vierzig jahre

„wie man es sich als kind vorstellt“ sagt der gitarrenbauer, als ich ihn nach seinem laden frage, „mit einem schaufenster zur strasse mit gitarren drin.“ meine olle framus wird dieser tage 40, 73K steht auf dem aufkleber im bauch, und K steht als elfter buchstabe für den monat november, sie klingt noch gut, finde ich, voll und warm, sogar fast zu laut für meine abendlichen übungszeiten, und ich hab sie natürlich sehr gerne. ich soll mehr nach vorne spielen, hat mein lehrer gesagt, und dass viele seiner schüler so spielten, bei mir fühlt es sich an wie: erstmal in den eigenen kopf hinein, in jeden akkord, noch nicht in die musik oder den song, noch nicht als melodie. beim mitsingen ist es eher ein hinterhersingen, wann immer halt ein akkord daherkommt. ich werd da langsam ungeduldig nach über 7 monaten unterricht, es ist schwieriger als gedacht, die nervenstränge wachsen sehr, sehr langsam, trotzdem ist dieses körperliche lernen eine hochinteressante erfahrung, dass der körper andere strecken benutzt als der verstand, zbsp. wo lernen über text eher ein umordnen von einrichtung ist, so muss ich bei neuer feinmotorik erst mal die möbel selber bauen, und davor die wälder finden, in denen die bäume dafür stehen. es gab momente, also ein oder zwei, da fühlte ich mich wie frau engl beim tango. zu ungeduldig, meint der vorbildlich geduldige und nur im stillen vermutlich zu tode gelangweilte lehrer.

die framus lag einen tick unter dem neupreis, jedenfalls bei 1:2 umrechnung, sie wurde in bubenreuth hergestellt, die fabrik hat eine spannende geschichte mit einigen aufs und abs, sie gehört seit einem konkurs ende der siebziger der firma warwick, es werden dort immer noch gitarren gebaut. die saitenlage von meiner alten texan ist etwas übertrieben, was ich mehr sehen als erspielen kann bei meinem aufenthalt in den oberen vier bünden, und bundrein ist sie auch nicht ganz. so zum vierzigsten kann ich ihr ja mal einen besuch beim spezialisten gönnen. es geht ihr nicht schlecht bei mir, sie wird jeden tag gespielt, oder fast jeden, aber die wohnung ist im winter zu trocken mit all dem saugenden holzboden, ich werde sie neben einen der nervigen luftbefeuchter stellen, die ich wegen der alten bis sehr alten bücher angeschafft habe, die haben die heißen und feuchten jahre in mailand gut überstanden, sind hier aber oft bis zur brüchigkeit trocken gewesen, ich habe nichts gegen nasse winter –

was ich ei-gent-lich sagen wollte: einen riesen glückwunsch an mein schönes instrument, and thanks for playing along.

 

4 Gedanken zu „vierzig jahre“

  1. Ach, ist das schön, das alles zu lesen… Ich bin so müde, so erschöpft vom Tag. Und dann so schöne Worte wie „bundrein“. Das ist wie Wein & Schokolade. Und ein guter Klang. Danke.

  2. Das ist schön, wenn alte Instrumente einen Platz finden. Ich mußte meine erste Gitarre leider vor 15 Jahren aus Geldnot und Platzmangel verkaufen – an einen ganz netten Berliner und seine bescheuerte Hamburger Freundin, weshalb ich das, kaum waren die beiden die Treppe runter, bereut habe. Meine elektrische ist leider nicht so richtig gut, aber nun auch bald 30 Jahre bei mir. Die bleibt auch. Interessant, was Sie sagen. Über das „körperliche Lernen“.

  3. oh, das ist bitter, das sind blöde gründe, aber wer weiß, vielleicht ist sie auf einen okayen musikalischen weg gekommen, ihre erste? „richtig gut“ ist ja zum glück kein kriterium für herbst- und nachtmusik, und ihre elektrische ist dann genau wie meine ein paar jahre jünger als ich selber, da kann man doch gut miteinander.
    das lernen: als ob der kopf die nervenbahnen jedesmal neu finden muss, wochenlang, dann, ganz langsam, geht es bisschen und bisschen besser.

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