gestern gab es ein recht großes paket auszupacken, die verpackung war ursprünglich für einen grill, da war kurz die freude der anwesenden groß. es war sehr gründlich verklebt, und als wir die alte pappschachtel dann offen auf dem tisch hatten, konnte weder zwilling d noch zwilling g mit dem inhalt irgend etwas anfangen. das war ein schöner moment.
folgendermaßen: der g.-zwilling hat sich links eine doofe sehnenscheidenentzündung geholt, weil er zuviel gitarre spielt, und sollte deswegen eine zeitlang nicht mehr spielen. es fällt ihm schwer, er hat das spielen in seinen seelenhaushalt eingebaut und ist ganz nebenbei richtig gut geworden in den letzten monaten. damit die pause nicht zur gewohnheit wird, wollte ich ihm eine zither besorgen, auf der er solange spielen kann, bis mir auffiel, dass er dann vermutlich die sehnen seiner anderen hand auch noch überlastet.
auf dem weg zu dieser erkenntnis habe ich im netz versehentlich eine gekauft. für 22,50€, das kann sogar ich verschmerzen, gestern ist sie angekommen, jetzt überlege ich, ob ich nicht noch ein weiteres instrument nicht richtig spielen lernen kann, ein fast vergessenes, in die volksmusik verbanntes, eine verbindung von gitarre und harfe, 5 saiten über ein griffbrett mit 29 bünden gespannt, mit denen wird die melodie gespielt, immer einen ton nach dem anderen, mit dem daumen, die anderen saiten darüber in festen tonhöhen für die begleitung. hier genauer beschrieben. eine zither kann fast den tonumfang eines klaviers aufbringen mit bis zu 5 1/2 oktaven, klingt aber immer eher klimperig. ich weiß aus meiner generation niemanden, der eine spielt, wir hatten den großvater meiner mutter, das ist 3 generationen her, das instrument ist bei der musikalischsten familie aus der erbfolge gelandet, liegt dort aber auch eher ungestört vor sich hin. niemand spielt sie noch, es scheint eine bergbuam-sache zu sein, auf der zither zu spielen, es fällt schon auf, dass die spieler auf den fotos überdurchschnittlich oft lederhosen tragen (keine frauen gesehen auf den bildern). ihr klang ist harfenähnlich, es fehlt der korpus mit der klangmacht der gitarre, die saiten werden alle gezupft und nicht geschlagen. sie brauchen vielleicht den kneipenchor als klangraum. es gibt viele im netz, fast alles 60 bis über 100 jahre alte instrumente, andrerseits wieder wenige dafür, dass sie tatsächlich mal so beliebt waren. vielleicht gibt es eine geheime und nicht netzaffine großgruppe von zitherist+innen in den diversen subalpinen eckkneipen, die jedes wochenende mit einem bier im krug und einer gruppe von freund*innen herum die alten weisen singen? am repertoire kann es auch liegen, zithern waren in der volksmusik beliebt, die von den nazis besetzt wurde, die haben das instrument vielleicht gleich mit verdorben, obwohl sogar sisi darauf gespielt hat, weil ihr vater ein passionierter zitherspieler war. im deutschen ist ja im vergleich zu anderen europäischen liedkulturen wenig übrig geblieben, außer hoch auf dem gelben wagen und die gedanken sind frei und sowas. unvergessen eine hochzeit in schweden, wo die schwedischen gäste bis in den frühen morgen mehrstimmig vielstrophige lieder sangen, während wir deutschen die drei, die wir kannten, nur so mitbrummen konnten. auch in italien singen die leute mehr lieder einfach so, es gibt einen allgemein verfügbaren liedkanon, den jeder kennt und kann. überlebt hat die volksmusik hier vielleicht nur als schlager? brr.
die zithern waren jedenfalls anfang des vorigen jahrhunderts eine zeitlang modern und beliebt, gebaut mit teilweise wunderschönem holz, palisander und mahagoni, das griffbrett aus ebenholz. meine stammt aus markneukirchen, einer sächsischen kleinstadt mit langer tradition im instrumentenbau. christian friedrich martin ist nach stress mit der innung 1833 von hier in die usa ausgewandert, um dort weiter gitarren zu bauen, und der nachfolger von framus ist hier immer noch zu hause, sogar zithern werden dort noch gebaut.
die „Firma C.G. Schuster jun.“ hat außer instrumenten auch noch saiten hergestellt, es gibt noch ein paar geigen und zithern im netz, die firma gibt es nicht mehr. meine etwas betagte konzertzither wurde vermutlich irgendwann anfang des 20. jh. gebaut, wer weiß, wann sie zuletzt gespielt wurde.
ich kann zither-musik laufen lassen, höre allerdings bald nicht mehr richtig zu, es wird zu einer art differenzierten sottofondo, genau wie beim cembalo hören, es erfordert konzentration, sonst werde ich angenehm müde davon.
die einlegearbeit mit einem blassen spielmann ist schon charmant – ich merke, jetzt hab ich sie mir warmgeschrieben, dabei wollte ich sie sofort wieder reinstellen. sie hat einen riss, ich habe beim gitarrenbauer mal angefragt, vermute aber, es wird aufwändig und damit automatisch zu aufwändig. fürs stimmen gibt es natürlich eine app, aber es kann kein vergnügen sein, diesen haufen saiten zu wechseln.
paar links:
es gibt ein stimmblatt zum unterlegen
die nmz hat einiges über zithern gebracht, auch den verweis auf einen recht umtriebigen spieler: martin mallaun.
Oh, die ist aber fein! Ich hab hier eine schmucklose, ebenfalls mit Riß im Boden, der aber nicht weiter stört. Der Klang ist gut genug (für mich), und so oft muß man die Saiten wohl auch nicht wechseln. Du brauchst noch so ein Plektrum zum auf den Daumen stecken, und einen Stimmschlüssel (meiner hat sich versteckt). Meine ist von meinem Großvater, er hatte wohl 2, das hier ist die olle. Er konnte außerdem Akkordeon und Klavier spielen.
Die Dinger können mehr als Bergbauern unterhalten. Man kann sie bottleneck spielen, das ist dann fast wie Hawaiigitarre. Es gibt uralte amerikanische Folkmusik damit, die Nische in der Nische, von Erweckungsliedern bis Blues, das ist alles sehr anhörbar und fein. Heutzutage wird eher die Autoharp genommen, ist halt einfacher.
natürlich hast du eine zither! da hätte ich draufkommen können. die multiinstrumentalisten mag ich ja besonders, da gab es früher viele von, die haben dann immer gleich 3 instrumente vererbt. danke für den hinweis auf die amerikanischen spielarten, sehr spannend, ich werde noch ein bisschen weiter suchen, bottleneck klingt schwierig, du brauchst ja ein paar finger für die harfen-partie der zither, und von autoharps habe ich tatsächlich noch nie etwas gehört. plektrum ist schon in der post, schlüssel nicht, mal abwarten, was der gitarrenbauer sagt. wie schön, das ist jetzt schon viel spannender als erwartet!
Beim Herumstöbern auf das gestoßen, Nothing Else Matters vor Bergpanorama. Klingt schön. Nicht nach Hawaii-Gitarre 🙂
Auf jeden Fall muss ein „Zitherring“ her!
klingt wirklich schön, danke für den hinweis. frau novemberregen schlug auf
twitter vor, ein lied bis weihnachten zu lernen, ich hoffe jetzt, dass ich meine spielfähig bekomme. zitherring ist unterwegs!
Meine Großmutter väterlicherseits besaß und spielte auch eine. Wir sind neulich gerade wieder darüber gestolpert. Ich glaube aber nicht, dass die so schön ist wie Ihre.
klang geht ja vor schönheit bei instrumenten, und man kann auch die alten wohl instand setzen. vielleicht weiß noch jemand in ihrer familie, was die großmutter darauf gespielt hat?
meine mutter hat heut ein foto gefunden, da sitzt mein großvater zwischen seinen eltern vor einem weihnachtsbaum, der urgroßvater mit seiner zither.
Schönes Fundstück. Wie alt war Ihr Großvater damals, als das Foto aufgenommen wurde?
Ich kann mich nicht daran erinnern, sie jemals spielen gehört zu haben. Vielleicht weiß es mein Vater noch.
meine mutter weiß es nicht genau, aber es muss in den zwanzigern gewesen sein, er war jahrgang 1905, sein vater ist glaube ich ende der zwanziger verstorben. auf diesem bild hier ist er ein oder anderthalb handvoll jahre älter als ich es jetzt bin.
Toll, dieser Erwerb! Wie wär’s mit „Der dritte Mann“ bis Weihnachten?
Nein. Dritter Mann ist für Zither genauso verboten wie Stairway to Heaven in sämtlichen Gitarrenläden.
gut. bis sie wieder spielbar ist, könnt ihr euch ja auf was einigen.