die erfahrung, dass auf fast allen besuchten webseiten werbung für genau die winterstiefelmarke auftaucht, die ich vorgestern gegoogelt hatte – sogar auf watchtrek.com. man fühlt sich die ganze zeit wie ein geisteskranker angemurmelt von mono-intentionalen elektronischen geistern, die nur einen satz können, kauf doch, kauf doch, kauf doch, bis man die cookies gelöscht hat. ich habe wanderstiefel von 1984! warm, bequem und unkaputtbar! aber die maschine hört nicht zu.

entspannte pesto-tage, weil man wegen dem hin-und herbringen nicht zum kochen kommt. an der supermarktkasse bei rewe mal wieder ein richtiges tantrum-kind, schon ganz heiser, selberreinmachen selberreinmachen brüllt es, die eltern dabei total unheimlich arschglatt, keine regung, kein wimperzucken, nicht einmal ein blick, man denkt das arme wurm, das muss ja so brüllen. und dann wundert man sich über gefühlskälte bei erwachsenen.

falls ihre kinder sich ebenfalls diese scheußlichen monster-sammelkarten (vor 10 jahren von einer firma als legale alternative zum gelddrucken entwickelt) wünschen, dann verstecken sie die statt in der zugehörigen blechbox für 20 euro lieber in einer tatsächlich japanischen himitsu-bako. dann kommen wenigstens auch noch geist und schönheit ins haus. und der dollar steht grad gut.

mit den zwillingen auf dem traditionsreichen christlichen gymnasium in schmargendorf, zum tag der offenen tür. der nawi-lehrer hat seine steinesammlung mitgebracht und einen echten mammut-knochen, gregor fragt, david denkt, wie immer, wenn die beiden zusammen auftreten. toller eindruck, gute leute, und ich durfte „tochter zion“ mitsingen, eins von den schöneren schmetter-weihnachtsliedern, bei einem vortrag eines wohl pfarrers (es gab einen segen! es ist immer gut, einen segen zu kriegen) über die ziele der schule, die einen in jedem sinn idealen bürger im sinn hat, das ist so absurd angesichts von reformstress und realität, das mag ich, es ist anders als an anderen schulen, bei denen es nur ums abitur und standhalten zu gehen scheint, nur darum, die kinder vorzubereiten auf ökonomie und eine als bösartig vorgestellte welt, hier gibt es andere ziele. aber eine schule am anderen ende der stadt? die entfernung ist aber das einzige, das mich abhält. ich weiß natürlich nicht, ob die zwillis überhaupt genommen werden könnten. mäh, elternzeugs.

majo ist tot. it&w war eins der ersten weblogs, die ich las, es war ein fröhliches und souveränes blog mit macs, musik und allem, was sonst noch wichtig ist. ich kannte ihn und sein volk nicht persönlich, hab aber immer das gefühl gehabt, dass er in so einer heilen welt zuhause ist, irgendwie unverstrahlt und unkompliziert, einer, mit dem man wahrscheinlich ein paar nächte am tresen verbringen könnte, solang man ein paar details aus zappas leben parat hat. ich werde einen tag lang old-fart-musik hören, als andenken. farewell! krebs ist eine pest.

lrs labyrinthisch

die einzelnen schritte, wenn sie merken, dass ihr kind deutliche probleme beim lesen/schreiben hat:

1. gespräch mit der lehrerin
die lässt einen sog. „hamburger test“ machen
darauf muss man i.d.r. 4-5 monate warten, weil die betreffende sachverständige krank ist

(für einen schulexternen test bei einem spz kann man sich auf eine warteliste setzen lassen, nach deren ablauf man dann einen termin innerhalb eines jahres bekommen kann)

2. mit dem testergebnis geht man zum jugendamt und stellt einen antrag auf förderung, danach rechnet man
1-2 monate bearbeitungszeit

3. das jugendamt macht einen hausbesuch, um herauszufinden, ob die kinder echte probleme haben, und bewilligt den antrag
1-2 monate bearbeitungszeit

4. das jugendamt schickt die kinder zum schulpsychologischen dienst, der die kinder nochmals testet
1-2 monate bearbeitungszeit

5. der spd schickt die kinder dann zum duden-institut, dass die kinder nochmals testet
1-2 monate, bis der termin möglich ist

6. das duden-institut schickt die ergebnisse zum schulpsychologischen dienst
1-2 monate bearbeitungszeit

7. der dienst bestätigt die fördernotwendigkeit und schickt die unterlagen zum jugendamt
1-2 monate wartezeit

8. das jugendamt bewilligt eventually die förderung,
ich weiß noch nicht, wie lang da die bearbeitungszeit sein wird

9. jetzt benötigt man bloss noch termine für die förderstunden beim duden-institut

sie hätten eigentlich noch einen slot für den kinderarzt einbauen können, am besten zwischen schule und dem ersten besuch beim jugendamt. und vielleicht wäre außer dem duden- auch der klettverlag gern beteiligt? der übernimmt dann vielleicht die förderung der kinder, die nach bewilligung schon nicht mehr in der grundschule sind, ab dann zählen nämlich auch die deutschnoten bei den LRS-kindern, sodass der druck nochmal größer wird.

gemerkt, dass ich die filmchen in den seiten von sz, faz und spon nie zu ende gucke. ich stelle die an, wenn mich der inhalt irgendwie interessiert, aber dann kommt erstmal – werbung. aber werbung interessiert mich überhaupt nicht, und ich stell die filmchen wieder ab, nach genau so vielen sekunden, wie es braucht, mit dem trackpad das pause-zeichen zu treffen. dieses kaufen-kaufen-kaufen ist so hysterisch immer, all die kranke relevanz, bei mir ist kaufen ein kleiner unwesentlicher teil des lebens, ein nerviger und lästiger, ich hab keine lust, den von irgendwelchen wahrnehmungsgestörten geldfetischisten so mega aufblasen zu lassen.

Alter. Was für ein Frust mit der Schule in Berlin immer. Sie ist gut genug, wenn ihr Kind sehr begabt ist, sehr ruhig und sehr konzentriert. In allen anderen Fällen rechnen Sie nicht damit, dass auch nur eins der zwangsläufig aufkommenden Probleme schulintern behoben wird, die werden normalerweise nicht einmal bemerkt.

Mein Rat nach 6 Jahren städtischer Grundschule: Nehmen Sie eine Privatschule, wenn ihr Kind nicht optimal mitkommt. Das Niveau in den staatlichen Schulen ist so niedrig, da müsste ihr Kind eigentlich unbedingt supergut mitkommen, die Begabung benötigt es, um mit den Lehrmethoden umgehen zu können. Wenn irgendetwas nicht klappen sollte, braucht es frühzeitig Unterstützung und Hilfe, etwas, zu dem das Berliner Schulsystem nicht in der Lage ist.

Wissen Sie was, nehmen sie doch direktemang eine Privatschule. Die sind staatlich gefördert, so ein Platz kostet ab 45 Euro im Monat, das ist einkommensabhängig. Setzen Sie Himmel und Hölle in Bewegung, um dort einen Platz zu bekommen, es wird nicht einfach. Wir wurden damals hier nicht genommen, und dann hab ichs aufgegeben und gedacht, das mir Staatsschulen eh lieber sind, aus politischen Gründen. Aber es geht dort nicht um Elitenbildung, es geht um einen angemessenen Lehrer-Schlüssel, es gibt dort ein Konzept, das mit dem ganzen Novellierungsscheiss in Berlin umzugehen gelernt hat, es gibt Wettbewerb, das Kind steht dort im Mittelpunkt, es eine Alternative zur städtischen Mangelwirtschaft.

wohlig krank. die kinder bringen taschentücher, aspirin und getränke ans bett und fragen, ob ich fernsehen will. der einkauf ist erledigt mit leichtem schwindel, keine pläne für den abend, die sonne glitzert kurz in den wolken, die cousine aus hitzacker ist mit ihren 4 kindern auf der demo in dannenberg, ich bin ein bisschen traurig darüber, nicht dabei zu sein, andrerseits: mit dem schädel, und ich hätte einen extra-rucksack für taschentücher mitnehmen müssen. im kopf entwirren sich zukunftspläne, ich werde wohl noch eine ausbildung machen, es fühlt sich an wie eine neue und eigene idee, obwohl alle immerzu vom ständigen lernen schreiben, man lernt ja tatsächlich die ganze zeit, ich vergesse natürlich auch immer alles sofort wieder. das kostbare an krankheiten ist der gute grund zum nichtstun, den sie liefern, schuldfrei keinen unterhalten, keinen haushalt machen, die fürsorge der kinder geniessen und überhaupt nicht auf die idee kommen, dass sie mit meinem iphone und einem der rechner ins kinderzimmer verschwunden sind und mich gar nicht vermissen.

das kind zur übernachtungsparty in einer großartigen sehr modernen villa abegeben, granit, kamin, terasse so groß wie meine wohnung, stahl und holz und mit leicht zickigem sozialprickeln heimgefahren. mich geärgert, weil ich da sonst meilenweit drüber. Dann ist mir eingefallen, dass der vater manager einer richtigen rockband ist. danach ein paar meter lang gedacht, das gregor coole freunde hat, und dass der vater eigentlich echt gut aussieht, und ob wir das kind nicht mal öfter einladen sollten. dann war ich wieder in meinem viertel und hatte meine lässigkeit endlich zurück, aber es hat janz schön lang gedauert, mein lieber scholli.

eingänge

die zwillinge lesen gerade „herr der ringe“. gregor hat damit angefangen, weil die kinder erst nach lektüre des buches (das ich sehr mag obviously) den film gucken dürfen, den „alle“ schon gesehen haben. ich sage ihm, das überleben der etwas langatmigen einführung sei nur was für ältere leser, er liest stumm und konzentriert vor sich hin, tagelang, und posaunt jeden abend die seitenzahl heraus, „immer noch der geburtstag“, auf der er grade ist, er überschätzt es immer ein bisschen, redet von „seite 100“ und ist erst auf seite 75, „achso“. auf seite 80 steht der satz, es geht um gollum: „… wie eine Made wühlte er sich bis ins Herz des Gebirges und war wie vom Erdboden verschwunden“, „wie eine made“ sagt er ein paar mal vor sich hin, das erste mal, dass die sprache an ihm hängengeblieben ist, und er ist drin. er liest morgens und abends und benutzt kein lesezeichen, weil er sich die seitenzahlen merkt.

david hatte ersteinmal kein interesse, auch weil er sich ein so dickes buch nicht zutraut, er sah sich als nicht-gern-leser, anders als sein zwillingsbruder. als ich für gregor ein eigenes exemplar kaufen wollte (der große bruder hatte seine leihgabe zurückgezogen, als der lesespass zu offensiv wurde) hat er im netz die bücher gesehen und wollte sofort unbedingt die dicke hardcover-ausgabe haben, 3 bände in einem, rotes leinen, roter schnitt, rote titel und seitenzahlen, mehrere karten, ein sehr schönes buch. david löst vorsichtig die seiten voneinander, die durch den rotschnitt noch aneinander kleben, sieht sich die karten an und packt den umschlag beiseite, damit er nicht kaputt geht. ich sage ihm, dass 10 der kleingedruckten buchseiten soviel text enthalten wie ein kompletter band „greg’s tagebuch“, und er strahlt: „ich bin auf seite 58!“ es gibt 2 lesebändchen, er überlegt sich genau, wie er die beiden benutzen kann, das goldene für die seite, die er beim lesekreis in der schule vorlesen will, das rote für sich selber. ihn erwischt der text schon früher, bei ihm ist es der 111zigste geburtstag von bilbo, der ihn packt, mit dem 33. von frodo, er mag die zahlen und erzählt immer wieder von ihnen. bin sehr gespannt, wie weit sie kommen.

(die zwillis waren 9 jahre alt)

und der sohn mit den antikörpern könnte an einer studie teilnehmen, in der insulin nasal verabreicht wird, in der hoffnung, die immunabwehr des körpers zu unterbinden und die manifestation hinauszuzögern. grundlagen sind statistisch eher vage und es wäre eine doppelblindsache mit viel zeit-und stressaufwand, reisen, intravenöse glukosetoleranztests bei einem jungen, der spritzen sehr schrecklich findet und nicht wissen soll, warum er sich dem aussetzen soll. ich kann nicht fordern, dass er das medikament bekommt und nicht das nichtmedikament, aber ich würde einen teufel tun und dem kind die sache wegen einem placebo aufdrücken. offensichtlich ist es sogar schwer, eine sinnvolle beziehung zwischen antikörpern und erkrankung zu erkennen, schon gar nicht eine zwischen der entwicklung der ak und einer behandlung mit insulin, sonst wäre das doch keine doppelblindsache, oder? bei einer sehr einschneidenden chronischen erkrankung wirkt das nicht wissen der beteiligten bei dieser studie auf mich wie ein blinddate mit dem schicksal, unethisch, wenn man an das mittel glaubt, ethisch nur, wenn es sowieso keinen großen unterschied macht, ob man es nimmt oder nicht. dann aber ist das kein platz für mein kind. dann bin ich draussen, aber, ach –

ich kann ebenfalls nicht sicher sein, dass die sich nicht verplappern beim kind, weil sie bisher eher total unbekümmert waren im umgang mit den schmerzgrenzen ihrer kunden.

ich will das dem kind erklären können in ein paar jahren, warum ich was gemacht habe.

aktualisiert: das kind wird nicht daran teilnehmen, nachdem neben euren schon relativ überzeugenden weichen gegengründen auch noch einige fachärzte sich überraschend dezidiert dagegen ausgesprochen haben. diese harten gründe sind die unsicherheit des erfolges, unklare mögliche nebenwirkungen von insulin im hirn, außerdem wurde ein inhalatives insulin vom markt genommen, nachdem es „begründete bedenken“ wegen erhöhtem krebsrisiko gab, die geringe basis (38 teilnehmer) einer vorhergehenden studie, die das risiko einer schnelleren erkrankung auschliessen wollte, sowie deren unklare ergebnisse.