the room 3

am wochenende bis jetzt, sonntags 12 uhr, nix sinnvolles gemacht, nur mit grosser begeisterung room 3 gespielt. ich habe ja nichtmal pädagogische pflichten, die jungs laden eh, was sie wollen, ich muss nur alle drei wochen oder so mal alles zu brutale löschen. ein puzzle ist immer harmlos, vielleicht sind die gelegentlichen blitze für epileptiker gefährlich, aber auf den kleinen bildschirmen ist das wohl auch okay.

es ist perfekt geworden, tolle grafik, die wechsel zwischen den tableaus sind großartig animiert, wie sich die gerätschaften auseinander- und wieder zusammenfalten, ein genuß, ähnlich wie es tengami, viel reduzierter, mit einem japanischen papierschnittbuch gemacht hat. bei the room gibt es vor allem tolle mechanische abläufe, maschinen, eine kleine druckmaschine, eine tischsäge, ein gerät zum drechseln, ein großes planetariums-fernrohr, diverse oszillographen, stromkreise usw., und ein sehr schönes planetenmodell. zahnräder gibt es auch, aber nicht so viele. großartige rätsel, auch die leichteren davon wegen ihrer eleganz bewundernswert, viele läßt man beim spielen ungelöst zurûck, das erklärt sich erst am ende. sehr viel mehr aufgaben und räume als bei den vorgängerversionen.

der weg geht diesmal durch ein planetarium mit tischlerei, druckerei und gärtnerei, dazwischen viele kleine bibliotheken und arbeitszimmer, wo ich sehr gerne die buchstapel durchgesehen hätte. die maschinen scheinen dabei zumindest funktionstüchtig, die mechanik ist logisch aufgebaut, ist nachvollziehbar so vielleicht ab 12 jahren und sieht auch für erwachsene wie mich noch sehr schnieke aus. die oberflächen sind wirklich großartig, man meint das metall zu spüren und glaubt zbsp die schmiede sogar zu riechen, der spieler muss sich einmal dinge selber gießen. ich durfte einen blasebalg bedienen! für the room 4 hätte ich gern noch einen motor oder ein fahrrad dabei, mal ein planetengetriebe reparieren?

als spieler kann man zwischen den levels immer nochmal zurück und alte aufgaben lösen, muss das aber nicht, man kommt also direkt oder auf umwegen ins ziel. für mich insgesamt 8 stunden riesiger spass, die kinder darf ich gar nicht fragen, in welchen zeiten die da durchsausen, das ist nur frustrierend, andrerseits war ich auch traurig, als es vorbei war. getröstet, als es am ende eine richtige himitsu-bako-box gab, die ich ja sehr liebe, leider nicht zu öffnen, und die schöne aussicht auf weitere alternative enden, die man beim nochmaligen spielen erkunden kann. ich bleibe dran, aber nicht heute, nein! fest vorgenommen. heute nicht.

also eine empfehlung, wobei viele meiner freunde damit gar nichts anfangen konnten, wer so kleine haptische 3d-puzzles mag, wird bei the room denke ich auch glücklich, und man kann die version eins für 0,99€ zum probieren kaufen. im spiel gibt es keine ausgaben mehr, es kostet allerdings fünf euro.

 

homecooked oder nicht?

die idee, mal wieder ein thanksgiving-dinner mit freunden zu machen, oder den jungs eins zu bieten in einem restaurant. erst nach minuten merken, dass die spielerei im kopf sich hauptsächlich ums geld dreht, hab ich einen hunderter übrig fürs hard rock cafe zbsp.? eher nicht. kurze enge beim gedanken an meine traurigen finanzen im jahr 50. mit freunden wärs machbarer („nicht so teuer“ wieder gelöscht, weil es so wenig befriedigend ist, offen darüber zu reden, aber ich bin ja nicht nur selbst dran schuld, sondern auch in guter gesellschaft. altersarmut? ha, wir sind jetzt schon arm. bis dahin können wir das.) aber viel mehr aufwand, das gemeinsame kochen macht aber auch spass, und trifft den gedanken der sache besser. die kinder haben immer einen riesenspass an aufwändigem essen. wie wir einmal mit 20 freunden einen riesigen truthahn gekauft hatten, der dann nicht in den ofen passte, und auch zerschnitten noch wegen seinem gewicht aus den schienen rausgeplumpst ist, und stunden länger als vermutet gebraucht hat, andere wohnung, anderer herd, eher studizeiten, riesenvergnügen. die weihnachtsgans wiegt ja nie mehr als 6kg, aber mein ofen sollte einen 10-12kg braten eigentlich beherbergen können. pecanpie, cranberry sauce und mashed potatoes? hmm.

kw 45

davidzwilling hat sich alle vier weisheitszähne auf einmal rausnehmen lassen, die sache ging problemlos über die bühne, mit ibu und kühlpads auf den dicken backen ist es unangenehm, aber nicht dramatisch, also bis jetzt, tag 2. gregorzwilling hat magendarm, ich hoffe, er steckt david nicht an, oder erst, wenn seine schwellung abgeklungen ist.

ein zehntklässler in der schule der kinder ist heute nacht an einer mandelentzündung erstickt. gestern habe er noch gechattet, erzählt elias, und sich krank gemeldet. nie bin ich abends mit angina oder verdacht darauf zum notarzt, immer erst am nächsten tag zum kinderarzt, schwitzi, um nach dem abstrich eventuell mit antibiotika weiterzumachen. nehmt sowas ernst genug! der große malt sich aus, wie ich morgens zu ihm gehe, und er nachts gestorben ist, „für immer“, sagt ein zwilling. er hieß m., war groß, hatte schwarze haare und weiße haut, und er hatte einen sehr gut trainierten bizeps, sagt der große.

wie man bei plötzlichem hohen fieber immer den nacken checkt, wie ich bei asthma die kinder neben mir schlafen lasse, wie sicher ich mir bin, einen notfall zu erkennen, es aber eigentlich halte wie bei unterzuckerungen: wenn du ernsthaft zweifelst, hast du eine, und also das krankenhaus entscheiden lasse, ob die bänder gedehnt oder gerissen sind, die hand verstaucht oder angeknackst, es nur eine grippe oder doch blinddarm ist. aber bei halsschmerzen? vielleicht halstabletten aus der nachtapotheke. den kassenärztlichen notdienst kann man bei sowas in der pfeife rauchen, bei kindern kennen die sich nicht aus.

bah.

kanon als quest?

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amüsante und recht kulturbegeisterte serie entdeckt, white collar, hauptfigur ein schöner junger betrüger mit hut und bildung. 6 staffeln bei netflix, die mischung aus vorfreude und panik bei soviel möglicher prokrastination. ähnlich wie suits lebt sie von der begegnung zwischen norm und regelbruch, bringt dazu durch ihre vorliebe für klassische bildung viel spass und jede menge kleiner erhebender momente, wenn ich buch, künstler oder kunstwerk kenne. so billig bin ich zu haben.

wieder dran erinnert worden, dass ich meinen jungs eine solide bildung angedeihen lassen möchte, die schule liefert da nur einen sehr weitmaschigen kanon, mit einem ein buch pro semester höchstens. die selbstbeschreibung von belesenen menschen hat häufig so einen antielitären grundton, es war nicht die eliteschule oder der hauslehrer wie in vergangenen jahrhunderten, sondern das buch als einziger ausweg aus einer trüben welt, die bibliothek der rückzugsort, das lesen also immer freiwillig und aus so einer autonomie heraus, als zeichen einer besonders ausgeprägten intelligenz in einem umfeld, das so eine intelligenz erstmal nicht belohnt hat, als bräuchte auch die reine, elementare freude am lesen eine entschuldigung, wenn sie nicht eh vom aussterben bedroht ist.

kann den kindern leider keine komplette backstory mehr liefern, es geht ihnen gut, sie haben alle smartphones und lieblingsserien, brauche also ein anderes antriebssystem, einen anderen impulsgeber, und eine leseliste. ein incentive, das wort gefällt mir am besten, etwas anfeuerndes. bestechen oder herausfordern? schwierig.

 

kw 38

mit der schwester ein paar tage verbringen, sie begleitet ihre tochter, die nach berlin gezogen ist. wunderbar, wir verstehen uns wortlos und sehen uns viel zu selten. wir spazieren herum, mitte und prenzlauer berg, ich wundere mich über die touridichte und die menschenströme auf den strassen. die kunstwerke lassen uns und andere vorzeitig in ihre neue ausstellung, etwas über die sehnsucht nach dschungel, gelungen ist sie, eine empfehlung, ein paar sehr sehenswerte arbeiten über phantasie, natursehnsucht und modernes leben. einen laden für hundezubehör entdecken wir, mit eleganten leinen und schönem anderen kram, kaufe nix, weil ich alles schon habe und in einem soliden pragmatismus lebe.

ein abend mit freunden, einer mit docbuelle und s., in alter tradition im due forni, sehr schön und warm. freut mich immer, wenn ich meine römische schwester mit in meine zusammenhänge bringen kann.

gestern dann ein paar museen, die ausstellung im dhm zu homosexualität_en, sehr lehrreicher überblick über den umgang mit schwulen, lesben und transmenschen in den letzten 200 jahren, mit vielen sehr persönlichen videozeugnissen (wie heissen selfies als video?) übers coming out, jeder menge teils so skurriler wie finsterer objekte aus der langen geschichte der gesellschaftlichen ächtung. leider war der katalog sehr chaotisch aufgebaut, bild nach bild nach bild, ohne eine erkennbare struktur, ansonsten hätte ich den für die jungs mitgebracht, die sind ja noch ein bisschen in limbo und bestimmt neugierig. großartiger neubau von i.m. pei ums zeughaus herum, war da irgendwie noch nie mit vollem bewusstsein drin, sehr repräsentativ und großzügig, elegante toiletten, mit glastüren und marmorbecken, alles sehr edel da, klar hab ich als mutter sofort die schulen und ihre miserable ausstattung im kopf, aber das dhm ist ja eine stiftung des bundes und steht ausschliesslich in der öffentlichkeit, anders als die schultoiletten, in die ja nicht mal die schüler gehen.

über die linden ging eine größere gruppe menschen mit weissen kreuzen, abtreibungsgegner, of all things, dass die immer noch so laut werden wollen! es waren sogar frauen dabei, und sehr viele polizisten. bei der abschlusskundgebung, die wir hören, als wir uns vor dem dhm noch vor dem regen unterstellen, spielen sie eins der schöneren kirchenlieder, „von guten mächten wunderbar geborgen“, weil bonhoeffer sich wohl in seiner ethik gegen schwangerschaftsabbrüche geäußert hat, was mich überrascht. aneignung von schönen liedern übers aufgehobensein, um eine praxis der entrechtung und lebensverändernder übergriffigkeit zu propagieren, sehr unangenehm manipulatives vorgehen.

hab mir für den tag mein rennrad vom großen ausgeliehen, fand es schwer bremsbar (bremsen viel zu weit vorne am lenker) und war wahnsinnig schnell damit, auch beim bergauf fahren alle überholt, wie von selber ging das, meine langsamkeit liegt wohl doch am ollen tourenrad und nicht nur am alter. es hat geregnet, doof ohne schutzbleche, habe aber mein guccitäschchen über dem hintern platziert und so stilvoll mich und die anderen geschützt, rennradfahren ist schon etwas für eher zierliche gesäße.

 

lollapalooza

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erstes festival seit sagen wir mal über 20 jahren, und so toll, man kommt mit der s-bahn hin! die kinder sind sehr aufgeregt und freuen sich, es sind unglaublich viele leute gekommen, 45000 verkaufte tickets, hören wir dann. viele wunderhübsche sehr junge menschen, lauter mädchen mit blumenkränzen im haar und glitzer im gesicht, um die zwanzig jahre alt, schätze ich, ein drittel dreissiger, viele mit auch kleinen kindern, und auch ein paar wenige fuffziger wie mich, oft mit teenagerkindern.

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ich kannte ja nur wenige der bands, erkenne aber dauernd stücke beim zuhören. lauter echte fans im publikum, der großteil kann mitsingen bei den headlinern abends, dazwischen als beifall unglaublich hemmungsloses kreischen, ich benutze dann mein oropax wegen der fans, nicht wegen der bands.

P1070950am samstag hab ich einfach das privileg genossen und mir fast jede band angehört. bin dazu bestimmt über 10km gelaufen am samstag, hin und her über das grosse gelände, das trotzdem nur einen schmalen streifen des riesigen flugfeldes umfasst, die fläche innerhalb des gebogenen flughafenblockes zum columbiadamm hin. „lollapalooza“ weiterlesen

16

dinge, die nach 16 jahren nicht besser werden:

außer einem edding kein stift mehr auf dem schreibtisch.

paketklebeband ist niemals da, wo man es erwartet. ich weiß nicht, wozu man klebeband alles verwenden kann. es ist mir ein rätsel.

hinter den betten befindet sich genau das, was man bei teenagerjungs erwartet

haribos halten erst ab 3kg-packungen länger als 3 tage, und nur, wenn sie gut versteckt sind.

wenn ihre kraft gelegentlich mal nachlässt (wäscheberg, stullen-statt-abendessen oder so) dann sind die kinder genau im richtigen alter, sich für alle zeiten daran zu erinnern.

die konsumierten eier pro tag gehen ins dutzend, nahrung mit vielen kohlenhydraten und/oder vielen kalorien sind wie nie gekauft.

aufgeschriebene passwörter sind nicht sicher. niemals.

die kinder verfeinern ihre diskursiven fähigkeiten und passen sie den mütterlichen schwachstellen an. du weißt nachher selber nicht mehr genau, warum du es erlaubt hast.

komisch, ich hatte doch noch bier im kühlschrank?

der teure concealer ist alle (ja, auch bei jungs).

(kleine vergängliche mahnung, tmi)

ich sage euch, liebe kinder, bevor ihr ernst macht mit euren partnern, schaut darauf, wie sie mit krisen umgehen, mit euch oder anderen. vermeidet unbedingt jähzornige. wenn ein erwachsener seinen jähzorn immer noch nicht im griff hat, hat er den schuß nicht gehört. achtet auf den tonfall in streitereien, schaut nach, ob sie generalisieren („du bist immer“) und ob sie so sind, wie sie sich selber sehen, ob selbstdarstellung und sein sich zumindest ein bisschen entsprechen, bei erwachsenen, ob sie ihre projektionen erkennen und einen entspannt-liebevollen umgang mit ihnen pflegen können, ob sie über sich lachen können. ob sie fragen stellen oder mehr selber reden.

(die ganz kontrollierten sind mir eigentlich genauso unheimlich, aber in die verlieb ich mich eh nicht, die machen mir bisschen angst.)

ach, genau weiß ich gar nicht, wie ich die misere hätte früher erkennen können. gab es zeichen? wo sind meine fehler gewesen, in den situationen, die dann zu handgreiflichkeiten geführt haben, nun, es gab natürlich keine, weil der fehler dann beginnt, wenn einer zuschlägt, alles vorher ist vielleicht schlecht gestritten, aber nicht übergriffig. klare grenze. hat der mann nie verstanden, dass ich da so reagiere, fand er immer übertrieben.

ist es vielleicht auch übertrieben, kommt sowas einfach vor in einer liebesbeziehung? nehme ich das und solche mails zu ernst? schlagt ihr euch manchmal, also jetzt nicht du, s., ich meine die anderen? ich mag die wehrlosigkeit nicht, in der ich dann stecke, die verteidigungshaltung, die mich stumm macht, weil ich autoritär aufgezogen wurde. wenn so eine situation der angst nicht sofort einrastet in einer sich ab dann munter weiter selbstbestätigenden unterlegenheit, ein mechanismus, den ich in anderen situationen ausheilen konnte, vielleicht kann man dann als liebender einfacher darüber hinweggehen, und sieht den anderen eben als choleriker, ohne das persönlich zu nehmen. wenn es nicht eine vorhandene kerbe trifft, sowas. oder ist das blödsinn? lohnt da die differenzierung, wie bei erdbeben, mit einer richterskala? kommt bestimmt darauf an, wie tief man drinsteckt. wenn ein mann (oder eine frau) ensthaft prügelt hilft natürlich nur anzeige und polizei, aber das meine ich hier nicht so. einfach zurückhauen hätte vielleicht genügt, dann ist die energie vielleicht aus der welt, wie in der kneipe, da darf man sich ja rituell prügeln, aber es bleibt ein bescheuertes doppelvielleicht, weil jemand, der grade die kontrolle verliert, bei gegenwehr womöglich noch weiter austickt, das will man ja nu auch nicht unbedingt herausfinden müssen.

ich konnte jedenfalls damit nicht leben, wollte ich nicht, hab ich dann ja auch nicht mehr. habe auch mit dem einen typen, der mal meine kinder geschlagen hat, nie wieder reden wollen, auch das können viele nicht nachvollziehen, aber bei dem ist es ja wurscht, ich muss ja nicht mit ihm reden, anders als mit dem ex.

hey, ich bin das letzte blümchem auf dem acker, licht und wärme, bitte danke. nein, ich bin die frau, die ihre drei kinder fast allein großzieht, 11einhalb jahre lang, und außerdem bin ich ein blümchen auf dem acker! das soll mir mal einer nachmachen.

mit ernst machen meine ich: kinder kriegen. es ist eine mindestens 18jährige zwangsbeziehung, wenn man kinder hat mit dem falschen mann, und die männer sind immer in der besseren position, also wenn man gemeinsam sorgeberechtigt ist und die beziehung der kinder zum vater nicht untergraben will. bah. mehr schreib ich jetzt nicht.

 

ferragosto

gestern ferragosto total im regen ersoffen, dichter, gleichmäßig rauschender regen. die stille um das rauschen herum. heute dann ein gleissender sommertag, tiefblauer himmel, weiße sauber geknüllte wolken, glitzernder see, angenehme 28°. eine freundin zeigt uns ein altes industriegelände, hinter einem park versteckt, mit felsen und ruinen direkt am wasser, die kinder können hohe sprünge machen, darüber ein senkrechter felsen, unbefestigt, eine badestelle wie aus den fünfzigern, davor meine kinder, braungebrannt und beweglich, auf dem spazierweg dahinter die mädchen und ragazzi in kurzen hosen und polos, die damen in hohen schuhen und mit perlenketten am arm der eleganten alten männer, vorsichtig der menge nachlaufend, dazu ein eis.

wir sind früher an den felsen bei s. caterina del sasso schwimmen gegangen, durch den garten des klosters kam man über einen überwachsenen saumpfad runter an den see, vor dem kloster liegt die tiefste stelle des sees, das wasser war dort auch an heissen tagen kalt und klar. jetzt ist alles touristisch erschlossen und renoviert, es ist schöner und nicht mehr so leicht verwahrlost wie in den achtzigern, der weg zum felsstrand ist seit jahren mit neuen toren versperrt. daran muss ich denken, als die jungs allein auf den ruinen bei caldé herumturnen, der platz da hat bestimmt eine ähnliche zukunft.

wir sind im ferienhaus, ein dutzend oder so kilometer südlich der kleinen stadt, die mir genauso nahe ist wie die andere kleine stadt, von der man anderthalb kilometer steil den berg rauf zum haus gelangt. in caldé liegen auch zwei freunde von mir auf dem friedhof, ich wollte eigentlich noch die mutter von einem anrufen, jetzt wird es schon wieder knapp. dieses jahr habe ich lange gebraucht, um aus der erschöpfung aufzutauchen, um anderes als das gewohnte zu unternehmen.

zwei häuser weiter wohnen zwei junge berlinerinnen im teuren gentrimobil, airbnb, sagen sie. ich will eigentlich keine berliner mit touareg hier haben in meinem refugium, die beiden passen auch nicht zu ihrem auto, können es kaum manövrieren, aber es hat berliner kennzeichen. es ist ein so privater ort hier, vor berlin und der komplizierten gegenwart, oder einfach nur auf eine ältere art kompliziert, mit mir verwachsener, nicht mehr zu trennen von der, der ich bin, die wir geworden sind. die beiden sahen netter aus als ihr blöder luxusschlitten, sie trugen eher berliner klamotten, als irgendwas italienisch-überlegtes, die italiener hier neigen eher zum kleineren auto und dafür zu schönerer kleidung, schon weil man mehr zeit auf der piazza als auf den engen strassen verbringen möchte. oder will ich bloss das einzige berlin hier sein? weiss aber, wie uneinpassbar so ein gedanke ist in die realität. neue zeiten. airbnb werden wir hier bestimmt auch irgendwann machen, so what.

das feuerwerk findet dann am montag danach statt, aber da regnet es auch und wir verzichten, ich biete den jungs halbherzig an, sie hin- und wieder zurückzubringen, aber die couch, die handys und das fernsehen locken mehr. grmpfe ich sie kurz an, bin aber selbst dran schuld, weil sie das tollste mögliche feuerwerk schon gesehen haben, das in venedig.

 

idiot, als exempel.

die versuchung, dem kind, das sein neues handy zum dritten mal zerschmissen hat, einfach mein 4 jahre altes zu geben, damit er das auch fallen lässt, weil ich die geräte so lange benutze, wie sie funktionieren. aufgeregt, kind im zorn als idiot bezeichnet. natürlich darf man seine kids nicht auf diese art beschimpfen, aber wütend werden die meisten eltern gelegentlich, besonders bei mehreren kindern, und es sind meistens die mütter, die spontan mit der situation umgehen müssen, die väter haben zeit, sich eine reaktion zu überlegen, bis sie nach hause kommen, oder ist das ein vorurteil? es gibt ja auch getrennte familien, wo die väter sich nicht so aus der affäre ziehen und die kinder bei beiden aufwachsen. ärgert mich, bei so einem blöden mißgeschick die nerven verloren zu haben (obwohl, come on, dreimal?), aber ich laufe auf dünnerem eis grade.

später hab ich den ärger bei den halsabschneidern von gravis gelassen, die für eine 10minuten-reparatur 109€ verlangen können. muss uns einen besseren dienst suchen, bei den alten iphones konnte man das glas für 10€ bestellen und dann selber wechseln.

bisschen bammel vor dem urlaub dieses jahr, der ja immer auch ein 24/7 -programm für drei jungs bedeutet, als dauersolo, und sie sind anstrengend grade, die zwillis mitten in der pubertät, testosteronstürme glaube ich, allgemeine neugestaltung des gehirns. sie streiten sich viel, haben sogar angefangen, sich nicht immer rein spielerisch zu kloppen, sagen wirs mal so, sie brauchen und fordern abstand auch mir gegenüber, gleichzeitig provozieren sie mich häufiger, suchen die grenzen, meine übliche souveränität verpufft da, ich muss mir also ein neues, besser funktionierendes zen suchen, weil mein erprobtes nicht mehr genügt, ich hab ja auch noch den zweiten 24/7 – job mit meinem diabetes, der grade kaum steuerbar ist, durch die wechseljahre.

mit den befreundeten eltern sind die gespräche ähnlich leidenschaftlich versunken wie der babytalk am anfang, weil alles schon wieder so neu ist. am liebsten hätte ich einen gleichermaßen pädagogisch wie endokrinologisch erfahrenen pfleger an der seite in den nächsten monaten, einen, der auch kochen und karate kann. andrerseits, erfahrung beim kinderhaben: kurz vor der erschöpfung entspannt es sich wieder, und: familie ist ein system, in dem energien nicht verloren gehen.

am rande: ich glaube nicht daran, dass entschuldigungen (bei sowas wie meinem schimpfwort gestern) den kindern helfen. erklären genügt, denke ich. sonst müssen sie dann dem elternteil, der den fehltritt begangen hat, auch noch die schuld abnehmen, ertragen dann also alles alleine, die beschimpfung und das schlechte gewissen der eltern, statt einfach wohlbegründet und gesund so richtig sauer auf sie zu sein, der zorn verraucht dann in der zeit, die sie brauchen. ich musste, wenn mein vater mich so richtig angebrüllt oder sogar geschlagen hatte, immer zu ihm gehen und ihm sagen, ich sei ihm nicht mehr böse dafür, „der leidet richtig, weißt du?“ meinte meine mutter dann. daher meine vielleicht bisschen übertriebene empfindlichkeit bei diesen themen.

 

[stɔːris]

die versionen jeder familiengeschichte, bei drei schwestern drei zu jeder episode. ob das plumpsklo rechts oder links auf dem hof stand, und in welchem jahr genau das bad angebaut wurde, alles so wichtig wie alles, ihre geschichten, wie sie in ihre rollen zurückschlüpfen im familiengefüge und sich nur ein bisschen davor sträuben, wie klar und genau umrissen die alten kleinen risse sichtbar werden im großen strom der geschichten. die tante, die 80 geworden ist am sonntag, hat ein phänomenales gedächtnis und eine traumwandlerische sicherheit bei pointen, sie weiß stories zu jedem haus in der stadt, jeder ecke des elternhauses, eine frage, und sie antwortet stundenlang. sie erinnert jeden namen, wer wann wen geheiratet hat, die leben als vor- und abspann zu den sachen, sie sie grad erzählen will, „der hatte dann später einen autounfall, mit seiner mutter, und sie hat überlebt, traurig, du“, hat die farbe der milchkanne parat, die sie in der hand hatte, als die englischen tiefflieger sie fast erwischt hätten, kurz vor ihrem elternhaus, und macht das schrille sirren ihrer motoren nach, die piloten hatten weisse lederkappen auf, die konnte sie sehen, so tief flogen die maschinen, sie duckt sich in ihrem sessel, man sieht sie als kleines mädchen in den kellerschacht springen, dessen deckel als munitionsmetall eingezogen worden war, „zum glück, du!“, „und die ganze milch war verschüttet“. sie erzählt, als wäre alles erst gestern passiert, mit so einer schelmischen selbstsicherheit, man wird wieder kind beim zuhören. die andern schwestern diskutieren im hintergrund weiter die details, wir nichten sitzen still und nehmen mit den iphones auf, wie bei jedem besuch.

 

ferienkinder

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die ersten ferienwochen ohne richtigen plan für die kinder, der grosse ist als teamer mit der kirche unterwegs, die zwillis sind bei mir. sie sind beide mitten in der pubertät, mal hormonell verstrahlt, mal hungrig, kindlich oder obercool, und hopsen im lauf eines einzigen tages munter durch die unterschiedlichsten stadien. der unbeirrbare ist grad unsicher, der stillere hat den ersehnten wachstumsschub und triumphiert, beide kennen einander so nicht und gehen jetzt bei konflikten das gesamte arsenal durch. ich will zuerst beides auffangen, merke schnell, dass man reisende nicht aufhalten kann und versuche dann, pathetic wie ein unparteiischer boxtrainer, den jeweils schwächeren zu moderieren, den stärkeren auszuzählen, oder umgekehrt? laufe also immer rund um den ring herum.

um sie von den handys und rechnern fernzuhalten, hab ich ganz altmodisch ein paar kleine blöcke lindenholz und 5 kg ton gekauft und hingestellt, dabei dummerweise nach der ersten stunde einen kommentar abgegeben bzw. ein werk des unsicheren nicht erkannt, worauf er es sofort selber auch nicht mehr gelungen fand und wieder zerstört hat. frau fragmente, mit der ich ein paar sehr schöne stunden verbringen durfte, hat das sofort richtig als eine self-fullfilling prophecy eingeordnet, kenn ich ja auch von mir selber.

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ich bin eher in worten als taten zuhause und erkläre bisschen viel, obwohl mir das selbst erfahren selber so gefehlt hat als kind. sammle noch ideen für die zwillis, etwas mit verantwortung vielleicht, abenteuer, chancen also, hab aber grad nix auf lager, und auf die vielen workshops für sommerferienkinder haben sie leider keine lust. nicht genug nerven hab ich fürs klappe halten, bis die ideen sprießen, denke ich, und ärgere mich auch darüber, nicht einfach entspannt dem kind zu vertrauen, das natürlich all das schon hinbekommen wird, trotz den absehbaren querschüssen. erkläre also dem unsicheren, dass ihm jetzt eben die welt näherkommt und mitwertet über noten, freundinnen, peergroups, dass ihn normale kritiken, so etwas wie spontane unmutssäußerungen, wenn schon wieder ein glas runterfällt, grade treffen, weil er verunsichert ist, dass es sich wieder ändern wird, ein übergang ist zum größerwerden (das hören sie immer so gern), dass es halt schwerer ist, in der welt gut zu sein, als daheim bei muttern, das die welt anderen kriterien gehorcht, von denen können dir viele total egal sein, denke ich, sag ich aber nicht, grad in diesen jahren kann ich manchmal nicht einschätzen, wie weit sie schon abstrahieren können, die armen, mit so einer redemutter.

die hoffnung, dass die kids allgemein unkomplizerter sind als ich, stabil, nicht nur resilient wie die mama.

die verschiebung, wenn das aussen wichtiger wird, wie der eine zwilling davon profitiert, der andere drunter leidet, wie sich also mal wieder das verhältnis umkehrt, wie sie sich voneinander lösen im familiensystem und alleiner sind mit ihrem wesen. (dieser satz hätte eigentlch genügt, als posting, aber ich wollte mal wieder mehr schreiben.)

nach dem essen hören sie mit den handyspielen wieder auf und einer baut sich stundenlang, bis elf nachts, etwas aus dem holz: eine handyhalterung.

kw

neulich im christmon oder im sz-magazin einen einfühlsamen artikel über einen mann gelesen, der bei einem unfall seine hoden verloren hat, besonders erwähnt wurden die psychischen folgen seiner zeugungsunfähigkeit. gedacht, wir frauen sind nur ca. 30 jahre unseres lebens fruchtbar, nur ein paar tage pro monat, und haben andauernd hormonballett im kopf. zu wenig mitleid gehabt.

die ukulele nur spielen, weil sie so schön aussieht mit ihrem rotbraunen mahagoni, und so klein und leicht im arm liegt. bei den anderen instrumenten spielen aussehen und haptik auch eine übertriebene rolle, das glänzende rosewood auf der konzertgitarre, wie die decke vibriert bei jedem ton. eher sammlerin sein als macherin, glaube ich, mehr in der wahrnehmung zuhause als im umsetzen, auch beim üben.

auf dem roten kugelschreiber, den ich in die klassenkonferenz mitnehme, steht „halbstarker“ in fett, merk ich erst, als ich da bin. dem kind fällt die entschuldigung, die alle am dringendsten hören wollten, am schwersten, man sitzt daneben und will übernehmen, besonders, weil das kind sich sonst immer und sofort entschuldigt, vielleicht auch aus strategischen gründen, denke ich jetzt.

die ärztin, die mir den abbott libre verschreiben will, um eine position pro diabeteshund gebeten, die sie sofort und überzeugend liefert. <3

 

passagen 2 und 3

es freut die kinder sehr, bei einem großen fest im mittelpunkt zu stehen, well naturally freut es sie, wen nicht? vielleicht bringt die konfirmation nur ans licht, wie sehr die kinder im mittelpunkt der elternleben stehen, wo ich als mutter in meiner lage oft nicht soviel zeit für sie habe, wo vieles eben einfach nicht geht, gleichzeitig wird der schritt ins neue leben gefeiert, der übergang ins eigene, in den mittelpunkt ihres eigenen lebens, die religion nur als anlassgeber, obwohl ihnen das auch thema war, in kindlicher gleichberechtigung neben den geschenken und dem trara. bin mir nicht ganz sicher. ich mag den gedanken eines rite de passage sehr gern, es ist aber eigentlich nur die passage in einen ersten anzug, sie müssen dazu regelmäßig in die kirche und in den konfiunterricht gehen, was bei der hohen qualität der jugendarbeit hier in der gemeinde überhaupt kein opfer für sie ist. vielleicht fehlt mir das ein bisschen, ein vorgang, der zur selbsterkenntnis führt, ein echter schritt, der arbeit und konzentration erfordert. das ist aber nu auch nicht aufgabe der kirchen, bei denen die selbstverantwortung zumindest in den 10 geboten kaum eine rolle spielt. aber nee, es ist schon schön, dass die kirche die jugendlichen feiert! es macht sonst ja keiner. bar/bat mizwa für alle. in der schule bleibt das einzelnen lehrern und dem zufall überlassen. die jugendweihe, in berlin sehr verbreitet, bietet nur party und ein paar kurse.

schöne predigt gehört, der pfarrer hat sie um den film boyhood herum aufgebaut, das größerwerden, die beziehungen, viel lieber würde ich „texte“ schreiben, merke ich, weil die predigt auch ohne den kirchlichen rahmen funktionieren würde, der mich dabei nicht so sehr berührt, anders als die gedanken und bilder, die weiterführen und etwas öffnen. der pfarrer mäandert ein bisschen um seine themen herum, ist souverän und freundlich, genau im gleichgewicht zwischen dem ritus und dem leben, er kann das sehr gut, wie an einem küchentisch bei einem glas wein, wenn etwas unbedingt gesagt werden will, authentisch und heartfelt. es war die letzte predigt dieses menschen, zumindest vor seiner gemeinde, er ist bereits pensioniert, die jungs hatten glück.

für die auswahl der bibelsprüche haben offensichtlich alle google bemüht, und auf denselben paar seiten gesucht, alles vielfach vorhanden. es muss mehr gute sätze in der bibel geben, not? furchtlosigkeit und liebe hatten meine beiden, wie viele andere auch.

wie der glauben besser funktioniert als das internet, und schon so lange, weil es ein geschlossener kreis ist, ohne leerstelle für kommentare, gefällt mirs und pageviews. glauben als sich selbst bestätigendes system, ich glaube, und der glaube macht mich sicher, ich mag die eleganz und askese dahinter, das uneitle, wobei das aufgehobensein in einer gruppe beim gottesdienst zb auch etwas gibt. ob es mehr ein wissen ist für die, die vom glauben leben?

je älter ich werde, desto weniger behagt mir das männliche am gott, auch weil in meinem ganzen umfeld die frauen diejenigen sind, die das praktische, nicht symbolische leben gestalten, egal, ob sie berufstätig sind oder nicht. wie hier frau wildgans erzählt, dass überwiegend frauen dableiben bei pflegebedarf, während die männer verschwinden. lieber mit den frauen der bibel reden, ein pläuschchen mit gott stelle ich mir inhaltlich eher diachron und formal eher monologisch vor, ein mansplainer, die heerscharen, die siege und strafen, die geschichte, der einzelne nur als beispiel. einfache bilder, aus denen die unterwerfung nicht wegzudenken ist, oder nur dann, wenn der glaube als ganz und gar freiwillig verstanden wird, als anerkennung eines grösseren anderen.

na, das hohelied ist ja auch noch da, zum glück.

mal wieder in den schönen und vielseitigen (und einen tick zu verspielten) band von otto kallscheuer hineinlesen, die wissenschaft vom lieben gott, eichborn 2006: nee, der hat natürlich auch keine passenden zitate. zu pfingsten, steht da, „im Gründungsereignis der christlichen Mission, wurde der Endkampf um die feste Burg Zion ersetzt durch die Geburt eines neuen Mediums: des heiligen Geistes globaler Kommunikation.“(s. 468); „Der Endkampf zwischen Gut und Böse hat sich ins Herz jedes Einzelnen verlagert, ist in jeder Sprache kommunizierbar geworden“ (s. 471)

endkampf? wieder so ein albernes männerwort. es endet ja nie, solange man lebt.