die liebe an sich ist wohl häufig parasitär, sie bedient sich dann auch an bedürfnissen, die woanders herkommen, und wenn die überwiegen, dann kriegt sie davon einen blähbauch und fliegt ganz hoch, über allem, wie so ein werbezeppelin. hey, ist aber immer noch die liebe, oder nicht? die darf das vielleicht. (yes. ich hatte wochenlang kranke kinder zuhause und habe nur in diesen kinderbildern gesprochen, ich kann nicht mehr komplex.) die liebe tut mir ein bisschen leid – ich mag grade nichtmal liebespathos, und das bei meinem sternzeichen, die großen worte tragen ja immer auch blinde passagiere, lauter kleine schwarze löcher, ich seh nur noch die, wenn ich das höre oder lese – diese nicht sinnfällige reduktion (der letzte krieger, mit einem degen auf dem schon leeren schlachtfeld herumstochernd) werde ich hoffentlich komplett vergessen haben in der sekunde, in der es mich mal wieder erwischt.

das unverliebtsein schmeckt aber grade sehr fein, nach grauem sauberem asphalt, langen bartheken, anderen dingen, nach großstadt und diesem speziellen rissigen humor, der sich lange nach mitternacht einstellt, oh eine zeit, in der ich zu selten wach bin.

das marbacher literaturarchiv wollte mich auch mal als literarisches weblog dokumentieren, aber sie haben es dann doch nicht gemacht. mein respekt vor literatur ist hoch, ich habe auch keinen echten kunstwillen, ich habe ein weblog. mein bestreben endet bei der gestaltung, also dem versuch, etwas zu treffen mit den worten, eigentlich unabhängig davon, ob es bedeutung hat oder nicht, und die kunst hat doch eine weitere ebene, oder, so ein bedürfnis nach endgültigkeit, nach bleibenden formen, nach einem für-sich-stehen, entscheidungen, vor allem nach einem verlässlichen level an, na an was, an dem literarischen ding. und man hofft, dass die qualität so nebenbei erreicht wird, ich mag meine texte, weil sie für mich stimmen, geht das nicht jedem blogger so? vielleicht ist es ein kern der natürlichen eitelkeit, dass man bei allem realismus (egalismus) eben doch hofft, man sei gut genug, um von profis gewertschätzt zu werden. hmm.

aber again, wie toll das netz als große blankofläche, die tonnen von texten mit dem gleichen großzügigen desinteresse aufnimmt, als angebot, man kann ja den anspruch mit unterbringen, niemand stört sich daran. ich mag die durchlässigkeit, das verschwinden, auch diese gewisse beliebigkeit, die stille der projektionsfläche, also still in dem sinne, dass sie nicht widerspricht, still in dem sinn, in dem auch twitter still ist. man zeigt sich, man sieht sich.

trotzdem bin ich bisschen traurig.

silber

silber

gestern in meiner küche in einem sehr unzugänglichen hinteren winkel einen schweren stoffbeutel mit lauter gewickelten tüchern gefunden. darin: ein komplettes silberbesteck, 800er, leicht löffellastig, fadenmuster, mit unterschiedlichen intialen. große überraschung. ich habe ein geerbtes christofle, das wohlbehalten in pappschachteln verwahrt wird, für die anlässe, mit dem meißen. dieses vergessene und wiedergefundene muss von meinem patenonkel sein, auf vielen flohmärkten zusammengesammelt, eigenhändig für das patenkind, er hat mir bei jedem besuch ein paar teile davon mitgebracht.

dann ist mir auch eingefallen, wir wir zusammen auf dem markt am 17. juni waren, vor mauerfall, und wie konka mit geübtem griff die schönsten gabeln und löffel aus den großen kisten herausgefischt hat. er kannte sich sehr gut mit teppichen aus und suchte sich für den silberkauf gerne stände, die auch ein paar teppiche feilboten. dann wählte er den besten teppich und handelte den verkäufer mit einem feuerwerk an fachwissen und anekdoten und erinnerungen an afghanistan (oder weiß der herrgott wo, es war immer das hinterland von teppich-regionen im fernen osten) auf einen bruchteil des erstpreises herunter, vertröstete ihn dann auf „später“, er wolle aber zumindest schon mal etwas von dem silber mitnehmen, und bekam es immer, immer zu einem sehr guten preis. ich muss den leicht angelaufenen schatz klar in den alltag integrieren.

(vor 2008)

davon hätte ich gern 100 mindestens, eins von jeder stelle, an die ich mich noch erinnern kann, wobei meine erinnerungen natürlich in farbe sind, eins vom potsdamer platz mit seinen flohmärkten und dem langen mauerstreifen, im alltag war es gar nicht so, dass man weiter dachte, hinter die mauer, da ging es einfach nicht weiter. heut früh den kindern von meiner mauernacht erzählt, aber sie kennen weder die sonnenallee noch den q-damm, und ein trabi ist auch nur ein wort.

heute ein freundin im auto: als sie in den sechzigern geboren wurde, war der 2. weltkrieg keine zwanzig jahre her, weniger als für uns heute der mauerfall, und wir wuchsen alle irgendwie mit kriegsgeschichten auf, hunger, rüben, bomben, kriegstote und schuld/unschuld-geschichten, es gab ja keinen erwachsenen lebenslauf ohne den krieg, aber es war praktisch gefühltes mittelalter, die körpernahe gegenwart von kindern, was vor ihnen und ihrem körper war ist alles gleich weit weg, nämlich unendlich.

die dünne decke über der rauhheit nach einer woche, die aus doofen gründen anstrengend war, das nicht kompaktseinwollen, nicht erwartbar, nicht zuverlässig entspannt und gutmütterlich.

(werde mir heute ein superschönes paar troststiefel kaufen gehen. ich hab schon 4 paar stiefel, eins davon rot, eins ohne reissverschluss, da ist an- und ausziehen echter sport, eins mit kaputtem rv. ich brauche klar noch ein paar. wie immer erwischt mich die mode doch, soviel stiefel dies jahr, oder habe nur ich eine erhöhte rezeption?)