sommer 1987

ich war verliebt und es war schön. der mann hieß f., ich weiß nicht mehr, wie wir zusammenkamen, weiß nicht mal mehr genau, wie lang wir zusammenwaren. ich wohnte damals als letzte mieterin in einem hinterhaus in der wrangelstr., alle anderen waren schon ausgezogen, das haus sollte renoviert oder abgerissen werden, irgendsowas. es war sommer, im winter würde ich ausziehen, denn die heizung ging schon nicht mehr. ich hatte wenig geld und einen heißhunger auf diese rosane fleischwurst aus dem supermarkt, mit muskatnuss drüber gerieben, aß das täglich, konnte gar nicht glauben, dass mir etwas so leckeres noch nicht früher eingefallen war, oder dass nicht jeder dauernd fleischwurst mit muskat haben wollte, erdbeeren waren der andere glücksbringer, ich glaube, noch nicht bei den karls-hütten, erinnere mich aber null daran, wo ich überhaupt eingekauft habe damals, außer bei bolle natürlich. bioläden gab es auch noch nicht.

ich war noch nicht lange wieder in berlin (bin hier geboren und mit 5 weggezogen) und hab auf der suche nach ärzten bei den unikliniken angefangen, hab mich bei einem arzt in der pulsklinik vorgestellt, weil es für diabetikerinnen schwierig ist, eine gute verhütung zu finden. meine periode war unregelmäßig, meistens viel zu oft, ich war genervt, alle 3 wochen ging es los, dann mal ein paar wochen gar nicht, ich wollte eine pille, weil ich damit die meisten probleme los werden würde. der arzt klärte mich auf, dass die pille bei typ einsern nicht ratsam sei, das würde er nicht machen, er sagt mir, ich würde sowieso nicht schwanger werden können mit meinem kurzen zyklus, ich sollte mich wieder melden, wenn ich ein kind wolle, weil dann müsste man was machen. okay, dachte ich, war erleichtert und dachte nicht mehr weiter drüber nach, wurde erst mißtrauisch, als neben der muskatwurst auch der gedanke an saure gurken einen heißhungerreflex auslöste.

ich suchte mir eine frauenärztin in neukölln, stellte mich vor und ließ mich testen. bingo! noch in den ersten 12 wochen, was ich denn tun wolle, fragte sie, mit dem diabetes sei es ja nicht so einfach. ich hatte ein paar jahre vorher von einer ärztin gehört, ich solle lieber keine kinder bekommen, weil „was sollen ihre kinder mit einer blinden mutter?“, hatte diesen satz betrauert und beschlossen, mich nicht danach zu richten. trotzdem wollte ich mit 22 kein kind. der mann, der eigentlich, wie mir ein freund mitgeteilt hatte, total gegen abtreibungen war, wollte auch kein kind, oder keins mit mir, zumindest nicht dieses kind. die ärztin schickte mich ins krankenhaus neukölln, ich weiß gar nicht mehr, ob ich vorher eine beratung hatte oder nicht, es war aber kein aufwand. das einzig wirklich unangenehme am eingriff war der arzt, der mit ein paar studenten, alle in meinem alter, in den raum kam, als ich schon auf dem stuhl lag, und fragte, ob ein paar praktikanten dabei sein könnten. ich habe nicht nein gesagt, weil ich dazu nicht in der lage war, ich war halt aufgeregt, fühlte mich aber extrem scheiße dabei. die pumpe musste ich abnehmen, hatte sehr hohe werte danach, die keinen weiter gekümmert haben. nach ein oder zwei tagen war ich wieder zu hause. ach ja, eine frau neben mir im zimmer, die einen teilweisen abbruch hatte, wo das kind nicht ganz geboren war, sehr grausam, die weinte und litt. f. kam mich besuchen, die beziehung ging ich glaube in den monaten danach auseinander, nicht wegen dem abbruch, es war einfach vorbei. der f. hat in den jahren danach noch drei kinder bekommen, sogar ein viertes, ungeplantes, das hat er mir erzählt, als ich in vor ein paar jahren mal in meinem kiez getroffen habe. wir haben glaube ich nicht mehr drüber geredet, aber hatten auch kein bedürfnis danach, ich erinnere es aber nicht mehr. es war jedenfalls eine klare entscheidung. ich denke manchmal an das kind und zähle es dazu, im stillsten kämmerlein bin ich eine frau mit 4 kindern.

als ich 2000 mit den zwillingen schwanger wurde, hatte ich riesige angst vor der schwangerschaft. die erste mit dem großen war sehr schwierig, ich bin andauernd unterzuckert, musste einen hba1c von 5 halten aus sorge vor schäden beim kind, bin umgekippt und ein paarmal im krankenhaus aufgewacht, große angst davor, dass der große schäden davontragen würde. es gab noch kein cgm, ich habe andauernd getestet, hatte eine wunderbare betreuung, auch in der pulsklinik, bei einem großartigen arzt, dr. rott, der immer genau das richtige getan und gesagt hat.

der große war anderthalb, als ich wieder schwanger wurde, es ging ihm gut, aber. meine frauenärztin (eine neue im neuen kiez) hat mir gesagt, es sei eine hochrisikoschwangerschaft, wie die erste, aber vermutlich nicht schlimmer. ich könne die schwangerschaft auch beenden, wenn ich angst hätte, ich würde sicher schnell wieder schwanger werden. ich bin dann mit dem mann zu einer beratung gefahren, das war pflicht, ich glaube, es war eine diakonische, und habe dort mit einer frau gesprochen, ich erinnere mich leider nicht an das gespräch. es lag nicht am gespräch, dass ich die kinder behalten habe, aber die totale entscheidungsfreiheit, die mir und dem mann gegeben wurde, hat mir diesen weg möglich gemacht. ich schreibe „und dem mann“, weil er dabei war die ganze zeit, aber es war zuallererst meine entscheidung, ich wäre ernsthaft gar nicht auf die idee gekommen, dass es irgendjemanden außer mir selber etwas angehen könnte. wenn der vater die kinder gewollt hätte, ich aber nicht, hätte ich mich überzeugen lassen? ich weiß nicht, was passiert wäre. das ist auch so eine sache, die frau erleben muss, mit einem kind im bauch ist alles anders, alte überzeugungen sind nicht mehr relevant, es liegen plötzlich ganz neue, unbekannte karten auf dem tisch. es verändert alles, grundlegend.

nach dem gespräch wurde es sehr schnell sehr klar, dass ein abbruch nicht in frage kommt. zwei gesunde embryos abtreiben, nur weil ich lieber nur eins hätte, mir nur eins zutraue, das war undenkbar. es waren ja wunschkinder, zwei für den preis von einem, aber ich brauchte die freiheit, die mir meine ärztin gegeben hat, ich musste auch zu dieser selbstverständlichkeit selber hinfinden. sie war nicht gegeben, sie ist nicht da, wenn es dein leben, dein körper, deine gesundheit ist, dann muss es dein ganz eigener weg zu einer entscheidung sein, dann ist selbst der moralisch eindeutig richtige weg nicht sofort zugänglich. ich bin der ärztin bis heute dankbar.

die zwillingsschwangerschaft war dann vollkommen problemlos, stabilerer blutzucker, keine schweren hypos, alles easy, ich war ein entspanntes raumschiff und habe es genossen. als hätte der körper sich inzwischen dran gewöhnt.

die neuköllner ärztin habe ich in den 2000ern noch mal beim tango getroffen, als ältere dame, im estudio sudamerica in der brunnenstrasse. ich habe sie begrüßt, mich vorgestellt, ihr von meinen kindern erzählt und mich für die unkomplizierte hilfe bedankt, die ich damals von ihr bekam. sie hat sich erinnert, und hat sich gefreut.

der staat hat bei keiner entscheidung, bei keinem dieser wege zum kind und gegen das kind irgendeine rolle gespielt. warum auch? es geht ihn nichts an. ich wäre gar nicht auf die idee gekommen, es könne ihn etwas angehen, nichts ist mir näher als mein körper, meine geschichte, meine persönlichkeit. mein kind, schon der vater ist weiter entfernt. es macht mich wirklich wütend, wie in den usa der staat diese zutiefst privaten entscheidungen übernimmt, er mischt sich ja nicht nur ein, er übernimmt sie vollkommen, über das leben von frauen und kindern, und männern ja auch. das ist zutiefst missbräuchlich und übergriffig.

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die liebe geschieht, wie es in ihrer macht steht, weil sie ist, pure gegenwart, ein wirbel, ein vogel, der fliegt und nicht landen muss, zwischen den sätzen und tageszeiten, sie ist ein schatten, nur kurz sichtbar, einen atemzug lang, und nachts guckt sie in den sternenhimmel, während die zeit zu schnell vergeht. all ihre schönheit passt in eine kleine berührung, mit der sie aneinander vorbeigehen, ein lied, das niemand singen darf, als wäre nichts, und nichts passiert. nichts ist passiert.

alles ist gut.

„Historische Umkehrung: nicht mehr das Sexuelle ist unschicklich, sondern das Empfindsame – verpönt im Namen dessen, was im Grunde nur eine andere Moral ist.“

in meinem sinnlos zerlesenen fragmente-einer-sprache-der-liebe-band nach der vox „zweifel“ gesucht, nichts gefunden, trotzdem, wie immer, eine lange weile später mit ein paar trovaillen, im sinn von schätzen, kleinen, fast dingfesten gedanken wieder aufgetaucht. (zitat aus: suhrkamp tb s. 182.)

ursel ziebarth ist nicht mehr.

frau ziebarth ist am 20. märz gestorben. die großartige, deren lebenshunger noch für weitere 100 jahre gereicht hätte. habs grad erfahren, ich habe letzte woche noch bei ihr geklingelt, weil ich sie zum theater abholen wollte. sie hat nicht aufgemacht. verabredet hatten wir uns 2 wochen davor, ich habe sie noch anrufen wollen vorher zur sicherheit, und sie ist nicht drangegangen. da war sie schon tot.

(mit ursel ziebarth im BE, festvorstellung zu ihrem 95. geburtstag. ich hab leider kein bild nur von ihr, und wollte mich nu auch nicht rausschneiden)

man könnte bücher über sie schreiben, aber das hat sie selber gemacht, über 2 dutzend, erst das letzte über ihre zweite heimat, nach der literatur und den menschengemachten schätzen, die sie gesammelt hat, endlich ein buch übers theater nämlich. das BE war ihr zuhause, bis reese kam, danach ist sie nicht mehr hingegangen, kann ich auch verstehen. das BE hat ihr eine echte ziebarth-gala gegeben zu ihrem 95., hermann beil, der dramaturg, hat mit seiner wunderbaren stimme aus ihren büchern gelesen in der box oben im theaterhof, herr müller hat ihr die treppen hoch geholfen und sie zu ihrem sitz gebracht, wenn sie kam, ein paar mal jede woche, jedenfalls solange peymann noch intendant war.

„was ist dein lieblingsbuch?“ war fast ihre erste frage, als wir uns nach meiner rückkehr nach berlin irgendwann in den achtzigern neu beschnuppert haben, auf vermittlung meines vaters. sie war mit ihm befreundet, der in den 60zigern mit ihr im DIW gearbeitet hat, und kennt mich seit immer, also länger als ich sie kenne. mein gefühl war so eine mischung aus respekt und ratlosigkeit, was  so eine alte dame (ich war jung damals) denn mit mir anfangen könnte, und ich mit ihr. ich hab damals bulgakow genannt, meister und margerita, und sie war einverstanden und hat mich auf eine atemlose weise sofort in ein gespräch über literatur gezogen. lesen schien überhaupt das einzig notwendige nach den treffen mit ursel ziebarth. „was liest du?“ war in den jahren danach immer ihre erste frage. die bücher, die ich ihr zum geburtstag schenkte, lagen oft schon auf oder unter dem tisch in ihrem zimmer, ihre bücherwand war voll bis zum letzten quadratzentimeter.

vor ein paar jahren hatte ich mich vergriffen, und ihr sterben geschenkt, von knausgard. „da hast du meine souveranität überschätzt“, hat sie gesagt, und es mir wieder mitgegeben. ich hab dann einen anderen band der reihe gebracht, sie: „das buch ist interessant, aber viel interessanter wäre es zu verstehen, was du daran findest.“

ach ach.

in meinen theaterjahren habe ich sie auf den premieren getroffen, nicht nur im BE, sie war immer da. aus respekt vor den künstlern, oder generell aus respekt vor dem theater an sich, wollte sie sofort nach dem schlussapplaus keine meinungen hören, anders als ich, bei der dann immer alles rausblubbert.

die kategorie futility passt nicht zu ihr, mit all ihrer präsenz. hab ich den haken wieder wegemacht.

sie war eine neugiernase, wollte alles genau wissen, liebes- und arbeitsdinge, familie, freunde und kinder, ich glaube, auch wegen ihres sammlertums, und weil auch die ganzen lustigen geschichten ja dazugehören, liebschaften, abenteuer, chefs, nichts irdisches war ihr fremd. ihr bild vom menschen und von ihren freunden umfasste eben alles, also musste sie alles wissen, damit der mensch ganz und wahrhaftig da war. oder? ach. wenn ich sie danach fragen würde, sie würde einen klugen und pointierten satz antworten, der das thema elegant ad acta legt.

david mit krone, bei frau ziebarth im okt 15

die söhne haben sie kennengelernt, einer figur in ihrer wohnung die ohren abgebrochen („kann man reparieren, aber passt jetzt lieber auf“), auf ihrem brecht-stuhl gesessen und fragen gestellt. zum glück.

ihre sammlung. was schön ist: angesichts ihrer persönlichkeit war die sammlung nicht mehr so wichtig, sie war ein teil von ihr, aber nicht alles. ich trauere um sie, denn sie ist nicht mehr da, ihre sammlung wird ein zuhause finden, aber ohne sie sind es nur noch sachen, die geschichten zu all den dingen, das herz und die seele der gegenstände, die waren nur in ihrem kopf. wie ihr eine bestimmte statue eingefallen ist, oder ein kleiner löffel, oder ein stein, und dann hat sie oft gesagt „wir können ebensogut mal schnell hingehen“, um die statue selber in der hand zu halten, den stein ans licht. was man anfassen kann, ist da.

die ganze weite welt hat sie bereist dafür, „aber jedes land nur einmal“.

ihr langes, in wilden dutts und zöpfen hochgestecktes haar, schwarz bis zuletzt. die schönen kleider, mit spiegelchen, aus indien und den ländern, die sie bereist hat. die männer, denen sie ihr herz geschenkt hat, über die sie auch ein buch geschrieben hat, und die sich glaub ich würdig erwiesen haben.

ach, ach. ich war mir sicher, sie würde den tod überlisten können. mit dem tod kann man ja nicht verhandeln, aber für jemanden wie sie sollte es sowas wie eine ehrenrunde im irdischen geben, damit alles sich von ihr verabschieden kann. sie war einzig. ihr tod zieht und zupft und zerrt an der welt, sie war überall verwurzelt und hatte diese tausenden kleinen anker der welt in ihrem zuhause. ich hoffe, du hast sie bei dir, und auch etwas von uns. eine liebende ist gegangen. möge die erde dir leicht sein, liebe muschi. sehr traurig.

 

edit: ein wirklich schönes portrait im tagesspiegel, von johannes laubmeier

ein arg kurzer nachruf im tagesspiegel vom 17. april

ein gefilmtes interview mit ihr aus einer videoblog-reihe, einen monat vor ihrem tod

entlieben, mäandernd

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frau fragmente hat einen sehr schönen text übers entlieben geschrieben, und da fühle ich mich irgendwie auch als profi, hab ich mich doch genauso oft ent- wie verliebt, ungefähr alle zwei bis drei jahre.

erlebe mich nach dem entlieben nicht wie ein neues selbst, eher wie in einer vorübergehenden verhärtung des jetzigen, weil ich die gefühle ein paar monate lang intensiv verdrängen und nicht zulassen darf, ich muss sie richtig austreten wie einen funken, es sind ja immer großartige und strahlend sichere gefühle, ein mächtiges ist so. nach der trauer kann ich dann wieder aufmachen und bin mir wieder näher.

fragmente schreibt: „Die Hoffnung ist die zerstörerischte Kraft überhaupt“, das ist ein bitterer satz, aber der moment der klarheit kommt leichter und schneller mit den jahren, man erkennt das alte im neuen und kann schneller darauf reagieren, obwohl, manchmal wünsche ich mir einen modus, der das kämpfen ermöglicht, gegen die erfahrung und das offensichtliche, alles setzen, nicht nur leise für sich, sondern offen und für den anderen, tun, was man kann, weil jede liebe schutz verdient? wäre das freiheit oder masochismus? da bin ich mir auch noch nicht so sicher, praktiziere aber den kontaktabbruch, als sichersten weg. wir waren ja auch beim entlieben, das beginnt erst am ende der strategien.

ich erinnere es als wirkliche arbeit, erleichtert durch das bei fragmente erwähnte abflauen des oxytocins (wenn es nur oxytocin ist, war es keine liebe),  die entmutigung, wenn mal wieder klar ist, dass es nix wird, weil man ja eine body&soul-sicherheit („ja. alles.“) wegdenken muss, die so real ist wie der tag, besonders in der endorphinösen phase, über die ich leider nie hinausgekommen bin in den letzten 12 jahren. immer als kalten entzug erlebt, mit der liebe geht ja auch die intensität der wahrnehmung, dieser unverschließbare zugang zur welt. den abschied von vornerein als unvermeidbaren und ebenso vergänglichen teil des abenteuers begriffen.

es gibt schönere bilder für die liebe, sie drängen selbst in einen versuch übers entlieben. love is.

es gehört dazu, wenn es mich mal wieder erwischt, plane ich das entlieben im kräftehaushalt von anfang an mit ein, wird es gehen, hast du genug ressourcen, geht das noch einmal? lohnt die liebe das erwachen, ist es das wert? hast du zeit dafür grade? es ist ein zu erwartender preis, den man für ein paar tolle wochen oder monate zahlen wird, ich möchte heute keine meiner lieben missen (gut: fast keine), ich erinnere die magie und nicht den kummer danach. die praxis verhilft einem zu einem zustand, der erst nach dem dritten oder vierten korb möglich wird: entspannte freiheit im und von dem mangel, er wird zum blinden fleck, mit dem ein gutes leben möglich ist. darauf kann man sich verlassen auch im entlieben, es gibt andere dinge, kinder, freunde, bücher, arbeit. musik.

und die so bezaubernde wie nagende erkenntnis, dass jede liebe bleibt, einen fußabdruck hinterlässt, den man auch nach jahren noch wiedererkennt. mein pathostroll dazu: dein zertrampeltes herz!

wäre neugierig darauf, wie es sich das selbstfahrende entlieben anfühlt, ohne ein nein als auslöser, in einer langjährigen beziehung, als normalen prozess ohne trennung. ich stelle es mir wie ein verebben auf normalnull vor. ändert sich so eine liebe nicht sowieso alle paar jahre (oder jahrzehnte, how should i know), und man muss seine neue form im alltag erkennen, würdigen und feiern, als bewussten erkenntnisprozeß? bei dem dann die gefühle magischerweise auch ohne rausch überleben, in anderer form.

also yeah, wie immer: still not saved. won’t happen.

and if you listen very hard

wir sassen zu viert oder fünft im dunkeln, natürlich um ein feuer, es war zwischen zehn und elf uhr abends, es gab damals in den achtzigern keinen hinweis darauf, wie schwer es einmal sein würde, die einzigartigkeit solcher abende über die nächsten dreissig jahre zu retten. mit der liebe geht das leichter, bei den guten geschichten bleibt das besondere im zentrum der erinnerung, der moment dieses einen kusses, die sekunden davor und danach, nicht die dutzend clichees und tausend filme und die milliarden anderen küsse auf der welt (es gibt natürlich keine milliarden lagerfeuer mit teenies drumrum, sollte es aber.) guido hatte damals wie immer die gitarre, musik flog ihm zu, er spielte auch noch klavier und querflöte (jethro tull), schrieb lieder und war vollkommen zuhause, wenn er spielte. wir hatten kastanien im feuer, es war also schon herbst, redeten, rauchten, sangen oder schwiegen und machten witze. das alter, wo man noch aufgehoben im moment ist, in den minuten vor und nach dem jetzt, mit allen sinnen die blicke spürt, die nacht, die fragen, die hoffnung, ob da nicht etwas möglich sein könnte bei dem einen ihm, der dabei war, ausnahmsweise, weil er sonst mit einer anderen clique unterwegs war, und wie zum teufel ich es schaffen könnte, näher an ihm dran zu sitzen, während das feuer langsam runterbrannte, und guido immer weiter spielte. dann kam eins der stücke, von denen ich jede strophe kannte, ich hab lauter gesungen, weil er auf der anderen seite sass, die anderen wurden still, und plötzlich singt man alleine, sicher und ohne jeden sicherheitsabstand zu den eigenen gefühlen stairway to heaven, alles gelingt dabei, der song wurde dafür geschrieben. (er hat mich an dem abend nach hause gefahren und ist mitgekommen. magic night.)

pssst

wenn ich ein bisschen flirte, dann meine ich das genau so, nichts halbes und nicht ganzes,  als spiel und als kompliment, und wenn ihr das bemerkt, nehmt es einfach als lebenszeichen, es macht spass, all den kram nur anzudeuten, der sonst mit viel aufwand gelebt werden muss, ein kleiner kick sexiness, ein erinnerung an das, was ihr euch wünscht, also jetzt nicht mal von mir. ein lüften der ollen decke über all dem, was fließt und atmet und sich mitteilen will, weil es geht.

(in italien aufgewachsen bin ich. dort ist es unhöflich, gar nicht zu flirten, und deutschland macht mich echt fertig mit all seiner funktionalen angst vor missverständnissen. ein kleines ich seh dich ganz, and I like it, und ich will dich nicht heiraten.)

(das leben als single)

eins null

twoday

10 jahre hotelmama, wer hätte das gedacht. vielen dank fürs lesen und kommentieren und verlinken, für die freundschaft und für die drinks!

ein paar gute texte sind dabei, vielleicht kommen auch noch ein paar, ich bleib dran und mache einfach immer weiter. bloggen ist die perfekte form der öffentlicheit für solche wie mich.

valentines

großer sohn hat erstes valentinsdate seines lebens, mit seiner freundin, sie gehen schlittschuhlaufen, nachmittags, und danach „mal sehen, weiß ich nicht“. er fragt mich, ob er sie einladen soll oder nicht, sie wünscht sich eine weiße rose, glaubt er, weil sie so nebenbei mal erzählt hat, wie sehr sie weisse rosen mag, „und das ist doch ein hinweis, oder?“ er versucht, es zu verbergen, aber er leuchtet ein bisschen, so in den mundwinkeln und im blick, ich bin still, was mich einiges kostet, vor allem wünsche ich mir, dass er nichts vergisst von all dem. er sammelt noch keine momente wie wir großen, es ist alles sehr undramatisch und auf eine geschützte art normal, keine erfahrungen und keine ängste, blanko, und sie wissen ja noch nicht, was wichtig werden wird von dem, was sie erleben. es macht ihm sorgen, worüber sie reden sollen, wenn es mal eine pause gibt, das beschäftigt ihn am meisten. es scheint, als ob die tvshows, das internet und das gerede genauso aussen vor bleiben wie die phantasien der erwachsenen, ich denke, also so von meiner position persönlicher ahnungslosigkeit, wenn sie mit ihren special ones allein sind, dann ist der raum gut gefüllt mit gegenwart und synchronizität, da passt kein gerede dazwischen.

abends rufen der reihe nach seine freunde an und wollen ihn sprechen, aber ich weiss nicht, wo er ist, ob bei ihr oder bei seinem vater, er hat sich bei meinen nachfragen vorher aus der antwort rausgehmmst.

ich selber hatte die zweitbeste art verabredung an so einem tag (es ist so einer, weil er einen daran erinnert, ob man will oder nicht), mit meiner besten freundin, es ist kaum ein wort über männer gefallen, vielleicht ein paar lakonismen in nebensätzen.

frei

frei von begehren sein, zumindest frei vom wertsystem des begehrens, ob das geht? ist der mangel schon in die grundfeste eingebaut, weil sich niemand dafür interessiert hat, was und wer und wie man eigentlich ist, oder ist die wahrnehmung des mangels so integrativ heutzutage, und dabei sofort  verfremdend und vom eigentlichen entfernt (wegen dem allgemeinen habenwollen als lebensmaxime, erfolg, liebe, geld, ökonomisch und psychosozial), dass man sich da nicht mehr ganz rausdenken kann? ungute mischung von beidem wahrscheinlich. ohne funktionierende arbeits- oder liebesbeziehung geht es wohl nur, wenn man schon vom naturell her in sich ruht, also ruhe als ein zustand, der keinen ständigen input braucht, keinen austausch, aber wäre das dann nicht schon stillstand, nichts lebendiges mehr?

mich macht die trauer darüber dünnhäutiger, als mir lieb ist. besser sublimieren, klar, bleib ich dran, aber wenn ich vor 11 jahren gewusst hätte, was auf mich zukommt, ich hätte mehr getan, um die blöde ehe nochmal zu retten. ich bin daueroptimistin und neige zur lebensfreude, aber es war wohl naiv, in meiner lage und mit der, die ich bin, auf neue häfen zu hoffen. es ist eher dauerwerft und dauerwurst. aber es muss doch, wie rühmkorf sagte, einen zweiten weg ums gehirn rum geben, not? also zufriedenheit ohne mann und mit eher imaginärer beruflicher bestätigung. habt ihr bücher oder ideen zum thema? bis dahin, liebe kinder, bleibt bei euren partnern, wenn ihr mehr als zwei kinder habt und eine frau seid, für männer gildet das natürlich nicht. gar nicht. isso.

 

laut, leise, kaschmir

this song will help you when you’re old
this song will heat you when you’re cold
believe you when I don’t
this song will heal you from your soul

dieser eine song, der immer mal wieder aufhört oder leiser wird, oder es singt ihn jemand anders eine zeitlang, aber eigentlich ist er eingeschrieben und undeletable in all dem kram, der uns zum lachen bringt, obwohl wir nicht wollen, zum hinsehen und tiefer atmen und nicht mehr wissen, wie spät es ist, und dann sackt er wieder weg, tiefer in die nervenbahn, ins große netzwerk, baby, nie werd ich das im griff haben.

wie der hund sich enger an die wollpullis kuschelt, obwohl nicht mal schnee und kälte durch ihr fell kommen, oder ist es eine haltungsfrage? meine ruhe, dieser kleine extratick angekommensein, die kaschmirs sind warm und so weich, dass die finger kaum durchwollen zur substanz, sie wickeln dich nochmal ein, auch wenn das sonst keiner tut, denn der sommer ist durch, and you’re still not saved.

(oben: badly drawn boy, this song)

unten am fluss

da musst du hingehen und die anderen finden, die mit den guten sätzen und den vielen geschichten, die noch hinsehen, weil sie halt so sind. die einen weg gefunden haben, freundlich zu bleiben, die es bis dahin geschafft haben ohne dressur, die sich fallenlassen können einfach so, ohne es zu merken, weil der fluß grad trägt. als wärst du sicher und der andere auch.

 

kaltstart?

menschen in beziehungen, darf ich um eure geschichten bitten?

wann habt ihr euch verliebt? eher in den ersten minuten oder sekunden, oder erst im laufe des kennenlernens? ist es  nach der ersten nacht passiert oder in den wochen danach? war es von anfang an anders zwischen euch, oder ist das andere langsam lauter geworden wie so ein basso continuo, den man erstmal nicht wahrnimmt und dann in jedem atemzug spüren kann? erinnert ihr den moment noch, in dem sich das gewisse etwas zwischen euch gezeigt hat und ans licht kommen wollte, und was war es davor?

ich frage aus neugierde, bei mir war es bisher fast immer sofort, manchmal sogar auf den ersten blick. auf der einen seite ist mir da das risiko zu hoch inzwischen, ich bin deutlich broken hearted, auf der anderen ist es zuwenig planbar, es passiert viel zu selten oder beim falschen. bei meiner suche begegenen mir bislang erstaunlich viele okaye bis tolle männer, kluge, freundliche typen, die mitten im leben stehen. vielleicht ginge es ja auch erstmal ohne große gefühle? und ohne diesen besonderen funken, der die dinge zum leuchten bringt – hmm. wüsste ich gerne.

(abt. luxussorgen)