kw sommer

heute am see war richtig wochenende, in der großen villa neben dem strand wummerte irgendein ballermann-kram, die gäste fuhren mit vielen motorisierten spielzeugen im strandnahen schwimmbereich herum, darunter ein riva-boot, ein jetski, eine handvoll fliegender surfbretter, ein oder zwei andere motorbooten, alles immer mit vollgas durcheinander. die leute sind recht wohlhabend und zeigen das, ob man will oder nicht. mein schwimmweg zur boje geht eigentlich an diesem grundstück vorbei, aber es war wie auf dem jahrmarkt mit autoscootern.

gestern im kiosk einen l’espresso gekauft, titelbild ist der blutende trump mit erhobener faust, ein klares jahrhundertbild. im netz auch die anderen fotos gesehen, mit t. hinter den armen seiner leibwächter, kopf gesenkt, und das bild mit der flugbahn der kugel natürlich, von dem erzählen sogar die jungs am telefon. pete souza schreibt auf instagram über die fotos. ich habe das attentat erst einen tag später mitbekommen, sollte unbedingt wieder newsfeeds verfolgen, bei nachrichten habe ich die pings abgestellt, da kommt ja sonst dauernd irgendein kram. der espresso titelt mit „unaufhaltbarer t.“, das ist wirklich mehr propaganda als journalismus, werde keinen mehr kaufen, werde zu einer dieser nervigen abonnent*innen, die immer mit kündigung drohen, als ob das irgendwas ändern würde.

weiterhin in gedanken über letzte wege, fühle mich grade älter als ich bin, kann es aber schon wieder albern finden gegenüber den ganzen wirklich alten leuten im umfeld. ebenfalls weiterhin gespräche über die letzten lebensjahre, die familiären verknüpfungen, menschen müssen weiterleben, so lang es geht, weil ihre renten aus einer zeit stammen, als man von der rente noch gut leben konnte, oft sitzen weitere angehörige (ob pflegend oder nicht) mit im boot, die renten sind eine wichtige stütze für die eigene versorgung, so der hinweis einer ärztin im geriatrie-bereich. wenn die alten dann sterben, geraten die angehörigen in teils missliche lagen, und nein, das lässt sich nicht immer verhindern. fand ich bestürzend. in italien sind die renten wesentlich höher, abhängig von den jahren der beitragzahlung. 60% bei 40 jahren, 48% bei 30 jahren, 70% hab ich auch gesehen, aber nicht wiedergefunden. die mindestrente ist bei 615€, man muss aber generell vorher mindestens 20 jahre gearbeitet haben.

keine zeitungen geguckt, bei nachrichtenstille stellt sich am see recht schnell ein zustand der zeitlosigkeit ein, stehe dann vorm spiegel und sehe den nicht nachgefärbten ansatz und fühle mich kurz vor den kopf gestossen. lange in der sonne gesessen, vergessen, einzucremen, die haut hat die wärme sehr angenehm gespeichert, eine elementare freude. nachher mit einem kalten chinotto zero im handtuchgarten gesessen, während die sonne unterging.

14. juli 2024

die tage sind wunderbar endlos.

mich bei einem freund gemeldet, er erzählt, dass die mutter eines anderen freundes vorgestern gestorben ist, mit 92, einfach umgefallen. gestern war die trauerfeier, in einer kleinen katholischen kirche mit einem evangelischen pfarrer, sie war protestantin. der pfarrer hat einen kurzen hochphilosophischen vortrag über das sterben als notwendigen übergang gehalten, konnte schlecht folgen, dann haben der ältere sohn und seine partnerin kurze und berührende worte gesprochen, wie sie mit vielen kleinen dingen alles zusammengehalten hat, musik und kunst in ihre leben gebracht hat. keine lieder.

danach sind wir mit paar freunden noch über den friedhof gelaufen, wir haben uns die stelle angesehen, wo nächste woche die urne beigesetzt wird, neben ihrem ehemann und ihrem jüngeren sohn, der vor 14 jahren gestorben ist. ein weiterer freund liegt dort auch schon, motorradunfall, ich höre den geschichten zu, die mir die anderen von den vielen erzählen, die dort schon liegen, es ist ein dorf, die leute wissen viel voneinander. ich spüre die nähe, als wäre die grenze zwischen leben und tod kurz durchlässig, wenn jemand verabschiedet wird, geschichten, lachen, eigenheiten, die persönlichkeiten und die stimmen sind wieder präsent, als wäre es gestern. die liebe bleibt in einer eigenen form, wie eine art halo, wenn sich die menschen gemeinsam erinnern. das leben nach dem tod ist kurz leichter vorstellbar als die tatsache, dass danach alles vorbei ist.

war vorher unsicher, ob ich hingehen soll oder nicht, bin froh, dass ich da war.

nachher noch stunden in der bar am see zusammen gesessen, endloser aperitiv, ich mit wasser und coke zero. meine kinder vermisst und zuhause gefühlt.

eine freundin erzählt, dass sie mit ihren kindern einmal pro jahr eine woche gemeinsam irgendwo hinfährt, und ihre kids leben auch in anderen städten und ländern, finde die idee großartig, werde das im herbst zu planen versuchen, dieses jahr hats ja nicht geklappt. irgendwo ans meer! und sei’s mallorca, ich werde zahlen müssen – oder eben ein bnb an der ostsee, außerhalb der saison, seien wir realistisch.

neue kategorie „tod“ erstellt, dann aus aberglauben wieder löschen wollen, ging aber nicht. hrmpf.

sonnig

tag 3, wunderbares kaumwastun. noch erschöpft. habe ein paar vage pläne, ausflug nach mailand, triennale fertig schauen, eventuell nach venedig, biennale angucken, mal auf die berge hinter der anderen seeseite, eventuell auch ans meer, meine ewige sehnsucht.

gestern eine weile nach neuen pop-up-büchern gesucht, ich mag es, wenn die bücher in die dritte dimension wollen. es nennt sich „paper engineering“, das klingt mir bisschen zu massiv für die oft zarten und hochkomplexen papiergebilde, die sich beim blättern auftun. mein regalmeter, den ich dafür zuhause habe, ist leider voll, ich kaufe also keine mehr, es gibt auch nur selten wirklich aufregendes, die großartige tina kraus sucht immer noch ein verlagshaus für ihr kunstwerk.

lese immer noch cixin liu weiter, gemischte gefühle, zwischendrin klingt es immer wie der bericht einer endlosen sitzung irgendeines parlaments, da beschreibt der autor gesamtgesellschaftliche entscheidungsprozesse einen tick zu realistisch, ähnlich wie bei den italienischen tageszeitungen muss ich da sehr dranbleiben, um nichts aus dem geflecht an beziehungen und abhängigkeiten zu verpassen, und oft sind diese komplikationen nicht so relevant für den lauf der geschichte.

vielleicht doch erstmal wieder modesty blaise.

heute 59 geworden, kann es kaum glauben, bin froh, noch ein jahr in meinen fünfzigern zu sein, es ist ein gutes jahrzehnt für mich, mit den üblichen ausnahmen. gestern noch ein random geschenk entdeckt: paul davids interviewt julian lage, über eine stunde gespräch:

grade fällt mir auf, dass die leute auf den strassen und abends vor den bars mehrheitlich mein alter plus haben, kann natürlich sein, dass die jugend einfach woanders abhängt, genieße jedenfalls meinen alters-bias. so, und jetzt erstmal an den strand!

28. juni 2024

es ist ein besonders dunkler und kalter juni, das fällt mir auf. der ventilator ist noch verpackt, die balkone gehören den taubennestern, sandalen bleiben im schrank. zuviel um die ohren, um darüber traurig zu sein, aber energietechnisch ist es wie februar/märz, und im haus eher kälter, weil die heizung natürlich ausbleibt. leichte wollshirts sind trumpf, ich mag dilling ganz gerne.

dann gestern fast einen hitzschlag bekommen, weil es plötzlich fast 30° hatte und ich mit dem rad herumgefahren bin, nur ein paar kilometer, aber es hat gereicht. hitzeerschöpfung habe ich ergoogelt, das hat meinem selbstbild als jemand, der im hochsommer erst mensch wird, sehr geschadet.

lieber besuch aus italien, eine freundin ist sehr krank und wir besuchen sie zum brunch, es ist schön und leicht alles, bewundere sie sehr. das große aber im hintergrund. nein, es ist ein und. denke an meine mutter, der es besser und nicht besser gleichzeitig geht, es kommt dauernd was dazu, ich sollte meinen sommerurlaub verschieben, brauche ihn aber zu dringend, wird eh nicht mehr gehen. weiß auch nicht.

zum thema pflege und absicherung angebote für eine zusatzversicherung eingeholt, der angenehm schnelldenkende junge mann am telefon erzählt, dass viele leute um die 50 damit anfangen, wenn sie im umfeld so eine situation erleben. vielleicht übertreibe ich aber auch, ich bin halt schon wegen td1 eher sicherheitsorientiert.

herumgererechnet, wie hoch die wahrscheinlichkeit ist, als pflegefall zu enden. wenn es ca 860k diabetiker in pflegesituationen gibt (bei insgesamt 7,5 milionen in d), und ca 5% von ihnen typ 1er sind, also 43k, dann ist bei ca 341k typ einsern insgesamt in deutschland eine chance von über 12% gegeben, zu einem pflegefall zu werden. bei 12% gewinnchance würde ich mehr lotto spielen, wenn es um eine niederlage geht, scheint die chance geringer, weil fast 78% ohne hilfsbedarf leben können. schein-sein. hmm. den hunderter beiseitelegen und investieren, den mich die versicherung kosten würde?

in den ersten jahren des ukraine-krieges habe ich keine neuen möbel gekauft, weil ich dachte, wer weiß, ob wir nicht bald lieber ganz schnell woanders hinziehen. inzwischen irgendwo gelesen, es kann noch 5 jahre dauern, bis es soweit kommt, und dann kann ich ebensogut eine kaputte nachttischlampe ersetzen. auf kleinanzeigen geschaut (da habe ich in den letzten jahren alles gefunden, was ich brauchte), dann ist mir eingefallen, dass die nachttischlampe von der anderen bettseite nie benutzt wird und ich da ebensogut meine kaputte hinstellen kann.

bisschen romantik fehlt, aber was tun? ich komme diesen juni nicht so recht vom boden der tatsachen weg, vermisse die leichtigkeit. minus 1 woche bis urlaub.

17. juni 2024

im gespräch mit freundinnen neulich den gedanken gehabt, dass wir im miteinander bilder von freunden und geliebten entwickeln, von der art der beziehung, die sie mit uns haben, gefühlsbilder, die schwer loszulassen sind, wir überlegen, ob es deswegen so selten übergänge von affäre zu beziehung, von freundschaft zu liebe gibt. uns fallen aber gegenbeispiele ein.

geträumt (erinnere mich sehr selten) von einem abstieg an einer senkrechten felswand, typ cirith ungol, über unregelmässige, schmale stufen, die nur ein paar cm aus der wand stehen. ein junge hat mich dahin gebracht, ich sage ihm, ich schaff das nicht. denke aber aus pflichtgefühl darüber nach, ob es nicht doch geht, welche stufe ich zuerst betreten könnte. zweiter traum: innenraum, ohne fenster, viele leute, eher party-athmo. ich bin mit einem mann zusammen, freue mich über seine gegenwart. eine frau kümmert sich um mich, als er kurz rausgeht, sie sammelt insekten auf, unter ihren füssen und von den wänden, es sind viele, sie werden größer im laufe des traumes. am ende hält sie mir fast ein dutzend der tiere entgegen, auf beiden händen, fragt, ob ich angst habe. habe ich nicht, ich berühre sie, sie wirken wie tiefsseefische, groß und bunt, ein großes rundes rotes insekt wie ein modell aus hölzern oder einzelnen stäben, exoskelett. ich berühre es, es hat keine angst und stupst meine finger an, wie ein pony.

ich denke, es geht um therapie, meine liegen jahrzehnte zurück, vielleicht ist jetzt irgendwas durchgearbeitet.

auf dem markt eine bekannte getroffen, die ähnliche kinder hat wie ich (1 und dann 2), nur 10 jahre jünger. geplaudert, das ritualisierte freundliche karten zeigen, eine mütterdisziplin, grade genug sagen, nicht zuviel, wer was grade wo macht, kurz vorm ende des gesprächs gibt es eine kleine pause, sie atmet ein und erzählt von einer schweren erkrankung in den letzten jahren, sie hat tränen in den augen dabei, ich bin kurz sprachlos, sage im schwimmen freundliches, dann kippt mir der kreislauf weg und wir gehen zusammen zu einer bank, wo wir in ruhe noch ein bisschen weiterreden können. hoffe so, dass es gut ausgeht, merke diese scharfe grenze, und wir alle wissen genau, wo wir stehen, diesseits, jenseits.

vorhin noch eine erinnerung an einen 17. juni vor mauerfall, aber sie ist wieder weg, verschwunden im großen ganzen.

kw 24

es ist das licht, nicht das wetter.

vor jahren habe ich mal die eine hälfte eines schuhpaares verloren, sie verschwand einfach aus dem haushalt, ich vermute, sie ist beim schwungvollen ausziehen im kasten für altpapier gelandet, und wurde dann mit ausgeleert. habe dann sogar versucht, einen einzelnen schuh nachzukaufen, to no avail, jetzt gemerkt, es gibt genau dieses design immer noch, allerdings für 250€, das ist zuviel für einen sportschuh, wo ich doch eh keinen sport mache. weiterhin gelesen, dass die marke mitnichten in den frühen 2000ern neu auf den markt kam, sondern die traditionelle sportschuhmarke der ddr war, also kosten jetzt ex-ddr-schuhe doppelt soviel wie schuhe aus dem rest der welt, ist das jetzt ein sieg oder eine niederlage? „fair und nachhaltig“, okay, okay. es gibt sie auch nicht bei irgendwelchen netz-anbietern. macht mir irgendwie schlechte laune. für die hälfte hätt ich sie nachgekauft, aber dieses luxusding ist nicht mehr meins (sprachs und holte die geerbte lv-tasche aus dem schrank, mit haarwurf ab.)

kennt ihr madame secretary? bestimmt alle und ich bin die letzte. bin erfreut darüber, dass es noch einige staffeln zu sehen gibt, fühle mich ein bisschen an west wing erinnert, auch wenn dies hier wesentlich mehr konflikte aufgreift, viel mehr drama enthält, oft erstaunlich nah an der realität, so gibt es einen beinahe konflikt zwischen russland und der ukraine, der präsident heißt selenski, die staffel wurde 2015 gezeigt. eine serie, wo man den plot in den nachrichten nachlesen kann. die hauptdarstellerin hat zwar nur einen gesichtsausdruck, der ist aber überzeugend. rené auberjonois ist zu meiner freude in einigen folgen auch dabei, er ist 2019 verstorben. auf prime.

nach den eu-wahlen weiterhin unzufrieden mit mir selber. wie könnte ich mich politisch engagieren? in berlin sind es 20% rechtsaußen, hoffentlich menschen, mit denen ich keinen kontakt habe, genau weiß ich das aber natürlich nicht. es gibt bestimmt ein paar impfgegner und aber-erst-wir-nationalisten im umfeld, aber ob die gleich a*d wählen? mit den impfgegnern habe ich damals versucht zu reden, aber sie hielten an ihrem misstrauen fest wie an einem schutzschild, es ging gar nicht um gründe, es wurde als symbolischer angriff des staates auf die rechte des individuums wahrgenommen.

das thema wehpflicht lässt mich immer noch nicht los, während die söhne tiefenentspannt sind oder scheinen. mit argumenten kommt man dem staat da auch nicht bei, es hilft vielleicht die felsenfeste sicherheit, nicht töten zu können, oder gar zu wollen, also kein gutes soldatenmaterial zu sein. es macht mich wütend, dass der staat menschen da diskursiv ausmanövrieren kann, bei so einem existentiellen thema, und eben der weitere gedanke, dass das soldatendasein von der bundeswehr als selbstverständlicher preis für die teilnahme an der brd angesehen wird, koste es, was es wolle. ich denke ja, dass steuern zahlen dafür genügt, dieses radikalisierende alles-oder-nichts funktioniert nur mit einem kranken nationalismus. ich hoffe, dass die jungs da nicht reingezogen werden, sie sind ja nicht mehr 18, und hoffe, dass die dann 18jährigen verweigern, so viele wie möglich. jut, schluss damit.

die geplanten ferientage mit den zwillis klappen nicht, wollte mit ihnen die drachenschlucht anschauen, und die wartburg gleich dazu. vielleicht fahre ich alleine. war da jemand von euch schonmal?

zum ersten mal bisschen unlust, die sommerferien allein zu verbringen, wie ich das seit dem auszug der kinder eigentlich ja sehr gern mache. die zeit bis dahin reicht jetzt auch nicht mehr, um mir einen anzulachen, der mitkommen mag.

jetzt juni

ich warte die ganze zeit auf die sommergefühle und merke allmählich, ich muss die selber machen, die kommen nicht von außen. wetter bleibt kühl, hilft nicht weiter, auch meine freundinnen sind alle unterwegs, niemand da für spontane aperitifs.

wie die leute in der seniorenresidenz meiner mutter immer zu mir sagen „sie sind ja berufstätig„.

prenzlauer allee/alexanderplatz, auf den letzten metern vor der ampel stehen 15 fahrräder und 15 autos, aber die autos haben dafür ca 8m strasse und die räder nur anderthalb meter radweg. es gibt ja auch in berlin schon andere strassen, grade im netz die wunderbare entwicklung von paris bewundert, hier sind weitere fahrradstädte. in berlin ist das leider nicht mehr so, es geht mal vor, mal zurück. die neue verkehrsenatorin will aber wohl wieder mehr dafür investieren, aber ich glaube das erst, wenn die farbe auf den strassen trocken ist. das nervt ab frühling, wenn alle wieder aufs rad steigen.

heute und morgen genieße ich die vorteile des öffentlichen dienstes, ich streike nämlich, fahre gleich zu einer demo und merke, dass ich diese pause dringend gebraucht habe. die entlastung, für die wir streiken, ist sehr sehr notwendig, es ist auch ein streik für die kinder, die gesehen werden sollen, wahrgenommen, in stabilen, verlässlichen beziehungen mit den erzieher*innen, sie sollen platz haben für ihre eigenheiten, ihre vorlieben, ihre grenzen, weil die erzieher*innen die kids kennen, wenn es immer dieselben sind und nicht dauernd andere, weil wegen personalausfällen jemand aus einer anderen gruppe aushelfen muss. vertrauen braucht zeit, nähe ist ein geschenk, nichts davon gibt es mit ständig wechselndem personal, und in den großen gruppen gehen die kleinen mäuse verloren, sind sich selbst überlassen, werden wahrgenommen, wenn sie weinen. die förderung und begleitung, das tolle berliner bildungsprogramm ist unter diesen bedingungen kaum umsetzbar, die kids werden halt betreut, weil das personal viel zu knapp ist, und das lässt sich natürlich nicht so schnell ändern, auch die stadt berlin kann das nicht ändern auf die schnelle, also rechnet sie sich die not einfach weg, so zählen im personalschlüssel die auszubildenden als vollausgebildete vollzeitkräfte mit, von tag eins ihrer ausbildung an, auch die langzeitkranken werden mitgezählt, immerhin mit schlechtem gewissen. jedenfalls genug gründe zum streiken. ein schlüssel von 1:3 bei den unter 3 jährigen, (es war mal 1:3,75 für die unter 2 jährigen, auch nicht realisierbar) wie seit 2019 eigentlich vorgesehen, das wäre schön, vielleicht habe ich die letzte anpassung aber auch übersehen. wir sind praktisch oft bei 1:8 oder mehr, je nachdem, ob alle kinder da sind oder nicht. auf der streikveranstaltung heute sprach eine kitaleiterin von einem tag mit 1:30, weil die andere fachkraft ausgefallen war. vorteil: die kleinkinder lernen sehr früh, alleine klarzukommen, unsere können zb schon treppen herunterrutschen, bevor sie laufen können, weil wir sonst nicht alle in den garten bekommen. mit kleineren gruppen wäre im job pädagisches arbeiten möglich, so freuen wir uns einfach, wenn kein kind größere blessuren davonträgt.

heute ist ein sensationeller dritter streiktag, bisher gab es keine verhandlungen zu den themen, gestern haben wir das rote rathaus eingekreist, das war nett, wie immer genieße ich das solidarietätsgefühl, dass streik und gemeinsame demos hervorrufen, habe ja lange allein gearbeitet. heute gibt es als eine art erstes angebot eine halbe stunde der senatorin für ein paar repräsentanten aus kitas und gewerkschaften, so wurde es grad auf der streikveranstaltung angekündigt. eine kollegin sprach dort von „wochenlangen streiks“ in der vergangenheit, die wohl auch wenig bewirkt haben, ich habe also wenig hoffnung, dass sich die arbeitssituation grundlegend ändert. ich werde die stunden reduzieren müssen, um den job als person mit genügend energie für ein privatleben zu überstehen.

heute mir einen restwocheneinkauf im biosupermarkt gegönnt, vorgenommen, alles mitzunehmen, was mich irgendwie anlacht, am ende war es ein gefühlter zentner, hatte schlagseite beim heimradeln, weil in bioläden alles in glas verpackt wird. einkauf ein drittel teurer als im rewe, gut, ich hatte zweimal sanddornsaft dabei.

plane grade die sommerferien, wie immer am lago, aber ich würde diesmal gern auf der hinfahrt kurz unterbrechen, um mit den zwillis ein wochenende lang einen ausflug zu machen, oder mit allen eine gemeinsame woche, es ist aber klausuren- und lernphase an ihren unis, ich hoffe, es klappt trotzdem.

pflegestufe gold

in den letzten tagen um die mit mutterns pflege verbundene bürokratie gekümmert. sie braucht eine höhere pflegestufe, das wird vom medizinischen dienst beurteilt, der dafür zu ihr kommen muss. wenn das klappt, bekommt sie mehr pflegegeld von der versicherung (1400 statt ca 350), aber auch das wird nicht genügen, die pflegekosten sind deutlich mehr als doppelt so hoch, wobei die pflegekosten seit corona um 40% erhöht wurden, sagte ein freundlicher pfleger. sie kann die differenz bezahlen, zum glück, zum glück. man muss die höhere pflegestufe für einen zeitraum länger als 6 monate beantragen, sonst geht das nicht, wir hoffen aber, dass die mutter in ein paar wochen weniger hilfe benötigt. wirkt alles bisschen willkührlich. beim reden über den zustand der pflege sollte man diese preiserhöhung jedenfalls nicht unerwähnt lassen, ich hatte einen echten wtf-moment. surfe jetzt jedenfalls pflege-zusatzversicherungen, als diabetikerin habe ich gute chancen, einmal als patientin dort zu landen oder zu enden, kostenpunkt um die 80€ im monat. hätte ich schon früher machen sollen.

meine diab-apps brauchen auch pflege, ich hänge da seit ein paar wochen an einem fehler im programm zum bauen der app fest. dabei ganz bewusst den stress abschalten, es hat keine eile, die handyapp habe ich aktualisiert, da müssen wir nutzer dranbleiben, sonst stoppt die app, so haben es die entwickler festgelegt. es geht nur um die uhr, mit der ich das system steuern kann, also blutzucker ablesen, insulin und kohlehydrate eingeben und so, sehr praktisch, grade im beruf, wenn ich nicht so oft aufs handy schauen mag. eventuell liegt es daran, dass apple seit ein paar updates bestimmte programme als sicherheitsproblem identifiziert und (ab hier liest eh keiner weiter …) jedenfalls findet das programm zum erstellen der app irgendwelche programmteile nicht und ich muss den pfad dahin angeben, wenn ich das programm nutzen will. habe versucht, diese teile aus dem netz zu laden, aber sie landen nicht da, wo sie sollen, gestern über mehrere stunden nicht lösen können, bei der facebook gruppe, in der die aaps-nutzer*innen hilfe finden, fällt auch keinem was ein. es ist kompliziert.

grade ist eine neue insulinpumpe fällig, nach 6 jahren. habe also die chance auf einen kompletten wechsel des systems. mit der nachfolgepumpe zu meiner dana muss ich bei der copygepasteten selbstgebauten app bleiben, mit einer anderen pumpe gäbe es andere möglichkeiten. die hersteller der ypsopump bieten ein proprietäres loopsystem an, das ist wesentlich einfacher, kostet allerdings 90€ pro monat, und ich müsste alles auf der pumpe regeln statt auf dem handy oder über die smartwatch, das ist besonders im beruf supernervig. das geld vielleicht lieber in die zusatzversicherung zur pflege investieren. beides geht nicht.

könnte auch von android zurück zu apple wechseln, es gibt ein system mit ios-software, aber das geht nur mit einer uralten insulinpumpe, einem cgm (continous glucose monitoring, also ein blutzuckersensor, der alle paar minuten misst, damit die app zur pumpensteuerung einen aktuellen wert zur verfügung hat) von dexcom und einem extra sendegerät, da bin ich mit meiner bluetooth-fähigen koreanischen insulinpumpe eigentlich viel weiter. wobei, ich könnte für den ios-loop auch zu so einer patch-pumpe wechseln, die werden komplett mit insulin auf den körper geklebt, aber wieder mit einem extra teil ferngesteuert, das muss ich dann laden, immer griffbereit haben etc etc. loopen ist die therapieform der zukunft, die entwicklung zu einfachen userfreundlichen systemen fühlt sich ultra langsam an, aber es sind ja auch erst 8 jahre, seitdem es cgms für alle gibt.

on the road

herrliches maiwetter, warm und grün, ich sollte dringend mehr ausgehen. mit den aperitiven klappt es noch nicht so gut, das liegt aber an mir, bin abends zu kaputt. ich denke, ich sollte das auch in schwierigen zeiten machen, freund*innen treffen, an einer strasse sitzend ins leere starren, am aperol nippen, gelegentlich etwas sagen.

vielleicht schaffe ich das die tage noch mit meiner schwester, die seit ein paar tagen in berlin ist, um sich um meine mutter zu kümmern, der geht es weiterhin schlecht. sie braucht jetzt noch eine herz-op, so etwas wird heutzutage auch mit fast 90 noch gemacht. meine mutter will es. die ärzte reden mit uns, wenn meine mutter nichts sagt, aber sobald sie sich beteiligt am gespräch, ist sie der alleinige ansprechpartner, das ist ein sehr gutes gefühl in dem krankenhaus, in dem sie jetzt ist. oder ist das so üblich? vielleicht haben sie erfahrungen mit angehörigen, die den patient*innen ihre meinung aufzudrängen versuchen, mehr oder weniger tun wollen, als möglich ist und als die patient*innen selber sich wünschen. der eingriff soll diese woche erfolgen, ich hoffe nicht, dass sie nur wegen der feiertage so lange warten muss. wir versuchen jetzt, sie ins herzzentrum verlegen zu lassen, in der hoffnung, dass es dort mehr erfahrung mit hochaltrigen menschen gibt, und eventuell mehr verfügbare chirurg*innen. dabei sind die feiertage jedenfalls nicht hilfreich. um einen op-termin im herzzentrum muss ich mich selber kümmern, ihr jetziges krankenhaus gehört nicht zur charité. werde heut nachmittag mal hinfahren, pfingstmontag, da wird niemand sein, aber vielleicht habe ich ja glück.

bin wirklich urlaubsreif, das merke ich, habe das richtige arbeitszeitmodell für mich noch nicht gefunden. grad geht gar nichts, auch kein bloggen, die gesamte wahrnehmung rotiert um meine mutter, wobei wir natürlich theoretisch damit gerechnet haben, dass mal etwas passieren wird, aber der unterschied theorie/praxis ist wie immer erheblich.

nach den sommerferien werde ich wieder 35h arbeiten, wobei ich eigentlich in den letzten 8 jahren bis zur rente lieber vollzeit machen sollte, dafür müsste ich aber den job wechseln. oder ich verliebe mich mal wieder, das nimmt dem leben auch gewicht, auch wenn mir das grade zu viel körperliche präsenz erfordert, ich will mich gar nicht kümmern um aussehen, frisuren, kleidung, den ganzen kram, mental bleiben die neins eh immer am unveränderlichen kleben, dafür bin ich grad zu sehr versunken.

neulich mit einer freundin über erste dates gesprochen, sie hat sich gewünscht, dass die männer das eher wie ein bewerbungsgespräch wahrnehmen, da schimpft man ja auch nicht dauernd auf den letzten arbeitgeber und breitet die niederlagen der letzten jahre aus. solche hatte ich auch ein paar mal, da sitzt man dann ratlos und zunehmend mit den ohren auf durchzug daneben, sie datet aber mit größerer altersdifferenz als ich, vielleicht liegt es daran. bah, leidiges thema.

mal wieder einen erkennen, das wär schön.

zwischendrin schaue ich mich hier mal kurz um und bin gleich wieder mehr die, die ich sein will.

hd-muttertag

am samstag platt gewesen, pause gemacht. der tag fing großartig an, konnte meinen drei jungs kaffee ans bett bringen, weil sie frühmorgens los mussten, um bei der konfi ihrer halbschwester rechtzeitig in der kirche im süden berlins zu sein. um 7 waren sie weg, dann erstmal ausgeschlafen.

tagsüber habe ich meine mutter nicht erreichen können, aber auf station haben die freundlichen schwestern mich am telefon informiert.

heute habe ich den kaffee ans bett bekomen, dann gemeinsames frühstück mit allem, um halb zehn, ich merk dann immer, bin eher eule als lerche und hab in die morgensonne in der küche geblinzelt. jetzt warte ich auf meinen slot im bad, dann gehen wir gemeinsam zu caspar david friedrich, eine überraschung der jungs, als muttertagsgeschenk, ich hatte vor ein paar wochen so ins blaue einen gemeinsamen besuch vorgschlagen, ohne hoffnung auf umsetzung. ich hoffe, wir kommen rein, aber es ist eigentlich kein museumswetter. kaufe für die beiden ohne jahreskarte noch schnell tickets, das geht, obwohl auf der seite steht „keine online tickets für heute“, dann mit dem auto ins umfeld des museums, an der langen schlange vorbei, ein paar mal werden tickets geprüft, sehr gründlich sind sie da, aber es fällt ihnen trotzdem nicht auf, dass nur 2 von 4 das passende zeitfenster gebucht haben. oder fällt es ihnen auf und es wird nachsicht gewährt? dann zerstreuen wir uns, endlich vor den landschaften. der große findet sein lieblingsbild (mondaufgang), wir machen ein familienfoto davor, dann nach oben in den 2. stock zu meinen lieblingsbildern, den böhmischen landschaften. nach 2 stunden noch kurz in den shop, postkarten kaufen, dann mit dem auto zu meiner mutter, die sich sehr über den überraschungsbesuch freut. ihr ist der muttertag wichtig, es ist wirklich serendipity dass so viele enkel hier sind an genau diesem wochenende. es geht ihr noch wackelig, sagen wirs mal so, aber es wird gut auf sie aufgepasst.

ich fahre dann den d.-zwilling noch zum südkreuz zu seinem zug, die anderen beiden nehme ich wieder mit, die fahren im laufe der nächsten beiden tage zurück. volles, dichtes wochenende mit kultur und kindern. immernoch keine fenster geputzt. ich brauche personal.

8. mai 2024

zum glück nix an der ostsee gebucht, denn gestern nachmittag ist meine mutter gestürzt, weil der rollator bergab schneller war als sie, und hat sich den oberarm glatt gebrochen. sie wurde ins krankenhaus gebracht, der arm in einer schlinge, schmerzmittel gab es auch, dann sass bzw. lag sie da stunde um stunde, weil eine weiterbehandlung nicht schnell organisierbar war. der bruch sollte mit einem langen nagel fixiert werden, der von oben durch den knochen geschoben wird, ein humerus-nagel, klingt gruesome, ist aber wohl normaler umgang mit solchen brüchen, selbst bei hochaltrigen patientinnen. im ersten krankenhaus haben sie dann gemerkt, dass der nagel nicht vorrätig ist und offensichtlich auch nicht geholt werden konnte, also wurde sie spätabens noch in ein anderes krankenhaus transportiert, mit der feuerwehr, weil es keinen krankenwagen gab, der feuerwahrmann bat mich vorm losfahren noch, die wertsachen meiner mutter an mich zu nehmen, das sei besser. hab ich gemacht. dorthin konnte ich ihr ein paar sachen von zuhause bringen, sass dann noch weitere 2 stunden mit ihr in einem zum glück stillen raum in der rettungstelle, weil es keinen gab, der sie hätte hoch aufs zimmer bringen können, in nasser bettwäsche. keine schwester, kein/e pfleger/in weit und breit. die ärztin, die im empfang der rettungstelle sass, hat sich dann erbarmt und eine frische decke bezogen und meine mutter kurzerhand selber hoch auf station gebracht, nach mitternacht war sie endlich oben und konnte etwas ausruhen, mit novalgin, glaube ich, ich hab gehofft, dass nachts nicht passiert, mit so wenig personal, hätte fast nachts um oo uhr noch versucht, in der charité eine op zu organisieren, habs aber dann noch gemerkt. alles nicht vertrauenserweckend, aber nuja.

am nächsten tag um 13 uhr wurde sie dann operiert, für den chirurgen war es der 4. humerus-nagel an dem tag, und meine mutter ist daran mit schuld, als sie nämlich, schon mit haube, zugängen und allem, auf der liege in den op gefahren wurde, kam ein junger mann auf sie zu, sagte, er hieße soundso, sei ein junger arzt und würde jetzt den eingriff machen. meine mutter hat daraufhin „nein“ gesagt. es sollte der dr. s. machen, der ihr alles erklärt hatte und einer der oberärzte der krankenhauses ist. der der junge mann wiederholte, er würde das heute machen, er sei der aip-ler, oder sowas ähnliches, meine mutter sagte daraufhin nocheinmal „nein“, und wenn der herr dr. s. nicht käme, würde sie sich nicht operieren lassen. dann kam halt der dr. s. und hat übernommen. ich finde das fabelhaft und den weg der klinik, gestressten, ängstlichen und leidenden menschen sowas kurz vor einem eingriff zuzumuten, nicht okay, sagen wirs mal so. andrerseits ist das eine unfallstation, da kommt immer was rein, vielleicht beurteile ich das auch falsch, und es war schon besonders nett, dass der junge mensch sich überhaupt vorgestellt hat und ihr so diese wahl ermöglicht hat? und sie hat, das zählt bestimmt auch, so wie die welt nunmal ist, eine zusatzversicherung für krankenhäuser, mit einzelzimmer und chefarzt. es sind bestimmt beide ärzte super, aber bei einer sehr alten dame mit vorerkrankungen war mir jemand lieber, der das schon oft gemacht hat, selbst wenn es oft an einem tag sein sollte. die hatten jedenfalls genug nägel an bord. sie war dann fast dreieinhalb stunden weg, dann wurde sie wieder ins zimmer gebracht, wach und mit dickem pflaster auf der schulter, der arm wieder in einer schlinge, aber kein gips oder so etwas, es war ein minimalinvasiver eingriff. sie hat gesprochen und war präsent, ab dann setzte bei mir entspannung und müdigkeit ein, ich holte ihr noch kopfhörer und schmierte ihr die stullen beim abendessen, dann bin ich nach hause. 24€ parkgebühren haben mich die acht stunden im krankenhaus gekostet, das fand ich ziemlich dreist, immerhin hab ich sämtliche verfügbaren fünfer in den blöden parkautomaten gesteckt, möge er verstopfen und den dienst aufgeben.

abends total k.o., genehmige mir einen lagavulin und hoffe, dass es gut war, sie nicht umdirigiert zu haben, hoffe, der chrirurg hat gut gearbeitet.

gemerkt, dass so ein unfall bei einem hochaltrigen menschen erwartbar ist, wir sind da mental drauf vorbereitet, auch im umfeld höre ich das, stürze ohne gegenwehr und ohne möglichkeit oder kraft genug, sich noch abzufangen. gestern nicht schlafen können, weil mir dieser brutale nagel nicht aus dem kopf ging, habe schlimm gezweifelt, ob die entscheidung richtig war, oder ob ein einfacher gips nicht besser gewesen wäre. habe einem chirurg vertraut, der den schritt meiner mutter gegenüber als besser vermittelt hat, nicht als zwingend notwendig, nur besser, ohne den selber gesprochen zu haben, mir hat es eine andere ärztin kurz zusammengefasst. mehrfach gefragt worden, ob die mutter noch zurechnungsfähig ist, vielleicht ging es da auch um haftbarkeit etc.?

fand es doof, mit fremden ärztinnen in solchen situationen zu sein, die therapie wird dann als alternativlos vermittelt, obwohl das vielleicht nicht so ist, wobei, es wird ja oft genagelt, ich hätte halt nicht googeln sollen. orthopäden haben da ja einen gewissen ruf. naja, es ist (bisher, toitoitoi) gut gegangen. die schwester auf station hat gesagt, sie seien zu zweit, mit allen patienten, da bin ich dann lieber auch heute den ganzen tag dageblieben, um auf sie aufzupassen.

mein tip an euch mit ähnlich alten verwandten: bereitet euch auf diese situationen vor, sie werden kommen, findet gesprächspartner, besprecht das vorher mit ihnen, ob ihr sie auch spontan anrufen dürft, die müssen ja keine entscheidungen treffen, nur zuhören und spiegel sein. ich hatte zum glück meine schwester. neulich mit frau kellerkind darüber geredet, dass frau als single immer alles alleine entscheiden, besorgen, bearbeiten muss. wir sind das gewöhnt, aber in solchen momenten ist es belastend und eher doof.

auf die miserabel besetzten rettungstellen und krankenhäuser könnt ihr euch natürlich nicht vorbereiten. da braucht es glück.

lost & found in space

samstag früh merkwürdig gefühlt, so ein sirren in allen zellen, tinnitus laut, ein großer bewegungsunwillen, die energie zieht sich zurück wie schneckenaugen, wenn sie angefragt wird, alles will zurück in die schale. ich bin total ko nach den letzten tagen arbeit, das beunruhigt mich etwas, soll es doch noch eine weile damit weitergehen. leichtes muskelziehen nach dem yoga, immer wenn ich die augen schließe, will der ganze körper hinterher in die warme dunkelheit, wird schwer, wegsinken in einen tiefen schlaf, eine verlässliche umarmung. aufgerafft, die planung für ein familienfest im frühsommer vorangebracht, dabei gemerkt, dass ich nicht mehr fit bin im kommunizieren. habe in den chatapps den gruppennamen „einladung zum 90.“ vergeben, und 5 sekunden später schrieb jemand aus der gruppe: danke, wann feiern wir denn, und wo? in meiner generation konnte man nachrichten vorm absenden fertig schreiben. bisschen die briefpost vermisst und genervt gewesen. dann mit dem rad zum markt- und mit dem auto zum großeinkauf, sofort danach aufs bett gefallen, leckeren kram gegessen, einen zweistündigen dokumentarfilm über ds9 entdeckt, von 2018, ein indiegogo-projekt von ira steven behr, einem der produzenten des franchises. fast die ganze crew samt schreibern ist dabei, rene auberjonois ist auch noch an bord, er ist im dezember 2019 gestorben. wachgeblieben. jetzt ist der samstag schon wieder fast durch und ich bin kaum erholt, der tag ist so durchgerauscht. kopf immernoch leer. oder werde ich krank? das altwerden, freunde, ist nicht ohne, und ihr könnt es nicht aufhalten. da denke ich grade mehr drüber nach, wie wir alle, wenn ich so herumlese.

montag nachmittags ein bisschen herumgelaufen, luft frisch, himmel aprilartig, es bleibt deutlich länger hell inzwischen, dann zum lesen in ein cafe gesetzt, also erstmal davor, weil alles voll war, im wintermantel kein problem, das gefühl der freien zeit einsickern lassen, es ist völlig anders als ein sonntagnachmittag im kaffee. beim spazierengehen durchs viertel noch einige andere mittelalte frauen wie mich gesehen, alle allein vor caffees, naja, vielleicht wollen die rauchen? kleiner feiner faden melancholie. vor ein lieblingscafe hingesetzt, dass ich ganz gern mag. eine lange schlange zum buchladen an der anderen ecke beim kleiner werden beobachtet, es gab eine signierstunde, kenne weder autorin noch ihre bücher. ein paar minuten später kam frau seubert vorbei, sie war zufällig dort mit einer freundin verabredet, wir haben uns unterhalten, bis es dunkel wurde, das war richtig schöne serendipity.

abends gleich wieder nach signierten büchern herumgesucht, eventuell auf chinesich, weil why not (weil du es nicht lesen kannst, echt. habe einen archipel gulag auf russisch geerbt, der steht im regal, den werde ich glaube ich auch nicht mehr los.) etwas gefunden, nicht gekauft, weil ich weiß, dass meine regale voll sind, die wohnung ehrlich gesagt auch, und wenn ich mal nicht mehr bin, wer soll das alles entsorgen? das geld lieber ins depot gepackt, da ist es besser aufgehoben.

kw 11

gehe heute ins be, yana ross inszeniert knausgård, sterben lieben kämpfen. habe bisher kein stück von ihr gesehen, es wird höchste zeit, sie macht internationales theater, davon gibt es sehr, sehr wenig, bleiben doch theaterregisseur*innen mitsamt ruf und ruhm meistens innerhalb ihres sprachraumes. ihren macbeth an der volksbühne 2008 hätte ich sehen können. wollte diese woche knausgård lesen, um wieder in diesen raum zu kommen, der sich damals beim lesen wie ein zuhause angefühlt hat, als eines von nur ganz wenigen büchern/autor*innen über die jahre, bolaño war es vor knausgård zuletzt, zur zeit könnte es auster werden, aber ich kann grad nur sehr schlecht lesen, meine aufmerksamkeit ist ein löchriger flickenteppich. habe meinen sterben-band wohl dem großen geliehen, der ihn zu meiner freude sehr gern gelesen hat. jetzt digital nachgekauft, es genossen, in den arbeitspausen sofort wieder im text drin zu sein. gehe erfreulicherweise mit frau gedankenträger, deren blog mich ja damals auf knausgård gebracht hat.

war bei der lesung von k. im haus der berliner festpiele, 2015, damals las er aus „träumen“, wenn ich das richtig erinnere, und hab danach sehr, sehr lange in der schlange zum signieren gestanden, der mann hat mir leid getan, ist aber sehr diszipliniert sitzen geblieben und hat ein erkennbares kürzel im buch hinterlassen, mit datum und stadt. darüber nachgedacht, warum eine signatur so einen unterschied macht, sie ändert nichts am text, aber irgendwie hat der/die autor*in mir das buch dann persönlich übergeben, nee, ist präsenter im text? auch nicht. die signatur öffnet auch keine türen, so steht die dicke signierte erstausgabe von the tunnel immer noch größtenteils ungelesen im regal, weil die hauptfigur so eine unangenehme person ist. als leserin bleibe ich auch bei signierten büchern eine von vielen, aber das buch ist eins von wenigen, die der/die autor*in persönlich authentizitiert hat.

habe im letzten jahr zu meinem erstaunen damit angefangen, mir fan-utensilien zu kaufen, ein kostüm, für die faschingsfeste im job (sonst gibt sowas nicht in meinem umfeld, habe aber gemerkt, ich habe spass daran), war dieses jahr ein science officer aus dem ds9-universum, trug einen overall mit reissverschluss hinten, sehr lästig, dazu einen schicken comunicator, aber auf die perrücken/kontaklinsen-kombi habe ich verzichtet, weil wir ja mit sehr kleinen kindern gefeiert haben. ein oder zwei eltern haben es erkannt, immerhin, immerhin. jetzt grade einen thermos-becher mit defiant-aufkleber, genau wie die in der serie verwendeten. ich verstehe meinen spass daran selber nicht genau, warum will ich da was manifestes im haus haben, zum anfassen, ist das eine steigerung der weltflucht, indem ich mir echte teile des fluchthafens ins haus hole? ein zusammenbringen der welten? etwas in die realität holen, mich auch im alltag daran erinnern/erfreuen. es ist ähnlich wie mit den signierten büchern.

zum cosplay bin ich aber noch nicht bereit, weiß auch nicht, ob ich zu einer convention fahren würde, nicht alleine, glaube ich, mit freund*innen sofort. wobei, „im letzten jahr“ stimmt nicht, ich habe mal ein von darren e. burrows (alias ed chigliak) verziertes solides taschenmesser gekauft, ich glaube, nicht über etsy. weil frau ja, wie gibbs es sagt, immer ein messer dabei haben sollte. ich werde für solche postings die kategorie peinliches hinzufügen, falls mir kein freundlicheres wort dafür einfällt. mit zunehmendem alter sollte immer mehr platz für solche albernheiten sein.

alte welten

beim bücherlüften mal wieder das kleinste und älteste hervorgeholt, ein kleines taschenbuch in pergament, sehr charmant.

kleines, in pergament gebundenes altes buch auf einem glastich

es enthält eine ausgabe der fünf erhaltenen bände des geschichtsschreibers polybios*, leider in einer schriftgröße, die vielleicht bis zum alter von ca. 29 lesbar ist, mit ich glaube einem nachwort von wolfgang musculus, einem pfarrer und reformator mit bewegtem leben. vielleicht hat der den band auch veröffentlicht? das buch ist noch zu musculus‘ lebzeiten erschienen, 1554.

titelseite der historie von pol<bios in einer ausgabe aus dem 16. jh.

ich habe anstandshalber eine übersetzung besorgt (ups. ich habs für die hälfte gekauft. es gibt aber auch ein reclambändchen für paar euro), die ich nie lesen werde, lieber mal wieder den mommsen nicht lesen, der ist immerhin ein bisschen frischer.

im einband steht handschriftlich „quod mortale fuit posita requieris in urna“ oder so ähnlich, was sterblich ist, bleibt in der urne, und dann geht es weiter mit „spiritus afora vanet“, der geist verschwindet im draussen, bei der letzten zeile brauch ich hilfe: gimnasiaretu rufus oder so, google sagt „rothaarige im fitnessstudio“.

innerer einband eines alten buches, darin erkennbar ein paar handschriftliche zeilen

vielleicht ist die form von gimnasiare rumänisch und das buch stammt vom siebenbürger teil der vaterfamilie? da war ein prof für ur- und frühgeschichte dabei, allerdings mit schwerpunkt rumänien.

nichts bleibt. so ähnlich geht es mir auch oft in dieser jahreszeit, es ist allgemeingültig, aber dieses buch setzt dem schon was entgegen, not?

der autor hatte ein sehr aufregendes leben, er hat von 200 bis 120 oder 117 v. ch. gelebt, geboren in megalopoli in arkadien, griechenland (wie aus einem superhelden-epos), hatte als sohn eines anführers des achaiischen bundes politische ambitionen, er wäre wohl fast als hipparchus, eine art offizier der achaiischen reiterei in den krieg gezogen, daraus wurde aber nichts (wikipedia), war 167 v. ch. einer von 1000 griechischen geiseln, die nach der niederlage griechenlands im dritten makedonischen krieg nach rom gebracht wurden. seine politische karriere wurde dadurch gestoppt, aber er hatte wohl auch so ein gutes leben, er wurde wegen seiner umfassenden bildung privatlehrer für die söhne des mannes, der den krieg in der entscheidenden schlacht gewonnen hatte. er blieb 17 jahre in rom und schrieb in der zeit seine historien, zug dann mit dem jüngeren der söhne, scipio aemilianus, in den dritten punischen krieg und erlebte dort 146 v.ch. den untergang von karthago und corinth. er entwickelt eine art der geschichtsschreibung, die immer noch ernst genommen wird und erkenntnisfördernd ist, analytisch, pragmatisch, bedacht auf zusammenhänge und analysen. im netz steht, er würde tyche eine wichtige rolle in seinem geschichtsverständnis zuschreiben, der göttin des schicksals und des guten gelingens, gleich gedacht, ich sollte das buch dem großen vererben, der als einen von ähm mehreren auch den namen tycho trägt. polybios wurde 80 jahre alt, ich würde glaube ich eine tv-show über dieses leben gerne ansehen. er hat zb auch eine chiffriermethode entwickelt, die bis ins letzte jahrhundert verwendet wurde.

es gab über die jahrhunderte immer wieder autoren, die sich an übersetzungen und ausgaben der bücher gesetzt haben, ihn interpretiert und diskutiert haben. fast 100 jahre lang hat zb ein institut an einem lexikon von polybios gearbeitet, mit einer konkordanz und allem, was dazu gehört, leider auf altgriechisch. sowas hätte ich auch gerne gemacht im leben.

da buch ist ein paar hundert euro wert, also zuwenig, um es guten gewissens zu verkaufen, jetzt habe ich es mir eh wieder lieb gebloggt. beim projekt dinge entsorgen muss ich mir abgewöhnen, sie vorher anzusehen, ergebnis des tages: 700 seiten buch dazu. nächstes mal fange ich gleich in der kammer an.