das marbacher literaturarchiv wollte mich auch mal als literarisches weblog dokumentieren, aber sie haben es dann doch nicht gemacht. mein respekt vor literatur ist hoch, ich habe auch keinen echten kunstwillen, ich habe ein weblog. mein bestreben endet bei der gestaltung, also dem versuch, etwas zu treffen mit den worten, eigentlich unabhängig davon, ob es bedeutung hat oder nicht, und die kunst hat doch eine weitere ebene, oder, so ein bedürfnis nach endgültigkeit, nach bleibenden formen, nach einem für-sich-stehen, entscheidungen, vor allem nach einem verlässlichen level an, na an was, an dem literarischen ding. und man hofft, dass die qualität so nebenbei erreicht wird, ich mag meine texte, weil sie für mich stimmen, geht das nicht jedem blogger so? vielleicht ist es ein kern der natürlichen eitelkeit, dass man bei allem realismus (egalismus) eben doch hofft, man sei gut genug, um von profis gewertschätzt zu werden. hmm.

aber again, wie toll das netz als große blankofläche, die tonnen von texten mit dem gleichen großzügigen desinteresse aufnimmt, als angebot, man kann ja den anspruch mit unterbringen, niemand stört sich daran. ich mag die durchlässigkeit, das verschwinden, auch diese gewisse beliebigkeit, die stille der projektionsfläche, also still in dem sinne, dass sie nicht widerspricht, still in dem sinn, in dem auch twitter still ist. man zeigt sich, man sieht sich.

trotzdem bin ich bisschen traurig.

8 Gedanken zu „“

  1. Wenn ich mir die dort versammelten Blogs aber so anschaue, dann atmen die meisten dort aber sehr sehr schwer Germanistik. Wenn das das dortige Kriterium für Literatur sein sollte, finde ich, kann man gut verzichten.

  2. REPLY:
    stimmt, die mischung ist leicht abschüssig und trägt, naja, ältere kamelhaarmäntel. aber sie haben mek, das rettet sie, finde ich. (ist ein bisschen fuchs und trauben, bei mir. und nur bei blogs entscheiden ja leser, ob sie was mögen, bei literatur sind es immer, immer germanisten, oder nicht?)

  3. REPLY:
    ich hatte das gar nicht so verstanden, dass die weblogs un den käfig sollen, sondern dass die literatur da raus darf. literatur ist ihnen relativ egal? das hätte ich nicht gedacht. als begriff, wegen hinfälligkeit? oder haben sie einen eigenen entwickelt? (neugierde)

  4. als germanistin ist mir das mit den kriterienkatalogen ja erlaubterweise hinreichend wurscht. solange nur sprache einen text trägt. das ist meine einzige sine qua non.

    goncourt hat übrigens sehr recht, mindestens. Was die weblogs früher so spannend machte, war dass sie den leser hineinstolperen ließen ohne jedwede leseanleitung.

    enter at your own risk.

    sie hättens gerne als tagebuch? dann lesen sie es doch so. sie hättens gerne als liebeslied? dann hören sie es sich doch so an.

    fand ich schön.

    ich mochte auch die enttäuschung einiger realitätsbeflissener leser, die bei einem vortextereignis dabei waren und später sagten: aber so war das doch gar nicht. nicht wirklich.

    eben.

    museale kataloge und archive sind also eher leserfreundliche einrichtungen. nehmen sie es so. und genießen sie die trauben.

    einiges finde ich bei den marburgern aber durchaus am platze. die isla volante zum beispiel.

  5. REPLY:
    Literatur ist natürlich okay als Hilfsbegriff („Belletristik“), aber sobald es spannend wird, stört er nur noch. Übrigens nichts gegen Gattungen („Roman“), aber wie spannend ist es, eine Gattung eben nicht im Rahmen von „Literatur“ wahrzunehmen: ich habe eine Zeitlang „Die Wahlverwandschaften“ und „Das kommunistische Manifest“ gegengelesen, das ging, aber eben nicht im Rahmen von Literatur, sondern von radikaler Setzung, von Aufregung, von gegeneinander gesetzten Stimmen; dann, anderes Beispiel, wann weiß man schon, wann Robert Walser noch einen Roman schreibt, wann er nicht einfach nur noch spricht?

    Was mich (auf wahrscheinlich eher alberne Weise) stört, ist dieses nicht wegzuschiebende Sprachspiel: „Ich nehme jetzt Literatur zu mir“, und dann lese ich halt was aus dem Belletristik-Fach, statt mich an einem Buch über die Ausbildung zum Butler zu vergreifen; schließlich ist doch beides Schrift auf Papier und Sprache, ist irgendwas: es ist halt gerade da. Das Sprachspiel „Literatur“ wirkt viel zu früh schon viel zu verknastert, da gibt es dann Lesegruppen (nichts gegen Lesegruppen, das ist nur ein bisschen Herumgepöbel von mir), und was als „literarische Geschenkartikel“ mitverhökert wird, ist auch gleich stilecht mit Bleistiftzeichnungsreproduktionen versehen, weil es anders wie ein Schulbuch oder ein Goldmann-Ratgeber aussehen könnte, ach.

    Wenn ich sagen würde: ich lese diesen Aufsatz über meteorologische Phänomene gern, weil ich von der Sprache fasziniert bin, wie ich übrigens auch mal vom Manufactum-Katalog fasziniert war (da bin ich inzwischen drüber weg) oder von einem, ich komme nicht mehr auf den Namen, irgendeinem Modekatalog für rüschenversessene Seniorinnen, dann würde ich diese Erfahrung in dem Moment entwerten, wo ich sie aus dem Literaturbegriff ausklammere; umgekehrt würde ich das „kommunistische Manifest“ verharmlosen, wenn ich es aus seinem außerliterarischen Bereich in die Literatur hineinzwänge, ich läse halt Literatur, nicht ein Manifest.

    Aber das ist sicher alles falsch, genauso wie ein Rant gegen Germanisten. Ich kenne nette Germanisten.

  6. REPLY:
    (Ja, wenn ich es mir überlege, ist es vielleicht diese hässliche Distinktion, die man mit dem Begriff Literatur ziehen kann.)

  7. REPLY:
    „Was die weblogs früher so spannend machte, war dass sie den leser hineinstolperen ließen ohne jedwede leseanleitung.“

    Und schön finde ich, dass sie genau das noch immer tun: Die schiere Größe. Immer wieder etwas Neues.

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