kirill petrenko hat sein orchester gefunden. ein aufregender abend, mit broadway-musik, die ich zum ersten mal richtig gehört habe, es hat sich angefühlt wie: zum ersten mal überhaupt gehört. mit petrenko klingen gershwin und bernstein komplex und schillernd, grad die bläser und das schlagzeug hatten eine selbstverständliche feinheit und genauigkeit, wie ein puzzlestück, das zum ganzen dazugehört und trotzdem eine eigene, unterscheidbare schönheit hat. ich hab sie wahrgenommen, aber das gilt fürs ganze stück, keine ahnung, wie petrenko das bewerkstelligt, die musik wie besonders scharf gezeichnet. arbeit an den tempi und einsätzen? wie eine dieser bildserien von fraktalen, wo der fokus vom ganzen immer tiefer ins detail saust, und dabei in seiner genauigkeit nicht nachlässt. es ist alles so fein und klar herauspräpariert. das konzert war dabei fröhlich und sehr lebendig, petrenko schwingt die ganze zeit, lächelt, tanzt seine interpretation beim dirigieren vor, als würde er nur zuhören, nicht selber dirigieren. er wirkte fast selbstvergessen. die arbeit hat vorher stattgefunden, er soll als arbeitstier intensiv proben vor den aufführungen, beim konzert sieht es nicht mehr wie arbeit aus, eher wie eine feier der musik. sehr schöner abend. 3 zugaben, x vorhänge, er bedankt sich jedesmal bei den solisten und der sängerin, diana damrau, die als solistin mit den gesamten philarmonikern im hintergrund frei und souverän gesungen hat. es waren wirklich alle auf der bühne, 3 saxophone sind noch dazugekommen, eine junge paukistin mit riesiger trommel, ein vibraphon, pauken, eine harfe, es war alles dabei.
auf die sopranistin hab ich bisschen zuwenig geachtet, saß mit meiner mutter im bereich E, seitwärts vom orchester, mit blick auf den dirigenten, die sängerin hat mehr nach vorne zum publikum gesungen.
ich wusste nicht, was anziehen, habe keine elegante kleidung mehr. der große meinte zu meiner auswahl: irgendwie leger, aber man solle ja der bürgerlichen übereinkunft nicht immer folgen, da habe ich widersprochen, ich ziehe mich auch zu ehren der musiker vorher um. die bürgerliche übereinkunft empfinde ich inzwischen als eine recht tröstliche angelegenheit.
neben mir saß eine ältere dame in einem bodenlangem, mit gold und silber bestickten kimono, sie saß die ganze zeit aufrecht vorne an der sitzkante, wegen der großen schleife im rücken. ihre familie ebenfalls elegant, aber nicht so klassisch. es war ein internationales publikum, viele sprachen in der pause gehört, habe ein paar kimonos gesehen. eine japanische familie ist nach dem konzert, als die musiker gingen, nach vorne gekommen, um dem sohn am fagott zu gratulieren, mit daumen hoch und beifall.