da ist einer auf dem land aufgewachsen, ist mit der schule fertig und überlegt sich, was er machen möchte in seinem leben. anfang der sechzigerjahre, da war die stimmung vielleicht konservativer, aber die berufe fanden ähnlich wie heute zu den menschen, über neigung und gelegenheit, wenn eine leidenschaft da war, über pragmatismus oder tradition, wenn nicht, das hoffe ich jedenfalls. h.h. pfannkuche hat sich zum geigenbauer ausbilden lassen, ich denke, dass für so einen berufsweg immer eine gewisse eigenständigkeit nötig ist, neben der musik in kopf und hand, die musik der sechziger war wohl auch ein grund. vielleicht gab es in der gegend einen meister, oder er ist in die nächst größere stadt gezogen, eher eine lehre als ein studium, mehr handwerk als akademie. seine ersten selbstgebauten gitarren hatten einen aufkleber drin, einen firmennamen in schönem schildkrötenlogo, testudo, so wurden früher mal lauten genannt, es steht: „fecit h.h. pfannkuche“ drauf, signiert mit kaum leserlicher schreibschrift, aus dem latein spricht stolz und selbstbewusstsein, aber vielleicht waren solche formeln in der zunft einfach üblich. er hat sie nicht nur für die gegenwart gebaut, sondern sich als teil einer tradition gesehen.
wieviele er gebaut hat, kann ich nicht herausfinden, da muss man sich gut auskennen in der szene, es gibt eine junge römische e-gitarrenfirma mit dem namen und ähnlichem logo, von der alten ist wohl nichts geblieben außer einer handvoll alter gitarren, aber ich weiß ja, das netz zeigt alles erst seit den neunzigern, frühestens. der mann ist wohl nicht bei seinem beruf geblieben, sondern hat ein geschäft für antikes aufgemacht, in einer kleinen stadt auf dem land, „antiquitäten und geigenbau“ steht im adressbuch, und eine telefonnummer, vielleicht ist ihm etwas dazwischengekommen, oder der markt war nicht so gut, und der geigenbau ist inzwischen nur ein stern in seiner krone, das „nur“ jetzt mal ohne neigungswinkel gemeint. 50 jahre sind ja zeit genug, selbst für mehrere lange berufswege.
die konzertgitarre bei ebay sieht schön und bisschen mitgenommen aus, mit herringbone-rand, vorne und hinten!
palisander und fichte, ob massiv oder nicht, kann ich nicht erkennen, es ist bestimmt die frühe arbeit eines berufsanfängers, breitmaseriges preiswertes holz, aber echt. der lack vorne ist voller feinster sprunglinien, das griffbrett glatt, es wurde wohl nicht sehr intensiv bespielt.
soll ich ihn anrufen und nach seinem lebenslauf fragen? grosse versuchung. er muss um die siebzig mindestens sein, wenn er in den sechzigern schon gitarren gebaut hat. ob es ihn freut oder belästigt? alte männer reden ja eigentlich ganz gern über die lieben ihrer jugend.
Die Frage, hier gestellt, ist ja mehr ein Auftrag. Wir warten.
das stimmt! ich brauchte bloss ein okay. montag werd ich ihn anrufen, werde berichten.
Danke für Deine Arbeit bzgl. der Gitarre! Ich habe auch eine Gitarre von Testudo und bin echt dankbar für alle Informationen, die Du erarbeitet hast.
Schade, dass sie so lange nicht benutzt wurde und einfach auf´m Dachboden als Erbstück gelandet ist.
aber gern! freut mich, dass es noch mehr von diesen alten schätzen gibt.
hans henning pfannkuche hieß er, kam ursprünglich aus der nähe von bremen und war lange in worpswede, „da ölte er so rum, wie wir so sagten damals“, so erzählt herr keyser, den ich ans telefon bekommen habe, und lacht dabei. er arbeitet in dem geschäft, das früher h.h. gehört hat. hans henning hat in bamberg zupfinstrumentenbau gelernt, seine erste frau hatte eine gitarrenfabrik, „auch da bei bamberg“, mit der hat er dann gitarren gebaut, auch viele alte instrumente restauriert, er liest mir einen prospekt vor aus den jahren, den ich mir leider so schnell nicht merken konnte, aber „ich schicke ihnen gerne akten zu für die gitarre“, von mir bekommt er dafür fotos, per post, denn mit dem internet ist er nicht warmgeworden.
der gitarrenbauer ist schon seit 13 jahren tot, geboren zwischen 1935 und 40, genau wusste das der mann nicht mehr, er war ein spezialist für schellackpolituren und „ein virtuose bei intarsien“, erzählt er, und er habe den eingelegten rand bei meiner gitarre zu „so 98-, 99%“ selber aufgebaut, „er hat experimentiert mit diesen sachen“, war ein „künstler und allrounder“ und richtig besessen von seiner arbeit, auf eine gute art.
herr keyser arbeitet dort schon seit den achtzigern und erzählt mir noch eine weile begeistert von einer kommode, bei der sie zusammen eine bestimmte grüne färbung einer intarsie hinbekommen haben, „nach tagelangen versuchen, und wissen sie, mit was? mit eierfarbe! das grün hält bis heute, ich schicke ihnen auch bilder von der kommode, mit den akten“.
er freut sich, dass ein instrument aufgetaucht ist, und ja, h.h. habe auch spielen können, „so rhythmusgitarre“, und erzählt von einem spontanen konzert mit russischen wanderarbeitern vor all den schönen biedermeiermöbeln in seiner werkstatt, „kann sein, dass da auch wodka im spiel war“. er ist 76.
Danke, für diese wunderbare, großartige, freudevolle Geschichte. “so rhythmusgitarre”, meine Güte, was ist das schön. Und ich bin sicher, dass der Herr Keyser auch ganz froh ist, dass Sie angerufen haben. Danke noch mal.
ich hab zu danken.
Das war eine wunderbare Geschichte, auch von mir vielen, vielen Dank!
sie ist schon angekommen. der gitarrenbauer sagt, massivholz, alles bookmatched, spanische bauweise, und das sie sehr schön klingt. er bringt sie mir in ordnung, habe dann für insgesamt 225€ eine schöne konzertgitarre, ein jahr jünger als ich, mit jeder menge ton. freu mich drauf.