Die Leute haben alle drei Autos, ein kleines, ein großes und ein schickes. Sie fahren mit allen gleichzeitig, damit die Straßen voll sind, und weil die Straßen so voll sind, gehen sie kaputt und müssen repariert werden. Das wird auch alles gleichzeitig gemacht, so dass die Straßen eine durchgehende Baustelle sind. Vielleicht gibt es aber auch einfach zu viele Autobahnbaustellenbetriebe, und alle wollen ein Plätzchen, deswegen werden sie gerecht verteilt. Ich stelle mir eine sehr große Baustellenfamilie vor, Onkels und Tanten und Cousins, die alle auch einen Job brauchen. Ich wünsche mir, sie würden sich wie in Italien lieber mit Städtebau oder dem Müll oder ähnlichem beschäftigen, da sind die Autobahnen nämlich privatisiert, man braucht keine Baustellen, um mit ihnen Geld zu verdienen. Oder sind alle italienischen Baustellenbetriebe auch in Deutschland auf Arbeit? Ich habe in Italien keine einzige Baustelle gesehen, wobei der Aurelia ein bisschen Aufpolieren sehr gut täte, in der Schweiz auch nicht, aber die haben ja auch ein Tempolimit und brauchen keine.
tl;dr: Autobahnfahren in D ist eine Zumutung
Ein Limit wäre hier jedenfalls albern, aber dieser Vorteil hält nicht lange, weil die Baustellen genausoviel Konzentration erfordern wie das fahren in der deutschen Tempohölle. Man fährt entweder zwischen ausschließlich LKWs, oder auf einer gefühlt anderthalb Meter breiten Spur sehr dicht an LKWs vorbei, dann heißt es, die Fähigkeit des Fahrers zu extrapolieren, wie sehr hält er die Spur, ist die Streuung weiter als 10cm (nicht überholen) oder darunter? An Wohnwagen darf man nie vorbeifahren, die Fahrer kommen aus Holland und müssen nicht genau wissen, wie breit ihr Gefährt oder die Spur sind, dann kommt ein Windstoß, und man hat sie am Außenspiegel hängen.
Grade ist Sommer, deswegen wird auf der Baustelle nicht gearbeitet, bis zum Herbst, wo aus Wettergründen nicht gearbeitet wird, vielleicht genügt es fürs Rechnungstellen aber auch, einfach eine Baustelle aufzubauen? Ich habe das System nicht erforscht, vielleicht gibt es tatsächlich keines, die Baustelle auf der Autobahn ist eh nicht planbar, sie dauert einfach immer noch ein paar Monate. Bis dahin, oder überhaupt bis zum Beginn einer eventuellen baulichen Betätigung, wird kilometerlang eine Spur gesperrt, und man teilt sich die Bahn mit dem Gegenverkehr, besonders nachts würde ich darum lieber mit Sonnenbrille fahren, weil die Lichter immer direkt ins Auge gehen.
Die Berechnung der Fahrzeit in D gilt den Navi-Systemen als Kobayashi-Maru-Test, aber man sollte als Fahrer eh die Aufmerksamkeit immer auf der Straße haben. Nicht zuletzt deswegen habe ich die Kinder dabei, auch wenn man als Fahrzeit einfach drei bis vier sechs bis sieben Stunden auf jede Schätzung drauf setzen kann.
Zwischen den Baustellen gibt’s ein paar Dutzend Kilometer ohne Baustelle, da finden dann entweder Staus zur Vorbereitung auf die nächste Baustelle statt, oder Gewitter, es ist aber eh so viel Verkehr, dass man auch bei Starkregen nie den Sichtkontakt zu seinem Vordermann verliert, der Hintermann klebt eh am Kofferraum, weil er lieber 160 fahren würde, wo alle anderen nur 70 schaffen.
Wenn man irgendwann sehr kampfesmüde in Freiburg angekommen ist, hört alles auf, wie ein Spuk, keine Baustellen mehr, wenig Autos, die alle endlich so schnell fahren können, dass man sie kaum wahrnehmen kann, und die Sonne scheint, das liegt bestimmt an Caro. Ein Tempolimit wäre für die paar Kilometer nach Freiburg sicherlich notwendig, wahrscheinlich wuchern die Baustellen aber auch die paar verbliebenen Strecken noch zu, das hat in Berlin ja auch geklappt, und da durfte man nur 50 fahren. Bis zum Lago mit Umweg über ein Familienfest in Münster hatte ich vielleicht 100km ohne jede Einschränkung, die fühlen sich nach mehr an, weil sie Nervenaufreibend sind, und als Training ist es eigentlich trotzdem zu wenig. Aber sie sind eine Abwechslung, anderer Kampfstil, weil die Gefahr nur von hinten kommt, statt wie sonst im Land von überall her. Selbst justierende Rückspiegel wären da gut, mit Warnton, es ist verblüffend, wie schnell die Gefahr ist, wann immer man jemanden überholen will, ist sie da, sie materialisiert sich aus dem Raum. Das Bedrohungspotential hängt nicht von der Größe ab, auch klitzekleine Autos können hier sehr schnell fahren, schneller als du sowieso, sie fahren 160, sobald du das Gaspedal durchdrückst. Alles, was von hinten kommt, könnte dich töten, und du bist selbst schuld daran, was fährst du auch nur 140..
Dann endlich die Schweiz, wenn ich es bis dahin geschafft habe, lohnt das Anhalten nicht mehr, in der Schweiz muss man nicht ausgeruht sein, in der Schweiz stelle ich auf Autopilot, genieße die Berge und gleite hinein ins schöne Norditalien, ich komme mit 11l Benzin durch die Schweiz, weil ich da weder gasgeben noch bremsen muss und bin nach ein paar Stunden Schweiz erholt genug, um die Zwillis nachts durch den 24h- Carrefour in Luino zu scheuchen, damit das Frühstück steht.
(über googledocs ins handy diktiert, ich dachte, ich hätte es veröffentlicht. da hatte ich den deutschen teil der rückfahrt noch gar nicht erlebt, 12h von münchen nach berlin, staus, baustellen, starkregen im wechsel, die lausigsten ungeputzten klos, alle laster des landes auf der rechten spur. horrortrip.)
mal über die wahrgenommene wirklichkeit der auto-lobbyisten nachdenken