kids + wm

diese wm war meine erste mit ernstzunehmenden fans an meiner seite. bei der letzten und vorletzten waren die kinder noch klein, bei der hier im land waren sie, mit 5 und 7, lustig wie all die kinder, die plötzlich zur überraschung ihrer eltern lauter fahnen auseinanderhalten können und gelernt haben, wo welches land liegt und welche farben es trägt, und dann vor der zweiten halbzeit auf dem sofa einschlafen. die letzte hab ich vergessen, wo war die noch? südafrika! erinner ich kaum, ich schaue fußball ja nur während einer wm.

bei dieser hatte ich drei fachleute neben mir, die laufend kommentierten, alles wussten, spielerbiografien kannten, strategien verfolgen konnten, während ich wie immer manchmal mitten im spiel vergessen habe, wer da jetzt spielt und ob das noch vorrunde ist, oder einfach nicht mehr hingeguckt hab, ohne das zu merken, und auf dem tablett was anderes gelesen hab. ich hatte 2014 drei ein paar mal laut und begeistert gröhlende teenager auf dem sofa oder neben mir auf der bank vorm araber unten an der ecke, so laut, dass es mich erschreckt hat, einfach, weil diese leidenschaft in den kindern steckt und sonst nicht zu sehen ist, und weil die freude am lärm genauso wichtig war wie der grund dafür. keine ahnung, woher sie all das wissen haben, staunend das eigenleben der söhne wahrgenommen, sie kennen sich aus und ich war nicht dabei, das „och mama“-sagen haben sie genossen. sie waren ausgelassen und laut, für italien, bis naja, mit tränen, dann für deutschland, es war beim draußen schauen auch wichtig, mit anderen männern laut zu werden und dabei mit allen partei zu ergreifen, die jungmann-tonlage vom großen und die jungsstimmen der zwillis dabei noch ein stück tiefer gedrückt. oleeee. ihr glück darüber, dass eine sonst nur mit kumpeln geteilte liebe für den fußball plötzlich von allen geteilt wird, dass fußball so wichtig wird für ein paar wochen, das hat den großen schon so gefreut, als wir mal mit dem mek zu einem spiel gegangen sind. es hängt auch mit ihrer männlichkeit zusammen, ich weiß nicht, ob das durchs alleinerziehen verstärkt wird, der hunger nach dem mann, oder ob der bei teenagern normal ist. mal sehen, was die nächste frauen-wm mit ihnen macht. die zwillis wollten fahnen fürs auto, no way, hab ich gesagt, und vom nationalismus geredet, mama! das ist doch fußball, kein krieg, bis du etwa nicht für deutschland? ich würde ja auch keine italienfahnen kaufen, sage ich, fahnen sind für mich kaputt, es sind zeichen für was anderes, nicht für fußball, die fahnen habe ich also verweigert, was keinen gestört hat, weil es ihnen ja nichts bedeutet, die sind nur ein mögliches zeichen ihrer begeisterung, das größere ist ihr wissen und mitfiebern und der spass, dabei zu sein. das mitbrüllen hätte ich nicht verbieten können.

der große kam heut nacht strahlend vom public viewing in der kulturbrauerei zurück und hat mir im spreeblick-stil das wichtigste nochmal nacherzählt, er ist zum ersten mal überhaupt nach mitternacht nach hause gekommen, aber es ist ihm zum glück nicht aufgefallen, die kids haben ja einen gutsortiertes regal für präzedenzfälle. er trug ein mannschaftsshirt und einen hut, er war mit freunden da, er ist 15, das allerbeste alter für einen wm-sieg, not? ich mochte die mannschaft nach dem pokalsieg, mit den ganzen kindern auf dem arm, dem strahlen, den vielen umarmungen, dem hemd von dem einen, der nicht dabei war, und mann, haben die alle schöne rücken! ich steh grad auf rücken. und nee, keins meiner kinder ist ein nazi. nazis sind nazis, wie jemand auf twitter schrieb. bei fussball gibt es halt eine gemeinsame schnittmenge, der man sonst aus dem weg gehen kann. schöne spiele, großer spass. nur nicht für den hund.

 

4 Gedanken zu „kids + wm“

  1. Ich denke, das Verbindende an solchen Ereignissen, die Rituale, das geteilte Drama, die gemeinsame Freude sind schon sehr wichtig. Für die kleine und große Gemeinschaft. In meiner Twitterdings tauchten sehr lange, sehr viele Miesepter in Sachen Fußball auf, dieses Gemcker und Genörgel über „Nationalismus“… ach ja. Die gegenüber hatten eine brasilianische Flagge am Balkon, ein anderer Nachbar am Auto links eine argentinische, rechts eine deutsche. Welche soll ich denn zuerst runterreißen? Ja, ich habe auch Nachbarn, die bescheuertes Zeug aus dem Fenster brüllen. Aber die sind das ganze Jahr über blöd, was soll ich dafür die WM in Geiselhaft nehmen. Ich bin über die Jahre entspannter geworden. Die WM 2006 hat mich aus verschiedenen Gründen mehr berührt, aber so war es auch ganz unterhaltsam. Schöne Spiele – und schön auch, wie Ihnen da unversehens neue Dinge und Begeisterungen ins Haus geschmuggelt wurden.

    1. „entspannter geworden“, genau, ich auch. natürlich haben fußballhasser es schwer gehabt in den letzten wochen, einige von ihnen waren aber genauso nervig im schimpfen wie die überfans in ihrer begeisterung. im mittleren alter rate ich zur mäßigung, die ist halt langweiliger.
      hier brüllten sie nur bei toren, es blieb aber zum glück eher ein unartikuliertes rumgeyeahe. die spiele waren spannend, einige sogar, wenn sie mir nicht erklärt wurden, ein fortschritt ggü der letzten wm.

  2. Ich werd‘ ja im Leben kein Fußballfan mehr, ertrage das Tamtam aber. Wie Karneval oder Weihnachten, da sind ja auch immer alle ganz beseelt vom Gemeinschaftsgefühl.

    Mein Liebster hat viele Spiele geschaut und am Schluss sogar zu Deutschland gehalten. Da er weder unter Nazi- noch unter Chauvinismusverdacht steht, schließe ich einfach mal von ihm auf andere.

    Ja, aber: Nicht die Tiere vergessen! Genau.

    1. ich glaube, dein liebster war da in ganz guter gesellschaft, wenn ich mich so umgucke. das mitfiebern hat mir dann auch spass gemacht, meine temperatur war dabei niedriger als die der kinder und der armen emma, die mit dem geböller nicht gut klargekommen ist.

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