hier gibt es ein paar wochen pause. ich geh besser mal frühling tanken.
Kategorie: tagebuch
wenn bei allen angerufenen das besetzt-zeichen ertönt, rufe ich immer erst einmal einen freund an, der nie telefoniert. wenn da auch besetzt ist weiß ich, es liegt mal wieder an freenet/1&1. bei 1&1 ganz neu und eher frech, grad eben: „lieber kunde, diese nummer ist nicht vergeben“.
der moment, wenn die sonne fast untergegangen ist, der regen feiner wird und die scheinwerfer der autos auf der gegenfahrbahn in helle lichtwolken verwandelt, sie sehen kompakt aus, wie eine kinderzeichnung. die autobahn in einem spiegelnden glanz, etwas heller als der himmel, die spuren nicht mehr unterscheidbar, alles glitzert. ich fahre 160 und merke es gar nicht, mit jeder zelle im jetzt.
dann wird in nur wenigen minuten der regen zu dichtem schnee, die temperatur sackt von 7 auf -1 grad, der schnee unter den reifen gibt ein leises aquaplaning-geknatter von sich, der wagen liegt nicht mehr auf: die einzige wetterlage, die mich eher nervös macht. inzwischen ist es ganz dunkel geworden. später gleichzeitig das schild Berlin 89 km und ein wagen, der mit einem dreher im graben landet, wie ein tusch: wusch, es sah schnell und elegant aus, er kippt auf die seite am ende. ich bin müde nach einem langen tag und habe gar keine lust auf so einen unsicheren untergrund.
überhaupt noch nie einen winter so satt gehabt wie diesen, echt, mal unter frauen: die trockene luft, die trockene haut, die menge an feuchtigkeitscreme, die aufgeladenen haare immer, die handschuhe und mützen und schals, die dicken jacken. die klobigen schuhe.
angenehmes zuhausesein. neben mir auf dem bett liegt mein hund, sein kopf dicht an meinem arm, und grunzt ab und zu sehr entspannt. am freitag kam jemand vorbei, als die kinder noch da waren, setzte sich in die ecke, während ich klavier, flöte und hausaufgaben entsampelt habe, und als die jungs abgeholt waren, nahm er mich erst ins kino mit und dann in den gugelhof, wir redeten über beziehungen und familien, über denkmalschutz und politik, die kirche und frau hegemann, ich habe auch versucht, über rezepte zu reden, aber das echo blieb eher mau, es gibt halt keine männer, mit denen man über alles reden kann. das geht nur mit frauen, oder nicht? ich wurde eingeladen, und das fand ich schön, obwohl da nix läuft zwischen uns, wir sind seit 11 jahren alte freunde, aber ich bin da ganz klassisch und freue mich immer, obwohl ich es dann nicht immer annehme. man muss dich zwingen zu deinem glück, hat er gesagt, und ja, da hat er wohl recht.
samstag mit jemandem unsere hunde trainiert, bis es zu kalt wurde dazu, danach leckeren nudelsalat von madame nigella und die letzten kekse von letzter woche verputzt. entspannung total, der kinderstress ist verflogen und sie fehlen mir schon wieder. mein horoskop verspricht mir in den nächsten wochen „uncanny intuition“ und „plain old telepathy“, aber nee, lieber nicht, wobei die intuition hat ja einen charme, wenn sie grade stattfindet, das unmittelbare aufflackern von gewissheiten, dann weiß man halt noch mehr, aber wozu, echt das gefühl: ich weiß genug von leuten. pfff, gar keine lust auf den frühling.
ich habe heute einen erfreulichen sieg gegen das internet errungen und mir schon wieder keine kitchen aid küchenmaschine gekauft, weil der alte braun krups-handmixer doch genauso gut und schließlich schon immer, und so weiter. hat jemand so eine schönheit zuhause, lohnt sich sowas, bei vielleicht 3 bis 4 teigen pro woche? ich schätze, ich kann vielleicht noch eine weile wiederstehen. und statt endlich meinen heyse und die hustvedt fertigzulesen wollte ich dann überraschend nach oklahoma auswandern, mir einen cowboy suchen und ein paar gemüsebeete anlegen, ich weiß auch nicht, weg, weit weg, woanders. die lady hat ebenfalls eine schwäche für starke männliche unterarme, das war mein zugang, glaube ich.
die jungs streiten morgens wie die bierkutscher, mittags wie die köhler, abends wie die kesselflicker. dazwischen führen sie stille kriege. ich soll mal anwältin und mal general und mal henker sein, wenn alle „er hat gesagt“ und „nein, er hat gemacht“ – sätze auf papier stünden, müsste ich meine bibliothek auslagern. der hund ist unparteiisch und bellt immer mit. die kriege werden am wochenende hauptsächlich zwischen halb 8 und halb neun geführt, dann machen sie eine frühstückspause, dann geht es frischgestärkt in die nächste schlacht. der kontakt mit muttern wird durch das wort nein bestimmt, nein, keine hausaufgaben, nicht aufräumen, keine instrumente, keine haushaltsaufgaben. zwischendurch gibt es momente reinster magie, wenn sie mal 30 minuten lang still miteinander spielen. ich bin innen bröselig wie ein mürbeteig, auf dem jemand dickes gesessen hat. ich brauche eine revolution, nach der ich ein paar wochen absolutistisch regieren darf, zur erholung, bitte. krönend über allem tragen die kinder krankheiten im leib, seit september erkältungen, bronchitiden und übelkeiten. und als sie dann in der letzten woche zum ersten mal alle gesund waren, hat sich gregor die bänder am fuss gerissen. darum ist das blog so leer grad, ich krieg den kopf nicht aus dem chaos. jetzt grade habe ich sie mit dem hund rausgescheucht, oh himmlische ruhe. vielleicht einfach mal die klingel nicht hören?
in einem fenster meiner apotheke steht seit einigen wochen ein fernseher, darauf zu sehen unzählige berühmtheiten, die mit einem flowerpower-grinsen den satz sprechen: ich höre auf mein herz, und nicht auf meinen kopf. ich finde so eine öffentliche deklamation sehr effektiv, ich rege mich jedesmal drüber auf, mit dem kopf und dem herz, come on, gefühle? wenn sie klar und rein sind und aus einem graden fluss ungestörter persönlichkeitsentwicklung stammen, aber wir hier sind ein labyrinth aus undurchschaubaren rinnsalen, kanälen, staudämmen und verborgenen quellen, und das wasser ist brackig geworden über die jahre.
der genuss, für die ferienwoche jeden kindertermin einzeln aus dem kalender zu löschen. 11 termine für drei kinder, wie immer bei diesem ritual denke ich übers einschränken nach. aber verzichten worauf, auf musik oder sport? der hockeyverein (im schnitt 5 mails täglich) kündigt ferientraining an, ich werde fast aggressiv.
davidzwilling guckt queen auf youtube. mama, die haben schon mal bei uns auf dem schulhof gespielt! ich sage nein, das war die elternband.
die wollen auch auf der elternparty spielen, ich gehe eigentlich gerne hin, es sind nette eltern dabei, aber wegen einer party solche musik hören? ich weiß nicht. die menge an welten.
die zwillinge spielen ein theaterstück vor, ich vorher: aber gewaltfrei, mit worten, nicht wie sonst immer als japanischer animationsfilm. hase und ente bekämpfen sich trotzdem und verzaubern dafür ihre penisse, der penis des schwächeren wird rosa und er verliert damit die weltherrschaft. ich weiß bescheid und gehe essen kochen.
der mode anheimgefallen, weil neue jeans hermussten. jetzt diese slimmen dinger gekauft, fühlt sich an wie sportzeug mit all dem elastan drin. man ist teilweise salami, teilweise 14 jahre jünger, je nach körperhaltung und sitz der scheuklappen vor dem spiegel. ich trug die gleichen hosen mitte der achtziger, da war ich 20, und die mode hatte etwas existentiell klares, also nicht die engehosenmode speziell, sondern der feste draht zwischen mode und ich, es waren unmissverständliche aussagen, es war eine metafreie zeit.
ich weiß noch, die morgendlichen tramfahrten in die schule, wenn beim sitzen so ein hohlraum zwischen den oberschenkeln entstand, wie unangenehm der war, weil er zuviel entblösste vom körper, und vom frausein wahrscheinlich, aber daran erinnere ich mich nicht mehr. (die breiten schultern und karottenhosen und der strass, das war für frauen, und frauen waren immer alt. wir waren mädchen.)
massnahmen gegen vampire: aufklärung, weißt du, wo die geschichten über vampire herkommen? psychologie, wann sind dir denn denn vampire eingefallen? wovor genau hast du angst? ablenkung, morgen ist schule, da siehst du konstantin wieder, und fussball! schließlich mimesis, hier ist knoblauch und da ist ein holzkreuz von deiner taufe. klammheimlich die versuchung, dem kind von sibiu und transsilvanien zu erzählen, wo unsere familie einmal beheimatet war, und ihm so nebenbei die vampirzähnchen zu zeigen, die man nämlich noch generationen später im mund erkennen kann.
(gestern nacht, als die angst zum ersten mal kam, wollte gregor genau wissen, ob er schon mal bei vollmond bei mir übernachtet habe, bevor er in meiner schlafstatt um asyl bat, ob ich also sicher sei. ein vampirtrauma, das wäre alte schule.)
2009
die große entspannung. froh über den freiraum und den winter, die stadt. leises schlechtes gewissen, weil ich soviel geld in whisky, andrerseits achegal-feeling. der alte auchentoshan eine echte offenbarung, sehr gefreut dadrüber, allein im fast dunklen wohnzimmer, den kleinen zwischenraum genossen zwischen mir und der inszenierung.
alte freunde sind da, vielleicht sogar ein paar neue, viele davon habe ich viel viel zu selten gesehen, das will ich ändern, wie jedes jahr. weniger vernissagen und premieren, mein dabeisein-impuls ist nicht mehr relevant in der zeitplanung. ich gehe auf die von freunden, obwohl berlin da langsam rausrutscht, die leute ziehen herum mit ihren arbeiten, sie scheinen zu alt für die heidestrasse. (der beste freund schickt bilder vom marathon in malibu, wo er mit familie für einen auftrag hingezogen ist, für einzwei jahre, er ist braungebrannt und strahlt, im hintergrund das meer). auf den veranstaltungen wird der wein besser, manchmal kauft man was, meistens nicht. dieses bild werde ich am sonntag angucken, ich hatte so einen kleinen och ja- gedanken, aber es ist viel zu viel manifest, und im manifesten zu simpel für mein leben grade. keine klunker. ich trage meine dicke perlenkette wegen ihrer symbolhaftigkeit nur unter pullis oder allein, obwohl, perlen, ihre besondere fastorganische masse, ihr schimmern, sie sind unglaublich schön. die merkwürdige verwaiste schönheit des signifikanten.
an den kinderfreien wochenenden wunderbar auch einfach nur schlafenkönnen, nicht anziehen, mit keinem reden müssen. endlich die dvds sortieren. ein bisschen demotiviert durch ein museum gehen, gekaufte fertigsalate essen (kollwitzmarkt), mir ist dann sogar der hund zuviel, andrerseits macht es spass, allein mit hund herumzuflanieren, stundenlang, immer auf der kante zwischen gegenwart und abgeschiedenheit, dabei leute gucken und versuchen, sie ein bisschen zu verstehen mit einem einzigen blick, der genau zwischen person und mode passt, es gibt so eine spezielle haltung, in der man wahrgenommen und der blick beantwortet wird, ich hab noch nicht ganz raus, was das ist. neulich habe ich dabei aus einem männergesicht ein schönes ja!- lächeln bekommen, und damit die sicherheit, dass die nerven noch da sind, geputzt und poliert in der tiefgarage.
in der wohnung duft von frischem shortbread, und der von hühnersuppe. das ist ganz okay. wobei hühnersuppe für mich inzwischen fast kohlgeruch ist.
finanziell nicht verbessert, das will ich ändern 2010. ich hätte gern einen 20-stunden job, der nicht mit nach hause will, 20 stunden, weil mehr nicht geht mit den kraftreserven. irgendwas wird sich finden.
und der letzte aspekt dieses jahres: das allein können ist nichts vorübergehendes mehr, es ist ein fakt, wie ein stein in der wand unter den anderen steinen und dem putz. es ist zweifellos das anstrengenste an meinem leben, die verantwortung für drei söhne und meine krankheit, die vielen entscheidungen immer, soll der große zuhause bleiben, oder ist sein bauchschmerz mehr psychisch, und sollte er dann nicht erst recht zu hause bleiben, das allabendliche kochen, für das ich zu oft keine energie mehr habe, die vielen neins, die die kinder einem entgegenschleudern, beim instrumente üben, vorm sport, vor den hausaufgaben, dass man nie weiß, ob die entscheidungen richtig oder falsch sind für die kindesentwicklung, erst in 15, 20 jahren wird man das wissen, sich deshalb schon aus kraftökonomie dem bauchgefühl überlassen, das sagt: es ist richtig so. und auch akzeptieren: du weißt es nicht. es kann auch schiefgehen.
die logistik, die ein netzwerk hervorgebracht hat.
ich denke, dass beruflich gut eingespannte menschen ja irgendeine anerkennung durch lohn und kollegen haben, und familien den dialog mit dem partner, jemand wie ich muss die wertschöpfung meistens komplett allein machen, obwohl die kinderliebe natürlich eine riesen kraftmaschine ist. ich bin mir nicht sicher, ob diese autonomie gesund ist. ein teil vom bloggen kommt wohl auch aus der ecke, die imago –
die wahrnehmung für lärm, gekreisch und gerumpel kann man einfach austellen, indem man zum mittag schon ein weinchen, danach ein paar whiskeys – nein? solang man lallend noch einen abendlichen pizzaservice anrufen kann! oder die kinder samt gastkindern aus dem fenster hängen, und den bellenden hund gleich mit, an den beinchen, dann würden sie da weiterbrüllen, das sieht grad so langweilig aus draussen. oder ich kann sie einzeln in meine drei einsperrecken sperren (kleiderschrank, truhenbank und kammer), und die überzähligen in den keller! mit taschenlampe. ich hab schon versucht, sie doll zu füttern, beim essen brüllen sie auch weniger, aber jetzt ist alles alle, außer dem rohen fleisch.
wir gehen normalerweise um weihnachten rum in den zirkus roncalli, obwohl die technomässige atmo im neuen temprodrom wenig manegen-gefühle aufkommen lässt. dies jahr hab ich die guten plätze verschlafen und die jungs spontan in ein ganz anderes spektakel eingeladen, und sie wussten tatsächlich bis kurz vor licht aus nicht, was sie sehen würden. allein die fahrt dahin, das wilde und laute gerate, mamamama, ist es ein museum? ins schwimmbad? gehn wir ins kino, mama, elias mag kein kino! eine oper? mama, nein, ich war schon mal in der oper!- war die sache wert. die O2-arena sieht imposant aus, die aufregung war wunderbar, die dinos waren irgendwie schon groooß, ich hab viel viel geld bezahlt für plätze ganz hinten und ganz oben und es hat ein paar minuten gedauert, bis ich darüber hinweg kam, die distanz zur bühne ist vielleicht heutzutage ein vorteil? aber die jungs waren sehr beeindruckt. danach war es schon kein normaler sonntag mehr, nach hause, spiele spielen und kochen, elias hat ein neues lieblingsspiel, dessen spielanleitung mit dem satz beginnt: „In allen Stufen ist die jeweilige Stufe abweichend von den anderen Stufen“, das spielen wir, bis ich es auch kann. nach dem essen hat sich davidzwilling heimlich titanic angestellt, als eigentlich schon lesezeit war, er schaut nur die letzte stunde, und wir gucken zu viert den untergang in voller breite, ich will erklären, warum ich immer heulen muss am ende, aber es interessiert die jungs nicht sehr, und so reden wir über drehtechnik und ob es wirklich so war und über reichtum und liebe, und ob das ein gutes ende ist und wie groß das set war, alle aneinandergekuschelt, der film läuft bis zum ende, das lesen fällt heute aus, ich sehe, dass david die szenen im wasser mitsprechen kann, lautlos. elias erzählt plötzlich, er habe jetzt haare unter den achseln, also eins unter jeder, die zwillinge sind sehr beeindruckt, elias findet es so doof wie toll, und will wissen, wie lieb ich ihn habe und wie groß er war, als er geboren wurde, auch weil vor zwei tagen noch eine halbschwester von ihm auf die welt gekommen ist, höchstens ein kilo, mama, so klein.
keines der besonderen dinge an diesem tag war geplant, trotzdem bringen einen natürlich die aufregungen und überraschungen leichter an den moment, wo es plötzlich schweben kann alles.
grade kläglich gescheitert mit dem vorhaben, dem hund bei jeder wetterlage einen ausgedehnten spaziergang zu ermöglichen. nass und schnee und kälte und dunkel – nö. aber versucht immerhin. stattdessen stundenlang woanders gelandet beim versuch, mit dem auto von a nach b zu fahren. einbahnstrassen, sackgassen, baustellen, man muss immer durch die brust ins auge, und da gibts dann keinen parkplatz. das ewig übergängliche dieser stadt hat was katholisches, leiden für ein späteres leben, und dann parkt man im halteverbot und zahlt einen ablass. darauf einen lebkuchen!
nach 2 wochen albernem hinterhertelefonieren endlich termine für eine schweinegrippenimpfung bekommen. (mutter diabetes, kinder asthma, und mein leben läuft generell häufig nach murphys law, deswegen)