vorgestern mit den öffentlichen zum konzert des jahres gefahren, riesiger fehler, habe 90 minuten bis zum q-damm gebraucht, statt der geplanten 40 minuten, also nur noch einen platz in der drittletzten reihe bekommen, mit glück, der saal war voll. musste den letzten kilometer mit dem taxi fahren, sonst wäre ich zu spät gekommen, erst um kurz vor acht die vier stockwerke hochgestiegen bis zum boris vian saal. drinnen über das publikum gefreut, es war mehrheitlich viel jünger als ich, hab bisschen bedauert, mich nicht mehr um begleitung bemüht zu haben, weil bei mir die begeisterung eigentlich ein gegenüber braucht. die stühle dort haben lehnen, die sehr weit hinten sind, es fühlt sich an wie 45°, also aufrecht geblieben, weil ich näher dran sein wollte. das ging vielen so, am ende habe ich mich vorne an die wand gestellt, weil es mich nicht mehr gehalten hat auf dem sitz
erst nach ein oder 2 minuten konzert habe ich den ärger loslassen können, es hat einen ordentlichen punkt auf meiner anti-berlin-liste gegeben. aber es ist julian lage da vorne auf der bühne, und wenn er spielt, wird meine gesamte aufmerksamkeit gebündelt, wie eisenspäne von einem magneten, ich erinnere das von den anderen konzerten, und kann zusehen, während es passiert, die mühelosigkeit dabei fühlt sich magisch an.
zusammen mit dem bassisten jorge roeder, die beiden habe ich 2018 schon in empoli gesehen. ich erkenne die stücke nicht, habe jetzt beim suchen gemerkt, dass die gefunden aufnahmen lange nicht so wild, schnell und frei sind wie gestern beim konzert, die waren fast schwindelerregend perfekt. und wie er dann auf unerwartbare harmonische lösungen kommt, aus zb einem rasend schnellen lauf über das gesamte griffbrett, um dann in großer schönheit ein paar sekunden lang runterzukommen in etwas unerhört schönes. und das mehrere male in jedem einzelnen stück. das publikum ist total mitgegangen, gab viel ah und oh beim zuhören, so unwillkührliche ausrufe, ist mir auch paarmal passiert, obwohl ich das eigentlich mega blasiert finde, aber hey. es wurde gelacht und geyeaht und es gab szenenapplaus, akkordapplaus, lage hat sich nach der ersten halbzeit beim publikum bedankt, es hätte tiefgang (depth meine ich gehört zu haben), es sei außergewöhnlich fun, hier zu spielen, aber das sagt er vielleicht immer? ich fand sein spielen atemberaubend. nach der ersten hälfte hat er sich kurz die hand gehalten, gleich sorge, dass ein normaler organismus so ein spiel gar nicht aushalten kann, aber er ist ja noch jung. er hatte beim konzert eine akustische gitarre, ich glaube, die collings.
es gab zwei zugaben, von denen die erste sensationell gut war, die beiden haben sich über den abend gefreut, so mein eindruck, ich würde so gern mal eine einschätzung der künstler hören, wie bei den fußballern nach dem spiel, „ja, bei „northern shuffle“ haben wir uns bis zum thema richtig schön zeit gelassen“ oder so (wusstet ihr, dass es eine seite extra für setlists gibt?)
auf dem wiederum anderthalbstündigen heimweg bedauert, keine kopfhörer mitgenommen zu haben, um noch ein bisschen länger im musikalischen raum bleiben zu können. das war nach dem geburtstag neulich schön, im stillen, dunklen taxi nach hause gefahren mit mek, fürs nächste konzert überlege ich mir das.
… schöner Bericht! Da ist wieder eine ganze gute Generation nachgekommen – und die sind alle technisch & musikalisch herausragend. Wo soll das nur enden?
die musikwahrnehmung wird aufgebohrt, lage spielt wirklich neues, das it so aufregend dabei. es endet hoffentlich erstmal gar nicht.
… d’accord – aber es ist ja nicht nur Lage. Die Pipeline ist gut gefüllt mit Andrew Renfroe, Matthew Stevens, Pasquale Grasso, Cecil Alexander … Dan Wilson. etc. etc. Herrjeh!
ich wäre mitgekommen, wenn du gefragt hättest. erinnerst du dich überhaupt noch an mich? julian lage ist ein völlig unbeschriebenes blatt für mich, aber was du hier schreibst, macht sehr viel lust. und bist du zu fuß nach hause gegangen? in anderthalb stunden kann man das gut schaffen. ich war am dienstag bei brian eno und das konzert hatte auch seine momente: https://www.manafonistas.de/2023/10/25/positiv-ueberrascht/
ja, ich erinnere mich! ich dachte glaube ich, die blogleser*innen wussten ja bescheid irgendwie, hatte ja sogar den ticketverkauf verlinkt. nächstes mal melde ich mich 😉
julian lage habe ich vor jahren beim gitarren-scrollen zufällig im netz gefunden und war sofort am haken, habe ihn seitdem ein paar mal live sehen können. und nein, nicht zu fuß. mit der bvg. dit is berlin.
Alles klar, danke. Ich hatte das wohl gelesen mit dem Konzert, aber es war ja anfangs unklar, wo es stattfindet und wo man Karten kriegt. Den nachträglichen Edit habe ich nicht gesehen. Ich wusste überhaupt nicht, dass es im Institut Français Konzerte gibt, bin nur gelegentlich in dem Kino dort. Wenn ich wählen könnte zwischen 90 Minuten BVG und 90 Minuten zu Fuß durch Berlin, dann fiele mir die Wahl nicht schwer… 🙂
( … nicht nach vollem arbeitstag, im ernst, das packe ich nicht mehr. dann lieber bei freunden in charlottenburg übernachten.)
danke, sehr schöner bericht vom eno-konzert!
Das freut mich! Ich gehe ein bis zweimal die Woche – meist Montag und Freitag zum Ein- bzw. Ausgrooven – hin und zurück zur Arbeit. Ein Weg knapp 70 Minuten. Und genieße es. Immer wieder überraschend und bereichernd, was man da alles so sieht. Paare, die sich küssen. Kinder, die bis zur nächsten Straße mit dem Rad fahren und dann brav auf ein Elternteil warten, Nebelkrähen, die versuchen Chipstüten aufzuhacken etc. Wobei Radfahren macht auch Spaß , da versuche ich immer bis zum Ziel zu rollen, ohne die Füße auf den Boden zu stellen. Ganz ist es mir noch nicht gelungen, aber wenn man die Ampelphasen kennt und mit etwas Glück, könnte es klappen.
A propos Gitarrenduos, für mich immer noch unübertroffen Martin Kolbe & Ralf Illenberger. Insbesondere Waves.
ja! die beiden habe ich ganz vergessen, vielen dank für die erinnerung. die hab ich in den achtzigern mal gehört/gesehen und war auch sehr am haken.