rückwege

what a day, versucht, es an den kindern auszulassen, aber deren laune ist unkaputtbar. sie zum einkaufen, lernen und mit dem hund raus geschickt, sie: okay mama. bz über 400, daher! nadel war rausgerutscht. kann ich nix für, leg mich also aufs bett mit whisky und kippe, kriege ärger mit der familie, werfe notfallkippen weg. fange mich wieder, gemerkt, dass mich die kinder manchmal genauso halten wie ich sie, gefreut. zum denken zu gaga, liegengeblieben. ggü fängt jemand mit posaune an, er trifft die töne, nicht in der gewollten reihenfolge, aber man erkennt die gute absicht.

dann moment der klarsicht, als ein kumpel der zwillis anruft, sich zum fussball verabreden will und im nebensatz erzählt, ein kind aus seiner parallelklasse habe sich erhängt, und es fühlt sich falsch an, dass in einem nichtigen zusammenhang zu erwähnen, denn es ist eine unfassbare tragödie. die jungs sagen nichts dazu, fragen sich kurz, ob erhängen wehtut, und bedauern die eltern, dann sind sie wieder abgelenkt, aber das thema will über den tag immer wieder an die oberfläche kommen, beim abendessen sage ich also die üblichen 5 cent zum thema suizid, obwohl mein gehirn immer noch sehr matschig ist und ich lieber gar nicht reden würde. dass der entschluss vielleicht spontan kam, dass der junge vielleicht von vielen blöden sachen so angeschlagen war, dass er dem entschluss nachgegeben hat, dass er den tod eventuell noch nicht begriffen hat, ihn nicht ernst genug genommen hat, aber das niemand das jemals erfahren wird, was wirklich in ihm vorgegangen ist, denn er ist jetzt tot und kommt nicht mehr zurück, der grosse guckt kurz gen himmel, er hat ein feines pathos-sensorium. dann gehe ich aufs eis und sage ihnen, das viele menschen in ihrem leben mal selbstmordgedanken haben können, das solche momente vorbeigehen, dass es notfallnummern gibt im notfall, dass die dinge ein paar tage oder stunden später fast immer anders aussehen werden, dass auch ein bisschen anders schon genügen kann, um es nicht zu tun. das ein spaziergang immer hilft. und sie sollen nachfragen, wenn jemand lange still oder komisch drauf ist oder ihnen sachen schenkt. es gibt immer einen ausweg, und wenn du alleine keinen mehr findest, dann geh zu jemand anderem damit – die art lebenserfahrung, die nicht mal mehr komplizierte sätze benötigt. es geht ja nur darum, dass sie sich innerlich schon mal positioniert haben, darüber nachgedacht haben, damit die situationen, wenn sie denn passieren, nicht nur neuland sind, sondern sie etwas daraus wiedererkennen können.

das viele schlimme vielleicht.

es ist wirklich bitter, sie sind zu jung für solche geschichten, sie müssen nicht alles schon erfahren haben, es ist blöd genug, davon zu wissen. die jungs unterbrechen mich nicht wie sonst bei meinen erziehungsvorträgen, mir scheint, sie sind weniger spöttisch und nicht so cool und unterbrechen mich nicht nur nicht sofort, sondern gar nicht. ich fasse mich kurz, dann reden wir über anderes. der angerufene zwilling bleibt auffällig in meiner nähe und ist stiller als sonst, der grosse hat jetzt mit dem hornby angefangen, long way down, das hatte ich ihm nach seiner begeisterung für das krebs-buch vorgeschlagen, weil da die helden mal überleben. passt perfekt und wirkt sicher besser als meine reden.

4 Gedanken zu „rückwege“

  1. Holla, what a Day. Klingt, als hättest Du die Worte genau richtig gewählt und das mit dem Buch ist auch super Timing. Generell hätte ich evtl. noch ein paar Worte über Depression, tödliche Krankheiten bzw. auch über ein Recht auf freies Entscheiden verloren. Dass man den Willen desjenigen akzeptieren muss und nicht wütend auf ihn/sie sein sollte – wobei das natürlich auch auf das Verhältnis ankommt, in dem man zu der Person steht. Und evtl. sind solche Aspekte auch noch nicht altersgemäß, das wirst Du selbst am besten einschätzen können, es sind ja Deine Kinder und Du weißt, was man ihnen zumuten kann und was nicht. Puh, wenn ich so drüber nachdenke, habe ich mit diesem Thema schon mehr Bekanntschaft gemacht, als mir so im Alltag bewusst ist. Danke für die Denkanregung!

    1. aber gern, wenn auch aus so traurigem anlass. deine anregungen sind alle richtig, aber ach, es ging um ein 12 jähriges kind, nicht um einen todkranken oder depressiven, deswegen hab ich ein paar aspekte rausgelassen, grade das thema krankheit/freie entscheidung war too much info bei der ausgangslage, denn nichts am selbstmord eines jungen ist akzeptabel. … ich denke, daß diese komplexen aspekte der trauerarbeit von kindern sagen wir mal nicht gewürdigt werden in so einer situation, sie sind vielleicht sogar altersgemäß, aber eben nicht bei betroffenheit, denk ich mal so, hab aber nicht soweit gedacht natürlich. sie kannten das kind auch nicht persönlich, da hab ich mit ihnen lieber über die konkrete tragödie reden wollen. und die mutterredezeit ist immer sehr, sehr knapp, besonders dummerweise bei schwierigen themen 😉

  2. Ein zwölfjähriges Kind bringt sich um!? Zwölf?! Das ist sehr, sehr furchtbar und dunkel. Himmel.

    Sätze wie „gemerkt, dass mich die kinder manchmal genauso halten wie ich sie“ halten mich auch ein bisschen. Das ist schön, so etwas zu lesen. Schön, warm, froh.

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