jeden frühling der eindruck, eigentlich gar keine schuhe mehr zu haben. dieser grausliche winter hat 2 langgeliebten paaren den garaus gemacht, ich musste die besondere härte überleben, wochenlang nur in wanderschuhen herumzulaufen. mein treuer hund hat kürzlich durch einen mutigen akt meinen mangel verschärft. ein kaputter schuh ist zumindest ganz deutlich ein nichtschuh, während die anderen schuhe meiner keine-schuhe-sammlung nur in teilen nicht sind, entweder nicht neu oder nicht modern und nicht mehr schön.

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es waren flache pumps im budapester-muster, ich weiß ja auch nicht, aber sie waren ein schöner kleiner kompromiss, zwischen zwar sneakerfrei, aber noch nicht elegant. ich werde sie vermissen. habe allerdings noch ein paar, das ziemlich ähnlich aussieht, fällt mir grade auf – nein, der absatz ist total anders, ein durchgehender keil, wie er schon in den 80zigern mal mode war. gestern abend den immer noch beeindruckenden film koyaanisqatsi geguckt mit einigen herren, der ist von 1982, und die passanten im film trugen genau solche schuhe, daher weiß ich das. ich war gestern nach meinem frischen verlust noch durch einen schuhblick beeinträchtigt.

wahrscheinlich gibt es außer chie mihara gar keine schuhdesigner, sondern ausschließlich redesign-manager. mihara bleibt sich seit jahren treu, ihre schuhformen, also die shilouette von absatz und korpus ist verläßlich wiedererkennbar, mit diesen schönen rundungen. gestern prächtige dunkelgrüne miharas gesehen, leider viel zu teuer für mein budget. ein selbstläuferthema, merk ich grad.

das eiskalte bei wirklich jenseitiger schönheit. der preis von 100 millionen dollar, der nur als potlatsch einen sinn machen könnte, obwohl so ein opfer ja demut voraussetzt, keine reaktive bittende, sondern eine, die sich selbst genug ist, eine echte konstitutionelle demut, ohne die man hier der obszönität überhaupt gar nicht entkommt. es gibt also keinen weg, aber es ist so schön, dieses ding, man wünscht ihm ein existenzrecht, irgendeines.

grade wieder sport, ich erwarte immer, dass sich mein gesamtes weltbild ändert in folge.

(eine weile twitter gelesen, also so von einem zum anderen gehopst, mir fehlt da echt noch training, danach beim selber bloggen wollen ein großes ohgottweninteressierts- gefühl, nach dem alltagsoverkill bei tw., die wollen doch alle nur familie! beachtung! kann man sich nicht einfach einen applaussender auf den schreibtisch stellen, der alle 10minuten mal angeht? aufmerksamkeit die ganze zeit, für jeden scheiß, rund um die uhr, das ist außer hip auch doch eventuell ein kleines bisschen schräg und traurig, außer für liebende vielleicht, da will man ja mit jedem laut und jedem pups gemeint werden, aber das wird normalerweise auch wieder besser. video kommt da bestimmt auch bald dazu, und sofort kann man die ganzen leute auch noch sehen, vor ihren rechnern und handys und bürotischen, ein andauerndes vor sich hin- gemurmel mit sonnenbrillen und gelegentlichen spitzen schreien, wenn irgend einer von den tausend sekündlichen witzen mal gehört wird. hey, da sind bestimt gute dabei! keine frage. follower! lustig. sichtbar sein, verfolgt werden. wenn man grade ein taxi braucht oder zu ertrinken droht, gern, aber immer? oder es ist eben eigenwerbung, aber dauerwerbesendungen guckt doch eigentlich kein schwein?)

nein. hey, ich werde einfach alt.
(in die nesseln)

die faz. jetzt ist mir vorm frühstück schon schlecht geworden. der autor sollte bei berlusconi anheuern, der braucht so schreiberlinge in zukunft. wobei eine solche dreistigkeit selbst in italien auffallen würde, andrerseits ist dort zivilcourage nicht so ein heißes pflaster, sie wird gar nicht vermisst. ohmy, abscheu.

(ehrlich, ich hasse rassisten. das gute ist, man braucht gar keine zivilcourage mehr, heutzutage, um denen mal den marsch zu blasen, da reicht menschenverstand und ein demokratisches grundverständnis.)

der körper der frauen. auf italienisch, eine total betäubende dokumentation, ein zusamenschnitt von frauen, körperteile und gesichter, aus dem italienischen tv-programm. man kann dort gar kein fernsehen angucken, weil es so vulgär und sexualisiert ist alles, jede unterhaltungssendung vollgestopft mit grotesk ausgezogenen damen. der film zeigt diese fast rituelle erniedrigung von frauen, in schnellen schnitten, bis man beim gucken selber nur noch masse und fleisch sehen kann. auf der tonspur erkundungen darüber, wie sich die reduktion auf schönheit in die selbsteinschätzung von frauen einschleicht, ich selber merke beim gucken, wie der eigene blick vom sekundenschnellen urteil „sexy bein“ erst nach der überwältigung hinfloatet zur erkenntnis der entwertung, die dahintersteht, also nicht den kopf, den blick meine ich jetzt, wie nahtlos bild und wert ineinandergestülpt sind in meinem frauenkopf, vor dem verstand. was sehen wohl männer dabei? der text zum film ist schön, traurig und sehr dicht geschrieben, und wirkt seltsam verloren hinter der bilderflut, die gezeigt wird, sehr deutlich eine einzelne stimme in einem universum, das nur visuell funktioniert.

(gefunden beim surfen wegen der report sache, ich habe nämlich krankgeschriebene kinder, wie wunderbar nett das internetz für fraktionierte aufmerksamkeit ist, man findet so schnell was schnell erfassbares. jedenfalls unterirdisch große sentimentalität heut wegen italien)

report

die italienische reportagesendung report, von der rai produziert, verliert den rechtsschutz. die chefin gabanelli spricht von zur zeit ca. 30 offenen verfahren, in den letzten jahren wurden wohl alle gewonnen. in zukunft werden die reporter notfalls mit eigenen mitteln aufkommen, sagt sie recht heroisch, aber das sei „wie mit dem fahrrad auf die autobahn“.

man kann die sendungen komplett im netz anschauen, den volltext runderladen, sie zeigen auf ihrer seite jeweils ein update zu den sendungen oder einfach den ausgang der geschilderten geschichten, in zusätzlichen videos. es ist eine vorbildliche und extrem notwendige reihe in italien.

juni

wo sie wohl hin ist, die frau casino von früher? sammle die scherben ein nach einem wochenende voller streitereien mit den jungs, müdigkeit, grade außer atem plötzlich vorm spiegel gelandet, zuviel grau, die augen umringelt, alles sieht alt aus, die klamotten irgendwie übereinander gezogen und nicht zur feier des junisonntags, eigentlich total hinüber, erschöpft und unfroh. meine mutter hat mir mein geburtstagsgeschenk wochen früher gegeben, weil sie auf reisen geht, ein leder-armband einer extrem namhaften französischen firma, hell yes, denke ich, aber wo ist die frau hin, die sich dadrüber echt sehr gefreut hätte, e che ne so, an einem verregneten junisonntag vor 15 jahren lag die mal auf dem bürgersteig der dieffenbachstrasse im regen, unter einer ollen bmw, und hat die ölwanne ausgetauscht, die einen tag davor zerschreddert wurde, als ich mit zuviel schwung auf den bürgersteig gebrettert bin, um einer freundin zu hilfe zu eilen – die hatte sich vor ihrem sehr neurotischen lover in ihrer parterrewohnung versteckt, und der war dabei, durch das küchenfenster einzusteigen. die freundin blieb unter ihrem schreibtisch, ich schmiss den herrn raus, der auch nicht mehr so genau wusste, was er da tat, sich aber weder entschuldigte noch wunderte, sondern einfach „okee“ sagte und ging, jedenfalls lag ich da an dem sonntag danach, und ein mann trat zu mir, ich sah nur seine beine, und sagte „ich hab auch eine guzzi“, ich musste lachen und hab öl ins gesicht bekommen – mit dem hab ich dann in den wochen danach ein paar touren gemacht, er hatte tatsächlich eine california III, in weiß, wunderhübsch, der wollte mich dann nicht mehr sehen, nachdem ich ihn einmal zum tango in den meistersaal mitgenommen hatte, ich immer lederhose und stiefel unter die tangokleider und mit helmfrisur, das hat mir was ausgemacht damals, aber mit den halben helmen sahen die haare irgendwie noch schlimmer aus, oben geplättet, unten verklettet, das war auch nix, der typ ein reicher architekt aus kreuzberg, mittfünfziger, erstes motorrad, der kam mit der frauenrolle im tango nicht klar, so eine frau wollte der nicht, jedenfalls lachen die freundin und ich noch heute über den lover, so ein verkrachter künstler war das, die gab es damals noch. sie hätte sich besser auf dem hochbett versteckt, auf dem wir dann auch mal in einer sylvesternacht zu dritt, weil wir beide denselbsen typen cool fanden, der mann war dann aber überfordert, glaube ich, und hat uns einzeln mit nach unten ins zimmer genommen. war auch okay. jedenfalls vermisse ich diese ganzen geschichten etwas, sind die noch da, bin ich das noch? das moped hab ich verkauft, als ich schwanger wurde, an einen mann, der fürs technische museum alte sachen gekauft hat, das war auch ein feiner tangotänzer, der sich getrennt hatte, um mit einer jungen tanguera durchzubrennen, und es hat mir erst etwas leid getan, das ich das nicht war, aber dann kam meine liebe und der tango hörte auf, er hat meine kiste noch genommen, für 3300 dmark, und kam mit seinen beiden pubertären töchtern, um sie abzuholen, und ich dachte noch: so große kinder hat der, mei oh mei, der muss schon über vierzig sein. kann das denn sein, dass es diese leute nicht mehr gibt, wo genau hält sich dieses paralleluniversum mit all dem sex und den nächten und den möglichkeiten, den offenen stellen, den lücken und den räuschen, dem morgendlichen nachhausegehen an der seite eines typen, man hat keine ahnung, ob man ihn mitnehmen will oder lieber doch nicht, es wird sich ergeben, es ist noch zeit, und man blinzelt ins sonnenlicht, die strassen sind leer, dann geht man mit, oder eben nicht, ich habs vergessen, es ist alles solange her. (ach jugend. das ist so ein moment, an dem sich frauen gleichzeitig zum fitness, zur pediküre und zum friseur anmelden, und sie können drüber lachen dabei, aber es tut trotzdem ein bisschen weh)

mit gesumm

der vater, der mir immer dieses spontane ja, oho, achje – gefühl verursacht, wenn ich ihm auf dem schulweg begegne, und der nach einem kleinen und total überraschendem flirt über schokoladenvorlieben an der supermarktkasse mich gar nicht mehr ansieht, sogar durch mein grüßen hindurchguckt, als wäre jede geste zuviel, jedes lächeln befrachtet mit dingen, die man dem lächeln nicht ansehen kann. manchmal paranoide sorge, dass mein single-dasein mir in riesigen warnbuchstaben irgendwo dranklebt, wo ich es nicht sehen kann. oder es ist bloss der normale restringierte code bei hiesigen gesellschaftlichen kontakten, die angst vor assoziativem, vor möglichkeiten und bildern, die nicht feststehen, die nichts bedeuten, das soziale kein klangteppich mit dichtem feingewebtem flor, mit farben, figuren und mit einem haufen reiner freude vor allem, sondern eine hängebrücke mit abgrund li und re. immer nur von haustür zu haustür, keine fehltritte, ach daher tragen die alle immer turnschuhe! hey, was weiß denn ich. bin etwas gelangweilt.

letzte mail von gestern: ihre wunschreise

ein anruf des exmannes, seine stimme registriere ich noch vor den inhalten, ohje, er ist erkältet. nee, magendarm? irgendwas sehr schlimmes, die stimme ist tonlos und gepresst, nein, er hat eine zentnerlast zu tragen. wegen mittwoch, sagt er, das ist der vatertag in der woche, ich denke, ach du scheiße ja, was? also da sei diese nahe verwandte von ihr, die – und dann folgt eine ausführliche schilderung einer schlimmen lage, du weißt ja noch gar nicht alles, sagt er, ja, denke ich, nein danke, echt, ein teil von ihm ist sehr gestresst, ob er weiß, welcher teil das ist? frag ich mich beim zuhören, was will er mir sagen, soll ich das immer noch wissen wollen, oder willst du, dass dir einfach jemand zuhört, wie du dich kümmern musst, weil du so integriert bist in die neue familie, aber jedenfalls der mittwoch gehe gar nicht, oder, fragt er sie, es sei doch der mittwoch, ja, höre ich sie im hintergrund sagen.

es ist so ein jammer, wenn man soviel weiß über einen menschen, und es nützt einem nix mehr, also man kann es nicht mehr nutzen, es dient nur noch dieser einzigen erkenntnis: ich weiß.

danach das abendprogramm, auf das ich mich total sehr gefreut hatte, endlich the real dan gucken! auf den warte ich schon ne lange weile, ich liebe ja romantische komödien. und aber nun war es für mich dann ein totaler scheißfamilienfilm, amerikanischer happy-family-mist hoch drei, inclusive musik und pancakes, nicht auszuhalten, außer ein paar wahren sätzen, aber die kriegt man ja in jedem film unter, und die binoche war auch schon mal jünger.

jetzt bin ich genervt und will mein weblog total ändern, weil echt, was soll das öffentliche gepupse bloss? for whom? für lauter andere gestörte mit auch irgendeinem gelegentlichen mangel, für leute wie ich und du, mit momenten, schon klar. aber was hab ich davon? bin ich nicht genauso wie mein ex, der mir geschichten erzählt, weil er was will von mir, und das publikum hört nur die anderen geschichten, die er nicht erzählt?

und dann hat jemand einen blogtext von mir auf einen teppich gedruckt, zum drüberlaufen, außerdem noch schallschluckend und schmutzfänger, das sollte zu denken geben.

aber sonst gehts super, ohne scheiss, alles in ordnung hier. kraft und eleganz sind wieder da, die launischen kleinen diven. die schlechte laune ist schon wieder vorbei, ans posting verfüttert, den film guck ich mir morgen nochmal ohne whisky an, oder übermorgen statt kino, aber dieser text hier steht dann womöglich noch, echt, mit so einem befindlichkeitsblog gibt es leicht peinliche situationen immer. mit einem richtigen weblog, einem journalisten- oder aphorismenblog mit kontrollierbarer selbstdarstellung hat man so probleme nicht. aber es macht auch mehr arbeit, hoffe ich.