art forum

(die ganzen lustigen sachen vom art forum gibts hier.)

die bilder, die einen wie am faden immer näher dran ziehen, sind selten, überhaupt sind bilder auf der messe selten, alles ist grenzüberschreitend zum objekt oder einfach zum vodoo, und die auswahl verrät mehr über einen selber, als mir lieb ist. das lag aber auch an der menge: mich ziehts dann nach hause, sozusagen zu den stillleben, bildlich gesprochen, zur fotografie meine ich. es gab viel fotografisches, scheint mir so im rückblick, das auge erfreuts wg. verständnis. ich mag verstehen, also der werke, nicht nur des kontextes der werke, ich mag mitteilungen, die nicht nur meta sind. nein: ich hasse reines metazeug auf dem art forum.

man läuft dann so mit sperrangelweitem blick herum, alles kann alles sein, kein material muss stimmen, keine epoche ist eindeutig, keine technik oder nationalität, alles kann gemeint sein, hey, porno (von allen männern fotografiert, knips knips, nochmal nach links, nochmal nach rechts, dabei war das so doof, das bild) so super das ist, so genervt ist man dann auch nach 3, 4 stunden. außerdem sind die leute alle so gestylt, die männer alle so, dass ich denke, die verbreiten sogar sinn, wenn sie einfach nur herumstehen, die haben ihr kinn noch auf dem klo unter kontrolle, die frauen mit groß-artigen schuhen, wunderschön bis leicht drüber,

ich jedenfalls bin immer glücklich, wenn endlich kicken, eigen + art, contemporary fine arts sichtbar werden, und harry lübke hat mich bemerkt!, die haben nämlich immer kunst, und gar nicht nicht immer nur blumes (triptychon aus der vasen-ähm – geschichte, wie hieß die arbeit noch, vasenhysterie? 17.000 euro) oder bechers.

das schwierige mit den vorlieben ist mir erst aufgefallen, als ich am ende des rundgangs ein gemälde gesehen habe, das als gegengift zu einem der wenigen total autonom (ich musste hin) magnetischen bilder gewirkt hat.

es ist von ingmar alge, heißt o.t. und „Wanderung“ und kostet 11.000 euro. „na, das geht ja“ hab ich dem galeristen gesagt, aber nur, weil der so ein blondschopf war, ich fand nämlich viel, ca. 50% zu teuer. so, gebeichtet. würde ich niemals habenwollen, weil die aufmerksamkeit, die es hervorruft, nur durch den kontrast zwischen perfekter ölmalerei und dargestelltem ausgelöst wird und nicht lang hält, niemand muss sehen können, um das ding zu verstehen, es liegt alles in der oberfläche, aber es ist ein gut funktionierender gegenentwurf zu dem bild, das mich angezogen hat. wobei alges galerie, kuckei + kuckei, schon ziemlich tolle sachen macht.

diese andere wanderung, die ich gerne mitgenommen hätte, war ziemlich hinterhältig, großes bild, 175 mal 120cm, ein druck, man sieht ein panorama mit see, von den bergen aus, im vordergrund eine wandergruppe auf dem hang sitzend, die aussicht geniessend, auch diese wanderer alle von hinten dargestellt. die konturen sind verwischt und etwas unscharf, aber nicht überall, einzelne der figuren sind klar und scharf zu erkennen, das bild vibriert dadurch, es ist nicht klar einzuordnen, weder die technik noch die landschaft. nach ner weile fällt auf, dass die frisuren und kleidung der menschen sehr altmodisch aussehen, blonde zöpfe, wandertaschen, saubere kurzhaarschnitte mit scheitel bei den männern. irgendwas erinnert an die 40ziger und 50ziger des letzten jahrhunderts, und plötzlich erkennt man das idyllische-heimat-motiv, die verklärung und den kitsch der kriegs- oder frühen nachkriegszeit. dann kommt man vom anderen wanderungsbild wieder, das mit den flüchtlingen, schüttelt sich ein bisschen und denkt nee, mein gott, bergfilme, hör mir auf, und guckt dann doch nochmal hin, weil es so schön aussieht, das bild. ebbe stub wittrup (ein toller dänischer dänenname) hat für seine arbeiten wirklich alte dias zur vorlage genommen, ha! erkannt, das ergebnis ist schon verführerisch. eine gefährliche arbeit. 9.500 euro.

außerdem berührend und aufregend eine arbeit von astrid klein, ein sehr großaufgezogener ausschnitt eines irgendwie bekannten gebäudes, wand mit fensterlöchern, beton, grisselig durch die vergrösserung, oben und unten paar linien wie drähte oder telefonleitungen oder ein riss im bild, vor der häuserwand eine weiße shilouette, wie ein aussriss, figurenähnlich, fallend, das ganze 5 meter lang und zweieinhalb groß. 60.000 euro, „Nachtmaterial“, bei kicken, glaube ich. ein freund meinte, er würde das kaufen, sofort, mit kredit, wegen der geschichtsdarstellung, aber hey, sowas deprimierendes gehört ins museum.

sehr schön war auch chris larson mit seinem gefrorenen zimmerchen, dickes weißes eis liegt auf all dem vertrauten zeug, dass täglich benutzt wird, einer brille, wecker, alles eis. dickes ich-bleibe-jetzt-für-immer-eis. schöne idee. zu teure bilder, 6.000 für aus einem eisfilm gewonnene fotografien, na, die trauen sich alle was heute, die galerien. vielleicht ist der aber auch schon berühmt, alle sind berühmt, alle haben schon ausstellungen, biographien, museumskäufe vorzuweisen, lauter kleine galaxien, die galeristen erzählen jedesmal so, dass man den nächsten rauch vor sich hat, den man kaufen sollte, auch wenn er scheiße aussieht, wegen der anlage.

die schrägsten, also im sinne der verbindung von markt und phantasie: eine japanerin verkauft bilder einer roten schreibmaschine, der die tasten fehlen, für 38.000 euro, bestimmt auch von wem berühmten, die sachen so uninteressant, dass ich nicht mal mehr fragen wollte, vom wem das ist. das what ever- die galerien nennen die arbeiten immer nur noch „projekte“ – also die hubschrauberreichen projekte von alain bublex hätten meinen kindern gefallen. oder albert weis („Der große Wurf – Faltungen in der Gegenwartskunst„), der faltet leichtmetall zu schachteln. mei.

gern gekauft hätte ich wie jedes jahr einen odermatt bei springer und winckler (diesmal vier fröhliche ältere herren, die in einem käfer über eine überflutete brücke fahren), die kosten immer 4.500 euro. die bilder sind eine perfekte form der fotografie, zu einem ganz anderen zweck entstanden, dokumentarisch, verspielt, auch wieder auf eine idylle zeigend, ich muss da mal hin, in eine idylle. hab mal auf einer vernissage mit odermatt sprechen können, wie er sich gewundert hat über seinen erfolg, verschmitzt war er und aufgeregt und hat sich über die ganzen frauen gefreut, die mit ihm reden wollten, so jemandem gönnt man natürlich jeden euro. aber man kommt sich beschränkt vor, wenn man sowas echtes auf dem art forum kaufen will, das ist wie ein paar unzen gold gegen derivate, es bleibt immer irgendwas übrig von den odermatts, die sind einfach schön. und den bergausflug, den hätte ich auch.

kunstmarkt, ts.

(pjaer war auch da, ich erkenn das sogar wieder, wie er das beschreibt)

6 Gedanken zu „art forum“

  1. Sehr schade, ich war das Wochenende nicht da. Auf Photos sieht man ja oft nicht viel und das Wesentliche oft gar nicht.

    Wenn es denn etwas Wesentliches gibt.

  2. REPLY:
    das ist schon so ein ereignis immer, aber es kommt ja wieder nächstes jahr, mit neuer kunst. das wesentliche bei kunst ist immer höchst privat, glaube ich, und schlecht erkenntlich zu machen. wenn das vielen so geht, das sie was sehen können, dann ist es mit größerer wahrscheinlichkeit gute kunst, glaub ich.

  3. Ich verpasse mittlerweile absichtlich die ganzen Kunstmessen (Ach, kennst du Astrid Küver? Gefällt mir sehr).

    Ich mag einfach nicht mehr die paar Sachen, die mich interessieren, aus den Sachen, die mir einfach nur frech, dämlich und dummdreist daherkommen rausfummeln.

    Ich mag halt Bilder, Zeichnungen und noch ein paar andere Sachen.

    Mit den Jahren wird es immer weniger. Leider.

    Kunst wie sie mir angeboten wird interessiert mich jedenfalls nur noch am Rande. Eigentlich nur, wenn sie den Eindruck macht, die großen Behauptungen, die da immer mittröten auch einlösen zu können. Wenigstens ansatzweise.

    Und Kommasetzung ist Folter wollte ich nur noch mal sagen.

    Achja: Der z.B. hat mich sehr beeindruckt: http://www.mitchcope.com/

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