fäden

der feedreader, in dem ich den spanischen comiczeichner entdecke, der in berlin lebt, einer italienischen zeitschrift ein interview gibt, illustriert mit einem bild aus dem neuen roman des zeichners, auf dem die kreuzung danziger/pappel/schönhauser zu erkennen ist, da lauf ich fast täglich vorbei.

eine woche lang überhaupt keine freizeit gehabt, um 7:15 aus dem haus, um 18 wieder da, um 18:30 wieder los, um 21 uhr wieder da, dann noch einkaufen und haushalt, ich mache eine fortbildung, in potsdam. der sehr gute dozent sagt im nebensatz, dass bei selbstständigkeit 16h am tag normal seien, er beschreibt seinen tag mit den vielen projekten, „abends noch ins büro“, ich höre den ins selbstverständnis einmimetisierten stolz heraus. eine frau aus dem kurs, wir sind fast nur frauen, erzählt daraufhin die geschichte vom fischer am strand, eine andere sagt, sie wolle eigentlich eine berufliche neuorientierung, um keine 80-stunden-wochen mehr zu haben, die anderen frauen nicken und lächeln ein bisschen in sich hinein. guter kurs. es hilft wahrscheinlich, wenn man dabei geld verdient, statt welches auszugeben, aber mir ist so ein leben ebenfalls unvorstellbar. man gewöhnt sich bestimmt daran, um halb sieben morgens mit dem hund rauszugehen, mir ist auch jedesmal jemand begegnet dabei, der das auch tut, aber man, das ist doch kein leben, wenn jede minute immer nur nach vorne gelebt werden muss, mit dem ganzen körper, wenn alles immer nur umsatz ist, das geht doch nur, wenn außer dem finanziellen auch der psychische gewinn dabei immens und notwendig ist. und wenn man jemanden hat, der einem den alltag abnimmt, ich jedenfalls bin nach so einer woche ganz unverhältnismäßig erledigt und freue mich sehr, dass meine liebsten beschäftigungen weit ab vom geldverdienen situiert sind, bisschen zuweit ab, gut, sage ich mit freundlichem schulterzucken noch hinterher.

am ende der woche hab ich dann gemerkt, dass eine sbahn später auch noch reicht. eine halbe stunde mehr morgens ändert schon sehr, sehr viel.

meine schwester kennt den hundemenschen cesar millan und ist als voluntaire bei seiner show dabei, was mich sehr freut, weil sie nach berlin kommt dafür. die behörden haben im umgang mit dem mann, den nicht jeder mag oder mögen muss, ihren mangel an gastfreundschaft sehr deutlich bewiesen, wie man lesen kann. sehr kleinkariert, sehr bürokratisch, eher peinlich. ich hatte meiner schwester ein paar hunde vermittelt, die dabei auf die bühne sollten, daher.

 

16 Gedanken zu „fäden“

  1. 34 % aller selbstständigen Designer arbeiten unter 40 Sunden die Woche, wurde bei der Studie im Design Tagebuch festgestellt. 17 % unter 35 Stunden.

    Die Erfahrung in meinem Freundeskreis ist, dass es in 90 % der Fälle die eigene Entscheidung ist, wie viel gearbeitet wird. Meist geht es da um Geld und Ruhm. Geld, dass eklatant über Lebensunterhalt hinausgeht. Andere Branchen kann ich natürlich nicht beurteilen.

    Eine 80 Sunden Woche brauchen Sie bestimmt nicht. Aber das wissen Sie ja sowieso.

    1. Das kann ich nicht bestätigen. Natürlich weiss ich, dass mein Freundes- und Bekanntenkreis nicht repräsentativ ist.

      Seit einigen Jahren arbeite ich nur noch die Hälfte von früher. Dementsprechend verdiene ich auch nur noch die Hälfte. Meine Lebensumstände verlangen und erlauben das, und natürlich muss ich keine Familie ernähren.

      Ehemalige Kommilitoninnen von mir führen Büros, gewinnen Awards, arbeiten viel und verdienen viel Geld. Das wollte ich nie. War mir nicht wichtig. Kann ich auch gesundheitlich nicht.

      Darüber hinaus stellt sich die Frage, was in der Selbständigkeit als Arbeitszeit zählt. Wenn ich den Garten umgrabe, denke ich über laufende Projekte nach. Ideen sammle ich immer, sogar im Schlaf.

      Seltem verreise ich ohne Rechner, wenn überhaupt, höchstens zwei Tage. Ansonsten habe ich ihn immer dabei und mache auch mal rasch was für gute langjährige Kunden. Das ist auch kein Problem für mich, stresst mich nicht und geschieht fast immer. Gleiches gilt für Wochenenden. Dennoch nehme ich da und nach 19 Uhr keine beruflichen Anrufe an. Inzwischen bin ich auch mal zwei Wochen verreist, das habe ich mir lange vor lauter Eilfertigkeit nicht erlaubt.

      Was ich mit dem Ichichich sagen wollte: Es geht. Ohne Reichtum. seit über 10 Jahren.

      1. Ich muss die Studie auf der meine Behauptung basiert, noch mal raussuchen, wenn ich sie finde, verlinke ich sie hier.
        Der überwiegende Teil kreativer Freiberufler kann von seiner Tätigkeit nicht leben. Er schrammt am Existenzminimum, verzichtet auf eine Altersversorgung oder hat finanzielle Unterstützung von Familie oder Partner(in).
        Es schaffen nicht alle, den harten Ausleseprozeß zu überstehen (und das gilt für jegliche Form der Selbständigkeit, in der Medienbrache bleiben 80% auf der Strecke). Wer das schafft, der hat sich einen Namen gemacht und kann darauf aufbauen und ggf. auch kürzer treten. Nur vorher muss doch erstmal klar sein, dass das, was man anbietet, von der Welt gebraucht wird und die Welt bereit ist, dafür eine angemessene Summe zu zahlen und das kostet Arbeit und Zeit.
        Ich verdiene und arbeite mittlerweile auch wesentlich weniger. Das ist auch so gewollt. Aber ohne die Basis eines Rufs, den ich mir in 15 Berufsjahren erarbeitet habe, ginge das nicht.

        1. es ist vielleicht ein gutes wegziel, es soweit zu schaffen: dass man zurückstecken kann und seinen alltag nicht vom beruf diktieren lassen muss. ich möchte auf jeden fall eher so leben, wie frau montez es schildert, ich muß es glaube ich auch, weil ich nicht mehr so belastbar bin wie früher, wobei mein job keine dauernde verfügbarkeit beinhaltet zum glück, jedenfalls solang der kundenkreis nicht riesengroß wird.

  2. Wer dauerhaft 16 Stunden am Tag arbeitet, hat irgendwann keine gescheiten Ideen mehr. Davon bin ich überzeugt. Außerdem leidet auch die Produktivität darunter. Der gute Mann ist wahrscheinlich längst zum Workaholic-Zombie mutiert und hat es bloß selbst noch nicht gemerkt.

    1. kann gar nicht, das hält niemand durch, nichtmal mit paarundzwanzig. das triathlon-ding dabei, die besondere härte des selbständigen lebens, dabei ist es eigentlich hart genug auch ohne monsterlange tage, wie kittykoma es so treffend geschildert hat.

  3. Ich verstehe die Argumentation schon. Um eine Selbständigkeit erfolgreich ins Laufen zu bringen, braucht es mindestens 3 Jahre Vollpower. Was heißt, 5-6 Tage/Woche 8 Stunden Konzentration auf die Aufgaben (da ist auch viel Präsenz- und Servicearbeit dabei, um Kunden zu binden)und dann täglich noch mal ungefähr 2 Stunden für Buchhaltung, Organisation und Netzwerken.
    Der Erlös ernährt dann, wenn es gut läuft, eine Familie. Später kann man delegieren oder vereinfachen.
    Was der Mann meinte, ist sicher das Maß an Verantwortung – das nimmt einem einer ab, das ist selbst und ständig. Wer glaubt, mit Selbständigkeit der Belastung einer Anstellung zu entgehen, irrt sich sicher. Es gibt kein Fallback, man steht ungebremst mitten in all der Scheiße, die passieren kann.
    Aber auch mitten im Erfolg, im Geld und den schönen Dingen. Dazu kommt die Freiheit, vieles selbst bestimmen zu können (zumindest scheinbar, eigentlich tun es die Kunden)
    Das ist eine Entscheidung mit Konsequenzen von großer Intensität, das geht nicht halb, ich abe meine kleine Firma deshalb auch immer mein Baby genannt. Ein bißchen schwanger geht auch nicht.
    Ich habe keine erfolgreiche Neugründung erlebt, die nur mit halber Kraft anläuft. Die Impulse müssen doch erstmal reinkommen.

    1. es ist nichts, was man so nebenher laufen lassen kann, das glaube ich auch. 8h täglich sind ja immer noch die hälfte der 16 stunden, von denen der dozent sprach, das ist auch die grenze meiner möglichkeiten mit krankheit, kindern und haushalt an der backe, ich werde also einen teil meiner kreativität auch in ein konzept stecken müssen, das irgendwie mit dieser stundenanzahl auskommt. dass die ersten drei jahre intensiv sein werden, glaube ich sofort. wenn da nix läuft, läßt man es ja auch wieder.

      es hängt bestimmt sehr vom markt ab, auf den man will, wenn der gesättigt ist, wird es bestimmt für jeden schwer. mein zukünftiger markt ist bis jetzt noch relativ leer, das wird sich ändern, aber bis dahin habe ich zeit, mir einen ruf aufzubauen (oder ihn zu ruinieren).

      die verantwortung habe ich als jetzt (als eher herumkrebsende selbstständige) ja auch schon, die schreckt mich nicht so, ich mache dieses neue projekt (nach einigen neuen projekten in den letzten 10 jahren) auch ein bisschen aus einem mangel an alternativen, ich kündige nicht dafür – hätte ich eine stelle, dann würde ich das hier nicht machen.

      ich bin da in guter gesellschaft, sagt die statistik (pdf), ein drittel gründet wegen „fehlender erwerbsalternative“, ein drittel wegen „ausnutzung geschäftidee“.

      „Aber auch mitten im Erfolg, im Geld und den schönen Dingen.“ hach ja. mal schauen.

  4. Ich habe ja keine Ahnung, in welchem Bereich Büro-Mama sich selbstständig machen will. Meine Erfahrung ist jedenfalls super, ist aber ein ganz, ganz anderer Arbeitsbereich, als „Design“. Mein Tag fängt morgens um halb acht an und endet meistens so gegen vier bis fünf, freitags pünktlich um ein Uhr mittags. Grübeleien nach Feierabend finden statt, zugegeben. Ich verdiene mehr, als ich mit meiner Ausbildung als Angestellte verdienen könnte, inklusive vergleichbarer Sozial- und Alterssicherung. Ich habe mehr Urlaub und genieße meine Freiheit jeden Tag.

    Das kommt natürlich nicht von ungefähr, sondern auch von einem vernünftigen und engagierten Berufsverband, der dafür sorgt, dass die Bezahlung auskommlich ist und das Arbeitsfeld nicht zum Haifischbecken wird.

    1. das höre ich gern, besonders das mit „freitags um ein uhr mittags“, ein funktionierendes gleichgewicht zwischen vor- und nachteilen des freien arbeitens. da würde ich gern hinkommen. einen guten berufsverband gibt es in meinem fall (den ich noch nicht genauer ausführen will, alles noch reißbrett) gar nicht, aber es gibt neue gesetze und eine entstehende lobbytruppe, da muss man noch sehen, ob das nach vorne oder nach hinten losgeht alles.

  5. Ich bin in die Selbständigkeit eher so reingeschubst worden (Scheinselbständigkeit, erinnert sich noch wer an das Gesetz dagegen und so?), dann mal wieder angestellt, auch arbeitslos, jetzt seit 10 Jahren wieder frei. Altersvorsorge? Haha. Ich kann noch froh sein, in der KSK zu sein, denn eine normale Krankenversicherung kann ich mir nicht leisten. Bequem leben? Eher so konstant knapp unter null. Tolle Aufträge und Kunden? Ich mache, was ich kriegen kann. Zeitsouveränität? Monatelang nix, was ich aber wg Geldsorgen nicht genießen kann, dann wieder wochenlang kein freier Tag.

    Die ach so entspannten Freiberufler, denen man andauernd in Artikeln begegnet, haben einfach Schweineglück – und eine ganz andere Startbasis. „Die andere Million hat mir dann die Bank gegeben“ – wenn ich sowas höre, möchte ich kotzen. Wenn du von null aus startest, kriegst du keinen Kredit.

    „Du mußt mal dein Geschäftsmodell überprüfen“ – eine Unverschämtheit von einem Kunden, der meinen Stundensatz nicht zahlen wollte – dabei ist das der niedrigste, den mein zuständiger Berufsverband so gerade noch empfiehlt.

    1. das ist wirklich extrem frustrierend und nervig, ich bewundere deine durchhaltefähigkeit und wünsche bessere kunden und einen guten flow durch den herbst.

      ich hätte da glaube ich schon ein umsatteln versucht, vielleicht mal als lehrer? geschichtenerzähler? du könntest auf den parties der oberen zehntausend pikante stories aus dem berliner untergrund erzählen, im schwarzen mantel der nacht! oder vielleicht erwachsenenbildung? falls du ins kochen ausweichen willst: ich hab noch was von dir hier rumstehen!

  6. @ slowtiger: Handelt es sich bei diesem Kunden um den Inhaber oder um einen Festangestellten? Letztgenannte setzen das Bruttohonorar des Selbstständigen gern einmal gleich mit Nettohonorar und vergleichen das mit ihrem eigenen Nettogehalt. Dass Sie Ausgaben haben, die Festangestellte nicht haben, übersehen sie geflissentlich. Sie pflegen lieber ihren Neid. Solche blöden Sprüche bringen die in ihrer Autowerkstatt garantiert nicht.

    Falls es aber der Inhaber selbst war, so sieht sein Geschäftsmodell offensichtlich vor, die Arbeit von Externen nicht anständig zu bezahlen, sondern sie auszunehmen.

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