<3 bibs und abos

wollte gestern diesen text über den b***-redakteur im spiegel lesen, bin aber nicht über die paywall gekommen, die zahlung des probeabos ging auch nicht, also aufgegeben. dass diese zeitungen keine mikropayments hinkriegen! selbst die taz schafft das. diese angebote sind sowas von vorgestrig, ich möchte in spiegel, zeit und tagesspiegel herumschmökern, ohne mir 3 abos leisten zu müssen. mir fehlt eine plattform, die zugang zu allen für einen betrag unter meinetwegen 20€ anbietet, oder gibts das schon?* bis dahin lese ich eben nur die nyt (12€ mtl.) und die repubblica (6€ mtl.). ich lese sowieso nicht mehr so datumsgebunden, sondern nach anderen kriterien, bei der nyt zb über deren app zuerst die „most popular“-artikel, nach dem ersten bleibe ich vielleicht ein bisschen beim thema und klicke auf die vorgeschlagenen texte dazu, oder ich schaue auf die anderen tageshits, oder ich vertiefe ein thema und gucke bei science oder politics oder books, bis mir langweilig wird oder ich los muss. die titelseite habe ich bis dahin noch kein mal gesehen, schaue meistens irgendwann im lauf des tages mal drauf, aber das ist nicht zentral. niemand braucht online eine ganze tageszeitung, das ist bedauerlich, aber man könnte den leser ja auch leiten und ihm etwas anbieten, die vorteile beim netzlesen ausbauen, statt wie der olle august immer nur die ganze zeitungsrolle zu schwingen, alles oder nichts! nimm es oder lass es! das gibts vielleicht noch bei beziehungen, bei freundschaften ist es schon divers, die freundin fürs theater, den freund für die kunst, fürs spazierengehen, fürs reden über kinder, oder über bücher, oder. wobei halt, die nyt liebe ich wirklich wie keine sonst! das ist mehr beziehung als freundschaft. die lassen mich sein, und ich habe da auch noch ein extra abos für rezepte abgeschlossen, das rätsel-abo trau ich mir noch nicht zu, aber es ist alles bezahlbar und nachvollziehbar. ich glaube, die einzigen, die sich in deutschland für die vorlieben der leserin interessieren, sind die cookiehändler.

*edit: gibt es. der bibliotheken-zugang bietet viel mehr als erwartet, auch der spiegel-text ist über die genios-suchseite zu finden. mit dem pressreader, auch da kann man sich mit der berliner bibliothekskarte anmelden, gibt es zeitschriften und zeitungen aus der ganzen welt zu lesen. für 10€ im jahr. sehr tolles angebot.

eine freundin erzählte mir dann, dass man in berlin über die seite der öffentlichen (berliner) bibliotheken auch zugang zu einigen zeitschriften erhält, unter anderem dem spiegel. ich dachte prima, da wolltest du doch eh mal wieder hin, seit diesem offenen brief von einem haufen schriftsteller*innen, in dem zumindest missverständlich gegen bibliotheken gewettert wurde. stadtbibliothekskarte nicht mehr gefunden. online anmeldung versucht, das ging aber ohne die ausweisnummer nicht, ich solle zu meiner bibliothek gehen. googeln ergab, dass die längst geschlossen worden ist, genau wie die schöne kinderbibliothek hier in meinem kiez, bei der ich mit den jungs früher so oft war, es scheint, in berlin muss keiner gegen die bibliotheken argumentieren, die sterben auch von alleine aus. also habe ich heute eine hunderunde zur nächsten öffentlichen bib gemacht. sie hatten mich im rechner, weil ich ihnen seit anno tobak noch ein paar euro schuldig war, sonst wäre der account geschlossen worden, wie mir die mitarbeiterin sagte, und ich durfte mir eine neue karte in meiner lieblingsfarbe aussuchen, sehr erfreulich. eine schöne, große, luftige bibliothek, am wasserturmplatz, gehen sie da ruhig mal hin. sie haben auch ein blog. beim rundgang ein buch vom letzten jahr gefunden, von dem ich erstaunlicherweise nichts mitbekommen habe, obwohl es in meinem lieblingsverlag erschienen ist. gleich ausgeliehen, mit bisschen schlechtem gewissen, das ich ohne diese schräge fair-lesen-aktion nie gehabt hätte, weil bibliotheken eins der wichtigsten kulturellen angebote überhaupt sind, echt, was ist mit den leuten? aber ich hätte es eh nicht gekauft, es ist zu dick, ich hab keinen platz mehr für dicke bücher, und so wie ich es verstanden habe, sind die bibs keine konkurrenz zum privatkäufer, sondern teil des marktes. ich weiß nicht, ob dieses buch in der bibliothek außer mir noch andere leute vom kaufen abgehalten hat, es gibt leider keine tabelle mit vorherigen ausleihen mehr hinten drin, wie früher. ohne bibliothek hätte ich das buch wahrscheinlich nur an- und nicht richtig gelesen, mal schauen, ob ich ein buch mit leihfrist schneller lesen werde als die anderen drei auf dem nachtisch, sonst hat nur das teilgelesene auf dem reader noch eine deadline (lesegruppentermin), also hmm.

buch von maria popova, gefunden in der bibliothek

ein buch gefunden, dass mir ohne twitter gar nicht aufgefallen wäre, aber nicht ausgeliehen.

wie sich zeigt, ist der aktuelle spiegel noch nicht über die vöbb -seite verfügbar, mal schauen, ob mich das thema nächste woche noch interessiert, könnte sein, dass nicht. jedenfalls hatten die beiden toptwitterthemen einen positiven einfluss auf meine tagesgestaltung. netz wirkt.

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kw 40

am letzten wochenende 2. reise seit corona gemacht. die erste war nach italien im letzten sommer, dieses jahr bin ich nicht nach italien gefahren, eher aus finanziellen denn aus anderen gründen. es fehlt mir, aber ich bin so oft da, ich kann es mir gut genug vorstellen, inclusive licht, hitze, luft, ich habe jede situation als 3d-erlebnis im kopf. jetzt bin ich auf den 60. einer besten freundin gefahren, den zweiten im freundeskreis, es geht lohos! die party fand in baden württemberg statt, weil da einer ihrer zuhause-punkte aus der kindheit ist, sie ist sehr oft umgezogen in ihrem berufsleben. ein tag im auto hin, ein tag party, ein tag im auto zurück, sehr intensiv.

schloss lichtenstein

es gibt dort unten eine art märchenschloss, im 19.jh als mittelalterliche ritterburg auf den ruinen einer mittelalterlichen ritterburg erbaut, zu dem ich einen kurzen ausflug gemacht habe, auf einem berg stehend, mit sensationellem ausblick übers weite, hügelige und dicht bewaldete land, vielen türmchen und zinnen und einem tiefen felsenriff darunter. das war wirklich strange. die burg ist anscheinend berühmt und war schon morgens um 10 gut besucht, darunter viele menschen mit ernsthaften kameras. ich sollte vielleicht mehr in deutschland herumreisen.

das fest fand in einer idyllisch gelegenen waldorf-schule statt, in 3g-modus mit extra test vor eintritt, geschlafen haben wir in einem atelier, das wie ein wohnraum wirkte. eine band und zwei frauen haben uns zum tanzen gebracht mit so etwas wie einer komplizierten polonaise und einigen wilden volkstänzen, zuletzt wurde a. in die mitte auf einen stuhl gesetzt, die gäste sind mit kerzen im wiegeschritt zu einer getragenen melodie um sie herumgegangen, in einem großen kreis. fanden alle schön, es war vollkommen ungroßstädtisch, aber innig auf eine selbstverständliche weise. musste schon bei der polonaise meine coolness abstellen, hat geklappt, habe sie nicht weiter vermisst in der nacht. eine gute idee war auch, alle gäste in der reihenfolge ihres kennenlernens der gastgeberin aufzustellen und sie die geschichte dazu erzählen zu lassen, die reihenfolge mussten wir dabei selber herausfinden. freund f. hat ein plinplong-konzert gegeben, zur allgemeinen erbauung. er hat das plingplong mit dem fahrrad mitgebracht, obwohl er im nördlichen bayern zuhause ist. es wurde gegessen und getanzt und geredet, um 2 im bett. die rückfahrt mit einer freundin und dem geburtstagskind, schön viel zeit zum reden und plaudern. tag danach platt gewesen.

ein mensch konnte nicht teilnehmen, weil ungeimpft und erkrankt, alle anderen waren geimpft. in meinem freundes- und bekanntenkreis sind eigentlich alle ganz selbstverständlich geimpft, aber es gibt bei jedem ein oder zwei leute im oft sehr nahen umfeld, die für alle überraschend zum covidleugner oder vaccinophobiker mutiert sind, und diese haltung mit großem fervor vertreten. ich finde da beides interessant, die antiaufklärerische und wissenschaftsfeindliche haltung bei klugen leuten, genauso wie den mitteilungseifer und die felsenfeste überzeugung, beides ist mir bisher noch nirgendwo begegnet. gestern mit einem freund geredet, der glaubt, die impfungen sollen die bevölkerung reduzieren. wir kennen uns lange, wir mögen uns, wir beide wollten kommunizieren. er hat eine harte zeit gerade, weil er als impfgegner fast alle anderen als feindselig erlebt, dabei ist seine angst genuin und tiefempfunden, sie ist nicht zu entkräften, nicht mit argumenten, es gibt zu jedem wissenschaftlichen argument einen youtubefilm, der das gegenteil behauptet, und es gibt vor allem viel mehr youtube-kram als argumente, die ja immer auf einfachen und klaren prinzipien wie naturgesetzen und sowas beruhen, wenn man die nicht glaubt, nun ja. macht wenig sinn, da weiter zu reden, das schöne war, das hat er auch gemerkt und gesagt, er will nicht monologisieren, will die trennung und das trennende nicht, sondern übers fühlen und die liebe im gespräch bleiben, aber es klang ein bisschen so wie ein ertrinkender, der ein rettungsboot finden muss. dann hat er weitergesprochen, und ich hab endlich verstanden, was ich bisher nicht sehen konnte: die staatlichen regelungen triggern bei ihm die erlebnisse seiner jugend in der ddr auf eine massive weise, die machtlosigkeit, das ausgeliefertsein, die angst davor, ins gefängnis zu kommen, wenn er so lebt, wie er es möchte. er erzählt, wie ihm nach dem mauerfall ein stein vom herzen gefallen ist, weil er nicht mehr in den knast muss. ich versuche, seine angst vor einer neuen diktatur zu entkräften, komme aber auch hier mit argumenten nicht weiter. wenn ich sage „die haben leute erschossen“ sagt er: „die impfung tötet“, und der hinweis aufs ausreiseverbot bringt natürlich auch nichts, weil jetzt ja auch keiner mehr reisen darf, dann sage ich: „das stimmt nicht, du kannst wieder reisen, musst nur ein paar regeln beachten“, sagt er: „ja, ich soll mich impfen lassen“. seine wahrnehmung hat ihn in einen käfig gesetzt. es geht nicht um argumente, es geht um seine bare necessities, er ist wirklich in einem anderen film als ich. er lebt in einer dystopie, bei der gerade die ausgänge verschlossen werden, ich lebe in der brd und bin tiefenentspannt, was den schutz unserer verfassung angeht. „ich habe es überlebt“, sagt er ein paarmal, das hilft ihm aus der angst heraus, „ich werde es wieder überleben“. ich habe ihm zugehört und herz und seele geöffnet, wie er es vorgeschlagen hat, konnte mitfühlen, habe etwas nachvollziehen können, glaube verstanden zu haben, dass er eventuell an einer form von ptsd leidet. ich weiß natürlich nicht, wie es in der ddr war, und es ist anmaßend, zu sagen: ich kann es mir vorstellen. das kann ich nicht. aber ich wurde an meine privilegien erinnert.

die corona-warnapp hat mir zum ersten mal die rote karte gezeigt, ich möge zuhause bleiben und abstand halten. selbsttest gemacht, negativ, gemerkt, dass ich inzwischen schon mit einem impfdurchbruch rechne, irgendwann, und dass es mir keine angst mehr macht. bekomme einen booster im november, es wird danach wohl jährliche neue impfungen geben wie bei der grippe. wir werden sehen.

jetzt noch den bare-necessities-ohrwurm wieder wegkriegen.

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