neulich auf einem wochenendtrip mit mehreren familien, oder bei einem essen mit freunden: wie manche männer, wenn sie erfolg haben, also geld und macht und kinder, wie sie dann wut oder genervtheit oder missfallen an irgendwas innerfamilärem öffentlich austragen, als hätten sie nun ein recht darauf. vielleicht der einzige hinweis auf ihre selbsteinschätzung, sie dürfen das, wir müssen das anhören, und normalerweise greift dann auch niemand ein, obwohl kinder oder ehefrauen blossgestellt werden. ob sie das auch tun, wenn der rest der gruppe gleichrangig ist?
Kategorie: twoday-archiv
und was sagt der gregorzwilling, 9 jahre, der die ganze wm bis jetzt mit echter leidenschaft und großem gebrüll verfolgt hat, eine einzige minute nach spielende: „ach, schwamm drüber“.
die frau, die auf hohen absätzen über die sonnige strasse läuft, als würde die erde sie ein bisschen weniger festhalten als die anderen
meh, ich mach doch weiter. es ist auch nicht so, dass sich alles verändert hätte, das sagt man sich so, wenn man nichts mehr liest, was einen bindet und erinnert oder sonstwie etwas erkennbar macht, was im dunkeln lag. heute eine dunkelblaue hose angezogen und eine schneeweiße alte armani-samtjacke dazu, wie die klamottenwahl das bild verändert, das ich hab von mir heut, wie es sich losmacht und hey, das ist es doch, diese blöde alte suchen und finden-dialektik, der alte irrtum, es liegt nicht vor dir, es liegt in dir, immer.
dann wieder die minuten vorm spiegel, die ich meinem ritter überlassen habe, ein schöner spielzeugritter, im winter mal auf der ablage überm waschbecken gestrandet, den gucke ich an, bevor ich die frisur entscheide oder den lippenstift, ein paar pixel des blickfeldes sind ja immer ritter, wenn man vorm spiegel steht (king arthur mit clive owen, das wär so meine wahl)
der hund hat schon wieder einen schuh zerlegt, als ich weg war. ich gehe zuwenig weg. es waren vielleicht 4 stunden, ein abend, meine abwesenheit hier wohl viel länger als meine anwesenheit im theater, wo ich aber ebenfalls hingehöre, mönsch. ich hab null null bock auf hundeticks, überhaupt können mich ticks mal, und ich werde schon doch wütend. der sensible hund ist noch einen tag später verunsichert, na, dann iss keine schuhe, denke ich.
meine beste freundin, die regisseurin, sitzt mit zwei ihrer schauspielerinnen auf einer bank, in der bar des dt, nach dem stück. die beiden schreien und lachen und erzählen wild durcheinander, im adrenalinhoch, die regisseurin hört zu und lacht mit. sie legt mir dabei ihre hand auf den rücken und hat ihre finger in meinem haar. ich bin glücklich.
der mann, der mich anruft und mir erzählt, er habe sich verliebt. im bauch so etwas wie die lust auf frischen schwarzen arabica nach einer langen nacht, während die morgensonne durchs fenster fällt, barfuss vor dem herd, und dabei ist man für immer in einer pension auf dem lande, wo es nur blümchenkaffee geben wird. aber eigentlich rufe ich aus einem ganz anderen grund an, sagt er nach ein paar minuten im gespräch. ich weiß, sage ich. nee, das wusstest du nicht, sagt er. (schon schad, aber diese bestimmte art von männern, mit drama und genie und vollbart, die wären wirklich nur was für nebenbei)
hier gibt es ein paar wochen pause. ich geh besser mal frühling tanken.
wenn bei allen angerufenen das besetzt-zeichen ertönt, rufe ich immer erst einmal einen freund an, der nie telefoniert. wenn da auch besetzt ist weiß ich, es liegt mal wieder an freenet/1&1. bei 1&1 ganz neu und eher frech, grad eben: „lieber kunde, diese nummer ist nicht vergeben“.
jeden frühling der eindruck, eigentlich gar keine schuhe mehr zu haben. dieser grausliche winter hat 2 langgeliebten paaren den garaus gemacht, ich musste die besondere härte überleben, wochenlang nur in wanderschuhen herumzulaufen. mein treuer hund hat kürzlich durch einen mutigen akt meinen mangel verschärft. ein kaputter schuh ist zumindest ganz deutlich ein nichtschuh, während die anderen schuhe meiner keine-schuhe-sammlung nur in teilen nicht sind, entweder nicht neu oder nicht modern und nicht mehr schön.
es waren flache pumps im budapester-muster, ich weiß ja auch nicht, aber sie waren ein schöner kleiner kompromiss, zwischen zwar sneakerfrei, aber noch nicht elegant. ich werde sie vermissen. habe allerdings noch ein paar, das ziemlich ähnlich aussieht, fällt mir grade auf – nein, der absatz ist total anders, ein durchgehender keil, wie er schon in den 80zigern mal mode war. gestern abend den immer noch beeindruckenden film koyaanisqatsi geguckt mit einigen herren, der ist von 1982, und die passanten im film trugen genau solche schuhe, daher weiß ich das. ich war gestern nach meinem frischen verlust noch durch einen schuhblick beeinträchtigt.
wahrscheinlich gibt es außer chie mihara gar keine schuhdesigner, sondern ausschließlich redesign-manager. mihara bleibt sich seit jahren treu, ihre schuhformen, also die shilouette von absatz und korpus ist verläßlich wiedererkennbar, mit diesen schönen rundungen. gestern prächtige dunkelgrüne miharas gesehen, leider viel zu teuer für mein budget. ein selbstläuferthema, merk ich grad.
die jungs haben jetzt nicht nur getrennte eltern, asthma und eine kranke mutter, sondern auch noch eine leserechtschreibschwäche. zwei von ihnen. der große, der grade wieder mit freude und frohen lebensgeistern in die schule geht, seine englischängste überwunden hatte, sitzt beim abendessen und die tränen laufen ihm übers gesicht. aber dann wirst du in lesen und rechtschreiben nicht benotet, das ist ein vorteil, versuche ich einen trost, und du bekommst extra unterricht. ich will keine nachhilfe, sagt er, ich will nicht immer anders sein, leise und traurig. ich bin müde und weiß nicht was ich ihm sagen soll, gar nicht, leere im kopp, er weint, ich nicht, weil das ja kein weltuntergang ist, nur noch ein brocken. dann aufstehen wollen, einfach nach frankreich fahren, in alten billigen hotels wohnen, radebrechen, völlig entspannt dinge in den kopf bekommen, die keine bedeutung haben, keine folgen, die man nicht mitnehmen muss, aber schon nach einem seichten fluchtsatz such ich im netz nach fördermöglichkeiten hier im viertel, weil die schule das nicht bringen kann, die haben immer nur vertretungen. es werden wahrscheinlich keine leser werden, denkt es weiter, und jetzt bin ich doch traurig. akzeptieren, ein hoheitliches wort. ich werde mir solche hosen kaufen, durch die strassen laufen und zu allem nein sagen, andrerseits fragt ja keiner irgendwas, und ich werde halt fördersachen suchen. grade kann sie mich mal kreuzweise, diese welt.
der moment, wenn die sonne fast untergegangen ist, der regen feiner wird und die scheinwerfer der autos auf der gegenfahrbahn in helle lichtwolken verwandelt, sie sehen kompakt aus, wie eine kinderzeichnung. die autobahn in einem spiegelnden glanz, etwas heller als der himmel, die spuren nicht mehr unterscheidbar, alles glitzert. ich fahre 160 und merke es gar nicht, mit jeder zelle im jetzt.
dann wird in nur wenigen minuten der regen zu dichtem schnee, die temperatur sackt von 7 auf -1 grad, der schnee unter den reifen gibt ein leises aquaplaning-geknatter von sich, der wagen liegt nicht mehr auf: die einzige wetterlage, die mich eher nervös macht. inzwischen ist es ganz dunkel geworden. später gleichzeitig das schild Berlin 89 km und ein wagen, der mit einem dreher im graben landet, wie ein tusch: wusch, es sah schnell und elegant aus, er kippt auf die seite am ende. ich bin müde nach einem langen tag und habe gar keine lust auf so einen unsicheren untergrund.
überhaupt noch nie einen winter so satt gehabt wie diesen, echt, mal unter frauen: die trockene luft, die trockene haut, die menge an feuchtigkeitscreme, die aufgeladenen haare immer, die handschuhe und mützen und schals, die dicken jacken. die klobigen schuhe.