diese woche 2 streiktage gehabt, einen halben mit sehr vielen leuten auf einer demo der gewerkschaften verbracht, lange mit kolleg*innen durch die kälte gelaufen. jetzt gab es wohl gestern doch noch das erste angebot von arbeitgeberseite, heute ist letzter verhandlungstg, ich rechne mit nur symbolischen gaben, aber es ist schon besser als vor einer wand zu stehen und dort herumzudemonstrieren. bei mir überraschend ein schönes gefühl in der menge, eine gute masse, keine indifferente, die gemeinsamkeiten größer als die unterschiede. wie früher bei den demos der 80er, als vielleicht die projektionen noch einen größeren anteil in der selbstwahrnehmung hatten. mir haben diese tage geholfen beim ankommen im beruf, ich kann inzwischen mit gewissem selbstverständnis sagen, was ich mache im leben und fühle mich ggü all meinen freund*innen mit karrieren und jobs in chefetagen, unis und kliniken nicht mehr so anders.
edit: es gibt eine tarifeinigung, ich hoffe, die gilt diesmal auch für den tv-l in berlin.
in den letzten beiden wochen am freitag nach feierabend vor eine synagoge gefahren, um dort als eine art mahnwache zu stehen für die menschen, die am freitag nach sonnenuntergang den sabbat beginnen wollen. wenigstens irgendetwas tun können. im oktober hatte es dort einen brandanschlag gegeben, vor dem eingang ist ein großes areal abgesperrt, fast eine hausbreite. die gemeinde stellt für uns kekse und tee bereit, rabbi dovid roberts kommt nach dem gottesdienst zu den menschen und bedankt sich, meine freundin und ich haben einen kloss im hals. unfassbar alles, und ich zögere, als nichtjüdin shabbat shalom zu wünschen, weil ich das noch nie gemacht habe, trotz lebensalter und agnostizismus. es wurde zeit. die hoffnung, dass der anschlag ein einmaliger akt irgendwelcher idioten gewesen sein möge, aber man weiß es nicht, man weiß es nicht. eher nicht. kommt doch am sonntag zur demo gegen antisemitismus.
wie das online-daten die wesentlichen elemente der debütantenbälle des 19. jh wiederaufnimmt, der große marktplatz, jeder sein eigener ball, die sichtbaren und unsichtbaren fäden, an denen wir alle hängen. am hilfreichsten die äußerung einer therapeutin zu einer freundin: darauf achten, ob der mensch einem gut tut, und ob es ihm wichtig ist, wie es mir geht mit ihm. ob er fragen stellt und zuhört. und dann ist es doch nur wieder olle magie.
adventszeit ist dieses jahr unruhiger als sonst, es ist zuviel bewegung überall, zum jahresende vermisse ich die bücher, die ich nicht gelesen habe, es sind zuviele. wieder mehr ins theater gegangen, dabei die schaubühne komplett ignoriert, weil sie mir zu weit weg ist. bequemer geworden, müder gewesen. einmal oper. paar gute konzerte. keinmal getanzt, nur paarmal ein bisschen gewippt, das ist verrückt, ich werde das noch nachholen müssen. zuwenig sex, aber es war schön. okayes jahr für mich, aber die welt macht mir zum ersten mal seit teenagerjahren (atomkrieg) richtig angst, mit dem klimawandel an platz eins und dem ganzen rest danach. ignorance wäre bliss.
*auch dieses jahr wieder ein ein lieblingssong.
Wer mich über seinen Broterwerb zu beeindrucken plant, sollte möglichst nicht als Consultant oder sonstiger Schwurbel-Berater tätig sein, sondern entweder eine handfeste, praktische Dienstleistung ausüben, die die Menschheit wirklich benötigt, wie zum Beispiel kleinen und großen Menschen in Betreuungseinrichtungen und medizinischen Bereichen helfen oder handwerkliche oder andere praktische Dienstleistungen ausführen (Reinigungskräfte und Müllentsorgung nicht zu vergessen). Wenn sich jemand mit echtem Talent einer Kunstform widmet: auch noch ok. Aber diejenigen, die wie die Heinzelmännchen unseren Lebensalltag wuppen helfen, sind meine größten Helden. Königinnen und Könige des Herzens! <3
Zu: „(…) darauf achten, ob der mensch einem gut tut, und ob es ihm wichtig ist, wie es mir geht mit ihm. ob er fragen stellt und zuhört. und dann ist es doch nur wieder olle magie.“
Die Therapeutin Deiner Freundin hat unbedingt recht, wenn der „Suchfokus“ bei Herzensliebe liegt.
Aber der magische Impuls, der Funke zündet halt fast immer vorrangig über den Erotik-Trigger. Deswegen findet man in seiner eigenen Biographie fast immer Arschlöcher, die einen hochgradig erotisiert haben. Nicht WEIL sie Arschlöcher sind, sondern weil da irgendein genetisches Anziehungsprogramm abläuft. Das wissen viele nicht auseinanderzudividierenn und denken „Liebe“ immer als Gesamtpaket „Herzensliebe plus maximale erotische Anziehung“. In der Astrologie wird das zum Beispiel komplett getrennt. Das eine Päckchen ist die Herzensliebe, die durch ganz andere Komponenten im Horoskop abgebildet wird, als das erotische Matchen. Ich habe mich damit abgefunden, das es einfach ein extrem seltenes Phänomen ist, dass beides zusammenfällt. Wie ein Sechser im Lotto. Es gibt viele Paare, die hauptsächlich wegen der kuscheligen Gemütlichkeit des sich gut Kennens beisammen sind, dieser Herzenssache, aber wo erotisch eher der Ruhestand eingetreten ist. Und umgekehrt beobachtet man Paare, wo über Jahre ein unangenehmer, angespannter Tonfall herrscht, Rumgezicke, Genervtheiten, aber in der Horizontalen ist die Spannung geblieben, die daran festhalten lässt. Gute Freundschaften zeichnen sich durch maximale Entspannung aus, dauerhafte erotische Paarungen durch maximale Spannung.
ich hab da noch nie so drüber nachgedacht, das ist wirklich frischer input für mich, liebe gaga. herzensliebe, interessant.
ich hoffe noch auf den graubereich zwischen maximaler und gar keiner anziehung, es ist doch alles in bewegung, auch das begehren, also abgesehen davon, dass es natürlich schon irgendwie da sein sollte, sonst gibts ja keinen grund für den ganzen aufwand – die anziehung bleibt liquide, passt sich an, nutzt offene stellen und ist eben veränderbar, ein drittes zwischen mir und dem anderen – aber naja, wer weiß das schon, sagen wir mal, das ist bei mir mehr theorie als praxis.
„Deswegen findet man in seiner eigenen Biographie fast immer Arschlöcher, die einen hochgradig erotisiert haben“ – haha, ja, das stimmt schon. die nicht.
ich spiele jedenfalls weiterhin lotto.
🙂