och, denkt die mutter, als der gregorzwilling heulend im kinderzimmer hockt am nikolausmorgen: „du bist einfach in einen euro-laden gegangen und hast das erstbeste gekauft“, sagt er. die fakten hat er nicht richtig, es war ein spielzeugladen und ich hab dort eine weile gesucht und es hat nicht einen, sondern 4,99 pro spielzeug gekostet, aber der wesentlichere rest stimmt natürlich. die jungs hatten am tag davor noch von einem kind erzählt, dass angeblich eine xbox zum nikolaus bekommen hatte, ich war erstaunt und fand das mindestens genauso lustig wie daneben. es ist wirklich einfacher, den kindern immer jeden wunsch zu erfüllen, es funktioniert auf so vielen ebenen: die eltern mit wenig zeit und viel geld, die ihren kindern gerne eine freude machen, dabei wird die wenige zeit rückwirkend entschuldigt, die kinder sind richtig glücklich ohne viel aufwand, weil geld ausgeben kein aufwand ist, wenn man es hat. eine xbox ersetzt das persönliche eines passenden geschenks mit seinem coolnessfaktor, es walzt es platt, kann man wohl sagen, da bleibt keine lücke, es lingert auch in andere mängel hinein.

mein fehler beim nikolaus: neben der beliebigkeit des geschenkes der mangel an drumrum, unpersönlich und prosaisch, beides zusammen ist ein overkill für die stimmung. ich hätte vielleicht doch kein zeitungspapier zum einwickeln nehmen sollen, bisschen tannen-deko dazu, noch ein paar mandarinen mit in die schuhe – mir ist nikolaus einfach viel zu spät eingefallen, kurz vor ladenschluss.

nehme mir ab jetzt gleich mehr weihnachtliches vor, für die kinder, mir geht dieses jahr aber auch jedes gefühl für diese feier komplett ab, ich will bloss, dass die vorbei geht. also: plätzchen! kerzen, mehr deko, mehr lieder.

armer gregor.

navigation. kinder brauchen bücher, hefte, ordner, immer wieder andere als auf den abgearbeiteten listen, es gibt einen platten reifen und einen kaputten radhelm, die geldbörse verschwindet, der kakao fliegt auf den teppich, das falsche englischbuch wird geliefert, der dynamo vom dritten kind rutscht immer in den reifen, heute beim eisessen lauter liebe freundinnen und bekannte getroffen, es geht allen so, viel zu tun, berge hoch, wobei nein, es geht nur den müttern so, die anderen haben nur den job, das ist doch schon etwas vollkommen anderes. yes, vollkommen. ein hoch auf die mütter! gregor im eisladen: „mama, der milchshake kostet sehr viel, oder? 3,20, das will ich auch gar nicht, ich nehm‘ das normale eis“. vernünftiges kind, denke ich. die kinder brauchen 20 euro für die klassenkasse, 18 euro für die klassenkasse, 55 euro im monat zum essen, 30 und nochmal 30 euro zum schulessen (die kleinen essen wohl noch weniger), plus die ganzen schülerkarten für die öffentlichen. immer eher pleite nach den ferien, das ist aber im flow, denke ich, hoffe ich, und versuche aussenstände einzutreiben. der grosse verschreibt sich bei den hausaufgaben und kriegt einen wutanfall, zwilling zwei hat die klaviernoten verloren, zwilling eins will jetzt doch gitarre und nicht mehr flöte, der große hat sein handy bei der klavierlehrerin vergessen, zwilling 2 hat seine stiftetasche versaust und der große will sein lineal nicht verleihen, tut es dann aber doch, sobald ich mit zwilling 2 schimpfe, im auftrag der solidarietät. der vormittag im job war ähnlich chaotisch und erfolglos, die waschmaschine ist noch voll und der wäscheständer auch. ich bin erschossen und hab null lust, was zu kochen. abend für pasta pomodoro, mit den guten mutti-tomaten (heissen so. sind feine aus süditalien). ein bierchen zur inneren nivellierung dazu. und morgen? gehts weiter.

der große liegt auf dem sofa und ruft: ich will lernen! (einschulung ins gymnasium erst um 11 uhr)

dem großen und einem zwilling zuhören, wie sie nebeneinander auf dem bett sitzen und sich alles über den ersten schultag erzählen, ganz ruhig und neugierig. heut morgen bei der einschulung in der aula des c.v.o. so einen sehr deutlichen übergang gespürt, hierhin hast du ihn gebracht, jetzt muss er allein weiter, sowas in der art. hatte ich eigentlich schon bei der ersten einschulung, da kannte ich natürlich das berliner schulsystem noch nicht, das so sehr auf die mitarbeit der eltern baut. ob es diesmal genauso wird?

auf dem heimweg gehen wir beim friseur vorbei, er lässt sich die haare ultrakurz schneiden, von sehr lang, ohne jedes federlesen.

two to go.

wie immer sind am ende des schuljahres die kräfte futsch, die müdigkeit sitzt tief in den knochen, nichts geht mehr von alleine, die haut wird sehr dünn. nur noch eine mit schulabschlüssen, irgendwelchen picknicks, bei denen man immer, immer alles essen selber mitbringen muss, elternkram, elternabenden vollkommen vollgestopfte woche. reicht denn nicht EIN fest zum abschied pro klasse? ich mag ja die anderen eltern, aber ich muss echt nicht mit jedem feiern. und muss ein kind wirklich in der schule übernachten dürfen, nach einer abschlussfahrt am mittwoch und einer abschlussparty am freitag? soll ich deswegen auf mein letztes kinderfreies wochenende für 6 wochen verzichten? ich denk dann immer, die anderen eltern haben nur ein kind und sind sehr deutlich nicht alleine mit dem einen kind. es ist schule, keine familie, dieses brimborium ist nicht nachvollziehbar, und niemand, niemand wird einen tag davon vermissen. (müde, müde, müde)

ein wunderbarer tag auf dem see mit auf der flotte der könige vom schlachtensee, my, sind diese männer cool, trotz des intensiven tages, den meine jungs grade hatten mit gestreite und eben kindsein. jetzt zu müde, um die genitive noch zu umgehen, der genitiv ist das „und dann und dann“ der kinder, aber der montag trägt mich gut auch durch des dienstags mühe, heute ein nicht wacher doofer tag, müde, unfit im job, der blick aufs aufgedröselte des lebens, und dass kind x schon wieder kein instrument geübt hat, meine schuld, neee: verantwortung, gut, das ändert jetzt natürlich alles. man, müde. grade gehen, lippenstift benutzen, in den neuen tag gehen als wärs der erste, ein hochlied singen, notfalls auf makeup. chanel!

Zwischendrin der Stress mit der Alleinerziehen-Logistik.

Der Hockeyverein vom Davidzwilling hat zwei wöchentliche Trainingstermine, beide ein paar S-Bahn-Stationen weiter weg, beide gehen bis 19:30 abends. Der Heimweg dauert 30 Minuten, dann ist es 20:00 und ich habe noch nicht mal gekocht – also vorkochen zwischen dem Hinbringen, da bin ich um kurz nach 18 Uhr wieder da, und ihn abholen, da müßte ich um 19 Uhr los – doch, das geht schon, aber die anderen beiden sind dann sich selbst überlassen.

(Das zwickt noch manchmal: Es gibt fast nur Väter bei der Abholung. Mütter bringen, Väter holen, Mütter arbeiten weniger, Väter länger, Mütter kochen und packen die Beutel, Väter fachsimpeln mit den Trainern. Ich dagegen, muss kochen UND abholen. UND ich arbeite weniger. Die Summe an unds ist mein Leben. Nenn mich Undine. Und nicht mal flirten kann man mit den Abhol-Vätern, die sind alle vergeben.)

Und es ist nur Logistikscheisse, kein entspannter Alltag mehr, Gregor hat auch zweimal bis 19 Uhr Turnen, fährt aber schon allein bzw mit anderen Eltern mit, was beim Hockey nicht klappt – die darüber schwebende Frage ist die nach dem Anspruch an mich selber und an die Kinder. Ich möchte ihnen das klassische Mindestangebot bieten, Instrument und Sport, bei drei Kindern mit verschiedenen Gemütern und Vorlieben bedeutet das schon einen Aufwand. Die Tage sind zerstückelt, jeder Tag ist anders, wegen den Außenterminen wird der häusliche Alltag vernachlässigt, also die Hausaufgabenbetreuung läuft manchmal nur über Handy, kaum Zeit für spielen und rumblödeln und Eisessen, die Übezeiten für die Instrumente und Vokabeln werden vergessen oder gekürzt, noch kurz vorm -oder nach dem Abendessen, die gemeinsamen Zeiten sind oft mit Blick auf die Uhr und ein bisschen hektisch.

Aber die Jungs machen Sport, können Noten, kennen Musik und sind körperlich ausgelastet und und … die Vorteile sind auch nicht zu verachten. Ist der entspannte innerfamiliäre Nachmittag wichtiger als die Erlebnisse beim Sporteln und die Erfahrungen beim Klavierunterricht? Es tut den Kindern sicher gut, wenn das nur-Mutter-Programm (auch mal gestresste, genervte und natürlich un-ge-rechte Mutter) durchmischt wird mit anderen erwachsenen Trainern.

Beim durchlesen: zumindest das Kochen kann gelegentlich wegfallen. Man könnte auch mal aufs klassische deutsche Abendbrot mit Stullen und Gürkchen ausweichen! Oder auf den Falafel-Imbiss gegenüber, auf Tiefkühlpizzen oder die Bioburger an der Ecke – kostet jeweils zwischen 12 und 20 Euro und wäre so grade noch drin 2mal die Woche.

Hmm.

als der dritte schnupfen in folge hochgeht, mit vier kurzen runden gesunden tagen dazwischen, kriege ich einen echten wutanfall, tobe und schimpfe. niesanfall mit zwei schweren einkaufstaschen, zu hohe schuhe für das grausliche berliner pflaster, zuhause geben die kinder mit gutem grund kontra und werden gehört natürlich. nebenbei immer japan im kopf und in den gliedern, wie schon das ganze wochenende lang, es legt sich um die brust.

kochen muss trotzdem. der nächste mann kann sein wie er will, aber kochen muss er können, mein beziehungsideal grad: jemand der sagt, leg dich hin, ich mach das heute, hühnerfrikassee? aber gern, willst du einen tee vielleicht? nee, ich hab schon eingekauft.

und dann schmeckt es auch noch. heute aus lauter biosachen ein wunderbares hühnerdings gekocht, total genervt nebenher, aber egal: gelungen, lecker, reicht für morgen nach der schule auch noch.

japan als riesenelefant im raum. elias erzählt, seine mathelehrerin hätte nur ein paar sätze dazu sagen wollen, dann habe jemand eine frage gestellt, dann hätten sie die ganze stunde nur darüber geredet. alles wirkt schal und transparent vor der katastrophe.

das plutonium hat dabei die hässlichste fratze, die menschenleben der japanischen entscheider und verdränger und politiker und überhaupt aller werden staub und nichts und nochmal nichts, bevor das gift wieder raus ist aus der welt. gäbe es einen gott, er dürfte verschnupft sein angesichts solcher missachtung der schöpfung. die banalität der gründe, profit und energie vorher, danach eine welle, die einen dieseltank mitreisst.

die kinder tanzen und hopsen ein lied, bei dem alle körperteile geschüttelt werden, gackernd, einer mit darth-vader-maske auf. die heiligkeit, nee, die magische unversehrtheit, nee, auch nicht, die schönheit von kinderkörpern, wie unverletzbar körper sein sollten.

als elias neugeboren war, wie ich nichtmal die autoabgase an seine lungen lassen wollte, der kaum bremsbare schutzimpuls, wie ich große strassen gemieden hab, wie nötig und unerfüllbar dieser wunsch ist, wie man seufzt und dann in die küche geht, um aufzuräumen.

etliche schulen für den großen angesehen. bewerbungen geschrieben, umformuliert, neu geschrieben, verworfen, noch einmal neu geschrieben. die erste wahl hat bereits eine ablehnung geschickt, auf die anderen warte ich jetzt mit gewissen fatalismus.

einer der zwillis soll auch schon aufs gymnasium – zwei standen zur auswahl. beide nehmen ihn nur, wenn IHR gymnasium als erste wahl und nicht als zweite wahl auf dem anmeldezettel steht, auf dem es zwei zeilen gibt, erste und zweite schule der wahl. man soll den zettel bei einer schule abgeben, die reicht ihn dann bei nichtannahme weiter an die zweite schule der wahl, so stehts auf der anmeldung. jetzt wollen beide schulen die originalanmeldung, der tonfall dabei: beleidigt. beide schulen geben überhaupt keine garantie, dass sie das kind aufnehmen werden.

ich werde tippex kaufen gehen, mir die originalanmeldung von schule a wiedergeben lassen mit der begründung, dass – weiß jemand einen guten grund? (schule a kann die beiden durchschläge behalten, das reicht ja wohl) – und bei schule b auch eine anmeldung mit erstwunsch abgeben.

gewisse aggressionen sind nicht zu leugnen, sagen wirs mal vorsichtig und indirekt. in italien konnte man bestechen, das war wesentlich einfacher.

dann werden die kinder doch noch für anderthalb tage abgeholt, nach einer woche fieber, husten, übergeben und dieser stumpfen grippe-erschöpfung, und was macht hotel mama? erstmal betten abziehen, aufräumen, putzen, damit die keime weg sind, bevor die jungs wiederkommen. jetzt kann ich auch mal krank sein. das ist der anstrengenste aspekt beim alleinerziehen, man muss gesund sein, auch mit 39° fieber muss man den jämmerlichen kranken kindern beistand und wärmflaschen und wadenwickel und hustentee und „nein, du wirst nicht sterben“ (männergrippe von anfang an, irgendwie) verabreichen, bei drei kindern etwa alle 10 minuten einem. die oma will nicht angesteckt werden, die freunde haben wichtige projekte und wollen lieber keine grippe, die krankenkasse braucht zeit, die anderen eltern sind in den winterferien, der vater hat selber kranke familie: blöd. jetzt bin ich bis morgen um 19uhr horizontal, will mich aber dabei auf einen job vorbereiten, der vollkommen out of the blue hereingeschneit ist, ab montag. bis dahin darf gehustet werden.

heute ein blöder blöder tag, man will dann, wenn alles, aber auch alles den schlechteren von zwei möglichen wegen geht, dann will man auch mal ein paar teller zerwerfen, weine austrinken, ein paar schlägerein anfangen, ungerecht herumblöken und sich daneben benehmen. ich weiß dann nicht mehr lückenlos genau, wofür, oh mei, für die kinder, die sonnenuntergänge, den sex und den wein, für die musik und die paar guten freunde, für die wunderbaren guten männer, die ich hatte, neben all den sozio- oder psychopathen, es lohnt sich für das wunderbare essen, den kuchen und die pasta und den whisky. aber man, es gibt sone und solche abende.

entspannte pesto-tage, weil man wegen dem hin-und herbringen nicht zum kochen kommt. an der supermarktkasse bei rewe mal wieder ein richtiges tantrum-kind, schon ganz heiser, selberreinmachen selberreinmachen brüllt es, die eltern dabei total unheimlich arschglatt, keine regung, kein wimperzucken, nicht einmal ein blick, man denkt das arme wurm, das muss ja so brüllen. und dann wundert man sich über gefühlskälte bei erwachsenen.

falls ihre kinder sich ebenfalls diese scheußlichen monster-sammelkarten (vor 10 jahren von einer firma als legale alternative zum gelddrucken entwickelt) wünschen, dann verstecken sie die statt in der zugehörigen blechbox für 20 euro lieber in einer tatsächlich japanischen himitsu-bako. dann kommen wenigstens auch noch geist und schönheit ins haus. und der dollar steht grad gut.

mit den zwillingen auf dem traditionsreichen christlichen gymnasium in schmargendorf, zum tag der offenen tür. der nawi-lehrer hat seine steinesammlung mitgebracht und einen echten mammut-knochen, gregor fragt, david denkt, wie immer, wenn die beiden zusammen auftreten. toller eindruck, gute leute, und ich durfte „tochter zion“ mitsingen, eins von den schöneren schmetter-weihnachtsliedern, bei einem vortrag eines wohl pfarrers (es gab einen segen! es ist immer gut, einen segen zu kriegen) über die ziele der schule, die einen in jedem sinn idealen bürger im sinn hat, das ist so absurd angesichts von reformstress und realität, das mag ich, es ist anders als an anderen schulen, bei denen es nur ums abitur und standhalten zu gehen scheint, nur darum, die kinder vorzubereiten auf ökonomie und eine als bösartig vorgestellte welt, hier gibt es andere ziele. aber eine schule am anderen ende der stadt? die entfernung ist aber das einzige, das mich abhält. ich weiß natürlich nicht, ob die zwillis überhaupt genommen werden könnten. mäh, elternzeugs.