie war ja schließlich dabei, im oktober 1989, in der gethsemanekirche. schade, dass sie nichts davon erzählt hat, notfalls impromptu.

keine öffentliche ankündigung und also auch keine öffentlichkeit. kameras waren aber dabei, mal schauen, vielleicht kam es irgendwo. eigentlich ganz gelungener abend, findet die gemeinde, ich mochte auch das nüchterne, nicht hochkandidelte. paar lieder, paar gebete, paar texte, kein brimborium. sehr protestantisch.

veränderung

sie haben einen großen modernen kinosaal in der anlage, einen 12m-pool, eine offene bibliothek mit tischen, lampen und einem relativ aktuellen katalog. die wohnungen („appartments“ sagen sie dort, das große ganze immer mitintendiert) sind zwischen anderthalb und drei zimmern groß, der speisesaal ist schön eingerichtet, die richtigen lampen, sehr freundliches personal, geradezu fröhliches personal. die älteste bewohnerin ist 106, sagt uns die frau, die meiner mutter alles zeigt, die jüngste mitte sechzig, der schnitt liegt beim alter meiner mutter, bei 85 jahren, das ist nicht ohne, nicht ohne, wo ich selber doch nur einen menschen in dem alter kenne. wir bleiben zum mittagessen. die bewohner auffallend elegant, mit gold und silber geschmückt, feine wolle, die männer in sakko und hemd, einer im lodenjanker, weißes haar, niemand färbt es sich noch ab alter x. meine mutter ist noch eher blond, vielleicht ist das ein einzugsritual, der abschied von der vergangenheit? ist nicht mehr und wird nicht mehr werden. paar rollatoren, „aber die sind dann auch schon 20 jahre hier, sind hier alt geworden“, paar rollstühle. mich würde glaube ich die ganze eleganz stören, das gediegene, ich empfinde das als zur schau gestellten wohlstand, ein auffälliges gleiche-unter-gleichen, vielleicht nur, weil ich nicht dazugehöre mit meinem einen kaschmir im regal, diese menschen haben halt einfach kein h&m im schrank, die können sich das ja nicht aussuchen, nicht mehr aussuchen, ihr leben hat die feine kleidung hinter ihnen angehäuft. sie kennen es nicht anders. die frauen sehen interessant aus, ihre verschiedenheit fällt mir auf, sehen sich doch alte leute oft ähnlicher als jüngere, weil ihr alter das erste wahrgenommene ist, von meinen zarten 50plus jahren aus betrachtet. ich bilde mir ein, ihnen ihre guten leben ansehen zu können, weiß aber nix natürlich. vielleicht waren sie einfach besonders schön, und nicht besonders interessant, im alter fällt das ein bisschen ineinander. sie bringen bestimmt einen großen teil ihres lebens mit, wenn sie in so einen alterssitz umziehen, und müssen viel zurücklassen, wie das eben so ist.

ein bisschen kreuzfahrt war das heute, wo die leute aus ihren kleinen kabinen immer in abendgarderobe erscheinen.

meine mutter passt da hinein und wieder nicht. „diese ganzen alten tanten“, sagt sie, es fällt ihr aber dann noch auf, dass sie selber dazugehört. männer gibt es deutlich weniger. ihre berufe kann ich frauen und männern nicht ansehen, kann ich aber bei gleichaltrigen auch nicht gut. ein mann sieht noch ein bisschen nach baumogul aus, auch wenn der körper hinter dem dominanten kinn schon zu verschwinden beginnt, bei damen würde ich nie nach baumogulinösem suchen, da sehe ich eher akademische berufe. die paare unterhalten sich miteinander, nicht alle, einige reden nur einen satz zum menue. die menschen sind ja zuhause dort, ich weiß nicht, ob der repräsentative anteil der eigenen existenz in den hintergrund tritt, wenn man jeden tag im restaurant isst. finde ich interessant, welchen preis so eine normalität hat, sicher hält es die leute auch beieinander, wie jedes ritual.

eine bekannte, die dort schon lebt seit ein paar jahren, rät meiner mutter zum hinwarten, vermisst ihre wohnung und vielleicht auch die realität, oder sie ist ihre einsamkeit dort nicht losgeworden, und dann ist das endgültige noch dazugekommen. es hängt vielleicht davon ab, wie wichtig das zuhause für die identität ist, wie sehr man die sehr pragmatischen grundrisse und die neubauödnis wahrnimmt im lebensalltag. wie es einem geht vorm umzug. aber schöne holzböden auf den balkonen.

ich will dauernd „im alter“ schreiben: so ist das eben im alter, weil darauf alles hinausläuft, so einen lakonismus, die akzeptanz des todes. die zimmer werden frei, wenn jemand gestorben ist, das wissen ja alle, da zieht keiner mehr aus, da sind sich alle bewohner gleich, vielleicht werden sie deshalb alle mit namen angesprochen, bei jeder begegnung, weil angesichts des großen gleichmachers der namen ans leben als einzelner und einziger erinnert, das die menschen ja hier auch noch leben, zu ende leben, päng, da ist er wieder, der tod. dieser aspekt macht mir auch noch schwierigkeiten, glaube ich, dass die mutter als ewige präsenz an einen ort umziehen will, an dem nix mehr ewig währt. ihr sicher auch, bei aller norddeutschen resolution. das verfliegt aber auch wieder beim dort herumlaufen, sobald man sich daran gewöhnt hat, im alltag ist eh mehr gegenwart, das ende fern wie immer. bei abwesenheit von schmerz und not, natürlich. oder nicht? bin ich gespannt drauf.

„sie denken darüber nach, sich zu verändern?“ fragte die mitarbeiterin und rät zur baldigen entscheidung. wenn man schon pflegestufen hat, wird man wohl nicht mehr genommen, lieber sind ihnen aktive senioren, die die arbeit des kulturrates zu würdigen wissen, ende des monats kommt walter momper und erzählt von der wende, ein film mit burt lancaster wird gezeigt, es gibt lesungen und konzerte. eine wasserreise und eine landreise pro jahr, „sehr begehrt“.

 

sonntag, keine pläne

erster tag ruhe. nach dem gewitter war es heut früh endlich unter 30°, emma hat sich zufrieden auf den balkon gelegt und hat sich an die kühlen kacheln geschmiegt. ich hab weiter aufgeräumt, habe ärger mit dem bz, schwankungen ohne erkennbaren grund, brauche mal 6, mal 9 und mal 12 einheiten für mein frühstück, obwohl die sensitivität nur um 20% schwankt. nervig. was kann es sein? wenn sich nichts findet, war es nichts beeinflussbares, dann tauscht man eben alle systeme und guckt nach vorne. nachmittags in der ruhe des hauses mit den diab-apps rumgepuzzelt, muss eine aktualisieren, dafür wird sie neu kompiliert, android studio meldet aber immer einen fehlercode, den ich nicht verstehe, weil ich ja das ganze programm nicht verstehe, es nur den app-aufbau ausführen lassen kann.  nutze vielleicht eine zu alte git-version. überlegt, meinen gesamten 11 jahre alten laptop auch mal zu aktualisieren auf ein neues os, was mir eigentlich ziemlichen spass macht, dann gibt es plötzlich auch für die dienstprogramme neue versionen. aus alt mach neu! habe ich bisher gelassen, weil nicht sicher ist, dass meine photoshop-version auch auf 10.10 oder 10.11. läuft, andrerseits weiß ich nicht mal mehr, wann ich das programm zuletzt selber genutzt habe, und nicht für freunde oder kinder. brauche es also nicht wirklich, anders als aaps. geht aber erst, wenn ich an eine festplatte fürs backup komme, meine liegt natürlich in berlin auf dem schreibtisch. 1tb gibts für 45€, zeiten …

mit d.-zwilling telefoniert, ihm ist ein eichhörnchen ins rad gelaufen, er  wollte es erst zum tierarzt bringen, aber es ist in anderthalb minuten gestorben. es hat ihn beschäftigt, und er ist morgens um sechs noch mal hingefahren, hat es mitgenommen und im park beerdigt. „ich konnte es nicht so liegenlassen“. inzwischen geht es ihm wieder,  denn „solche dinge passieren.“

g.-zwilling einen film mit sting (twitter, aber wer?) in einer norddeutschen kneipe geschickt, wie er eher herzschmelzend sachen singt, die gregor die ganze zeit spielt, er: „oha, richtig gut, so werde ich auch mal“, ich: „weißt du, wer das ist?“ er: „nee?“ ich: erklär. er: irgendeinen freundlichen smiley. ach ja.

ich weiß, kinderfreie zeit, aber ich brauche ein paar tage, um mich dran zu gewöhnen.

abendpläne abgesagt bei 350 mg/dl steigend, ich werde einen schönen whisky vorm sonnenuntergang trinken, die mücken verscheuchen und warten, bis der spiegel sich wieder einebnet, bis dahin nichts essen. kopf voll behalten den ganzen tag, dazwischen an die mama von frau hingst gedacht, hilflos gefühlt, wieder abgelenkt. mir kommt alles so lebendig vor gerade. die abendsonne scheint ins zimmer, es ist schon wieder um die 30°, aber ich habe jetzt einen ventilator.

leben

tage voller leben, vor allem. gestern ist emma entwischt, durch eine offengelassene hintertür, wir alle ins auto, weil sie wahrscheinlich runter ins dorf gelaufen sein wird, es gibt hier sonst nur wald, und sie ist ja ein großstadthund. beim fahren sehe ich sie hinter einem hohen drahtzaun stehen, steige in die bremse, gregor ist in zwei sätzen über den zaun, hebt sie drüber, und da ist sie wieder und freut sich sehr, uns zu sehen – sie mag solche abenteuer. abends pizza essen, gregor wirft zum ersten mal (sagt er) eine 2€-münze in einen automaten und bekommt sofort den hauptgewinn, unmengen von weiteren 2€-münzen. daraufhin wirft er in den zweiten automaten auch noch eine münze und bekommt wieder den hauptgewinn. allgemeines staunen. keiner will ihm eine hosentasche zur verfügung stellen, er rennt also den rest des abends mit zwei handvoll und zwei badehosentaschen voller münzen herum. heiterkeit und neue karrierepläne. heut früh um achte los, die jungs nach lugano zum zug bringen, dort angekommen, fehlt eine interrailkarte, also zurück, karte im mülleimer finden, wieder hin, kids verabschieden. wieder hier merke ich, dass die vorräte wirklich restlos als reiseproviant mitgegangen sind, parmaschinken, aperol, brötchen, pizza, focaccia et.al. esse cracker. fange an, aufzuräumen, betten abziehen, ventilatoren zusammenbauen, die heute angekommen sind. es zieht ein wind auf, der himmel wird dunkel, es wird ein gewitter geben, seit vier tagen angekündigt. mache das haus sicher, weil die gewitter hier alles in den grundfesten erschüttern. den wilden regen genossen und den hund getröstet, die füße nassregnen lassen, langsam zur ruhe gekommen. dann von mlle readons (mutmaßlichem) tod am 17. 7. gelesen, in der irish times, mit ziemlicher fassungslosigkeit, seitdem traurig und vor mich hin reden schwingend, was hätte ich tun können, direkten kontakt versuchen, aber das haben einige wohl getan, ohne erfolg. mit 31 das leben zu beenden wegen so einer geschichte, das ist sehr bitter. es war eine unschöne geschichte, die viele leute zu recht aufgebracht hat, aber das leben sollte weitergehen, sie hätte einen weg finden können, es hätte, wäre, könnte, das leben, ach das leben ist so kostbar. wirklich traurig.  dabei, weil es ja alles im internet stattgefunden hat, auch die leise hoffnung, dass nur ihre persona gestorben ist, und dass die frau dahinter noch eine chance bekommen hat. aber das wäre ein leichtfertiger umgang mit so einer tragischen geschichte. möge die erde dir leicht sein, mlle hingst.

afa

schon eine woche und einen tag hier. die ersehnte große langeweile hat noch nicht angefangen, weil g.-zwilling mit zwei freunden seit ein paar tagen hier ist, bisher haben sie einen tag verlängert, mal schaun. also haushalt wie immer ein faktor. sehr warm, habe ventilatoren bestellt, eine idee, auf die ich bisher noch nie gekommen bin, kein windhauch zu spüren, sehr unnatürlich, alles hängt fest in einer hitzeglocke. emma leidet vor allem. tagsüber liegen wir sehr angenehm am see unter bäumen, ich plaudere mit altem freund, die jungs miteinander. hotel mama hat 5 sterne, sagen die jungs, nur die nächte seien etwas warm, das gäbe sternabzug.

madre viva

am ersten ferientag mit dem putzen begonnen, dabei auch in die oberen kühlschrankfächer geschaut. ins glas mit der mutterhefe noch mal reingeschnuppert, bevor ich es entsorge, und siehe da – ein feiner, eleganter hefegeruch kommt mir entgegen, wo ich das aroma des verfalls erwartet hatte. sie hat wochenlanges vergessen werden überstanden, also hab ich sie gebadet, schaue, ob sie noch wächst, und werde sie in den urlaub mitnehmen müssen, denn was lebensformen angeht, bin ich eher dem ahimsa verbunden, aus pragmatischen gründen. hurra.