die jungs streiten morgens wie die bierkutscher, mittags wie die köhler, abends wie die kesselflicker. dazwischen führen sie stille kriege. ich soll mal anwältin und mal general und mal henker sein, wenn alle „er hat gesagt“ und „nein, er hat gemacht“ – sätze auf papier stünden, müsste ich meine bibliothek auslagern. der hund ist unparteiisch und bellt immer mit. die kriege werden am wochenende hauptsächlich zwischen halb 8 und halb neun geführt, dann machen sie eine frühstückspause, dann geht es frischgestärkt in die nächste schlacht. der kontakt mit muttern wird durch das wort nein bestimmt, nein, keine hausaufgaben, nicht aufräumen, keine instrumente, keine haushaltsaufgaben. zwischendurch gibt es momente reinster magie, wenn sie mal 30 minuten lang still miteinander spielen. ich bin innen bröselig wie ein mürbeteig, auf dem jemand dickes gesessen hat. ich brauche eine revolution, nach der ich ein paar wochen absolutistisch regieren darf, zur erholung, bitte. krönend über allem tragen die kinder krankheiten im leib, seit september erkältungen, bronchitiden und übelkeiten. und als sie dann in der letzten woche zum ersten mal alle gesund waren, hat sich gregor die bänder am fuss gerissen. darum ist das blog so leer grad, ich krieg den kopf nicht aus dem chaos. jetzt grade habe ich sie mit dem hund rausgescheucht, oh himmlische ruhe. vielleicht einfach mal die klingel nicht hören?

shahada

wie immer in den letzten jahren nur einen berlinale-film gesehen, diesmal einen richtig sehr guten: shahada, von burhan qurbani. ein episodenfilm, der einige junge leute durch lebenskrisen begleitet, es geht jedesmal um existentielle wendepunkte im leben, ein mögliches coming out, eine schwangerschaft, ein fehlgegangener schuss, und der film zeigt sehr genau und aus großer nähe, wie diese ereignisse den glauben der personen herausfordern, holla, ein film über den islam, genau wie das letzte buch, das ich gelesen habe. die kamera kommt sehr nah an die gesichter und vertraut den kleinen gesten, bemerkungen und der mimik seiner darsteller. ein berlinfilm, bisschen neuköllnerisch, aber dabei wie ein fisch im wasser, die arbeitsplätze und wohnungen der figuren haben nichts milieustudienhaftes, auch nichts symbolhaft cooles, sondern eine sehr tolle selbstverständlichkeit. nee, vielleicht doch kein film über den islam, eher einer über muslime im alltag, der glaube ist in shahada das erste handwerkszeug, um lebenskatastrophen zu verarbeiten, und er hält diesen katastrophen nicht wirklich stand, und dann geht das leben weiter, weil wir in neukölln sind und die leute zur arbeit müssen. qurhani bringt die ganze spannbreite sehr mühelos auf den bildschirm, den muslimischen alltag mit gackernden frauen, familien, arbeit und kirche, einen eher geschlossenen kreis, und die grenzen, an die seine figuren stossen, wenn die realität mal richtig laut oder gemein wird.

(shahada lief 2010 auf der berlinale)

bidirektionale freundschaften, 2 menschen, eine geschichte, die sich meistens erzählen lässt und manchmal nicht. langjährige, langsame, stürmische oder schleichende, tiefe oder stille freundschaften, mit oder ohne nutzwert. und so weiter. das erkennen, wiedererkennen, vertrauen. der fiktionale anteil, die ruhe des unausgesprochenen, manchmal erschließt er sich über die jahre, oder er bleibt teil des energetischen hyperraumes.

versuchen, moabit einzuhypen. die heidestrasse (mitte, well, wer weiß das schon) immer erwähnen, kellerclubs erfinden, stephanskiez von niegehört auf naja auf der ist natürlich hmmsen. hier ist voll. (überlegt, das alter außer natürlich in italien eventuell in kreuzberg zu verbringen, da ist die halbe peergroup geblieben oder hingezogen, nee: da ist die peergroup gleichalt)

in einem fenster meiner apotheke steht seit einigen wochen ein fernseher, darauf zu sehen unzählige berühmtheiten, die mit einem flowerpower-grinsen den satz sprechen: ich höre auf mein herz, und nicht auf meinen kopf. ich finde so eine öffentliche deklamation sehr effektiv, ich rege mich jedesmal drüber auf, mit dem kopf und dem herz, come on, gefühle? wenn sie klar und rein sind und aus einem graden fluss ungestörter persönlichkeitsentwicklung stammen, aber wir hier sind ein labyrinth aus undurchschaubaren rinnsalen, kanälen, staudämmen und verborgenen quellen, und das wasser ist brackig geworden über die jahre.

der genuss, für die ferienwoche jeden kindertermin einzeln aus dem kalender zu löschen. 11 termine für drei kinder, wie immer bei diesem ritual denke ich übers einschränken nach. aber verzichten worauf, auf musik oder sport? der hockeyverein (im schnitt 5 mails täglich) kündigt ferientraining an, ich werde fast aggressiv.

davidzwilling guckt queen auf youtube. mama, die haben schon mal bei uns auf dem schulhof gespielt! ich sage nein, das war die elternband.
die wollen auch auf der elternparty spielen, ich gehe eigentlich gerne hin, es sind nette eltern dabei, aber wegen einer party solche musik hören? ich weiß nicht. die menge an welten.

die zwillinge spielen ein theaterstück vor, ich vorher: aber gewaltfrei, mit worten, nicht wie sonst immer als japanischer animationsfilm. hase und ente bekämpfen sich trotzdem und verzaubern dafür ihre penisse, der penis des schwächeren wird rosa und er verliert damit die weltherrschaft. ich weiß bescheid und gehe essen kochen.

im blog common reader werden einige leser über ihre lektüren schreiben, über lieblingsbücher, besondere bücher, auch vergriffene oder zu unrecht vergessene bücher, über besonders ärgerliche oder besonders unfassbare werke. als gewöhnlicher leser wollen wir über bücher schreiben, die für uns außergewöhnlich sind. mit der zeit könnte so ein feines archiv höchstpersönlicher empfehlungen und lesewege entstehen. ich darf mitmachen und freue mich.

(ich komme nicht zum fertiglesen und habe immer noch keinen text drin! das wird mir jetzt doch unangenehm langsam. i’m working on it)

ich hatte mich auf ebooks gefreut eigentlich. aber die paranoia der verlage und verkäufer hindert mich nachdrücklich und effektiv daran, andere als kostenlose werke zu lesen, die allerdings lese ich mit wonne, ich habe neulich mal gutenberg abgegrast und genieße die umfangreiche bilbliothek sehr.

aber wenn ich zb bei libri.de ein ebook erwerben möchte, kann ich das danach nur auf eine einzige weise lesen, nämlich mit dem adobe digital reader, und nicht etwa auf dem lesegerät meiner wahl, nämlich einem iphone, oder in einem anderen programm zur verwaltung digitaler bibliotheken. die elektronischen bücher kettet der buchhändler also an bestimmte hässliche sofadecken, damit ich es nicht durch die welt tragen kann, er wählt die leselampen aus, so japanische dinger, die ich teuer bezahlen soll, und möchte im endeffekt auch an den hausschuhen noch mitverdienen, die ich beim lesen tragen soll. ich wollte aber nur ein buch. echte drückermethoden.

einzig bei der bezahlung ist alles wie beim richtigen buch. bis auf den cent genauso, nur auf die freiheiten, die ich mit echten büchern habe, soll ich verzichten. dafür verliere ich meine lesezeichen nicht mehr und darf volltext suchen, auf dem sofa, an dass mein buch gekettet bleibt, sodass ich immerhin mein ebook auch nicht verlieren kann. aber diese such-und findesachen haben ja nicht die verlage erfunden, beim buchhandel muss ich auch nichts drauflegen dafür, dass auf den seiten sprache zu finden ist, mit großartigen buchstaben, anstatt meinetwegen hieroglyphen oder cy twombly oder dem morsealphabet.

ich meine mich an die tränen der verlage zu erinnern, wegen dem teuren druck und vertrieb, und wie sie an den mitfühlenden leser weitergereicht wurden. vielleicht haben sie einfach vergessen, eine neue gute begründung zu finden. leser lieben geschichten! mehr anstrengung bitte.

der rohmer-film, den ich am deutlichsten erinnere, heißt gar nicht das blaue leuchten, so hatte ich ihn im kopf seit den achtzigern, sondern natürlich das grüne leuchten. das licht, wie sich atmosphäre und gespräche entsprechen, wie diese übergänge zwischen tag und nacht zu den momenten werden, in denen etwas geschieht, die liebe, die gleichzeitig unwichtig und hauptgegegenstand ist, wie ein spielball, mit dem sich eine gesellschaft, ein paar beschäftigen kann, ohne sich zu langweilen, dieses reden über solche themen, während man sich im morgengrauen einen pullover um die schultern wickelt, auf eine bestimmte weise gefasst und angeregt, frei von drama. das war in den achtzigern wie ein kübel frisches wasser auf mein ahnungsloses gemüt, es schien mir nicht erstrebenswert, hatte aber eine starke anziehungskraft. jetzt, wo ich da bin, sollte ich ihn vielleicht noch mal sehen. jemand lust auf einen rohmer-abend?