brille

heut früh beim brötchen kaufen fährt ein mann mit kapuzenpulli auf einem fahrrad an mir vorbei. er fängt an zu klingeln, als er auf meiner höhe ist, und guckt mich an. denke ich, ach, ein guter tag. ruft der mann mir zu: ruhnke oder fielmann? – und fährt gackernd weiter. (fällt mir ein, vor vielleicht 15 jahren bin ich mal mit einem mann frühmorgens in dessen dachwohnung gelaufen, auf dem letzten treppenabsatz stand mit großer schrift quer über die wand: mein letzter wille- ne frau mit brille)

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die welt/hirn-schranke ist um klassen more sophisticated als die blut/hirn- schranke. (fenster, rausgeguckt)

loving k., mit der ich am küchentisch sitzen kann und feuchte augen haben darf, beim reden über unsere kinder, wir beide mittem im klaren, lauter kleine dinge wissend.

dem leben gegenüber eine verteidigungshaltung: ja, ja, aber, aber.

wie sich das kleine thema selbst verfolgt und findet, es sind nur 56 sekunden, nach dem xten hören scheint es viel länger, welterklärend. hallo, anker.

(mannomann. niemals freitags kleine übernachtungsgäste einladen. merken. lärmpegel war kreisch.)

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letzte mail von gestern: ihre wunschreise

ein anruf des exmannes, seine stimme registriere ich noch vor den inhalten, ohje, er ist erkältet. nee, magendarm? irgendwas sehr schlimmes, die stimme ist tonlos und gepresst, nein, er hat eine zentnerlast zu tragen. wegen mittwoch, sagt er, das ist der vatertag in der woche, ich denke, ach du scheiße ja, was? also da sei diese nahe verwandte von ihr, die – und dann folgt eine ausführliche schilderung einer schlimmen lage, du weißt ja noch gar nicht alles, sagt er, ja, denke ich, nein danke, echt, ein teil von ihm ist sehr gestresst, ob er weiß, welcher teil das ist? frag ich mich beim zuhören, was will er mir sagen, soll ich das immer noch wissen wollen, oder willst du, dass dir einfach jemand zuhört, wie du dich kümmern musst, weil du so integriert bist in die neue familie, aber jedenfalls der mittwoch gehe gar nicht, oder, fragt er sie, es sei doch der mittwoch, ja, höre ich sie im hintergrund sagen.

es ist so ein jammer, wenn man soviel weiß über einen menschen, und es nützt einem nix mehr, also man kann es nicht mehr nutzen, es dient nur noch dieser einzigen erkenntnis: ich weiß.

danach das abendprogramm, auf das ich mich total sehr gefreut hatte, endlich the real dan gucken! auf den warte ich schon ne lange weile, ich liebe ja romantische komödien. und aber nun war es für mich dann ein totaler scheißfamilienfilm, amerikanischer happy-family-mist hoch drei, inclusive musik und pancakes, nicht auszuhalten, außer ein paar wahren sätzen, aber die kriegt man ja in jedem film unter, und die binoche war auch schon mal jünger.

jetzt bin ich genervt und will mein weblog total ändern, weil echt, was soll das öffentliche gepupse bloss? for whom? für lauter andere gestörte mit auch irgendeinem gelegentlichen mangel, für leute wie ich und du, mit momenten, schon klar. aber was hab ich davon? bin ich nicht genauso wie mein ex, der mir geschichten erzählt, weil er was will von mir, und das publikum hört nur die anderen geschichten, die er nicht erzählt?

und dann hat jemand einen blogtext von mir auf einen teppich gedruckt, zum drüberlaufen, außerdem noch schallschluckend und schmutzfänger, das sollte zu denken geben.

aber sonst gehts super, ohne scheiss, alles in ordnung hier. kraft und eleganz sind wieder da, die launischen kleinen diven. die schlechte laune ist schon wieder vorbei, ans posting verfüttert, den film guck ich mir morgen nochmal ohne whisky an, oder übermorgen statt kino, aber dieser text hier steht dann womöglich noch, echt, mit so einem befindlichkeitsblog gibt es leicht peinliche situationen immer. mit einem richtigen weblog, einem journalisten- oder aphorismenblog mit kontrollierbarer selbstdarstellung hat man so probleme nicht. aber es macht auch mehr arbeit, hoffe ich.

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neues schuljahr 2008/9

heute bisschen wie: kampfbereit sein, die konzentration vor dem start, auch wenn die basis arg mürbe ist in diesem jahr. ab morgen haben dann OMG alle kinder ein instrument und einen sportverein an der backe, endlich, nach tw jahrelangem warten auf wartelisten, die warteliste im kinderbereich ist ein tanz auf dem möbiusband hier im viertel, kein ende in sicht. also: klavier immerhin schon seit 3 jahren bei davidzwilling, unglaublich, war mir gar nicht aufgefallen, gregorzwilling möchte klarinette lernen, was ich so rätselhaft wie großartig finde, aber er muss noch auf seine neuen zähne warten und darf bis dahin schlagzeugen, elias wird rockstar mit e-gitarre, sowieso. beim flauen gefühl ob dem hol+bringescheiss, der mich erwartet, dann der trost: nur noch zweidrei jahre, dann gehen die alleine alle, und ich wunder mich. diese chauffeur-zeiten sind nämlich auch immer sehr schöne momente, in denen es eine 1 zu1- beziehung zwischen den kindern und mir gibt, sonst ist es immer 1 zu 3, das ist vor allem ein geschenk, gell? jupp.

beim sport beherbergt uns SG rotation, das ist ein schöner antigentrifizierungsname, sag ich mir immer, wenn ich die jungs mit meinem schwarzen gentrimobil (ⓒ bov, oder? gibts das als aufkleber?) zum hockey oder fussball kutschiere, wir sind ja immer alles gleichzeitg, dagegen und drin, und ohne auto schaff ich den zeitplan nicht immer, 16:15 klavier für den einen zwilling, und dann 16:30 fussball für den anderen, dann zurück, klavierkind abholen, dann eis essen, dann den fussballer abholen, mit dem fahrrad, weil dann zeit da ist, und hoffen, dass der große nicht nur age of empires spielt in der zeit. alles in allem wäre nur beamen eine hilfe.

(ich tu das für mich grade, karten auf den tisch, neue ordner, wo sind die jungs jetzt, wo wollen sie hin in diesem jahr, wo sind lücken, was kann wegfallen, wenn es zu viel wird, wie anstrengend wird die vierte klasse, die zweite bei den zwillingen ist ja nicht so wild, aber der große wird arbeiten müssen dieses jahr, was ich mir alles vornehme, die taschen aufräumen, jeden tag die aufgaben checken, den tag durchsprechen, die freundschaften der kinder fördern und das netz pflegen, für reichlich freie langeweile- und spielzeit sorgen bei den jungs, die rituale schön laufen lassen, c’mon, kein wunder, dass ich gestresst bin. jetzt werde ich duschen, dann einen fetten cheeseburger essen gehen, dann pediküre, heute nur noch äh, namen vergessen, ja: hedonismus)

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nach langem hin- und her wird es jetzt wahrscheinlich ein kurzhaar collie werden, weil die retriever-würfe schon alle verkauft sind und der kurs im november beginnen wird. ich hatte mich ja sofort in die border collies verguckt, die als die intelligentesten hunde gelten, aber wohl einen außerordentlichen hunger auf beschäftigung verspüren, dem mit reiner nasenarbeit nicht beizukommen ist – und hier im hotel sind ja schon 3 jungens zuhause, deren betreuungsbedarf auch nicht von schlechten eltern ist. australian shepherds sind auch geeignet, haben aber wieder ausgeprägte hüteeigenschaften, also hunger auf abenteuer, sollen aber weniger gescheit sein und darob genügsamer, who knows. ein lebewesen auszusuchen, nur weil es weniger intelligent als ein anderes ist, aber genauso gut aussieht – das klappt ja auch im wahren leben eher selten, und dies hier soll ja eine lebenslange beziehung werden, für das neue familienmitglied. so hunde mit langem fell und runden köpfen finde ich eigentlich bisschen schöner als die langnasen – aber wesen und temperament sind ja wohl wichtiger als schnöde äußerlichkeiten. seufz, immer diese entscheidungen. überall entscheidungen. kann ein welpe vom himmel fallen, bitte?

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auf der piste

der weg in den herbst führt mitten durch schokolade. die letzten tage ohne die kinder waren voll mit aufsteigenden schmutzigen blasen, die ich nicht haben wollte, die in die nächsten monate aber nicht mehr hineinpassen werden, trauer, müdigkeit, mürber grauer kram, den man einbauen sollen könnte müssen wird in den hektischen alltag, bisschen heiße wut über meinen ort in der geschichte, ein nichtort, den ich nicht mag grade, es ist ein platz der reaktion und organisation, in dem jeder morgen mit himbeermarmelade mit einem großen weggucken bezahlt werden muss, in dem es keine blicke gibt und kein schweigen und eigentlich auch kein erkennen, ach, da könnte man ja auch rauchen wieder, oder nicht, denke ich, aber es schmeckt nicht mehr richtig, und das ärgert mich, alles mehrschichtig und übertüncht, und dieses diamantharte winzige jetzt, das wie ein käfer auf dem rücken liegt und kräfte saugt, zu nichts nutze, immer schon vorbei, vertan, und (…)

nichts passiert von alleine, glauben sie mir das mal so, und außerdem zahlt man für jede erbse, und der gewinn hängt am horizont, far away, hauptsache woanders und nicht hier, und andere leute beschreiben ihn, natürlich freu ich mich dann zb über herbstmelancholie bald in den ganzen weblogs, die sätze mit blättern und kühle und dem gekippten licht, aber es ist so vollkommen egal hier, wieviel kälter der herbst wird, ich fürchte die tage nur in ihrer nackten zeitqualität, ihrer fülle an minuten und gnadenlosen linearität, die kinderlogistik, die unsicherheiten bei jobs und menschen, die müdigkeit, das verdammte alleinsein, die ganze verantwortung im umgang mit den söhnen, das ewige immer zuhören und verstehen, jede regung muss man verstehen immer, obwohl man ja so manchmal doch lieber laut schreien, aber wozu, und die irre rezeptionsfläche, die ich bieten muss, die tonnen bedürfnisse, in denen meine nicht sichtbar sein werden, in die ich meine einmimetisieren werde, eine gute pasta, heyklar, sowas reicht mir, ein whísky, ein text, ein abend mit freunden, mehr brauch ich nicht, es hat 10 tage gedauert, um das ans licht zu lassen (naja und eine kleine unterzuckerung, die macht auch immer durchlässig), jetzt sitz ich hier und muss den scheiß auch noch feiern, finally me, bevor das wieder wegrutscht, in freundliches auskommen, in gespräche über dinge, witze und oddio, dabei geht es um (…)

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option 1

in letzter zeit ein paar mal anderen und über diesen umweg auch mir meinen merkwürdigen status versucht zu erklären: in einer affäre, aber trotzdem noch operativer single. mir selber scheinen ganz pragmatisch die lebensumstände von größerer relevanz als die gefühlslage, die genauer zu ergründen kaum lohnt bei dieser abmachung, ja aber ist es denn eine abmachung, das bis-hier-und-nicht-weiter, oder doch einfach die erkenntnis, dass diese art liebe nicht reicht für diese art leben, eine ins faktische versteckte einsicht? oder wächst liebe erst gar nicht, wenn die überzeugung so fest ist, es gäbe keinen platz für sie?– es glatt auslaufen lassen, keine widerhaken ausfahren, den herzenshunger auf die beziehung unberührt lassen, der ist nicht gemeint hier, und trotzdem schmeckt es großartig. aber die gefühle! sagen die freunde, ich könnte das nicht, wie soll das gehen, du wirst dich verlieben! nein, sage ich, oder ja, warum auch nicht, es gibt seit dem aufkommen der liebesheirat so eine romantische vergötterung der liebe als einer himmelsmacht, vor der man sich immer gleich platt auf den boden werfen muss, dabei hat sie doch ohne die elemente dauer, alltag und gegenseitigkeit kaum verankerungen im realen. sie geht wieder weg.
das herz schwankt kurz und man schließt die augen, weil das gesicht des anderen plötzlich präsent scheint, mit der wärme und der nähe und mit diesem blick, ja, es wird blaue flecken geben, vielleicht auch größere. ich habe sowieso klarere erinnerungen an den umgang mit liebeskummer als an den mit der liebe, sie sind abrufbarer und haben einen rezeptregister eingebaut, whisky, schokolade, freundinnen, neue männer.und dann sagt der teil von mir, den ich als schöner und stärker imaginiere: ja, aber es hat funktioniert! die maschine ist aus, die immer die projektionen macht, der mann ist bald weg und du glaubst ihm, dass er das will. es könnte klappen. über die keimende melancholie total erleichtert sein, sonst wäre diese effizienz doch erschreckend. (neulich eine alleinerziehende mutter auf dem schulweg, als ich ihre organisation bewundere: „ja aber will ich das später sagen von meinem leben: es war gut organisiert?“)
verdacht: mit traumwandlerischer sicherheit von eigenen bedürfnissen absehen, weil sie einem so unrealisierbar scheinen, aufgegeben haben, erleichtert sein darüber, dass das kämpfen nicht lohnt. ich kenne diesen blinkenden funken auf der rückseite der logistik genau: die angst, das es doch nur darum gehen könnte, nicht genug geliebt zu werden. die unruhe, ob man selber noch so richtig lieben kann, ob man nicht doch wie früher sich werfen sollte in die unvernunft, ohne seil und notfalls ohne den anderen. ob man liebe noch übersetzen kann in den alltag. mit dem blinken prima leben können, es für menschlich und nicht für neurotisch halten. überhaupt eigentlich ein prima leben haben.
aber.

 

Kommentare:

kittykoma – 12. April, 23:22
mit der liebe und der nähe der kinder liebt es sich unabhängiger. das macht stark, aber es ist irgendwann vorbei, wenn die kinder aus dem haus sind. die gefahr besteht, dann plötzlich ganz verletzbar zu sein.

Casino – 13. April, 09:16
das stimmt! noch nie so drüber gedacht, dank. dann hab ich noch 10 jahre spielwiese, das wäre doch schön. und so als coole fuffzigerin ist dann hoffentlich die hornhaut perfektioniert und der bedarf sublimiert, es gibt dann bestimmt auch weniger gelegenheiten für diese art von verletzungen – man könnte dann kurze fast weiße haare tragen, wieder rauchen, yoga machen und ein flacheres auto fahren als jetzt.

slowtiger (Gast) – 13. April, 21:34
In 10 Jahren kannst du dann diesen coolen Filmemacher besuchen, der dir immer Spaghetti kochen will.

Casino – 14. April, 08:13
Gut, er hat ein Date.

jorge (Gast) – 14. April, 17:43

alles kommt zu der, die warten kann

@casino: ich kann dir versichern, dass coole fünfzigjährige zwar tatsächlich oft graue kurzhaarfrisuren tragen und u.U. etwas flachere autos bewegen und über etwas mehr freiraum, als mit 30, verfügen – die idee, dass dann hornhaut auf der seele und die sublimierung von bedürfnissen angesagt sind, kann ich aus eigener lebenserfahrung absolut nicht bestätigen … wait and see 😉

es wird allerdings auch nicht leichter, die liebe und die tatsache, dass man sich doch immer wieder platt auf den boden wirft.
no fear – vernunft ist wichtig, aber es ist auch noch niemand an einem aufschluchzen gestorben.
jede liebe zählt.

Casino – 15. April, 06:47
oh mann. ich hatte echt gehofft, dass es irgendwann mal aufhört. in meinem alter sollten leute angekommen sein und nicht mehr so auf der suche. (sorry. aber danke für dein kompliment)

kid37 – 15. April, 10:04
(Manchmal denke ich, der Glaube ans „Ankommen“ ist wie „Hoffnung“ nur eine weitere Plage aus Pandoras Büchse.)

jorge (Gast) – 15. April, 17:49
@kid: genau das glaube ich inzwischen auch

jorge (Gast) – 14. April, 23:12
ach ja, auch beim fünften durchlesen wieder erkannt, wie ehrlich du bist in der selbstanalyse und im niederschreiben der gefühle und fakten, so präzise.
du schreibst so gut und so berührend, darf ich doch sagen, oder?

 

 

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