der mann, sechziger, der eine lange beziehung schrittweise beendet hat, weil sie zu keiner richtigen lebenspartnerschaft geworden ist, zu einer frau, die nicht mit ihm und nicht ohne ihn leben will, eine sich ziehende getrennt-aber-trennung, und der seit ein paar wochen mit klarheit und neugierde bei parship sucht, dieser mann erkennt bei seinem ersten parshipdate die frau, mit der er leben wird, ebenfalls sechzigerin. die beiden stehen um 22uhr knutschend auf dem s-bahnsteig, am tag ihres ersten dates, da steht plötzlich seine exfreundin vor ihnen, auf dem gleichen bahnsteig, zur gleichen uhrzeit, und sieht den kuss.

(it gets better)

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mein großer sohn, elias, 10, wird grade in der schule gemobbt, von seinen ehemals besten freunden. sie ignorieren ihn, er muss in den pausen allein auf dem hof stehen, wegen einem bänderriss kann er auch nicht zum hockey, wo die exkumpels alle spielen. wir sind alle dran, eltern und lehrerin, um die untragbare situation zu beenden, aber bis dahin ist elias in der schule ganz still in der opferrolle versteckt, fühlt sich verantwortlich, verteidigt die kleinen tyrannen sogar noch, und zu hause wird er laut, ist ungehorsam und sehr wild. gestern, am putzfrau-minus-1-tag, hatten wir den aufräumstreit, also ich wollte dass er – wie angekündigt, gewohnt und besprochen usw. – aufräumt, er wollte das nicht, und wir wurden laut bei diesem streit. nach dem üblichen privilegienabzug war ruhe, die kinderzimmertür geschlossen, mir war unwohl, weil man dann so zerrieben wird zwischen der allgemeingültigkeit von grenzen, die geben einer kinderseele ja halt und sicherheit, grade in schwierigen zeiten, und der zunehmenden genervtheit, wenn man x-mal auf diese regeln hinweisen muss, nicht gehört wird, lauter werden muss, und so weiter, und auf der anderen seite dem müttermitleid, dem größten auf der welt, glauben sie mir das mal einfach so. einer der momente, wo man die perfektion verfehlt, nicht souverän genug ist, geschenkt, es gibt manchmal keinen richtig richtig guten weg. das ist erziehungsalltag.

jedenfalls klingelt es plötzlich an der haustür: elias steht unten. ich frage ihn, wo er denn war, er sagt: überraschung. dann kommt er hoch und überreicht mir die gala, die er am kiosk für mich gekauft hat, um mich zu versöhnen. sie enthält dieses special. sie wird eine weile auf dem sofatisch liegen, mit diesem scary wachspuppengesicht auf der frontseite, und wenn jemand fragen sollte, weswegen ich die aufhebe, werde ich erzählen, dass ich diese gala supertoll finde, sie unbedingt haben wollte und froh bin, sie zu haben.

(wusstet ihr, wie schnuffig ein typ namens jamie burke aussieht? musiker! und model, und die beautys wie lindsay lohan (l.) und sienna miller stehen schlange.)

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beim zeitungslesen im erbsessel erinnere ich mich anders an inhalte als bei lektüre am schreibtisch, bett oder balkon, ein vermittlungselement steckt noch drin, als müsste ich der tante ahne erklären können, was ich da lese („scheiss“), ich vergesse immer, wie sie zur familie gehört, erinnere mich nur daran, wie ich als dreijährige auf ihrem schoss sass, in ihrem sessel, und ihren arm suchte, den sie verloren hatte in den bombennächten.

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habe zu meiner freude ein absolutes luxusproblem: eine (nicht neue) riesige prada-handtasche geschenkt bekommen, mit zu großem logo auf der seite. sie ist wunderschön natürlich, aber ich kann so unmöglich rumlaufen. logo nach innen oder verkaufen und erlös in kinderschuhe investieren? das entspannende an der dekadenz.

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och nö. mein guter alter ipod g3 mag nicht mehr. er hat eis, schnee, regen und hitze, liebe und leid überstanden, er war in 3 autos immer dabei (über kassettenadapter), er war immer voll bis auf den letzten kleinen kb, er hat manchmal tagelang denselben song gespielt, er hat jedes pathos überstanden, zuletzt dieses, er ist ein profi, er hat kindergedichte aufgenommen, er hat meinen kalender und alle adressen mit in die ferien genommen für die postkarten und die pläne und die freunde und für die anlage, er war mal in new york, er war am mittelmeer, an ostsee und nordsee, aber dort nie an, er ist nur einmal runtergefallen, das hab ich auch aufgeschrieben, faccendo le corna, er war mit im fitnessstudio, als ich mal ein paar jahre dahin gegangen bin, ich hab mit ihm angegeben, als er neu war und dann wieder, als er sehr alt wurde, und jetzt macht er dauernd festplattenanalysen, dann zeigt er das alles okay ist, dann stürzt itunes ab, dann macht er wieder festplattenanalysen, ich glaube, die verabschieden sich grad voneinander, der rechner und der player, und ich steh vorm glas und höre zu, immer einer „ICH GEH JETZT“, dann neustart, dann der andere „NEE, TU ES NICHT“ dann der andere „ICH GEH JETZT ABER DOCH“, neustart, dann der rechner „MANN, LASS ES MICH VERSUCHEN“, dann der player „PENG STÜRZT DU AB“, dann itunes „NOCH EINMAL, ICH LADE DICH JETZT“ dann der player „NEE, TUST DU NICHT, NIMM DAS“ dann itunes: „ES IST EIN HARMLOSER EINGRIFF, WIR SIND VERPFLICHTET, ALLES MÖGLICHE ZU VERSUCHEN, ABER SIE MÜSSEN ES WOLLEN“, mein ipod: „SEEYA, PENG“. er grummelt dabei bestimmt etwas über den umgang mit veteranen vor sich hin, und darüber, das so ein programm lieber nur das machen sollte, wofür es erfunden wurde, statt mit allen medien rumzumachen.

ich würde da ewig zuhören, aber ich muss jetzt david zum klavier. any resuscitation calls? oder muss ich ihn gehen lassen?

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gruenefrau

wir haben davids grüne frau gefunden – eine episode der kinderserie total genial, immerhin war es kein horrorfilm auf rtl2, was ich ja befürchtet hatte. und sie kommt zufällig in zwei wochen wieder in der endlosen wiederholungsschleife des kinderfernsehens, das ist unglaubliches glück. wir werden eine entängstigungsparty daraus machen, ich muss mich zusammenreissen, sonst übertreibe ich das. aber hey, ein paar eimer popcorn, lautes gebrüll und so gemeinschaftssachen müssen sein, um ein so grünes und altes gespenst zu bannen.

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mann, 80 oder so, mit zwei großen karierten polentaschen am rande der greifswalder stehend, ein bisschen verloren. freundin vera hat es eilig und kann ihm nicht helfen. als sie kurz darauf zurückkommt, steht er auf dem mittelstreifen im frisch gemähten gras. sie fragt ihn: brauchen sie hilfe?
nein.
aber sie haben so schwere taschen!
nein.
(in den taschen ist gras und löwenzahn.)
sie haben gras in den taschen? für ihr kaninchen?
das sind alles verbrecher. die lassen das hier so liegen! das sind irgendwelche leute hinter ihren schreibtischen, die wissen nicht, was sie tun. sehen sie, es stirbt!
es stirbt?
die pflanzen empfinden das. die spüren alles.
ja, aber man muss doch etwas essen?
ich esse nicht. ich trinke nur wasser.
aber in der natur werden pflanzen und tiere auch gegessen!
alles propaganda.
haben sie denn noch nie eine katze gesehen, die eine maus frisst?
propaganda. die spielen nur.
und was machen sie jetzt mit dem gras?
ich streichle es.
tragen sie doch nicht so schwer, lassen sie sich helfen!
liebe wiegt nichts.

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letzten freitag hatte ich kinderfrei und keinen anlass, früh aufzustehen. um kurz nach 8 klingelt es, zu spät für die müllabfuhr, zu früh für die post, vielleicht mein auto im halteverbot? (die polizisten hier kommen klingeln, bevor sie abschleppen lassen, und ich vergesse immer total, wo mein auto steht) – dann sagt jemand etwas sehr nuscheliges, aber ich erkenne einen satz, weil ich ihn schon ein paar mal gehört habe „hawwickverschwitzt“ – der tischler.

seit ein paar monaten habe ich ein loch im boden, auf dem früher ein kachelofen stand, die holzleute wollen alle um die 400 für die parkettierung, weil es ein altes massives eichenparkett ist, das man schneiden muss und nicht kaufen kann, fand ich schließlich okay nach dem ersten schreck, aber keiner will das machen. der erste kam zum gucken preiskonkretisieren in die wohnung, als grade kinderabholung durch den exmann war, der sich sofort beteiligte, warum ich denn nicht seinen vater fragen würde, der könne ganz gut mit holz, und dann sei das viel billiger, worauf sich ein etwas schräger dialog entspann, ich dem ich mich sehr um höflichkeit bemühen musste. wir sind getrennt, versuchte ich dem tischler zu erklären, der stumm daneben stand. er verstand wohl falsch und liess nie wieder von sich hören. die anderen danach wollten entweder das ganze zimmer schleifen und neu machen, oder sie wollten mit anderem holz arbeiten, sie hätten da grad was da, das könnte man ja beizen, oder sie riefen gleich gar nicht zurück. dann wurde mir der alte mann am helmholtzplatz empfohlen, der nur dieses kleine sprechproblem hat, aber der kann intarsienparkett sogar, der hat tolle sachen gemacht. man versteht ihn fast gar nicht am telefon, er redet auch nicht langsamer oder so, es war wohl einfacher, das unverständnis zu akzeptieren, als das reden zu entschleunigen, man wird dann ganz still und großäugig und musikalisch, wenn man zuhören muss. wir besprechen termine, dann und dann bin ich da, okay? sein ja ist immer das eine erkannte wort in einem satz, aber er kommt nicht, ich rufe ihn an, dann sagt er mit einem hörbaren verlegenen kichern och, hawwickverschwitzt, dann komm ich morgen, ja?

ich hatte ihn vergessen in der zwischenzeit, und weitere tischlerABs besprochen, ohne erfolg. das loch im boden beherbergt inzwischen einen kinderroller, diverse steine, ein paar kissen und alte decken.

jetzt ist er tatsächlich da, spontan und anderthalb monate nach der letzten verschwitzten verabredung. ich bin müde und noch ohne kaffee, mein hund begrüßt ihn aufgeregt, wird geherzt, wir reden über hunde, also wir beide abwechselnd, ich antworte irgendwie im fluss, obwohl ich ihn kaum verstehen kann, im morgendlichen tran nuschle ich ganz automatisch mit, kinder, tiere und berlin, dann beginnt er von etwas zu erzählen, was sich zur wendezeit zugetragen hat, erst nach ein paar minuten verstehe ich, dass wir von einem papagei reden, der ihm ’89 zugeflogen sei, und er hat ihn nicht erkannt, weil es diese tiere nicht gab in der ddr, der muss von drüben gekommen sein und lebt jetzt seit 20 jahren mit ihm und seiner familie in der wohnung. der papagei hat es ihm nie verziehen, dass er ihn eingefangen hat, er zeigt dabei die geste des einfangens, bei allen setzt er sich auf die schulter, nicht bei ihm, ich stehe daneben, ohne kaffee, sage hmm und soso und bin dankbar für das bild, das sich nicht aufgedrängt hat sozusagen, dieser mann mit einem so nachtragenden papagei in der wohnung, obwohl ich auch nicht wusste, was man über papageien reden kann. ich hab dann nach den farben gefragt, beim nachdenken formt er den vogel mit den händen nach, in der luft, ob er sich anfassen lässt? nein, nicht von ihm, sagt er, und öffnet seine hände.

ich hab vertrauen in seine arbeit, er hat sich ein stück parkett mitgenommen, wir haben kein wort über den boden verloren, es schien nicht der rede wert, so ein bodeneckchen.

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alles ganz okay finden, in eine art beruhigende inner versteppung hinein und wieder heraus können, den suchstress (liebe) bin ich los seit paar monaten, das war ein fortschritt. die stimmung ist zwischen resignativ und ganz heimelig, das war doch anders früher, sagt man verwundert, oder hab ich da auch schon immer alles alleine machen müssen, und versucht halbherzig die ganzen schmutzigen karten neu zu mischen, die man in der hand hält, komm, wasche sie, bügele sie, beschreib sie schön, die karten. tant pis, vielleicht im nächsten leben. die alte lampe da hinten auf dem schrank, das ist die sehnsucht, die von all den errungenschaften (was für ein wort. sagen sie mal: erde. wasser. luft.) der erkenntnis vollkommen unbeeindruckt weiter durch die kleinen spalten zwischen satz und ich und der erinnerung geistert, sickert, sickerwasser, nein.
keine sekunde ruhe, deshalb rutschen so minipostings durch, durch das bellen des hundes, den streit der kinder, aber man fühlt sich eklig persoblogging dabei. macht keiner mehr. hey, in 30 minuten muss ich in zehlendorf beim hockey sein, fuck.

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kind, das immer nach der schule den fernseher anmacht, 8 jahre alt, ja, immer nach der schule darf ich fernsehen, einzelkind, gesprächsfähig, sozial aktiv, sport, eltern sehr berufstätig, und ich denk dann immer, ob es die ganzen auseinandersetzungen überhaupt wert ist, das regelsystem, die empörung der jungs, verhandlungen, die ganzen komplizierten systeme, bei denen man als mutter immer immer der ungerechte teil ist (das ist un-ge-recht!!), weil einer gefühlt mehr oder weniger punkte (hier grade so ein punktesystem für tv- und mac-zeiten) hat, als er verdient hätte, oder ob man die kleinen nicht einfach lassen sollte, weil das schiefgehen von kindern vielleicht doch hauptsächlich andere gründe hat, stattdessen der mühsam errungene moment, wenn das kind sagt, es sei gut hier im wald/restaurant/museum/park/spielplatz, meiohmei (grad den morgenkaffee im bett geniessen können, weil die lütten ihre punkte einlösen wollten, um 7:30, und die glotze läuft, draussen sonne und grün, sehr schön alles.)

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