23. juli 20

otobong nkanga, marting gropius bau

mit einer freundin bei otobong nkanga im martin gropius bau, eine großartige und auf altmodische art gute kunst (taz-kritik), treffend, poetisch, dicht, jeder raum einmalig und funktionierend. habe sowas lang nicht mehr gesehen, sie hat etwas zu sagen über afrika und sie sagt es auf eine weise, die unmittelbar, klar und traurig ist. die alternative war katharina grosse im hamburger bahnhof, sie schien vor allem bunt und beeindruckend, aber auf eine kunstimmanente weise, und nach sovielen monaten ohne kunst wollte ich lieber etwas mit weltbezug anschauen. ich habe einen slot gebucht, trotzdem mussten wir eine weile anstehen, alle mit maske. es war schön, geht hin! ich bin sogar mit meinen kindern noch ein zweites mal drin gewesen. wir haben den namen der künstlerin einfach mal in einem gespräch dauernd erwähnt, seitdem wissen wir ihn.

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ich weiß nicht genau, wie ich die kinder benennen soll. meine kinder stimmt natürlich weiterhin, aber es sind keine kinder mehr. meine söhne stimmt auch, klingt aber bisschen prätentiös, als hätte ich eine firma und das wären meine nachfolger. wenn ich jetzt noch mit k 1-3 anfange, versteht das keiner. im italienischen ist das viel einfacher, da sagt man: i miei figli, das bezeichnet die verwandtschaftsbeziehung wie onkel, cousine, mutter, und nicht gleichzeitig noch das alter. in der einzahl gibt es figlia, für tochter, und figlio für sohn, die wörter lassen es vielleicht eher zu, dass die kinder noch zuhause wohnen, obwohl es keine kinder mehr sind. es gibt einfach genug wörter im italienischen.

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danach bin ich mit der freundin durch kreuzberg 61 geradelt, durch den bergmannkiez, auf einen kaffee und eine runde durch die markthalle, die nach der modernisierung etwas ungemütlicher wirkt, anders als die bergmannstrasse, wo zu den alten cafes neue dazugekommen sind und es den alten secondhandladen immer noch gibt, wo ich in den achtzigern meine pyjamas kaufte in diesem einen winter, wo man pyjamajacken trug, mit der zahnbürste in der brusttasche. angenehm mittelaltes publikum, toll und herausfordernd gekleidete frauen unseres alters, wo die schicken frauen hier im kiez eher so einen mimesis-impuls austrahlen, ich gehör dazu, entspreche dem stil, ich seh dich nicht, gab es in kreuzberg blicke und lächeln und kobaltblaue kleider. verblüffend, wie schnell ich bei diesen typologien an vollkommen und unvergleichbar andere lebensläufe glaube, aber vielleicht sind die 20 jahre lebenserfahrung dazwischen genug, um einem das herz zu öffnen. sonst landet man wahrscheinlich eh in zehlendorf. mir ist mein eigener kiez ja etwas zu jung inzwischen, ich habe die moden knapp verpasst, war zu früh, habe im tiefsten neukölln gelebt, jahrzehnte, bevor das hip wurde und war lange wieder weg, als die jugend nachgekommen ist und der kiez eine instanz wurde, statt zufällige umgebung. wedding, sag ich nur, und mitte! jedenfalls immer noch viel spass mit meinem neuen fahrrad.

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(hatt ich vergessen zu posten. gestern in der stadt eine frau gesehen, die pyjama trug, da ist es mir wieder eingefallen.)

3 Gedanken zu „23. juli 20“

  1. „Hotelmama & Söhne“ in schnörkeliger Schrift halb abgeblättert auf einem Schild an einem 3stöckigen Hotel irgendwo in einem grün überwucherten Tal, Autos kommen nur noch wenige vorbei seit Eröffnung der Autobahn im Nachbartal, der Koch hat viel Tagesfreizeit und lungert gern auf einem der Gartenstühle auf der schmalen Terrasse rum, wo er die Tageszeitung gründlich liest, dann von jeder gelesenen Seite einen Streifen abreißt, zerkaut und die Papierkugel in den Abgrund spuckt. Verzeihung, ich bin in die „oh wie romantisch!“-Postkarten geraten, solche hoch defizitären Hotelruinen gibts dutzendweise in den Büchern, man nehme nur „Das Hotel New Hampshire“, und schon wirds wieder eine Metapher für verfallene Lebensentwürfe statt einfach nur verfehlte Standortwahl.

    Letzte Woche kam mir in ebenderselben Bergmannstraße ein Mann im leuchtend rostfarbenen Bademantel
    entgegen, ich hatte die tiefstürzende Sonne im Rücken und freute mich, weil er so kinderbuchartig aus einem Berlinroman geschlurft kam.

  2. „meine söhne stimmt auch, klingt aber bisschen prätentiös, als hätte ich eine firma und das wären meine nachfolger.“

    Ja, irgendwie lustig, hab gerade gelacht beim Lesen! Aber dann kann man es schon wieder gerade benutzen, wenn man es ein bißchen augenzwinkernd besonders stark betOOnt….!

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