im grunewald („berliner forste“) an einem sonntag nachmittag total allein gewesen, auf schmalen schlammigen pfaden, immer weg von der avus, dann komplett verlaufen. gelegentlich ein pferd. auf einer abgeholzten lichtung mit struppigen gestrüppen dann plötzlich lauter kaum angezogene männer hinter büschen. wo gehts denn zum teufelssee? frage ich und man weist mir die richtung, ich laufe weiter stun-den-lang auf den pfaden, bis mich das vertraute clickern der walkingstöcke wieder auf den rechten weg zurück bringt. der teufelssee ist genauso wie in den achtzigern! nackte und weniger nackte unter 30 und über 50, dazwischen angezogene mütter mit ihren nackten kindern, ein potpourri durch die zeiten. früher war die wiese größer. not? (wie ich da mal lag mit einem ex, aber wir mochten uns irgendwie noch, vor jahrhunderten, wir lagen nebeneinander und unsere kleinen finger gerieten aneinander, ich weiß noch, wie ich dabei auf so eine leicht genervte weise oh no dachte, und dann folgte ein mehrwöchiger salat. das waren natürlich andere sommer damals.)

die jungs nach einer woche ferien mit der kirche wieder heil angekommen, strahlende gesichter, auch der große, der die fahrt eine halbe stunde vor abfahrt total doof fand. wir kriegen einen feriensegen in der segenskirche, alle eltern mit den heimkehrern, ich hab ein unwiderstehliches bedürfnis, den zwillingen die haare aus dem gesicht zu streichen, das geht aber allen eltern so, wie ich beruhigt feststelle, sogar elias lässt sich kuscheln so nebenbei. beim abschlusslied setzt gregor für die hallelujas seine schmetterstimme ein, laut und sicher, die leute drehen sich um nach ihm und lachen ihn an, er merkt zum ersten mal, dass seine stimme hörbarer ist als die der andren. dann ist das lied zu ende, allgemeine aufstehgeräusche, regenjacken werden gesucht. wir gehen vor. gregor bleibt noch sitzen.

nach ein paar metern höre ich plötzlich seine stimme: einigkeit und recht und freiheit, die komplette erste strophe. (wm. da war er jung und prägbar)

sofi

die sofi damals, im alten benz mit einem kind und mann und freunden spontan nach münchen gefahren, um sie ganz sehen zu können, sich albern vorkommen bis zu dem moment, wo es losgeht und man ehrfürchtig ganz still wird, das irre leuchten, die verbindung zum universum, das winzigsein, während der große schatten über einen hinwegläuft – das war großartig, und ich beneide den freund sehr, der das grade erlebt hat drüben in china.

(foto aus einer mail von einem weltenbummler, er weilt grade in dazu, und beim schnellen rückfragen, ob das bloggen okay sei, da gibts schon so ein rauschen im kopf ob der distanz, die da in sekunden vernichtet wird. wie schön das internet ist, und die welt, natürlich.)

sonntag morgen, vollkommene ruhe, sogar der hund schläft noch. das wird jetzt drei wochen so ruhig sein morgens, und abends auch, die jungs sind in den sommerferien, ein großes ausatmen mit kleiner unruhe, was soll ich denn machen mit so viel zeit. (der anfang jedenfalls war schön, merci.)

viertelstunde

das nur-beim-ausgehen-rauchen ist nur gesund, wenn man nur alle zwei wochen ausgeht, jetzt hab ich heut schon wieder, prater mit freundin und kindern, der pratersommer, man kennt die speisekarte auswendig nach ein paar wochen sommer, nudelsalat mit leberkäs, ein bierchen, ein cool aussehender vater zeichnet sein kind, er hat einen richtigen zeichenblock dabei, ein klemmbrett, stifte, ich überlege, mal zufällig vorbeizugehen, weil es ein block ist und kein notizbuch, die blätter fliegen im wind, das kind wie grade aus den zwanzigern hierher teleportiert, mit stoffwindel und kleiner weißer schiebermütze, meine zwillinge mit einer ungeheuren energie auf so einer riesenschaukel, man mag gar nicht hinschauen, einen tisch weiter setzt sich dieser mann hin und sieht immer noch so aus, dass ich plötzlich aus dem gespräch falle und gerne eine weile hinschauen würde (ist das eigentlich normal, an sowas zu denken, also an möglichkeiten, wünsche und chancen, wenn man einen besonderen mann in reichweite hat? man liest so wenig drüber. es ist wie ein schneller und autonomer sinn, er sagt eigentlich nur ja oder nein, der immer neben und unter dem gespräch hin-und herfließt, mal schneller, mal langsamer, synchron und diachron, verknüpfungen findend und suchend, zusammenhänge, begründungen, kleine fröhliche seifenblasen, frei, eine ständige interferenz, die abstände, blicke und sätze hinaufschleudert in die anderen dimensionen, wo sie verloren gehen, weil sie nicht gebraucht werden, weil sie nicht kommuniziert werden in der wirklichkeit, in der die sonne blendet und untergeht und ich nach hause muss mit meinen kindern.) – den mann grüße ich seit ein paar jahren, er grüßt zurück, wir sind nachbarn mehr oder weniger, der wär doch was, meint die freundin, nein, sage ich, anderes kaliber, dann reden wir wieder über schulen und politik und die sommerferien, die kindsväter und den sport und dass es bei yoox grad lauter sandalen gibt, falls das alles länger so bleibt, so großartig, mein ich jetzt.

mein herz ist in ordnung, sagt der kardiologe. es ist unglaublich entmetaphorisiert, mein herz, will ihm ihm sagen, bin aber schon ein bisschen froh, nach 40 jahren diabetes, und es fällt mir total leicht, nicht mal innerlich am thema kleben zu bleiben, dann sitz ich im auto und höre erleichtert (herz okay, herz okay, super, oder, come on) irgendwas von peter fox, dabei kann man so leicht auf dem hintern hin-und herwackeln, während man die sonnenbrille sucht, dann kommt swell, fuck even flow, und ich denke dann so herum, und mir fallen sofort zwei drei männer ein, mit denen ich gern mal, ich würde gern, you know, aber es wird irgendwie immer nix, weil ich an den falschen stellen sichtbar bin für die jungs, well, das ist ja nun auch nichts bahnbrechend neues, und vielleicht klemmt ja noch eine kippe irgendwo, wenn die kinder weg sind heut abend, mit der kippe durch die wohnung laufen, meine wohnung denken, repatrisieren, alles bisschen umdenken, den hebelpunkt suchen, wo man noch was ändern könnte, ohne das es reisst, dann klappt der blick auf, noch vor der danziger strasse, das leben, eigentlich okay, oder nicht? das gute ardoino-olivenöl ist alle, aber ich bin ganz bald wieder in italien, wo mein herz wohnt, ich werde sport machen, der kardiologe hat gesagt, man muss sich einen termin setzen dafür, sonst wird das nix, das stumme und total entspannte ja-abern dann im kopf, während der arzt schallt, synchron mit dem herzschlag, dann kommt ein stück mit so fragen, und ich verfahre mich noch ein bisschen und finde alles ziemlich lustig, mann, die lebenserfahrung, wie die endlich was nützt, wenn zur kurzsichtigkeit die weitsichtigkeit dazukommt, einfach plus obendruff, der falkplan im auto ist kaum noch lesbar, aber hey, die augen werden nicht grau, und nicht der blick.

der mann, sechziger, der eine lange beziehung schrittweise beendet hat, weil sie zu keiner richtigen lebenspartnerschaft geworden ist, zu einer frau, die nicht mit ihm und nicht ohne ihn leben will, eine sich ziehende getrennt-aber-trennung, und der seit ein paar wochen mit klarheit und neugierde bei parship sucht, dieser mann erkennt bei seinem ersten parshipdate die frau, mit der er leben wird, ebenfalls sechzigerin. die beiden stehen um 22uhr knutschend auf dem s-bahnsteig, am tag ihres ersten dates, da steht plötzlich seine exfreundin vor ihnen, auf dem gleichen bahnsteig, zur gleichen uhrzeit, und sieht den kuss.

(it gets better)

mein großer sohn, elias, 10, wird grade in der schule gemobbt, von seinen ehemals besten freunden. sie ignorieren ihn, er muss in den pausen allein auf dem hof stehen, wegen einem bänderriss kann er auch nicht zum hockey, wo die exkumpels alle spielen. wir sind alle dran, eltern und lehrerin, um die untragbare situation zu beenden, aber bis dahin ist elias in der schule ganz still in der opferrolle versteckt, fühlt sich verantwortlich, verteidigt die kleinen tyrannen sogar noch, und zu hause wird er laut, ist ungehorsam und sehr wild. gestern, am putzfrau-minus-1-tag, hatten wir den aufräumstreit, also ich wollte dass er – wie angekündigt, gewohnt und besprochen usw. – aufräumt, er wollte das nicht, und wir wurden laut bei diesem streit. nach dem üblichen privilegienabzug war ruhe, die kinderzimmertür geschlossen, mir war unwohl, weil man dann so zerrieben wird zwischen der allgemeingültigkeit von grenzen, die geben einer kinderseele ja halt und sicherheit, grade in schwierigen zeiten, und der zunehmenden genervtheit, wenn man x-mal auf diese regeln hinweisen muss, nicht gehört wird, lauter werden muss, und so weiter, und auf der anderen seite dem müttermitleid, dem größten auf der welt, glauben sie mir das mal einfach so. einer der momente, wo man die perfektion verfehlt, nicht souverän genug ist, geschenkt, es gibt manchmal keinen richtig richtig guten weg. das ist erziehungsalltag.

jedenfalls klingelt es plötzlich an der haustür: elias steht unten. ich frage ihn, wo er denn war, er sagt: überraschung. dann kommt er hoch und überreicht mir die gala, die er am kiosk für mich gekauft hat, um mich zu versöhnen. sie enthält dieses special. sie wird eine weile auf dem sofatisch liegen, mit diesem scary wachspuppengesicht auf der frontseite, und wenn jemand fragen sollte, weswegen ich die aufhebe, werde ich erzählen, dass ich diese gala supertoll finde, sie unbedingt haben wollte und froh bin, sie zu haben.

(wusstet ihr, wie schnuffig ein typ namens jamie burke aussieht? musiker! und model, und die beautys wie lindsay lohan (l.) und sienna miller stehen schlange.)