8/9.11.2014

8.11.14. spaziergang mit einem kind und seinem patenonkel, 8 km entlang der ehemaligen mauer, ich habe ihren feinverlauf inzwischen nicht mehr parat, gerade durch die gebiete, bei denen bis auf die spree alles neu bebaut worden ist. was war da vor dem regierungskram, brache? ich habs vergessen. dem besuch fällt der gegensatz zwischen regierungsgebäuden auf der einen seite und dem neubau des bnd auf der anderen seite auf, die behauptung von transparenz vs der behauptung von kontrolle.

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huch, ist das ein langes bild geworden, gregorzwilling versteht die architektur auch als einladung.

die mauer lief mitten durch einen friedhof preussischer kriegshelden, die gräber wurden nach und nach, wie sagt man, es ist ja nicht wie beim schleifen nach eroberung, ein grab muss doch aufgefüllt werden, oder? – geebnet, genau. bis auf wenige, den ddr-oberen genehme helden, deren grabmäler in diesem zwischenraum stehenbleiben durften. sehr stranger ort. alles voller menschen, einige sportler mit finsterer miene, die auf rädern herumpesen und den mauerweg als herausforderung begreifen, die meisten aber leute in auffällig offenem zustand, gesprächsbereit und mit eigenen geschichten, irre viele sehr schwere kameras, mir sind mehrere m9 entgegengekommen, stative, brimborium.

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ich mochte das laufen durch die menschenmenge, all die gesichter, entlang der vielen tausend ballons. ich hab ja eh eine schwäche für serielles design mit seinen sichtachsen. ein gut gewähltes symbol, glaube ich, leicht und nur mit so einem spielerischen pathos, das zugängliche. auffallend, wie wahnsinnig viele neubauten da stehen, es ist fast alles zugebaut inzwischen, mit diesen stadtvillen in ihrer 0815-luxuriösität, eine komplette reiche vorstadt im innenstadtbereich.

 

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das oben ist aber die bernauerstrasse, von deren westseitiger bebauung mir wenig bekannt ist, es sieht aber eher nach den 80ern aus. rechts endete der wedding früher, und westberlin, es war keine gute wohnlage. vor dem krieg war die ecke teil des hobrecht-plans, ich weiß nicht, ob der krieg oder die baupolitik da zu veränderungen geführt haben. das viertel um die ackerstrasse ist eigentlich ziemlich licht und ruhig, wenn man da durchradelt, bis auf die zementkasernen direkt an der bernauer. am ende des spaziergangs sind wir müde und fahren tram.

9.11.14. heut abend wollen wir mit einer anderen patentante, vom großen, auch zuschauen, wie die ballons steigen, wenn wir das hinbekommen, weil der große heute nachmittag ein klaviervorspiel hat, ausgerechnet im rathaus schöneberg, bei dem ich das schreckliche hymnengesinge angehört habe, dass die taz damals auf cd (nein! es war natürlich keine cd, sondern eine single.) herausgebracht hat. passt ja auch irgendwie. war ich dabei damals oder nicht? keine erinnerung, also wohl eher nicht.

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abends nötige ich alle kinder in den mauerpark, wie entspannt das geht, ich rufe sie aus der ubahn an und wir treffen uns an einer strassenecke trotz grosser menschenmassen, große kinder. wir stehen auf dem hang und warten mit sehr, sehr vielen leuten darauf, dass die luftballons fliegen, die kinder langweilen sich nach kräften. vielleicht seid ihr in 10 jahren froh, das gesehen zu haben, sage ich versuchsweise, „nein, in 10 jahren finden wir das noch langweiliger als grad“, aber ich habe sagen wir mal eine erinnerung ermöglicht, vielleicht hält sie ein paar jahre, sicher keine 25, dazu fehlt die emotionale beteiligung, aber hey. wie formbar ist wohl erinnerung? was bleibt wichtig? ich versuche, die kinder im gespräch zu halten, was sie mit teils recht offensiver geduld über sich ergehen lassen. im mauerpark treffen sie freunde, plaudern und kommentieren und bestaunen die sehr große menschenmenge, die sich dort versammelt hat. der große unterhält sich die ganze zeit mit einem etwa gleichaltrigen mädchen, ob sie nummern getauscht haben, frage ich? hat er nicht, sie will später zum bund und ist gut in chemie, sagt er, nee, keine nummer. gute entscheidung. zur nva hätte man früher auch gekonnt, das hätten bestimmt damals dieselben leute gut gefunden wie heute, ob sich heute mehr kinder freiwillig opfern, schon wegen der überflutung mit gewaltbildern? schreckliche vorstellung. wie mühelos größer und selbstverständlich früher moralische gründe für gewaltlosigkeit waren, heute geht das nur in der differenz zum medialen universum, durch verweigerung. kann da mal einer drüber schreiben, gewaltlosigkeit ist heute ein umweg?

das abheben der ballone finden die kinder: langweilig, weil sie still und leise im nachthimmel verschwinden. auf dem rückweg aus dem mauerpark läuft die masse mitten auf der eberswalderstrasse, wie eine demo, der tramfahrer der m10 hebt auch eine ordentliche slr-kamera hoch und fotografiert die menschen auf der strasse von seinem hochsitz aus.

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in der mitte: elias, gregor, david, ohne jacke, er friert überhaupt gar nicht, nein.

jetzt, einen tag später, kommen immer noch alte bilder hoch, trotzdem erspare ich dem blog die 5 minuten handyfilm mit dem ende der lichtgrenze.

(beitrag vergessen online zu stellen. eh egal.)

 

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