da hat sich ein zwilling mit einem salto vom schlitten den schneidezahn gelockert, der andere hatte eine schlittenkufe auf der backe, danach 3 stunden mit viel gesellschaft bei einem not-zahnarzt, weil die extrem blonde sprechstundenhilfe meinte, ja, unbedingt sollten sie kommen. daheim in der zwischenzeit die toilette verstopft, weil ich die spülung ausgestellt hatte. warum? na, sie war undicht, und ich wollte das noch abdichten, bevor die gäste kommen. in der küche läuft die spülmaschine aus und verweigert ihre arbeit. was sagt uns das? das jahr pupst nochmal, sagt der zahnzwilling.

2009

die große entspannung. froh über den freiraum und den winter, die stadt. leises schlechtes gewissen, weil ich soviel geld in whisky, andrerseits achegal-feeling. der alte auchentoshan eine echte offenbarung, sehr gefreut dadrüber, allein im fast dunklen wohnzimmer, den kleinen zwischenraum genossen zwischen mir und der inszenierung.

alte freunde sind da, vielleicht sogar ein paar neue, viele davon habe ich viel viel zu selten gesehen, das will ich ändern, wie jedes jahr. weniger vernissagen und premieren, mein dabeisein-impuls ist nicht mehr relevant in der zeitplanung. ich gehe auf die von freunden, obwohl berlin da langsam rausrutscht, die leute ziehen herum mit ihren arbeiten, sie scheinen zu alt für die heidestrasse. (der beste freund schickt bilder vom marathon in malibu, wo er mit familie für einen auftrag hingezogen ist, für einzwei jahre, er ist braungebrannt und strahlt, im hintergrund das meer). auf den veranstaltungen wird der wein besser, manchmal kauft man was, meistens nicht. dieses bild werde ich am sonntag angucken, ich hatte so einen kleinen och ja- gedanken, aber es ist viel zu viel manifest, und im manifesten zu simpel für mein leben grade. keine klunker. ich trage meine dicke perlenkette wegen ihrer symbolhaftigkeit nur unter pullis oder allein, obwohl, perlen, ihre besondere fastorganische masse, ihr schimmern, sie sind unglaublich schön. die merkwürdige verwaiste schönheit des signifikanten.

an den kinderfreien wochenenden wunderbar auch einfach nur schlafenkönnen, nicht anziehen, mit keinem reden müssen. endlich die dvds sortieren. ein bisschen demotiviert durch ein museum gehen, gekaufte fertigsalate essen (kollwitzmarkt), mir ist dann sogar der hund zuviel, andrerseits macht es spass, allein mit hund herumzuflanieren, stundenlang, immer auf der kante zwischen gegenwart und abgeschiedenheit, dabei leute gucken und versuchen, sie ein bisschen zu verstehen mit einem einzigen blick, der genau zwischen person und mode passt, es gibt so eine spezielle haltung, in der man wahrgenommen und der blick beantwortet wird, ich hab noch nicht ganz raus, was das ist. neulich habe ich dabei aus einem männergesicht ein schönes ja!- lächeln bekommen, und damit die sicherheit, dass die nerven noch da sind, geputzt und poliert in der tiefgarage.

in der wohnung duft von frischem shortbread, und der von hühnersuppe. das ist ganz okay. wobei hühnersuppe für mich inzwischen fast kohlgeruch ist.

finanziell nicht verbessert, das will ich ändern 2010. ich hätte gern einen 20-stunden job, der nicht mit nach hause will, 20 stunden, weil mehr nicht geht mit den kraftreserven. irgendwas wird sich finden.

und der letzte aspekt dieses jahres: das allein können ist nichts vorübergehendes mehr, es ist ein fakt, wie ein stein in der wand unter den anderen steinen und dem putz. es ist zweifellos das anstrengenste an meinem leben, die verantwortung für drei söhne und meine krankheit, die vielen entscheidungen immer, soll der große zuhause bleiben, oder ist sein bauchschmerz mehr psychisch, und sollte er dann nicht erst recht zu hause bleiben, das allabendliche kochen, für das ich zu oft keine energie mehr habe, die vielen neins, die die kinder einem entgegenschleudern, beim instrumente üben, vorm sport, vor den hausaufgaben, dass man nie weiß, ob die entscheidungen richtig oder falsch sind für die kindesentwicklung, erst in 15, 20 jahren wird man das wissen, sich deshalb schon aus kraftökonomie dem bauchgefühl überlassen, das sagt: es ist richtig so. und auch akzeptieren: du weißt es nicht. es kann auch schiefgehen.

die logistik, die ein netzwerk hervorgebracht hat.

ich denke, dass beruflich gut eingespannte menschen ja irgendeine anerkennung durch lohn und kollegen haben, und familien den dialog mit dem partner, jemand wie ich muss die wertschöpfung meistens komplett allein machen, obwohl die kinderliebe natürlich eine riesen kraftmaschine ist. ich bin mir nicht sicher, ob diese autonomie gesund ist. ein teil vom bloggen kommt wohl auch aus der ecke, die imago –

die wahrnehmung für lärm, gekreisch und gerumpel kann man einfach austellen, indem man zum mittag schon ein weinchen, danach ein paar whiskeys – nein? solang man lallend noch einen abendlichen pizzaservice anrufen kann! oder die kinder samt gastkindern aus dem fenster hängen, und den bellenden hund gleich mit, an den beinchen, dann würden sie da weiterbrüllen, das sieht grad so langweilig aus draussen. oder ich kann sie einzeln in meine drei einsperrecken sperren (kleiderschrank, truhenbank und kammer), und die überzähligen in den keller! mit taschenlampe. ich hab schon versucht, sie doll zu füttern, beim essen brüllen sie auch weniger, aber jetzt ist alles alle, außer dem rohen fleisch.

b. klemm

Barbara Klemm, Artistinnen 1974
ⓒ B. Klemm, „Trapezkünstlerinnen, Rostock 1974“

barbara klemm wird heute 70 jahre alt. sie hat eins meiner liebsten fotos geschossen, vor jahrzehnten mal als postkarte in einem laden in kreuzberg gefunden und dann durch die ganzen berliner wohnungen mitgenommen. ich bin über das bild auf sie aufmerksam geworden, in der faz ist sie mir nie so aufgefallen, und die autorennamen in zeitungen merke ich mir ja auch nie, überhaupt sind mir die journalisten als personen, also als autoren mit einem ouevre, erst durch das netz aufgefallen, vorher waren es artikel in einem eher synchronen zusammenhang. bei frau klemm habe ich mich dann bemüht, mir ihren namen zu merken und nach ihren bildern zu suchen, aber die fotografin ist sehr diskret in den bildern. ihre straßenbilder haben eine ziemliche wucht.

als ich mit dem bloggen anfing, wollte ich das trapez- foto in den header einbauen, ich hatte frau klemm sogar angerufen und um erlaubnis gefragt, ich hab ihr auf den ab gesprochen und sie rief zurück, als ich gerade auf dem weg zu oktoberdruck ins treppenhaus ging, bei denen ich einen job hatte ( – oder nein, halt, das kann nicht sein. vor 5 jahren war oktober schon an die warschauer strasse umgezogen, ins erdgeschoss, und dieses telefongespräch auf einem arbeitsweg, da ging es um eine richtige geburt, die meines sohnes, und es war mein arzt, der mir riet, sofort einleiten zu lassen, am 30.12.1998, 2 wochen vor termin, obwohl ich früher an dem tag noch bei ihm in der klinik gewesen war, er hatte es sich anders überlegt, und ich brauchte vielleicht 6 stufen, um mich überzeugen zu lassen, weil ich dem arzt so sehr vertraute. es war kalt, ich ging schnell. erinnerungen ploppen beim auftauchen, eine in die andere. hab ich den job noch beendet damals? das weiß ich nicht mehr.

telefonate an bestimmten orten, woraus bestehen diese erinnerungen? muss es beim gespräch einen gedanken über den ort gegeben haben, ein kommentar, ein zusätzliches und verankerndes metazeichen, oder gehört das zu den flüssigen dingen, die der kopf umdisponieren kann, wenn die erinnerten ereignisse in kontakt miteinander kommen, also hier die beiden geburtstage? der ort als surplus, als kriterium, dessen erkenntnisgewinn während dem ereignis auch vom zufall abhängt, danach aber von der psyche, das gefällt mir. so muss astrologie entstanden sein.)

frau klemm war damals überrascht und sagte, hmm, ist mir nicht so recht, aber machen sie nur, hmm, doch, ja, ist okay. dann habe ich es nicht gemacht. das bild rockt mich aber immernoch, leider auf dem markt nie einen abzug gefunden.

nach zehn immer noch heftigstes gegacker und getobe in allen zimmern außer dem meinen. „morgen ist weihnachten! mama!“ jetzt liegen alle drei in einem bett und wollen das kissen teilen, das klappt aber nicht. gerüchteweise hat ein anderes bett mehr kissen, es werden bettdecken über den flur gezogen, wieder gegacker, dann schleifen die bettdecken und ein kissen wieder zurück.

wir gehen normalerweise um weihnachten rum in den zirkus roncalli, obwohl die technomässige atmo im neuen temprodrom wenig manegen-gefühle aufkommen lässt. dies jahr hab ich die guten plätze verschlafen und die jungs spontan in ein ganz anderes spektakel eingeladen, und sie wussten tatsächlich bis kurz vor licht aus nicht, was sie sehen würden. allein die fahrt dahin, das wilde und laute gerate, mamamama, ist es ein museum? ins schwimmbad? gehn wir ins kino, mama, elias mag kein kino! eine oper? mama, nein, ich war schon mal in der oper!- war die sache wert. die O2-arena sieht imposant aus, die aufregung war wunderbar, die dinos waren irgendwie schon groooß, ich hab viel viel geld bezahlt für plätze ganz hinten und ganz oben und es hat ein paar minuten gedauert, bis ich darüber hinweg kam, die distanz zur bühne ist vielleicht heutzutage ein vorteil? aber die jungs waren sehr beeindruckt. danach war es schon kein normaler sonntag mehr, nach hause, spiele spielen und kochen, elias hat ein neues lieblingsspiel, dessen spielanleitung mit dem satz beginnt: „In allen Stufen ist die jeweilige Stufe abweichend von den anderen Stufen“, das spielen wir, bis ich es auch kann. nach dem essen hat sich davidzwilling heimlich titanic angestellt, als eigentlich schon lesezeit war, er schaut nur die letzte stunde, und wir gucken zu viert den untergang in voller breite, ich will erklären, warum ich immer heulen muss am ende, aber es interessiert die jungs nicht sehr, und so reden wir über drehtechnik und ob es wirklich so war und über reichtum und liebe, und ob das ein gutes ende ist und wie groß das set war, alle aneinandergekuschelt, der film läuft bis zum ende, das lesen fällt heute aus, ich sehe, dass david die szenen im wasser mitsprechen kann, lautlos. elias erzählt plötzlich, er habe jetzt haare unter den achseln, also eins unter jeder, die zwillinge sind sehr beeindruckt, elias findet es so doof wie toll, und will wissen, wie lieb ich ihn habe und wie groß er war, als er geboren wurde, auch weil vor zwei tagen noch eine halbschwester von ihm auf die welt gekommen ist, höchstens ein kilo, mama, so klein.

keines der besonderen dinge an diesem tag war geplant, trotzdem bringen einen natürlich die aufregungen und überraschungen leichter an den moment, wo es plötzlich schweben kann alles.

grade kläglich gescheitert mit dem vorhaben, dem hund bei jeder wetterlage einen ausgedehnten spaziergang zu ermöglichen. nass und schnee und kälte und dunkel – nö. aber versucht immerhin. stattdessen stundenlang woanders gelandet beim versuch, mit dem auto von a nach b zu fahren. einbahnstrassen, sackgassen, baustellen, man muss immer durch die brust ins auge, und da gibts dann keinen parkplatz. das ewig übergängliche dieser stadt hat was katholisches, leiden für ein späteres leben, und dann parkt man im halteverbot und zahlt einen ablass. darauf einen lebkuchen!

es gibt einen laden an der ecke prenzlauer allee, in dem es alles gibt. das liegt daran, dass die inhaber alles wissen, also den großen teilbereich von alles, der sich auf haushalt und instandhaltung des haushalts bezieht, inclusive elektrik und regale anbringen, baumassnahmen und dekoration. oder bratpfannen, oder blumensamen, oder winzige kleine muttern. sie wissen also genau, was man braucht, auch wenn man selber das überhaupt nicht weiß. im laden gibt es auch alles, was man eventuell brauchen könnte, inclusive süssigkeiten und goldfarbene lametta und jedesmal 4 leckerlis für den hund, eins pro pfote. bei problemen gehen wir dann meistens als familie da hin, zeigen das problem vor, so es tragbar ist, und lassen es lösen. das kostet meistens unter 10 euro. und wenn das rostlösespray im geschäft grade ausverkauft ist, dann kann man die verrostete fassung hinbringen und bekommt ein paar hübe hinein, „aber das dauert jetzt eine weile“. die ladenbetreiber haben eine hohe kunst darin entwickelt, mit ein paar gezielten fragen herauszubekommen, wieviel ahnung der kunde hat, und ihm ruhig und unarrogant genau da abzuholen, auch wenn die schlange an der kasse dann ein bisschen länger ist.

im letzten jahr hatten sie harte zeiten, weil direkt gegenüber ein alles-schweinebillig-laden mit demselben baumarkt-angebot eröffnet hat, in grellgelb und neon, im klassischen stil des parasitären kapitalismus. der ist wieder weg, obwohl gelegentlich ein paar leute drin waren. keiner aus dem viertel, glaube ich. damals ist offensichtlich viel mehr als sonst kaputt gegangen bei den leuten zuhause, und es schien vielen als der richtige moment, mal einen teuren mülleimer für 30 euro zu erstehen, aus metall, super qualität, oder einen wäscheständer für fast 40, obwohl die inhaber einem natürlich zuerst den für 9 euro neunundneunzig gezeigt haben.

zuletzt hatte der große sohn ein problem mit einer gefundenen hölzernen armbrust, die man nicht spannen konnte, weil die teile abgebrochen waren. jetzt haben wir einen kleiderbügel aus holz angebaut, mit einem dicken gummiseil, dass es dort als meterware gibt, idee und material: der laden, umsetzung: das kind, nach ausführlicher anleitung.

zweiten termin mit einer klassenlehrerin versäumt. den ersten hatte ich auch schon vergessen. voller tag, mit viel echtem ärger, aber trotzdem absolut unentschuldbar, ist mir vorher noch niemals passiert. zweimal bei der selben frau! wie soll ich mich also entschuldigen? sie schreibt, so ließe sie nicht mit sich umgehen und es sei ein inaktzeptabler umgang mit ihrer zeit = sie ist sehr sehr sauer. blumen, pralinen, ein panettone? gibt es lehrerinnen unter meinen lesern? (andrerseits wäre ein bisschen coolness in so einem job … puh. murphy mal wieder)