davon hätte ich gern 100 mindestens, eins von jeder stelle, an die ich mich noch erinnern kann, wobei meine erinnerungen natürlich in farbe sind, eins vom potsdamer platz mit seinen flohmärkten und dem langen mauerstreifen, im alltag war es gar nicht so, dass man weiter dachte, hinter die mauer, da ging es einfach nicht weiter. heut früh den kindern von meiner mauernacht erzählt, aber sie kennen weder die sonnenallee noch den q-damm, und ein trabi ist auch nur ein wort.

heute ein freundin im auto: als sie in den sechzigern geboren wurde, war der 2. weltkrieg keine zwanzig jahre her, weniger als für uns heute der mauerfall, und wir wuchsen alle irgendwie mit kriegsgeschichten auf, hunger, rüben, bomben, kriegstote und schuld/unschuld-geschichten, es gab ja keinen erwachsenen lebenslauf ohne den krieg, aber es war praktisch gefühltes mittelalter, die körpernahe gegenwart von kindern, was vor ihnen und ihrem körper war ist alles gleich weit weg, nämlich unendlich.

die dünne decke über der rauhheit nach einer woche, die aus doofen gründen anstrengend war, das nicht kompaktseinwollen, nicht erwartbar, nicht zuverlässig entspannt und gutmütterlich.

(werde mir heute ein superschönes paar troststiefel kaufen gehen. ich hab schon 4 paar stiefel, eins davon rot, eins ohne reissverschluss, da ist an- und ausziehen echter sport, eins mit kaputtem rv. ich brauche klar noch ein paar. wie immer erwischt mich die mode doch, soviel stiefel dies jahr, oder habe nur ich eine erhöhte rezeption?)

müde und in plauderlaune

es gibt eine iphone app vom großartigen cucchiaio d’argento, der sehr viele rezepte zur verfügung stellt und sowas wie ein rezept-abo obendrauflegt, leider leider gibts den nur in italien. wenn mir dann im supermarkt einfällt, dass ich nicht weiß, was ich kochen soll, könnte ich auf mein handy gucken. ich würde das machen, glaube ich.

überhaupt mal wieder kochbücher richtig benutzen, also komplett neue gerichte kochen und nicht nur lücken nachgucken. in den letzten wochen hatten wir hier so einen krankheitsplan, dh tag eins mach ich ne hühnersuppe, einen teil davon, mit neuem gemüse und nudeln und ingwer (und koriander nur für mich), gibt es sofort, am tag darauf mit dem fleisch eine hühnerfrikassee, tag 3 gibts auf den rest hühnerfond eine kürbissuppe mit buttertoast und salat. tag 4 nürnberger würstchen mit kartoffelpü, an dem tag mach ich die bolognese in viel, mit der ich am tag 5 lasagna mache, da brauchts dann nur noch ne bechamel, und am tag 6 eine dicke fette pasta mit der anderen hälfte der sosse. tag 7 gibts pizza mit fertigteig oder carbonara oder arme ritter oder irgendwas anderes easybeasymässiges. nachtische obst oder eis, je nach halsweh. die kinder scheinen nicht zu merken, dass es paar wochen lang das gleiche gab, ich freue mich eigentlich täglich über die planungssicherheit und die eine frage weniger.

diese abende, wenn man dann um 21:13 aufs bett fällt, in einem gloriosen feierabendgefühl, mit so einer körperlichen zufriedenheit, obwohl nix von den wichtigen dingen irgendwie erledigter wäre als am tag davor. ein krankes kind mit fieber &Co, ein interview wegen jack, dann spuckeimer leeren, hund ausführen, ragu vorbereiten, vorlesen, zu schreiben versuchen, aber es rauscht nur so durch alles, ich schreibe irgendwas ab, was ich im kopf habe, ohne das da eine gegenwart drin wäre, kein immedesimarsi, dann wäsche, den kinderarzt anrufen, unbedingt, sagt der, die anderen beiden mitnehmen wegen grippeimpfung, am computer sitzen, david leidet und will präsenz und vor allem will er sich unterhalten, über die impfungen der brüder, über das unglück, dass es sein lieblingsessen gibt an einem tag, an dem ihm krank ist, aber das sei wohl schicksal, da dreht mama sich um und sagt: was?, aber david ist schon wieder bei einem anderen detail, dass er nämlich auf jeden fall für hausaufgaben viel zu krank sei, und ob er jetzt fernsehen gucken kann, mama, dann kannst du auch arbeiten, aber ich komme nicht ins denken, david will noch so einen tee wie gestern, mit zimt, den mache ich, dann wieder schreibtisch, dann die wäsche, ich surfe ein bisschen rum, die umfangreiche und ausreichend existenzielle innere todolist ist auf chinesisch plötzlich, nur noch seltsame zeichen, ein plakat für eine veranstaltung, auf die nun grade ich bestimmt nicht kann heute, nee, ein altes filmplakat. immerhin sind jetzt alle außer david geimpft, aber ich wollte doch wichtige sachen machen, einen text fertig, der bröckelt vor sich hin, die sätze lauter verschieden große perlen, no continuity, ein paar stunden nur, aber david ist krankgeschrieben die woche, überhaupt waren die kinder in diesen beiden monaten 4 wochen krank, nicht alle auf einmal, aber immer einer oder zwei, betreuung immer ich, zeiten immer myself, weil dem mann immer alles zuviel wird, und die kinderkrankheiten auf einem ANDEREN PLANETEN stattfinden, und raumfahrt kann er nicht, letzte woche hatte ich auch magendarm 2 tage lang, allein, unterzuckert, weil nix drin blieb, anderthalb kinder hatten das auch noch gleichzeitig, da war ich sehr müde müde und auf eine heitere müde umsonstige art total angepisst, aber man schließt die augen zu kleinen schlitzen und vergisst solche tage sofort wieder. die lasagna heute war lecker („salagna“, weiß auch nicht warum, immer) die kinder sind glücklich ins bett, und es wäre so supertoll, wenn das immer so schön genügen würde wie heute. im schrank vielleicht den geist, das buch, die kühle schnoddrige intelligenz, die ich gern draufhätte, die querverweise zwischen leben und texten, heute beim kinderarzt war eine ärztin in weiterbildung da statt schwitzkowski, die kam mir blöd, da hätte ich sie gerne aus der hüfte abgeschossen mit irgendeinem passenden zitat, so eines, das die weder erkennt noch versteht, totalprivater snobismus. na, jetzt whisky, ist auch okay.

mein whisky ist alle, ich habe nur noch zwei flaschen ardbeg, beide schon halbleer, einen 10jährigen und einen airigh nam beast, der rest ist ausgetrunken, das ist so traurig wie großartig, heute also den vormittag sehr schwelgerisch auf singlemalt-seiten verbracht, mit der schweren entscheidung, was ich denn nu trinken werde in diesem langen dunklen winter. beschlossen, dass ich für experimente nicht reich genug bin (das heißt, dass ich brände mit der geschmacksnote „nasser hund“ nicht kaufe), es sollen nur ein paar schöne sichere kandidaten werden. mir deswegen einen alten sicher sensationellen lagavulin gegönnt, den will ich schon lange mal probieren, und einen laphroaig nachgekauft, einen von den 15jährigen, weil ich die letzte flasche davon sehr gemocht habe, immer den ersten schluck nach der ersten nase, wenn alles aufgeht, wald, wiese, rauch und torf und ein kaminfeuer in einem alten haus, in dem es nach hellem tabak und zum beispiel alten äpfeln duftet. erst mal nicht den neuen 18jährigen, denn ich komme auf die schiefe bahn, wenn ich immer alle neuen abfüllungen auch kaufe. unterwegs beim herumstromern diesen hier gefunden, der soll exzeptionell sein, vielleicht mal jemanden kennenlernen im winter, der so etwas im regal stehen hat? hach! macallan dieses jahr nicht mehr, an den erinnere ich mich immer nicht deutlich genug, er war mir zu klar und zu simpel und zu herbstsonnig-eichern, dafür einen vom mek empfohlenen auchentoshan, 21jährig, der eine angenehm fruchtig vanillige beinote entwickelt, die bei meinen üblichen torfmonstern immer nur kurz mal reinschneit und zu schnell wieder weg ist. ich werde nur eine dieser flaschen verstecken.

(sehr hilfreich ist übrigens der whiskyfinder, grade wenn man nach bestimmten jahrgängen oder so sucht)

grade wieder sport, ich erwarte immer, dass sich mein gesamtes weltbild ändert in folge.

(eine weile twitter gelesen, also so von einem zum anderen gehopst, mir fehlt da echt noch training, danach beim selber bloggen wollen ein großes ohgottweninteressierts- gefühl, nach dem alltagsoverkill bei tw., die wollen doch alle nur familie! beachtung! kann man sich nicht einfach einen applaussender auf den schreibtisch stellen, der alle 10minuten mal angeht? aufmerksamkeit die ganze zeit, für jeden scheiß, rund um die uhr, das ist außer hip auch doch eventuell ein kleines bisschen schräg und traurig, außer für liebende vielleicht, da will man ja mit jedem laut und jedem pups gemeint werden, aber das wird normalerweise auch wieder besser. video kommt da bestimmt auch bald dazu, und sofort kann man die ganzen leute auch noch sehen, vor ihren rechnern und handys und bürotischen, ein andauerndes vor sich hin- gemurmel mit sonnenbrillen und gelegentlichen spitzen schreien, wenn irgend einer von den tausend sekündlichen witzen mal gehört wird. hey, da sind bestimt gute dabei! keine frage. follower! lustig. sichtbar sein, verfolgt werden. wenn man grade ein taxi braucht oder zu ertrinken droht, gern, aber immer? oder es ist eben eigenwerbung, aber dauerwerbesendungen guckt doch eigentlich kein schwein?)

nein. hey, ich werde einfach alt.
(in die nesseln)

die faz. jetzt ist mir vorm frühstück schon schlecht geworden. der autor sollte bei berlusconi anheuern, der braucht so schreiberlinge in zukunft. wobei eine solche dreistigkeit selbst in italien auffallen würde, andrerseits ist dort zivilcourage nicht so ein heißes pflaster, sie wird gar nicht vermisst. ohmy, abscheu.

(ehrlich, ich hasse rassisten. das gute ist, man braucht gar keine zivilcourage mehr, heutzutage, um denen mal den marsch zu blasen, da reicht menschenverstand und ein demokratisches grundverständnis.)

ein euro zehn

ich habe eine freundin von früher, die seit jahren in einen mann aus dem fernen wien verliebt ist. er besucht sie regelmässig, aber nur wenn er will, sein leben ist ihr noch immer ein riesiges geheimnis, jeder besuch von ihm ist überraschung und macht sie sehr dankbar. sie soll ihn nicht anrufen und weiß nach 4 jahren nicht, ob der mann in einer ehe lebt, kinder hat oder nicht. sie fragt nicht, weil er dann nicht mehr kommt. manchmal antwortet er auf ihre sms, manchmal nicht, jede nachricht kommt über sie wie ein lottogewinn, sie liest ihr leben aus ihnen ab wie aus einem satz tarotkarten. „ich lerne an ihm“, sagt sie immer, wenn meine fassunglosigkeit mal wieder zu deutlich wird, „er bringt mir geduld bei“. aber du wolltest doch kinder? frage ich dann manchmal, sie ist 43 oder so, „er wird noch dahin kommen“, sagt sie. eigentlich sei er gar nicht ihr typ, auch nicht besonders schön oder so, aber es ist eben der mann ihres lebens. inzwischen frage ich nach ihm wie nach einer normalen beziehung, und wie gehts mit m.? frage ich, dann kommt eine kleine sms-exegese, dabei wird ihr tonfall tapfer, dann reden wir wieder über andere dinge.

verblüffung über die maßstäbe andrer leute. dann immer mal wieder zweifelnde suche nach den eigenen blinden stellen, die es doch geben muss, wo also die selbsteinschätzung vollkommen unabhängig von der außenansicht abläuft, dann fällt mir ein, wie unzuverlässig die meisten außenansichten sind, und das ja die eigenwahrnehmung immer selbst gemacht ist. das zu einem gesunden selbstbild einiges an disziplin gehört, beim gelegentlichen neuabgleich von innen und außen, um sich weiterzuentwickeln.

bei geld und ruhm (bei glatze und alter) vielleicht ein toller hauptnebeneffekt, dass man dann stillstehen darf, weil alles geklärt ist, für alle?

das eigentlich traurige an dieser beziehung oben ist der komplette weltverzicht der frau, wie sie sich in ein ganz eigenes bezugssystem verabschiedet hat.

gleichzeitig: wie großartig albern so eine beziehung ist.

wo mich das hingebracht hat, diese freundin, was ich nicht erzählen wollte: einer der jungs hat geklaut, ein snickers. er wurde erwischt vom ladeninhaber, der eine tochter in seiner klasse hat. ich war sehr viel entsetzter als ich es gern gewesen wäre, weil mein eigenes eher bürgerliches bezugssystem so etwas nicht vorsieht. die jungs sollen glücklich sein, das ist die hauptsache, aber sie sollen auch kultiviert sein und auf jeden baum kommen, sie sollen klavier spielen und das abitur machen, sie sollen sportlich, fair und aufrichtig sein, undundund. sie sollen nicht klauen.

also kürzer gesagt: treffer, versenkt.

es ist im alltag vielleicht zuviel kampf, für die ruhe, gegen die zeit, gegen die armut, gegen die erschöpfung, aber eben auch und darunter liegend für einen lebensentwurf, der bisher mehr als wille und vorstellung existiert, durch ein paar gewohnheiten im alltag der kinder verankert, klar, aber das große ganze ist abstrakt und vermutlich viel ideologischer, als ich es gerne hätte.

was, wenn ich alleine bin mit diesem entwurf? wenn er die jungs stresst, wenn sie nicht soviel außerschulisches ertragen können, wenn ich sie verstrickt habe in ein meer aus ansprüchen, die nicht ihre sind? was, wenn das kind sich mit dem diebstahl aus diesen ansprüchen rausklauen wollte? wenn ihm die allabendliche thomas-mann-lektüre an die substanz geht? wenn die jungs nicht mehr jeden abend in stahlgewittern mit playmobil nachspielen wollen? sie die ganzen opern nicht mehr auswendig lernen wollen? (mann. kaffee alle.)

und wenn er wirklich nicht selbstsicher ist, wie kriege ich das wieder hin? es wäre mir inzwischen viel lieber, wenn das kein hilferuf gewesen wäre, sondern einfach eine gedankenlosigkeit, aber die zweifel bleiben. und wenn der inhaber ihn nicht erwischt hätte? hätte er dann weiter gemacht?

auch deswegen schreibe ich so wenig zur zeit. ich muss gucken, ob ich noch richtig bin in meinem system, oder ob ich ein paar wichtige glocken nicht gehört habe, wie meine freundin mit ihrem wiener liebhaber.