marseille und toulon

im märz haben 2 freundinnen eine gemeinsame woche in südfrankreich vorgeschlagen, das ich nur vage erinnerte bzw. überhaupt nicht kannte. mitte september ist es noch warm und hell, der sommer ist noch fühlbar, und ich wollte als ewige allein- und immer nur italienreisende auch mal anders unterwegs sein.

blick auf marseille von notre dame de la garde aus geknipst

marseille war schwerer zu erreichen als geplant, wir sind in berlin verspätet gestartet (wegen einem passagier) und haben dann in frankfurt einen ordentlichen sprint zum abfluggate des zweiten fluges gemacht, den freundin a. mit elfengleicher leichtigkeit, ich mit sehr unangehmen gejapse absolviert haben, rennen aus dem nichts mit gepäck nach einem langen arbeitstag ist irgendwie nicht meins, beim rennen verschluckt, dann mit hustenanfall am gate angekommen und minutenlang nicht reden gekonnt, es gab aber eh nix zu sagen, das flugzeug stand noch da, wir durften aber nicht mehr rein aus irgendwelchen gründen, und haben dann von der lufthansa zwei hotelzimmer bekommen, mit einem shuttle, warterei etc lagen wir dann erst gegen mitternacht in unseren betten, am nächsten morgen um 6 sollte es frühstück und das shuttle zurück geben. das frühstück habe ich verschlafen und musste dann am flughafen versuchen, den 15€-bon irgendwie unters volk zu bringen.

egal, es ging in den süden.

mit dem ersten flug nach marseille weiter, und so die neue stadt zuerst im morgenlicht gesehen. wir haben unsere koffer ein bisschen bergab und bergauf gezogen, ich vor allem beim steilen bergauf-kilometer wieder an der kraftgrenze, und sind in einer wirklich traumhaften airbnb-wohnung gelandet, schöner altbau, elegant eingerichtet, familienbilder an den wänden, von der terrasse blick auf viele alte dächer mit kleinen schornsteinchen.

freundin h. war schon einen tag früher da und hat uns empfangen, sie hat schon mal eingekauft, und mit leichter hand lauter schöne ziele herausgesucht, wege, orte, museen, dabei auch gelegenheiten wie einen abend mit einer tanztruppe, im rahmen des tanzfestivals „constellations“ in toulon und hyères, der leider wg starkregen ins wasser gefallen ist. die stadt ist wirklich besonders, sie liegt am südrand des dingens-gebirges, und wann immer man bergab geht, landet man irgendwann am mittelmeer, das genügt eigentlich, um dort leben zu wollen. wir sind täglich um die 15km herumgelaufen, mein liebster spaziergang war erst rauf zur notre dame de la garde, errichtet zum schutz der seeleute, mit beglückendem blick auf die see, dann von dort durch die stadt bis runter ans meer, an den strand der propheten, dort mit familien und leuten am strand gelegen, zum baden war es mir anfangs viel, viel zu kalt, das hab ich erst am letzten tag von toulon aus geschafft, freundin a. hat sich sofort in die fluten gestürzt und schwamm davon, richtung horizont.

es gibt in marseille eine wunderbare durchgehende kilometerlange steinbank entlgang der küstenstrasse, der corniche kennedy, bis zum stadthafen kann man sich überall hinsetzen und aufs wasser gucken, sehr großzügig und menschenfreundlich gestaltet, leider nicht geknipst. mit dem bus zurück zum hafen, dann wieder hochspaziert, die stadt hält glaube ich jung, schon wegen der ganzen steigungen, war erleichtert, dass ich die problemlos raufkomme, zumindest ohne gepäck. abends war es für die terasse schon oft zu frisch, wir haben uns drinnen an den großen glastisch gesetzt, auf dem alten steinboden, und großartiges gazpacho, oder gemüse, obst, salate und natürlich käse gegessen, das war sehr entspannend, ich esse aus diabetesgründen weniger kohlehydrate, die freundinnen haben mitgemacht, ganz selbstverständlich, oder sind da auch irgendwie angekommen, wir sind alle ähnlich alt. es war eine gesunde woche, auch weil von uns dreien keine mehr raucht (eine hat nie), diesmal gabs auch fast keinen alkohol, ich hab in der woche 2 kleine biere gehabt, die anderen beiden haben nur wasser und tee getrunken, keine entscheidung nötig, einfach normalität.

habe die größe der stadt nicht wahrgenommen beim herumlaufen, bestimmt ist einfach das historische zentrum sehr groß, und die gefährlichen randbezirke habe ich nicht besucht, nur die freundinnen haben dort eine führung durch die cité radieuse von le corbusier besucht, das hat mich nicht so brennend interessiert, außerdem habe ich in dieser ferienwoche meine ersten paar sätze französisch überhaupt gesprochen. in der zeit habe ich etwas gechillt, was bei mir zum erholungsprogramm dringend bis zwingend dazu gehört, also nichts tun in schöner umgebung.

vom laden maison empereur hab ich vorher noch nie was gehört, und hielt es erst für ein weiteres museum, aber nein, dort wird lauter sehr schwere marseiller seife verkauft, in dicken brocken, ich muss dafür glaub ich erst eine halterung eindübeln, und tausenderlei anderer kleinkram, den man dringend braucht. vielleicht das (unerreichte) vorbild für strauss innovation?

schöner ausflug auf die inseln, frioul ist bei 25° c sehr angenehm, kann mir das bei sommerlichen temperaturen über 35° gar nicht vorstellen, wobei der salzige mistral kühlt und ablenkt und die gedanken in bewegung hält, ich wollte gleich weiter, aufs meer, auf ein schiff, und nein, keins der riesigen kreuzfahrtschiffe, die wir in marseille und toulon gesehen haben, richtige burgen sind das, schlachtschiffe der touristischen invasion, unromantisch as heck. als göttin hätte ich den impuls, die einfach umzustupsen. lieber kleines böötchen mit segeln. wir laufe nach oben zur burgruine, ein bisschen über stock und stein, geniessen die aussicht und gehen dann doch lieber den breiten gepflegten spazierweg zurück zum hafen, vor allem, weil ich mit birkenstock-sandalen unterwegs war. die anderen beiden wollte auch noch auf der anderen seite der insel nach oben, mir hat ein hügel gereicht (der andere sah genauso aus) und bin dann nach dem spaziergang im stillen hafen eingekehrt, die eine freundin kam dazu und wählte einen teller mit muscheln, ich blieb bei grillgemüse, getränken und träumen.

das mucem fand ich aufregend, das gebäude mit dieser wabenartigen außenhaut funktioniert natürlich wie so vieles in der stadt besonders gut, weil man von überall hinaus aufs mittelmeer schauen kann, auch die brücke von der festung auf dem festland in die dachetage des museums ist aufregende architektur, würde da dauernd entlanglaufen als einwohnerin.

am letzten abend mit h. noch in der hafenbar la caravelle eingekehrt für ein weilchen, draussen leichter regen nach den vielen sonnentagen, glitzernd auf dem wasser, einen schönen mann gesehen, leider jahrzehnte zu jung. das lokal wirkt so, als wären da alle abenteuer möglich, die ganz großen wie die kleinen, und was sind schon ein paar jahrzehnte im großen lauf der dinge.

nach ein paar tagen marseille sind wir nach toulon weitergefahren, mit dem zug. dort eine fast genauso schöne unterkunft im stadtzentrum, die freundin hat sehr gut gewählt (die marseiller bleibe wurde 3 tage vor beginn der reise abgesagt, so dass wir sehr kurzfristig umdisponieren mussten, aber es war ein gewinn.) auch hier gehen die strassen bis zum hafen, im september noch voll mit privaten yachten und motorbooten, und nur ein paar meter weiter stehen oder liegen in toulon ein haufen kriegsschiffe herum, unter anderem ein veritabler flugzeugträger, die stadt beherbergt einen von zwei großen marinehäfen des landes, die marine will nicht noch einmal in die prekäre lage kommen, die eigene flotte versenken zu müssen, um sie vor der übernahme durch den feind zu schützen, wie im herbst 1942 geschehen.

wir laufen am ersten abend durch den freizeithafen und dann weiter durch ein kleines neubaugebiet, bis zum strand von mourillon, kaufen uns proviant in einem kleinen supermarkt und essen auf einer kaimauer, danach zurück in die altstadt, alles unter dem weiten, warmen septemberhimmel, mit gelgentlichen tröpfchen oder lüftchen. das heinrich-heine-denkmal haben wir verpasst, aber auch in toulon gab es wieder viel kunst, mit hafen- und seethemen. die stadt bietet viele kleine schöne ecken zum gucken und geldausgeben, so vorhanden, hätte fast ein leicht glamouröses strickjackett gekauft, wenn ich den laden wiedergefunden hätte.

in toulon haben wir uns wie in marseille ein wochenticket für die öffentlichen besorgt, weil da auch die ganzen schiffe mit inbegriffen sind, für 10€ glaube ich, überhaupt war der nahverkehr in beiden städten ungeheuer preiswert.

am letzten tag bin ich mit a. (h. war woanders unterwegs) in einem schiff zu les sablettes gefahren, einer kleinen halbinsel vorm hafen von toulon, und hab mich da mit ihr an den strand gelegt, in die sonne, wir waren sogar schwimmen, das wasser warm, tiefblau und sauber. ein geschenk.

p.s.: hatte zum bloggen nur ein altes tablet dabei, vorher getestet, es hat dann aber nicht funktioniert. nächstes mal wieder mit rechner.

fallen

wirklich tief getroffen hat mich die nachricht, dass neil gaiman wegen sexuellen übergriffen bis hin zur vergewaltigung angeklagt wurde (edit: gibt bisher keine anklage, es stehen die berichte der frauen im raum). männer, bah. ein horror und eine entthronung ins bodenlose. ich hoffe, es wird alles aufgeklärt und er wird, falls schuldig, bestraft, so hart wie irgend möglich, wobei ein schweigeabkommen mit einer frau natürlich heißt, dass der mann schuldig ist. schon in den ersten minuten nach der nachricht (habs heut erst erfahren) versucht mein hirn, autor und werk zu trennen, versucht sich an einem „ja, aber“, mit dem die bücher gegen den autor verteidigbar werden. werde meine geliebten sandman- bände nicht mehr lesen können. wollen. sollen. ach, ach.

wie immer in diesen fällen: ich glaube den frauen. glaubt den frauen.

es würde mich wirklich interessieren, wie ihr damit umgeht.

edit: habe beim weiterforschen zwei differenzierte und gut recherchierte beiträge auf yt gefunden, in der vera wylde sich mit den „allegations“ der frauen auseinandersetzt, und mit der art, wie diese neugigkeiten dargebracht wurden. hat mir gut getan, weil die autorin offensichtlich genauso geschockt war wie ich es bin. im zweiten video reagieren sie auf die seit der ersten anschuldigung bekannt gewordenen weiteren fälle. die autorin fasst es zusammen: (ab 1:27:52, ja, es ist lang, aber ich wollte wirklich verstehen.) „I expect that if other women come forward, and I suspect, this will happen, those stories will probably going to align with what we already know, because at this point, with five women stories in, we have a very clear and distinctive pattern, not of physical violence, not of physical forcing himself onto a woman, but by coercing and holding power over women and abusing that dynamic.“

weiß noch nicht, was ich mit den vorhandenen büchern machen werde, aber ich werde nichts neues mehr kaufen von gaiman. der typ ist durch.

dinge und wellen

nach der freude über den fächer in der handtasche habe ich heute meine kaleidoskope auspacken können, ein kleines klassisches mit bunten steinen oder dingen vorne drin und ein umgebungskaleidoskop, das nur mit einer oder mehreren linsen arbeitet. das kleine taschenkaleidoskop hat einen abschraubbaren schlüsselhaken und ein beutelchen dabei, ich kann es mitnehmen, aber vermutlich sind die spiegel darin doch eher zerbrechlich. beide sind sehr hell und klar beim durchsehen, selbst das kleine mit nur 10cm länge hat eine lichtstärke, die die kleinen steine zum leuchten bringt, als wäre ein lämpchen drin. das große ist wirklich wunderbar, klar, hell, sehr hypnotisch, besonders feine linien vervielfältigen sich beim durchgucken sehr schön. ein k. hat in einem meist runden hohlkörper ein dreieckiges konstrukt aus spiegeln, dann vorne dran eine linse, entweder klar oder mit dingen gefüllt, man kann mit dem telefon problemlos durchs guckloch fotografieren, bilder davon hätte ich gern schon beim aussuchen gehabt.

keine ahnung, warum ich so einen impuls verspürte, ein kaleidoskop für erwachsene zu besitzen, aber es gehört klar zu den schönen dingen in meinem an schönen dingen leider nicht armen leben. kleines sammlergen habe ich. bei sowas dann immer unangenehme gefühle beim gedanken daran, dass die jungs sich nach meinem abgang eventuell streiten könnten über gegenstände, aber ich kann jetzt auch nicht alles dreimal kaufen. da hatte das erstgeborenenrecht schon paar vorteile. oder es spricht sie nicht an und es landet eh alles beim trödler und macht viel arbeit. der große hat beim thema mal abgewinkt und gesagt: mach dir keine sorgen, mama.

verschiedene murmeln duch ein kaleidoskop betrachtet
murmeln durchs kaleidoskop

immer faszinierend, wie die begeisterung für bestimmte dinge hochschwappt und sich dann wieder verläuft. habe zb ein paar sehr schöne murmeln, ein oder zwei himitsu bakus aus japan, etliche stifte von caran d’ache, eine leider irreparabel kaputte zither (ich hatte sie zur reparatur extra nach münchen zu einem fachhändler geschickt, aber der preis wäre nicht angemessen gewesen), legosets für erwachsene, und dann diese pop-up-bücher … ich mag das handwerk dahinter, die tradition, das fachwissen, suche dann filme oder texte über herstellungsprozesse. bin zum glück nach der eroberung von ein paar schönen objekten immer wieder befreit von der jagdleidenschaft. es fühlt sich an wie eine art serielle monopragmie (pragma, das ding/die sache), oder ist es eher serielle pragmaphilie?

immer wieder etwas zwischen aufgehoben und beunruhigt, wenn es dann wie zufällig ganze netflixshows zb übers glasblasen gibt, bei kaleidoskopen steht das allerdings nicht zu befürchten, aber das wort fällt mir grade schon häufiger auf. wahrnehmungsbias. hoffe jedenfalls, ich habe nach abklingen des crushs erst mal eine weile ruhe und kann mich wieder mit anderen kunstformen beschäftigen.

es wird wieder dunkler. alle lampen erscheinen mir zu schwach, zu abgedimmt, mau und eher angedeutet, nur das helle wolkenlose sonnenlicht ist echt und macht die tage wirklich hell, schattenlos und durch und durch sichtbar. ich will 200w- glühbirnen! nein, 20w- ledbirnen!

ich bin ja, was das altern angeht, bisher noch auf der guten seite, nehme es noch nicht optisch war, die falten sind da, aber ich nehme sie nicht als dominant war, sie sind eher eine kadenz, ein kommentar, vielleicht täusche ich mich damit aber auch. für die jugend sind wir alle ab 35+ steinalt, die grenze zum altsein verschiebt sich ja dankenswerterweise mit den jahren nach hinten. damit meine ich den punkt, ab dem das alter das erste ist, was ich an einem gesicht wahrnehme, also nach dem geschlecht, nicht den typ, die frisur, die brille, den style. dabei sind die jahre der jugend viel variantenreicher als die jahre des altseins, aber vielleicht ändert sich das auch noch, wenn ich (falls ich) die endsechziger oder siebziger erreiche. als frau beklage ich bis jetzt nur einen immer geringeren kalorienbedarf (inzwischen unter 1400kcal ca), schmerzende gelenke, einen menopausen-bauch und den zu schnell nachwachsenden weißen haaransatz, dabei weiß ich nichtmal, ob inzwischen alle haare weiß wären, oder nur die schläfen. wenn ich jemanden mal ein paar jahre nicht sehe, ist die alterung im gesicht des anderen immer ein paar sekunden lang deutlich erkennbar, bis dann in der wahrnehmung wieder das vertraute und die gegenwart im vordergrund sind. ich dachte, ich hätte eben glück mit den genen, aber bin da wohl wie alle, wie ich hier lesen muss. es gibt wellen beim altern!

einmal welle sein.

milano

ein bisschen bin ich der trägheit anheimgefallen, keiner nur guten, wie das ja immer so ist. also gegen mittags spontan mit dem zug nach mailand gefahren, wollte dort bisschen shoppen, bisschen kunst gucken, also zuerst zur triennale, von der ich einen tag vorher noch genau wusste, wo sie war, direkt im park hinter dem bahnhof, höchstens 1km. im zug verliess mich dann das roaming, zum glück hat niemand nach dem ticket gefragt, also in mailand losgelaufen und mich sehr, sehr doof gefühlt, weil ich in meiner alten heimatstadt nichtmal die kunstpaläste wiederfinden konnte. 2 leute gefragt, drei richtungen gezeigt bekommen, also im kiosk karte gekauft, die sie nach langem suchen auch gefunden haben. triennale gefunden, gae aulenti angesehen, von der ich vorher nie etwas gehört habe, mochte die olivetti-schreibmaschinen, so eine habe ich glaube ich auch, in rot, die hat aber ettore sottsass designt, der ist auch schon tot. im triennale-shop hab es einige feine sottsass-objekte, lampen, kalender, alles im höheren drei-vierstelligen bereich. bei den objekten von aulenti eher so eine hmm-stimmung, vielleicht waren die im zeitlichen kontext aufregend und neu, die aufgebauten räume ihrer wohnung wirkten so authentisch wie befremdlich, so out of context, weil persönliche dinge fehlten, sie hatte als erfolgreiche designerin natürlich eine sehr durchgestylte design-wohnung. interessante erfahrung war es allemal.

dann weiter in die fabbrica del vapore, mit stadtplan hinspaziert, ich vergesse wegen berlin immer, wie klein mailand ist. war gut besucht, schöner platz mit bänken unter bäumen, da habe ich etwas ausgeruht, es war deutlich über 30°.

(rechts „alfreds day off“, bei den erbsen hab ich keinen titel gefunden) diese miniaturen sind nice, ich weiß nicht, ob es kunst ist, vielleicht eher kunsthandwerk? enormer niedlichkeitseffekt. kleine lustige stillleben und so panoramen, im shop eine kleine holzminiatur mit ein paar gebäuden unter glas gekauft und eine mini-lavalampe. von da ins zentrum gelaufen, durch meine alte schulgegend, zona garibaldi, in einem schaufenster ein blaues raumschiff, wie von möbius gezeichnet, der künstler im laden, aber er kannte möbius nicht, hat sehr begeistert von seinen objekten erzählt, alles aus alten elektronischen bauteilen zusammengeklebt, dann vetrifiziert, wie er mehrmals für die gäste im laden erklärt. vollkommen schräg, wie aus einer anderen welt.

ein raumschiff aus elektro-müll, von pietro messina.

einbinden von fotos kann ich gar nicht, merke ich, es dauert zu lang und sieht doof aus. ist halt ein textblog. zum shoppen war es mir zu heiß, wollte weihnachtsgeschenke für die jungs kaufen, ein paar schöne klamotten aus milano gehen ja immer eigentlich. so bin ich schon am spätnachmittag auf gut glück zum bahnhof zurück und mit richtigem papierticket zurück an den see gefahren, gefroren, die züge sind intensiv klimatisiert. guter tag, mailand lohnt immer.

kw 30

ab woche drei ist es erholung, bin wieder fitter, mehr kraft und mehr optimismus, was das leben aller oder mein eigenes angeht. am wochenende wieder einmal erstaunt über die geschwindigkeit der repubblica, die bidens ausstieg und harris‘ nominierung sehr genau vorausgesagt hat. habe seit langem mal wieder ein ereignis sofort an die familie weitergegeben, war wirklich kurz aufgeregt und optimistisch. die jungs sind weiter skeptisch, aber ich genieße den kurzen flow und will gleich wieder doch noch neue möbel kaufen, gestern hab ich zu meiner großen überraschung in einem dorfmuseum der gegend einen schirmständer entdeckt, der als allererster schirmständer überhaupt einen deutlichen will-haben-reflex auslöste, von antonia campi designt.

stein-objekte von antonia campi

sie hat auch sehr elegante ausgehöhlte steine hergestellt, ich habe ähnliche steine von jedem trip ans meer mitgebracht, es sind auf ihre art perfekte steine. ich habe dann gleich nach „dremel“ gegoogelt und wollte sowas selber machen, aber es ist wohl nicht gut für die handgelenke. jetzt mit neuem ziel über die hiesigen flohmärkte und trödelshops ziehen.

heute über den markt, wollte ein paar neue gürtel kaufen, dann ein kleid gefunden, wie es hier viele ältere damen tragen, weit und leicht und bunt, bisschen putzfrau, bisschen althippie. ich frage den verkäufer nach dem material, „seide!“ sagt er, ich äußere zweifel, er: „indische seide“, „nicht bügeln“, sagt er noch, wahrscheinlich würde ich es nie wieder vom bügeleisen abkriegen. außerdem zitronentortelli, brot, zeitung. keine gürtel.

dies jahr ist deutlich zu warm, den ärger über die verregneten berliner sommer kann ich noch abrufen, aber eher in der theorie. die kette von tagen über 30° hat eine eigene solide unbezwingbarkeit, kein ausweg möglich. die sommer meiner kindheit erinnere ich nur wegen dem licht, das endlose zuverlässige licht der hochsommer, an die temperaturen habe ich keine erinnerung.

kw 22

das familienfest werden wir nachholen, sagen wir jetzt im modus der selbstvergewisserung, aber ich weiß natürlich, das sowas nie klappt. meine mutter ist wieder zuhause, sie wird aber noch über unbestimte zeit ambulante pflege brauchen, bis sie ihre kraft wieder hat. sehr froh, dass dafür ein anruf und ein paar formulare genügen, sonst hätten wir das alles last minute organisieren müssen, das krankenhaus hat sie nämlich einen tag nach dem stent einfach entlassen, viel zu früh, sie kommt auch jetzt, eine woche später, noch nicht alleine aus dem sessel hoch.

ich wollte jetzt eigentlich auf dem weg zu einer vernissage im neuköllner lite-haus sein, aber es ist mühsam. erkältung, weit weg, todmüd, morgen wieder früh. erstmal nickerchen, und dann haben diese nickerchen gleich hinter dem augen-zu riesige räume, wo die ganze nacht reinpasst, aber ich war klug und hab den wecker gestellt und es noch raus geschafft. freundin iris ulbricht macht außergewöhnliche sachen, sie malt unter anderem alte geschichtsträchtige flugzeuge, große zeitlose bilder, die hab ich glaub ich mal auf einer ausstellung am tempelhofer feld gesehen. im lite-haus zeigt sie marble moon, ein riesiger, blutroter ball. sehr lebendiges bild, nicht ganz realistisch, nicht ganz abstrakt, es glimmert so dazwischen herum, die oberfläche der kugel bewegt sich fast beim blick darauf, man spürt die oberfläche. kalt und heiß gleichzeitig.

die ausstellung als ganzes hatte mir zu wenig zusammenhang, die drei räume (und der flur) waren zu vollgehangen, das lite-haus denkt sich als goßes museum. der ehrgeiz ist natürlich angemessen, es sind schwierige zeiten für junge kunst. alle besucher viel jünger als ich, das ist besonders, bei den anderen vernissagen von freunden und bekannten altert man so mit, aber vielleicht waren die älteren auch schon weg.

es gab noch ein bild, bei dem vieles stimmte, „am ende des tages ist der beginn der nacht„, abstrakt, ein sehr farbechtes aquarell von maja neuhaus. die großen, fast hyperrealistischen arbeien von barbara wolters habe ich gebührend bewundert, mag sie aber nicht so, sie berühren und interessieren mich nicht, sind nicht mehr, als sie darstellen. meine freundin, wegen der ich eigentlich hin bin, war schon weg, ich kam zu spät und bin wieder heim, etwas unbefriedigt. immerhin kunst.

auf arbeit am tag danach gemerkt, dass meine erschöpfung sich in versprechern, übersehen, vergesslichkeit manifestiert, hadere sehr mit mir, ich würde gern, wäre gern anders, kann aber nix tun, außer die tage wieder kürzer zu gestalten. ich schaffe es inzwischen ganz gut, die müdigkeit nicht als eigene schwäche auszulegen, aber auch das kostet energie. das gewettere gegen teilzeitkräfte halte ich für eine unzumutbare unverschämtheit.

hd-muttertag

am samstag platt gewesen, pause gemacht. der tag fing großartig an, konnte meinen drei jungs kaffee ans bett bringen, weil sie frühmorgens los mussten, um bei der konfi ihrer halbschwester rechtzeitig in der kirche im süden berlins zu sein. um 7 waren sie weg, dann erstmal ausgeschlafen.

tagsüber habe ich meine mutter nicht erreichen können, aber auf station haben die freundlichen schwestern mich am telefon informiert.

heute habe ich den kaffee ans bett bekomen, dann gemeinsames frühstück mit allem, um halb zehn, ich merk dann immer, bin eher eule als lerche und hab in die morgensonne in der küche geblinzelt. jetzt warte ich auf meinen slot im bad, dann gehen wir gemeinsam zu caspar david friedrich, eine überraschung der jungs, als muttertagsgeschenk, ich hatte vor ein paar wochen so ins blaue einen gemeinsamen besuch vorgschlagen, ohne hoffnung auf umsetzung. ich hoffe, wir kommen rein, aber es ist eigentlich kein museumswetter. kaufe für die beiden ohne jahreskarte noch schnell tickets, das geht, obwohl auf der seite steht „keine online tickets für heute“, dann mit dem auto ins umfeld des museums, an der langen schlange vorbei, ein paar mal werden tickets geprüft, sehr gründlich sind sie da, aber es fällt ihnen trotzdem nicht auf, dass nur 2 von 4 das passende zeitfenster gebucht haben. oder fällt es ihnen auf und es wird nachsicht gewährt? dann zerstreuen wir uns, endlich vor den landschaften. der große findet sein lieblingsbild (mondaufgang), wir machen ein familienfoto davor, dann nach oben in den 2. stock zu meinen lieblingsbildern, den böhmischen landschaften. nach 2 stunden noch kurz in den shop, postkarten kaufen, dann mit dem auto zu meiner mutter, die sich sehr über den überraschungsbesuch freut. ihr ist der muttertag wichtig, es ist wirklich serendipity dass so viele enkel hier sind an genau diesem wochenende. es geht ihr noch wackelig, sagen wirs mal so, aber es wird gut auf sie aufgepasst.

ich fahre dann den d.-zwilling noch zum südkreuz zu seinem zug, die anderen beiden nehme ich wieder mit, die fahren im laufe der nächsten beiden tage zurück. volles, dichtes wochenende mit kultur und kindern. immernoch keine fenster geputzt. ich brauche personal.

11. februar 2024

gestern abend um 23 uhr rief der gregor-zwilling an und bat um eine pin zum filmegucken, er war beim david-zwilling in halle zu besuch und die beiden haben auf prime die eine folge einer serie entdeckt, die vor 15, 16 (18, es sind 18 jahre, schluck.) jahren einem zwilling angst gemacht hat. wir haben das dann gestern per watchparty spontan zusammen geguckt, das war ein sehr schöner familienmoment.

heute nach der wahl, bei der kaum jemand da war, noch mit einer freundin im bodemuseum getroffen, um screen von polyviou anzuschauen, auf lucy raven in der neuen nationalgalerie hatten wir auch lust, aber es ist weiter weg und bei nieselregen etc.pp. wege zur kunst. die freundin ist kunsthistorikerin und wusste überall etwas zu sagen, es ist schön, so mit offenen augen durchs bodemuseum zu laufen und dabei zu plaudern, dafür ist so ein verregneter sonntag grade richtig. die video-arbeit von polyviou war virtuell gut eingebunden in die räumlichkeiten, es gab auf einer vielleicht 2x2m großen leinwand bilder, filme, animationen mit textzeilen darunter, kirche, kunst, geschichte und weg in den untergang, passt vor allem zu den vielen christlichen skulpturen, reliefs, großartigen holzarbeiten der sammlung. die picassos haben wir nicht gesehen, davon habe ich erst nachher gelesen, müssen wir halt nochmal hin. american cheesecake und kakao im cafe mit dem weiten blick in die große kuppelhalle, davor noch paar bücher gekauft (ich weiß! ich weiß es ja.), die dann in die regenhose gewickelt und so trocken im fahrradkorb nach hause bekommen.

heute wieder drastische klimanews, vielleicht kann ich meine neuen viel zu dicken norwegerpullis ja doch noch mal tragen.

mit dem ausmisten begonnen, dinge umgeräumt, unter anderem steht jetzt so ein legoobjekt in einem bücherregal, habe es vor wochen gebaut und noch nicht wieder auseinandergenommen, weil ich immer noch spass am anblick habe. überlegt, ob ich das so einem date zeigen würde, andererseits gehen die letzten dates irgendwie automatisch davon aus, dass die party in ihren wohnungen stattfindet. wir haben uns mit ende 50/anfang 60 halt alle eingerichtet in unseren leben, ich kann mir gar nicht vorstellen, bei einem anderen einzuziehen zb, wenn es dann mal zu einer intensiveren beziehung kommen würde. home = castle.

8. oktober 2023

die absurden gegensätze dieses tages. der krieg in israel macht druck auf der brust, versuche bisschen darüber zu lesen vorm aufstehen, aber die fassungslosigkeit wird nicht kleiner, die angst und sorge. ich schaffe es ehrlich gesagt noch während dem frühstück gut, das dann komplett zu verdrängen, und gehe voller vorfreude auf einen lang geplanten museumsbesuch mit dem g.-zwilling, der d.-zwilling konnte leider nicht, wir waren jedenfalls endlich noch einmal im pergamon, bevor es auf jahre schließen wird. ich nutze für die berliner museen jahreskarten und brauch keine zeitfenstertickets, musste aber trotzdem 25 minuten anstehen, um die neue karte zu kaufen. früher gabs die im abo, das ich immer vergessen habe zu bezahlen, jetzt holt man sich halt jedes jahr ’ne neue, das ist einfacher. habe dem sohn gleich eine ermäßigte spendiert, der war aber beim kauf noch nicht da, also ich mit foto von seinem studiausweis, ließ die bemerkung fallen „man muss sie ja zwingen zur kunst“, und die trotz riesenschlange und hunderten von leuten entspannte mitarbeiterin entgegnete mir energisch: „nein, das stimmt nicht, das funktioniert nicht“, und erklärte mir, warum das bei ihr nicht funktioniert habe, ich sagte meinen zweiten eher blöden satz „sie sind ja jetzt im museum“, sie „ja, an der kasse“. wir gingen mit einem lächeln auseinander, ich hab sie sehr bewundert. das museum sehr voll natürlich, aber die kunst ist so groß und wirkmächtig, das stört gar nicht. mit g. rede ich darüber, dass die kunst eigentlich nicht hierher gehört, er erzählt von den forschern, die zu dritt oder viert eine unmenge an stücken untersuchen sollen, wollen, müssen, und bis das geschehen ist, können die sachen nicht zurückgefordert werden, weil sie noch erforscht werden. es wird also noch jahre oder jahrzehnte dauern, und es klingt sehr nach einem arbeitsmodell, bei dem das eigeninteresse des museums im vordergrund steht.

dummerweise im museumsshop vorbeigekommen, der ist da schrecklich, riesengroß, voller kram, der nice to have ist, „es ist schrecklich hier“, sagte ich an der kasse, „ja, das sagen viele“ antwortete die kassiererin, bevor ich noch einen kleinen sticker mit nofretete (wozu? um himmels willen, ich werde den nie tragen) in die schale lege. es war ein teurer, aber sehr schöner tag im museum.

nachher bin ich mit dem g. noch in den neubau gegenüber dem bode-museum ins café gegangen, wir haben uns das pergamon- panorama angesehen und haben einen kaffee getrunken, mit bester aussicht auf die museen, ein toller ort, nur die focaccia war alle. danach ist er weiter und ich bin noch kurz rüber in die alte nationalgalerie, um mir die secessionen-ausstellung anzusehen, das kleine triumphgefühl, wenn man an der sehr sehr langen schlange einfach vorbeilaufen kann, wegen jahreskarte, das hab ich dann einfach genossen. maske vergessen, leider, aber wenig gehuste, die saison beginnt erst noch.

bis heut früh noch dieses körpergefühl „hund“ in den sinnen gehabt, wo liegt sie, was braucht sie, bewusst gedacht: sie ist wieder weg. gefühl zwischen vermissen und erleichterung.

7. mai 2023

heftige woche. abends kaputt, eher hechelnd durch den alltag, mit momenten in warmer sonne, die alles kompensieren, der absolute ist-zustand. am mittwoch ist überraschend und tragisch der (ex)-mann meiner schwester gestorben, viel zu früh. in italien gibt man solche nachrichten nicht am telefon oder per nachricht, wenn es sich vermeiden lässt, mühe gehabt, es meiner mutter direkt mitzuteilen, bevor sie jemand anruft. trauer und diese fassungslosigkeit darüber, wie schnell dieses große, wunderbare alles vorbei sein kann. er ist heute beerdigt worden, in rom, und ich habe die absurde krönung geguckt. so ist der mensch. die trauer über a. dämmt alles ein bisschen ab, ich habe ihn nicht oft genug gesehen, rom ist dann ja doch weit weg. er war atheist und eher anarchisch unterwegs, hatte ein buntes und volles leben mit abenteuern, liebe, familie und dem film, seiner großen liebe. er ist der vater meiner tollen nichten und war fast 26 jahre lang mit meiner schwester verheiratet, er war also ein glückspilz, und er konnte großartig mit kindern, meine jungs haben ihn geliebt. che la terra ti sia lieve, ale.

wieder ein wochenende, dass sich gut gefüllt hat, gleich kommt überraschend der g.-zwilling vorbei, nachher mache ich mit einer freundin einen ausflug nach brodowin, zu einem violinkonzert ihrer nichte, da war ich schon über 10 jahre nicht.

dir beiden musikerinnen, anna heygster und henja semmler, haben ein paar mir total unbekannte komponisten ausgewählt und ein anspruchsvolles programm gespielt. eugène ysaÿe war dabei, seine sonate für 2 violinen, nie vorher etwas gehört von ihm. es war richtig aufregend da zuzuhören, es war mir vollkommen neue musik, es gab zum ende hin eine stelle, wo ein kleines, leicht liedartiges motiv gespielt wird, das sich gleich wieder verliert im miteinander. die beiden spielen großartig miteinander, die linienführung der stücke mal mit, mal gegeneinander, immer im wechsel, es ist alles aus einem guss und bleibt dabei leicht und glänzend. die kirche war gut gefüllt, viele graue köpfe ein paar junge, wir waren so im mittelfeld.

ich bleibe dabei noch im krönungsthema, denn the king himself, charles III, hat den hof ende april besucht, er ist ja sehr interessiert an ökologischer landwirtschaft. die brodowiner haben mit dem könig einen königskäse hergestellt, er hat sogar hand angelegt, die freundin hat hier darüber geschrieben. mal schauen, wie ich nach der reifung an einen solchen käse kommen kann, das wäre lustig.

heut morgen dem g.-zwilling beim abschied noch einen schein angeboten, er hat ihn abgelehnt, weil er grade genug geld hat (3-monatiges praktikum war bezahlt). sie sind schon so groß, jetzt werden sie auch noch erwachsen!

zahnarzttermin am samstag gehabt, auch neu. sonntagstermine werden aber wohl noch nicht vergeben. eine zahnfleisch-behandlung steht an, etwas, worüber ich noch nie nachgedacht habe, aber ich glaube, das brauchen sehr viele in meinem alter, wenn sie nicht superduper zähne gepflegt haben, ich höre es jedenfalls aus dem umfeld. bin unlustig, will es aber mal erledigen. immerhin hat diese ärztin es irgendwie geschafft, dass ich mein gebiss jetzt wieder mag, ich habe es merkwürdigerweise erst jetzt, wie schon jahre zuvor meinen körper, aus dem wettbewerb der eitelkeiten herausnehmen können, aus der wertungsskala, dem 10er-system, in dem wir uns bewegen, ob wir es wollen oder nicht. es gehört wieder zum ganzen.

die teilewirtschaft in der selbstwahrnehmung.

heute eine idee für ein projekt gehabt, für das ich noch eine software suchen muss. es könnte eine webseite geben, für die viele, sehr viele bilder ins netz gestellt werden, 4-stellig+, nach kategorien durchsuchbar, mit oder ohne text, je nach bild. ein bisschen wie ein shop, also mit der möglichkeit von paar fotos pro gegenstand, aber ohne shop. wordpress kann das glaube ich nicht. gibt es sowas, oder muss man das schreiben lassen? katalog- oder archivsoftware, sowas.

kw 7/8

im dhm mit freundinnen andere möglichkeiten erkundet, mit rad hin, leider keine zeit für den kaffee davor gehabt. roads not taken heißt die ausstellung, sie findet die angelpunkte der deutschen geschichte, an denen ein historisches ereignis ganz anders hätte laufen können, von heute aus nach hinten ausgerollt, also rückwärts durch die geschichte. vom mauerfall 1989 bis zur revolution von 1848, über den zweiten weltkrieg, hitlers machtergreifung, den ersten weltkrieg. im 2. wk gibt es die berühmte brücke in remagen, die von den nazis gesprengt werden sollte, was nicht gelang, so dass die amerikanischen truppen tagelang ungestört den rhein überqueren konnten. wäre die brücke wie geplant zerstört worden, wäre das vorrücken und die versorgung der alliierten soldaten nicht mehr möglich gewesen, dann hätten die amerikaner eventuell eine atombombe auf ludwigshafen werfen können, um den krieg zu beenden. im pei-bau. (sehr voll, ich ohne maske da vergessen, nicht ganz frei gefühlt.) diese kleinen momente machen weltgeschichte, das ist angesichts der jetzigen lage beunruhigend, ich hoffe, dass wir in 10 jahren entspannt auf die vielen unwägbarkeiten der jetztzeit zurückblicken können, weil es gut gegangen ist, wie es seit jahren immer irgendwie gutgegangen ist. die macher schreiben, sie hätten nur mögliche, und von den damals beteiligten schon erdachte oder befürchtete andere ergebnisse dargestellt, es ist also kein wildes storyboard, sondern es sind einzelne texttafeln mit erklärungen, das kommt leider ein bisschen zu karg und abstrakt rüber, nur die mögliche atombombe ist sehr nachvollziehbar bebildert. die stattgefundene geschichte wird in einfacher sprache und klaren, kurzen abfolgen erzählt, mit großen bildern nahegebracht, die mögliche geschichte bleibt ein bisschen trocken und theoretisch, da hat der titel der ausstellung zu viel versprochen. wie die freundin sagte: eigentlich eine ausstellung für historiker*innen. sehr faszinierend war die konzentration auf diese momente, mal offen, wo viele menschen an einer entscheidung beteiligt sind, es prozesse, wahlen, demonstrationen, parlamente gibt, es also einen raum für den richtungswechsel gibt, mal wie bei den diktatoren als geschlossenen raum, da braucht es den blanken zufall, wie eine nicht gesprengte brücke und eine unter einen tisch geschobene aktentasche (20. juli).

der rundgang ist recht leseintensiv, da ist dann jeder für sich im eigenen tempo durchgelaufen, in manchen museen kann man sich gut über die kunst unterhalten, wenn man mit freunden durchläuft, in anderen ist man sich selbst überlassen, ob diese wirkung teil der überlegung beim gestalten sind? es war aber auch einfach zu voll und zu eng, um eine weile herumstehen und nachdenken zu können. nachher haben wir uns noch auf einer bank am ausgang unterhalten, wurden aber rausgeworfen, da 18 uhr.

zur wahrnehmung von geschichte via mikrobi einen text gefunden, über den gefühlten frieden in der ddr.

plane ein wochenende in leipzig, solang der g.-zwilling da praktikum hat, er will mir die stadt zeigen, bin sehr gespannt auf seine auswahl. ich war noch nie in leipzig, unfassbar. werde dafür mein date verschieben müssen, aber kinder gehen natürlich vor. vielleicht sage ich es auch ganz ab, verspüre gewissen unwillen. vielleicht lieber auf den frühling warten?

überlege auch, die haaransatz nicht mehr nachzufärben. bei mir wird es an den schläfen grau, weiß bisher noch nicht, vermutlich, ich lasse es ja nicht so weit kommen. bisher entgraue ich eher fürs wahrgenommene alter im spiegel, und aus alter italienischer frauendisziplin. meine mutter ist immer noch blond, mit 88.

gestern besuch von einer alten freundin bekommen, die nach wien gezogen ist. wir haben geplaudert und gekocht, wein getrunken, sehr nett, das hat noch mehr spass gemacht als bloggen, eigentlich wollte ich noch ein bisschen über die ausstellung nachdenken, die ist nun auch schon wieder zwei tage her (es ist jetzt dienstag kurz vor 6 uhr), trotzdem habe ich sie noch im kopf, das ist schon ein erfolg des konzepts mit der konzeptkunst.

heute werde ich fasching feiern in einem kostüm, das vermutlich keiner der anwesenden erkennen wird, ich habe sogar extra neue batteriechen in meinen communicator gebaut. um einem sichtbaren verkleidungsgrad näherzukommen, werde ich dazu eine leuchtend blaue perücke tragen. es wird eine gaudi.

kunst, 3d, fluchten

in einer ausstellung in mailand (was rede ich da, ich war dieses jahr überhaupt nur auf 2 ausstellungen) das erste mal so eine vr-brille getragen, in einem durch eine stellwand abgegrenzten, vielleicht 2m im durchmesser großen bereich. gezeigt wurde die geschichte des gebäudes, der biennale. es war aufregend intensiv, durch bewegen so eines kleinen irgendwasses, vielleicht einer art 3d-maus, konnte man wölkchen jagen. tolles gefühl, aber eingeschränkt durch mein wissen, dass nichts davon real ist. ein paar wochen später in einem film im planetarium gesessen, wo der sich bewegende himmel viel größer ist, weil wir uns unter einer 35m-kuppel befunden haben, das erlebnis war unmittelbarer und wirklicher, obwohl die filmkulissen nicht so realistisch aussahen (gebäude, objekte, sowas), als ob der optisch wahrgenommene raum einen größeren effekt hat als die bewegung des körpers im raum, den ja diese brillen imitieren. vielleicht können die kids, wenn sie spielen, das bewusstsein besser ausschalten?

(nehme mir immer mal wieder vor, zu spielen, aber verliere bei versuchen immer nach ein paar minuten den fokus, weil mir die ganze gewalt so auf den keks geht. gewalt interessiert mich nicht, es sei denn, sie richtet sich gegen mich oder meine lieben.)

mit freundinnen gesprochen, eine war auf der fridays-for-future-demo, die in berlin wohl wiederaufgenommen werden sollen. die marxistisch-leninistische gruppe war da mit ihrem ewigen megaphon, viele andere kleine gruppierungen, die auf jeder demo in berlin mitlaufen. im gespräch gemerkt, dass ich die hoffnung auf ein stoppen des klimawandels aufgegeben habe. es kümmert keinen, politiker und wirtschaftsbosse gehen keine risiken ein, jeder ist sich selbst der nächste. niemand übernimmt verantwortung. gedacht, alles stehen und liegen zu lassen und in neuseeland fuss zu fassen, damit meine kinder dahin können, wenn es soweit ist, ca. ende des jahrhunderts, also eher meine kindeskinder. es wird auch dort verteilungskriege geben, wer weiß, wie lang man da überhaupt noch hinziehen kann, es ist ja jetzt schon schwieriger und teurer. skandinavien wäre nicht so weit weg, aber da ist es kalt und dunkel. früher ist nicht jedes gespräch über den klimawandel in so einer ecke gelandet, ob es am altwerden liegt? nichtmal die lächerliche 120km/h-regel schafft das land. meiner mutter neulich zu meiner großen überraschung einen sehr dramatischen kurzvortrag des inhalts geladen, sie sollten die bilder ruhig verbrennen, wenn das was hülfe, was es nicht tun wird, nichts hilft, weder demos noch wissenschaft noch internationale abkommen, und gewalt natürlich schon gar nicht. das ist genauso unfassbar wie der diktator, der mit atombomben droht. was ist mit den leuten?

(vergessen, das zu posten, es ist von anfang september, aber es ist nicht zeitsensitiv. ich wollte das mit neuseeland noch rausnehmen, weil zu albern. who cares? die zeiten sind verrückt.)

12. juni 2022

ich würde so als wirklich rundum funktionierenden eskapismus gerne eine serie gucken, in der die usa vom waffenwahn geheilt werden. die nra wird dort entmachtet, die leute geben ihre waffen ab, es werden keine kinder mehr erschossen. gerne als politshow, gerne west wing- oder borgen-qualität. als prequel oder prolog die umstrukturierung der wahlfinanzierung nach europäischem modell, mit einem neben- oder hauptplot, in dem es um den umgang mit den sozialen medien geht, mit der radikalen rechten. die schulbildung wird besser, der frauenverachtende religiöse wahn wird wieder marginalisiert, bah, es müssten an sovielen stellen veränderungen stattfinden, das gibt 20 staffeln mindestens. da wäre eine zeitreise zur unabhängigkeitserklärung einfacher. eine version der usa, in der james madison seiner regierung vertraut und den bürgern kein recht auf waffen in die verfassung schreibt.

durch die stadt geradelt, nach moabit, zu den uferhallen. wie es im wedding keine radwege gibt, sofort flashbacks an die berliner sommer der achtziger, als ich durch leere strassen in kreuzberg geradelt bin, die bunte vielfalt und das helle licht aufgesogen habe, mal hierhin, mal dorthin, mal ein kaffee irgendwo. wie sich diese touren ewig angefühlt haben, zeitlos. die strassen waren natürlich sehr voll diesmal, also wie früher hindurchschlängeln, als gäbs kein morgen. der verkehr war so laut, ich hab mein sirrendes vorderrad nicht mehr gehört, irgendwas schleift da. ich weiß im ernst nicht mehr, wie man eine fahrradkette auswechselt, dabei ist auch das dringend nötig.

offene ateliers in den uferhallen. viele viele künstler*innen arbeiten dort, unter anderem auch mein freund hansjörg schneider, von dem ich eine schöne arbeit im wohnzimmer hängen habe, eine große qualle. er macht jetzt ganz wunderbare papierskulpturen, die eigentlich weggehen sollten wie warme semmeln, aber die leute kaufen in kriegszeiten vielleicht nur die wirklich berühmten künstler*innen. ein großes bild von peter böhnisch hat mich, hat uns beeindruckt. es geht über die ganze länge des ateliers. er weiß noch nicht, ob es fertig ist, sagt der künstler, ich mag gerade das lebendige, vibrierende daran, die offenen grenzen, das unfertige als teil des konzepts. und das blau natürlich.

peter böhnisch

ich mochte auch die arbeiten von rainer neumeier, denen man ihre tiefe erst auf den zweiten blick ansieht. mesmerizing, und schön altmodisch mit farben, klingen, sieben und anderen materialien erst aufgebaut und dann wieder ins zweidimensionale zurückgebracht, wie kleine welten. oder hat so ein analoger weg einen schwierigen stand im zeitalter digitaler bildbearbeitung? ich mag ja den handwerklichen aspekt bei bildern.

noch ein paar andere funktionierende arbeiten, aber auch viel wilde persönlichkeitskunst gesehen, da müsste man den/die künstler*in dann gleich mit ins haus holen.

die uferhallen sind bedroht durch ein bebauungsprojekt, sie wollen ein elf stockwerke hohes haus reinstellen, mit platz für 800 menschen, die künstler sollen in der mitte des grundstücks in so einer alten fabrikhalle ateliers bekommen, wie bienen im stock, das weitläufige, freie und wilde des orts wird verloren gehen. man kann noch protestieren dagegen, hier ist der link. denkt an ford prefect! irgendwann ist alles schöne weg.

13. märz 22

der kurzurlaub vom letzten wochenende wirkt noch nach. der große hat mir sein trier gezeigt, wir sind durch die stadt geradelt und gelaufen, er hat dabei überall leute getroffen, seine freunde wollten mich kennenlernen, was mich gerührt hat, wir haben einen abend in seiner wg gekocht und zusammen gegessen. wir sind auf eine vernissage mitgenommen worden, die junge künstlerin sarah kammer hat malerei gezeigt, sie ist richtig gut, die bilder zeigen menschen in einem moment der erkenntnis, des übergangs zwischen bewußtseinszuständen, als vorlage dienten zb fotos von menschen, die nach kriegsende zum ersten mal mit den taten der nazis konfrontiert wurden, aber auch bilder von kz-überlebenden unmittelbar nach der befreiung. daneben bilder, in denen sie die instagrammer auf die schippe nimmt, die in ihrer schön hergerichteten spießigen umgebung ignorieren, wie die welt um sie herum aussieht, obwohl sie, wie auf einem bild, schon eine gasmaske tragen müssen. die arbeiten kosten noch nicht viel, wenn ich könnte, würde ich da zugreifen. die freunde vom großen greifen bei den getränken und snacks zu, wie es sich gehört, und reden dabei mit der künstlerin über ihre bilder. sie sind alle anfang zwanzig.

endlich mal wieder einen twittermenschen kennengelernt, sehr schön bei waffeln und kaffee an der porta nigra, bei bestem eisigen sonnenwetter. sie hat mir auf einem langen spaziergang ihr trier gezeigt, es fühlte sich sofort vertraut an. zwei ganz persönliche führungen, mit frau kellerkind bin ich durch die kaiserthermen gelaufen, es ist ja alles in spaziergangnähe in solchen städten, so ein schatzkammerfeeling, weil alles schöne nah beieinander ist.

corona im haus, der g.-zwilling hat einen positiven pcr-test, er ist geboostert, heute ist der dritte tag mit leichten symptomen, ich hoffe, dabei bleibt es. ich stelle ihm essen vor die tür, er trägt maske, wenn er das zimmer verlässt, fieberthermometer und pulsoxy habe ich ihm auch vor die tür gelegt. ich desinfiziere klinken und das bad und bin eher gespannt darauf als verängstigt darüber, ob ich mich infiziere, leichte erkältungssymptome habe ich seit wochen, bei konstant negativen schnelltests. trage zuhause keine maske, das sollte ich vielleicht. ärger über die regierung, die die clubs wieder eröffnet hat, da hat er sich wohl angesteckt. meine warnapp ist rot wie seit anfang januar, zeigt den sohn aber noch nicht als risikobegegnung. ich werde arbeiten gehen müssen, weil geboosterte kontaktpersonen nicht als riskant gelten, ein ziemlicher schwachsinn, ist doch auch der g. geboostert. ich habe gestern sicherheitshalber einen großeinkauf gemacht, weiß aber noch nicht genau, was ich mit emma machen soll, falls ich auch krank werde. darf man als positive kurz mit dem hund? ich frag lieber mal rum.

dieses jahr dauert der winter besonders lange, meine kälteempfindlichkeit scheint mir übertrieben. vielleicht spürt die haut durchs älterwerden den kältebiss deutlicher, ich heize auch viel weniger als sonst, es ist eigentlich immer mehrere ticks zu kalt. ich ziehe mich jedenfalls die ganze zeit an wie ein eisfischer und kann den formlosen kram und die dicken botten an den füßen schon nicht mehr sehen.

bei all dieser normalität immer das bewusstsein vom krieg im kopf, die bilder und geschichten kommen andauernd dazu, anders als die anderen kriege auf der welt ist dieser nicht verdrängbar, weil er angst macht. ich habe von langen aufenthalten in der kaisertherme geträumt, die geschichten von menschen in luftschutzkellern lassen mich nicht los.

das wort „menschen“ kommt in diesem text besonders oft vor, scheint mir, ich sollte jedesmal ein ausrufezeichen dahinter setzen.