deadline

deadline ist übrigends großartig.

bisschen schiss gehabt vor der lektüre, weil ich den bov gern habe, aber das schnell wieder vergessen beim lesen, auch weil das lesen schon erstmal volle konzentration erfordert hat. nach ein paar seiten entspannt: bov sagt alles! und es ist gar kein buch über die sprache im technischen zeitalter, sondern natürlich eins über das leben, und dieses gefühl, dass manchmal sprache und kommunikation so eine lebensersatz-dichte bekommen können, das kenne ich auch, als eigentlich tröstende erfahrung.

stellen sie sich den alltag vor, der ist dicht, und dann sich im alltag, also als subjekt, dessen geschichte notwendig über das hier und heute hinausgeht, natürlich setzt sich die geschichte dann ab, wo sie eben kann, in gegenständen (grabsteinen, super) wie staub, sodass am ende eigentlich alles geschichte hat, die mit gefühlen und bedeutungen nicht geizt. nur darin ist das buch ähnlich wie das internet, es steht alles drin, aber bov hat netterweise eine auswahl getroffen.

die beiden gesellen nebeneinander, gegenwart und vorgeschichte, weg und ziel, der weg natürlich nur noch privat, das jetzt mehr als die summe, und wie das gegenwärtige immer siegen will, stärker und sicherer als die ganzen blöden vorgeschichten, die familien, und so viel zahlreicher und vielseitiger, und wie dann trotzdem die alten geschichten sehr lebendig und schmerzhaft ans licht kommen, (bei bov in superschönen kleinen hellen sätzen, in denen die ebenen sich verbinden dürfen, beide in frieden, sprache und welt, da steckt das auktoriale ego drin, dachte ich, aber hey, who am i) obwohl man sie, wie die icherzählerin, lieber komplett ergooglen würde.

buch macht bisschen traurig, weil ich nachher echt tagelang das gefühl hatte, alles sei flucht (im s.v. alles ist eitel), also der auch sprachschatz und der wissenspool dienten nur der flucht, und man dann erst einen kuchen backen muss, um die welt der alternativen nicht zu laut werden zu lassen.

nachlassen des drucks, entspannung, eigentlich gehts doch gut. das hier und jetzt ist ja mehr als nur eine alternative. wünschenswert wäre eine leichtgängigere verschiebung vom sein aufs haben, es ist immer wieder ein echtes bergaufgefühl dabei, das muss doch nicht sein.

als erstes kauf einer echten superwasserdichten winterjacke für die winterlichen hundespaziergänge! teuer! mit napoleontasche, wobei es eventuell schon nur dadurch zu spät sein könnte, dass man solche wörter kennt.

l’espresso probt affäre

spiegel-affäre all’italiana

(„Die Redaktionsräume des L’Espresso werden in diesen Minuten durchsucht“, meldet die repubblica, wegen eines artikels über die mafia in der aktuellen ausgabe der italienischen wochenzeitung, die in selbstverständnis, themenauswahl und rechercheaufwand etwa dem spiegel entspricht. die staatsanwaltschaft von neapel wirft der redaktion vor, informationen preiszugeben, die ihre ermittlungen behindern könnten- und durchsucht sie am wochenende, ohne dass die betroffenen autoren auch nur im haus sind. wen wunderts.)

brille

heut früh beim brötchen kaufen fährt ein mann mit kapuzenpulli auf einem fahrrad an mir vorbei. er fängt an zu klingeln, als er auf meiner höhe ist, und guckt mich an. denke ich, ach, ein guter tag. ruft der mann mir zu: ruhnke oder fielmann? – und fährt gackernd weiter. (fällt mir ein, vor vielleicht 15 jahren bin ich mal mit einem mann frühmorgens in dessen dachwohnung gelaufen, auf dem letzten treppenabsatz stand mit großer schrift quer über die wand: mein letzter wille- ne frau mit brille)

letzte mail von gestern: ihre wunschreise

ein anruf des exmannes, seine stimme registriere ich noch vor den inhalten, ohje, er ist erkältet. nee, magendarm? irgendwas sehr schlimmes, die stimme ist tonlos und gepresst, nein, er hat eine zentnerlast zu tragen. wegen mittwoch, sagt er, das ist der vatertag in der woche, ich denke, ach du scheiße ja, was? also da sei diese nahe verwandte von ihr, die – und dann folgt eine ausführliche schilderung einer schlimmen lage, du weißt ja noch gar nicht alles, sagt er, ja, denke ich, nein danke, echt, ein teil von ihm ist sehr gestresst, ob er weiß, welcher teil das ist? frag ich mich beim zuhören, was will er mir sagen, soll ich das immer noch wissen wollen, oder willst du, dass dir einfach jemand zuhört, wie du dich kümmern musst, weil du so integriert bist in die neue familie, aber jedenfalls der mittwoch gehe gar nicht, oder, fragt er sie, es sei doch der mittwoch, ja, höre ich sie im hintergrund sagen.

es ist so ein jammer, wenn man soviel weiß über einen menschen, und es nützt einem nix mehr, also man kann es nicht mehr nutzen, es dient nur noch dieser einzigen erkenntnis: ich weiß.

danach das abendprogramm, auf das ich mich total sehr gefreut hatte, endlich the real dan gucken! auf den warte ich schon ne lange weile, ich liebe ja romantische komödien. und aber nun war es für mich dann ein totaler scheißfamilienfilm, amerikanischer happy-family-mist hoch drei, inclusive musik und pancakes, nicht auszuhalten, außer ein paar wahren sätzen, aber die kriegt man ja in jedem film unter, und die binoche war auch schon mal jünger.

jetzt bin ich genervt und will mein weblog total ändern, weil echt, was soll das öffentliche gepupse bloss? for whom? für lauter andere gestörte mit auch irgendeinem gelegentlichen mangel, für leute wie ich und du, mit momenten, schon klar. aber was hab ich davon? bin ich nicht genauso wie mein ex, der mir geschichten erzählt, weil er was will von mir, und das publikum hört nur die anderen geschichten, die er nicht erzählt?

und dann hat jemand einen blogtext von mir auf einen teppich gedruckt, zum drüberlaufen, außerdem noch schallschluckend und schmutzfänger, das sollte zu denken geben.

aber sonst gehts super, ohne scheiss, alles in ordnung hier. kraft und eleganz sind wieder da, die launischen kleinen diven. die schlechte laune ist schon wieder vorbei, ans posting verfüttert, den film guck ich mir morgen nochmal ohne whisky an, oder übermorgen statt kino, aber dieser text hier steht dann womöglich noch, echt, mit so einem befindlichkeitsblog gibt es leicht peinliche situationen immer. mit einem richtigen weblog, einem journalisten- oder aphorismenblog mit kontrollierbarer selbstdarstellung hat man so probleme nicht. aber es macht auch mehr arbeit, hoffe ich.