mit befreundeter turnerinnenmutter auf dem weihnachtsfest des turnvereins. die kinder laufen ein und einmal um die halle, alle im gänsemarsch, dazu ertönt nordostberliner liedgut, bei dem ich die zeile „wir sind die turntiger“ raushören kann, das publikum klatscht mit, alle mit einem entspannten für-die-kinder-ausdruck. die fühlen sich gesehen und kasperln rum, sie tragen über den wettbewerbsklamotten noch eine schicht drüber, turnkampf heißt stundenlanges warten auf bänken, bis wieder mal ein paar kinder ihre übungen vorzeigen, die abfolgen sind undurchschaubar. wie sie dann vortreten, sich sammeln und gerade werden, den arm heben (turnergruß) die hände an die beine legen, den kopf heben, dann loslaufen und abspringen, nach der landung zum richter gucken, sich wieder hinsetzen, ganz kurz zur mutter hochschauen, sofort weiterquatschen mit den kumpels. die kinder, seufz. als später die jungen männer ihre kunststücke vorführen, wird es still und die mütter legen ihre lektüre nieder: schönheit! und muskeln, man lächelt ein bisschen verträumt.
ein mutter-sohn-duo, der sohn ca. 35, die mutter macht handstand auf dem barren und senkt dann den körper in die waagerechte, ohne zittern, bin beeindruckt.
in der berliner ein interview mit dem donnersmarck, komplette doppelseite, seine antworten voller namedropping und mit einem sehr hohen und in die sprache gewandertem selbstwertgefühl („meine werkgeschichte…“), das künstlerfoto sagt eigentlich schon alles, der mann sitzt auf einem breiten sessel vor angeberwand, gekleidet wie ein englischer baron, ein wiedehopf in königspos|s|e. hat den niemand erzogen? vielleicht einfacher narzisst. erstaunlich, wie hat der den doch großartigen oskarfilm geschafft?
nach vollem tag ist die gulaschsuppe schon seit stunden auf dem herd und ich hab zeit, wie wunderbar das faulenzen ist, bei dem kilometertiefen schneematsch + regen draussen, home-sweet-home, nachher noch einen highland park.
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Licht wird auch fallen auf die Produktionsbedingungen des Ruhmes weiterer allgemein wertgeschätzter Personen, so geht eine – nämlich meine – fromme wie vergebliche Hoffnung, die sich allerdings nicht vom Glauben an die »höhere Instanz« aus dem Artikel, von der das Geschenk des Gelingens angeblich stammt, nährt.
Der Donnersmarck sieht auf dem Foto genauso aus, wie ich mir den standesbewußten Nachfahren eines Schlotbarons vorstelle.
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Jetzt kann ich ja an versteckten stellen etwas droppen.
die mitstreiter seiner „werkgeschichte“ – vulgo ein film, haben ihn das riesenbaby genannt. Aufgrund seines unwissens, der monströsen bedürftigkeit und handwerklichen hilflosigkeit. Der film, der sein ego so anschwellen ließ, ist ein produkt vieler, die teilweise nicht einmal in den credits standen oder bezahlt wurden.
Er hatte in seiner gewaltigen selbstüberhebung ein gutes händchen, er wollte Support nur von den besten.
Ich gehe davon aus, daß wir in zukunft nur noch im ZDF von ihm hören werden, wenn überhaupt, die haben eine gute von-und-zu-seilschaft.
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pjaer, schlotbaron, sehr schön, das waren die zeiten. die namen! da waren fotos gar nicht nötig. heut gibt es ja nur noch goldene kreditkarten und die bunte, nicht mal einen weichgespülten „sir“ gibts noch zu holen in deutschland.
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kitty, bis zum zdf wird es noch dauern, weil er jetzt soviel gelernt hat von seinen kollegen in den usa, sagt er im interview. eine merkwürdige erscheinung, dieser mann, vollkommen glücklich mit sich, wie eine romanfigur.
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ich mag diese Namenscluster irgendwie, allein schon, weil ich auch Guido heiße und dieser Name bei den Donnersmarcks offenbar Tradition ist, bzw. hat. »Kraft Raul Paul Alfred Ludwig Guido (12. März 1890 in Berlin; † 1. September 1977 in Rottach-Egern)« gefällt mir da besonders. Dahinten kommt er angerollt in seinem neuen Kraftfahrzeug, es handelt sich um Kraft Raul Paul, Kraft Raul Paul – Alfred Ludwig Guido. Roly poly, roly poly, roly poly he sang
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das hat echte klasse. die namensgebung heutzutage ist ja doch eher unmutig, da rollt nix mehr.
Tobias Kniebe hat für die Süddeutsche Donnersmarcks neuen Film auseinandergenommen. Diagnostiziert am bittersten das fehlende Handwerk. http://www.sueddeutsche.de/kultur/im-kino-the-tourist-not-in-venedig-1.1034888
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(tatsächlich habe ich nach lektüre ihres kommentars noch tagelang in rhetorisch vollständigen, grammatikalisch wohlgerundeten sätzen zu sprechen versucht, was mir als im imperativischen lebender mutter („tu das jetzt!“) nur zu ungunsten des redeflusses gelungen ist. dabei war allein die überraschend einsetzende konzentration im blick des gesprächspartners nach vollendung des ersten satzes die mühe wohl wert. merci.)