on the road

herrliches maiwetter, warm und grün, ich sollte dringend mehr ausgehen. mit den aperitiven klappt es noch nicht so gut, das liegt aber an mir, bin abends zu kaputt. ich denke, ich sollte das auch in schwierigen zeiten machen, freund*innen treffen, an einer strasse sitzend ins leere starren, am aperol nippen, gelegentlich etwas sagen.

vielleicht schaffe ich das die tage noch mit meiner schwester, die seit ein paar tagen in berlin ist, um sich um meine mutter zu kümmern, der geht es weiterhin schlecht. sie braucht jetzt noch eine herz-op, so etwas wird heutzutage auch mit fast 90 noch gemacht. meine mutter will es. die ärzte reden mit uns, wenn meine mutter nichts sagt, aber sobald sie sich beteiligt am gespräch, ist sie der alleinige ansprechpartner, das ist ein sehr gutes gefühl in dem krankenhaus, in dem sie jetzt ist. oder ist das so üblich? vielleicht haben sie erfahrungen mit angehörigen, die den patient*innen ihre meinung aufzudrängen versuchen, mehr oder weniger tun wollen, als möglich ist und als die patient*innen selber sich wünschen. der eingriff soll diese woche erfolgen, ich hoffe nicht, dass sie nur wegen der feiertage so lange warten muss. wir versuchen jetzt, sie ins herzzentrum verlegen zu lassen, in der hoffnung, dass es dort mehr erfahrung mit hochaltrigen menschen gibt, und eventuell mehr verfügbare chirurg*innen. dabei sind die feiertage jedenfalls nicht hilfreich. um einen op-termin im herzzentrum muss ich mich selber kümmern, ihr jetziges krankenhaus gehört nicht zur charité. werde heut nachmittag mal hinfahren, pfingstmontag, da wird niemand sein, aber vielleicht habe ich ja glück.

bin wirklich urlaubsreif, das merke ich, habe das richtige arbeitszeitmodell für mich noch nicht gefunden. grad geht gar nichts, auch kein bloggen, die gesamte wahrnehmung rotiert um meine mutter, wobei wir natürlich theoretisch damit gerechnet haben, dass mal etwas passieren wird, aber der unterschied theorie/praxis ist wie immer erheblich.

nach den sommerferien werde ich wieder 35h arbeiten, wobei ich eigentlich in den letzten 8 jahren bis zur rente lieber vollzeit machen sollte, dafür müsste ich aber den job wechseln. oder ich verliebe mich mal wieder, das nimmt dem leben auch gewicht, auch wenn mir das grade zu viel körperliche präsenz erfordert, ich will mich gar nicht kümmern um aussehen, frisuren, kleidung, den ganzen kram, mental bleiben die neins eh immer am unveränderlichen kleben, dafür bin ich grad zu sehr versunken.

neulich mit einer freundin über erste dates gesprochen, sie hat sich gewünscht, dass die männer das eher wie ein bewerbungsgespräch wahrnehmen, da schimpft man ja auch nicht dauernd auf den letzten arbeitgeber und breitet die niederlagen der letzten jahre aus. solche hatte ich auch ein paar mal, da sitzt man dann ratlos und zunehmend mit den ohren auf durchzug daneben, sie datet aber mit größerer altersdifferenz als ich, vielleicht liegt es daran. bah, leidiges thema.

mal wieder einen erkennen, das wär schön.

zwischendrin schaue ich mich hier mal kurz um und bin gleich wieder mehr die, die ich sein will.

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hd-muttertag

am samstag platt gewesen, pause gemacht. der tag fing großartig an, konnte meinen drei jungs kaffee ans bett bringen, weil sie frühmorgens los mussten, um bei der konfi ihrer halbschwester rechtzeitig in der kirche im süden berlins zu sein. um 7 waren sie weg, dann erstmal ausgeschlafen.

tagsüber habe ich meine mutter nicht erreichen können, aber auf station haben die freundlichen schwestern mich am telefon informiert.

heute habe ich den kaffee ans bett bekomen, dann gemeinsames frühstück mit allem, um halb zehn, ich merk dann immer, bin eher eule als lerche und hab in die morgensonne in der küche geblinzelt. jetzt warte ich auf meinen slot im bad, dann gehen wir gemeinsam zu caspar david friedrich, eine überraschung der jungs, als muttertagsgeschenk, ich hatte vor ein paar wochen so ins blaue einen gemeinsamen besuch vorgschlagen, ohne hoffnung auf umsetzung. ich hoffe, wir kommen rein, aber es ist eigentlich kein museumswetter. kaufe für die beiden ohne jahreskarte noch schnell tickets, das geht, obwohl auf der seite steht „keine online tickets für heute“, dann mit dem auto ins umfeld des museums, an der langen schlange vorbei, ein paar mal werden tickets geprüft, sehr gründlich sind sie da, aber es fällt ihnen trotzdem nicht auf, dass nur 2 von 4 das passende zeitfenster gebucht haben. oder fällt es ihnen auf und es wird nachsicht gewährt? dann zerstreuen wir uns, endlich vor den landschaften. der große findet sein lieblingsbild (mondaufgang), wir machen ein familienfoto davor, dann nach oben in den 2. stock zu meinen lieblingsbildern, den böhmischen landschaften. nach 2 stunden noch kurz in den shop, postkarten kaufen, dann mit dem auto zu meiner mutter, die sich sehr über den überraschungsbesuch freut. ihr ist der muttertag wichtig, es ist wirklich serendipity dass so viele enkel hier sind an genau diesem wochenende. es geht ihr noch wackelig, sagen wirs mal so, aber es wird gut auf sie aufgepasst.

ich fahre dann den d.-zwilling noch zum südkreuz zu seinem zug, die anderen beiden nehme ich wieder mit, die fahren im laufe der nächsten beiden tage zurück. volles, dichtes wochenende mit kultur und kindern. immernoch keine fenster geputzt. ich brauche personal.

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8. mai 2024

zum glück nix an der ostsee gebucht, denn gestern nachmittag ist meine mutter gestürzt, weil der rollator bergab schneller war als sie, und hat sich den oberarm glatt gebrochen. sie wurde ins krankenhaus gebracht, der arm in einer schlinge, schmerzmittel gab es auch, dann sass bzw. lag sie da stunde um stunde, weil eine weiterbehandlung nicht schnell organisierbar war. der bruch sollte mit einem langen nagel fixiert werden, der von oben durch den knochen geschoben wird, ein humerus-nagel, klingt gruesome, ist aber wohl normaler umgang mit solchen brüchen, selbst bei hochaltrigen patientinnen. im ersten krankenhaus haben sie dann gemerkt, dass der nagel nicht vorrätig ist und offensichtlich auch nicht geholt werden konnte, also wurde sie spätabens noch in ein anderes krankenhaus transportiert, mit der feuerwehr, weil es keinen krankenwagen gab, der feuerwahrmann bat mich vorm losfahren noch, die wertsachen meiner mutter an mich zu nehmen, das sei besser. hab ich gemacht. dorthin konnte ich ihr ein paar sachen von zuhause bringen, sass dann noch weitere 2 stunden mit ihr in einem zum glück stillen raum in der rettungstelle, weil es keinen gab, der sie hätte hoch aufs zimmer bringen können, in nasser bettwäsche. keine schwester, kein/e pfleger/in weit und breit. die ärztin, die im empfang der rettungstelle sass, hat sich dann erbarmt und eine frische decke bezogen und meine mutter kurzerhand selber hoch auf station gebracht, nach mitternacht war sie endlich oben und konnte etwas ausruhen, mit novalgin, glaube ich, ich hab gehofft, dass nachts nicht passiert, mit so wenig personal, hätte fast nachts um oo uhr noch versucht, in der charité eine op zu organisieren, habs aber dann noch gemerkt. alles nicht vertrauenserweckend, aber nuja.

am nächsten tag um 13 uhr wurde sie dann operiert, für den chirurgen war es der 4. humerus-nagel an dem tag, und meine mutter ist daran mit schuld, als sie nämlich, schon mit haube, zugängen und allem, auf der liege in den op gefahren wurde, kam ein junger mann auf sie zu, sagte, er hieße soundso, sei ein junger arzt und würde jetzt den eingriff machen. meine mutter hat daraufhin „nein“ gesagt. es sollte der dr. s. machen, der ihr alles erklärt hatte und einer der oberärzte der krankenhauses ist. der der junge mann wiederholte, er würde das heute machen, er sei der aip-ler, oder sowas ähnliches, meine mutter sagte daraufhin nocheinmal „nein“, und wenn der herr dr. s. nicht käme, würde sie sich nicht operieren lassen. dann kam halt der dr. s. und hat übernommen. ich finde das fabelhaft und den weg der klinik, gestressten, ängstlichen und leidenden menschen sowas kurz vor einem eingriff zuzumuten, nicht okay, sagen wirs mal so. andrerseits ist das eine unfallstation, da kommt immer was rein, vielleicht beurteile ich das auch falsch, und es war schon besonders nett, dass der junge mensch sich überhaupt vorgestellt hat und ihr so diese wahl ermöglicht hat? und sie hat, das zählt bestimmt auch, so wie die welt nunmal ist, eine zusatzversicherung für krankenhäuser, mit einzelzimmer und chefarzt. es sind bestimmt beide ärzte super, aber bei einer sehr alten dame mit vorerkrankungen war mir jemand lieber, der das schon oft gemacht hat, selbst wenn es oft an einem tag sein sollte. die hatten jedenfalls genug nägel an bord. sie war dann fast dreieinhalb stunden weg, dann wurde sie wieder ins zimmer gebracht, wach und mit dickem pflaster auf der schulter, der arm wieder in einer schlinge, aber kein gips oder so etwas, es war ein minimalinvasiver eingriff. sie hat gesprochen und war präsent, ab dann setzte bei mir entspannung und müdigkeit ein, ich holte ihr noch kopfhörer und schmierte ihr die stullen beim abendessen, dann bin ich nach hause. 24€ parkgebühren haben mich die acht stunden im krankenhaus gekostet, das fand ich ziemlich dreist, immerhin hab ich sämtliche verfügbaren fünfer in den blöden parkautomaten gesteckt, möge er verstopfen und den dienst aufgeben.

abends total k.o., genehmige mir einen lagavulin und hoffe, dass es gut war, sie nicht umdirigiert zu haben, hoffe, der chrirurg hat gut gearbeitet.

gemerkt, dass so ein unfall bei einem hochaltrigen menschen erwartbar ist, wir sind da mental drauf vorbereitet, auch im umfeld höre ich das, stürze ohne gegenwehr und ohne möglichkeit oder kraft genug, sich noch abzufangen. gestern nicht schlafen können, weil mir dieser brutale nagel nicht aus dem kopf ging, habe schlimm gezweifelt, ob die entscheidung richtig war, oder ob ein einfacher gips nicht besser gewesen wäre. habe einem chirurg vertraut, der den schritt meiner mutter gegenüber als besser vermittelt hat, nicht als zwingend notwendig, nur besser, ohne den selber gesprochen zu haben, mir hat es eine andere ärztin kurz zusammengefasst. mehrfach gefragt worden, ob die mutter noch zurechnungsfähig ist, vielleicht ging es da auch um haftbarkeit etc.?

fand es doof, mit fremden ärztinnen in solchen situationen zu sein, die therapie wird dann als alternativlos vermittelt, obwohl das vielleicht nicht so ist, wobei, es wird ja oft genagelt, ich hätte halt nicht googeln sollen. orthopäden haben da ja einen gewissen ruf. naja, es ist (bisher, toitoitoi) gut gegangen. die schwester auf station hat gesagt, sie seien zu zweit, mit allen patienten, da bin ich dann lieber auch heute den ganzen tag dageblieben, um auf sie aufzupassen.

mein tip an euch mit ähnlich alten verwandten: bereitet euch auf diese situationen vor, sie werden kommen, findet gesprächspartner, besprecht das vorher mit ihnen, ob ihr sie auch spontan anrufen dürft, die müssen ja keine entscheidungen treffen, nur zuhören und spiegel sein. ich hatte zum glück meine schwester. neulich mit frau kellerkind darüber geredet, dass frau als single immer alles alleine entscheiden, besorgen, bearbeiten muss. wir sind das gewöhnt, aber in solchen momenten ist es belastend und eher doof.

auf die miserabel besetzten rettungstellen und krankenhäuser könnt ihr euch natürlich nicht vorbereiten. da braucht es glück.

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komm lieber mai

ich habe im rechner eine eingescannte unterschrift von mir, die ich beim ausfüllen von formularen verwende, habe nie darüber nachgedacht, ich hoffe, das ist legal bzw. wird erst zur fälschung, wenn jemand anderes als ich damit etwas unterzeichnet. die behörden schreiben bei sowas dazu „ist auch ohne unterschrift gültig“, wieso eigentlich, können die das einfach setzen?

bücher sind ja auch ohne unterschrift gültig, aber es gibt händler auf zvab, die ausschließlich signierte bücher verkaufen, unmengen davon, die autoren sind (mir) nicht so bekannt, die titel auch nicht. es gibt keinen angemessenen weg, um herauszufinden, ob da vielleicht einfach jemand mit geschmeidigem handgelenk dahinter ist, oder ob die bücher wirklich alle selbst unterschrieben wurden. es ist ja auch eine möglichkeit für autor*innen, eigene werke für den 2-3fachen preis zu verkaufen, das lohnt bestimmt, solang man kein*e bestsellerautor*in ist, und der anbieter im netz bekommt dann eine vermittlungsgebühr, wie auf ebay.

für bestseller gibt es zb sogenannte autopens, ein kleines gerät, mit dem man unterschriften auf fertig gedruckte bücher oder einzelseiten setzen kann, das machen auch verlage, wenn sie numerierte und signierte sonderausgaben verkaufen, es ist vielleicht sogar legal. der verlag simon & schuster hat mal signierte bücher von bob dylan unters volk gebracht, für je 600$, alle mit einem autopen angefertigt, und musste das geld zurückzahlen. es gibt viele seiten im netz, die tips zur unterscheidung von handschriftlichen und automatisierten signaturen geben, zum ansatz der linie, den verlaufsspuren der tinten, es ist faszinierend und sehr meditativ. vielleicht sind wir menschen mit kleinem bibliophilem tick gar nicht so selten, dann kann man eine 2-wege-authentifizierung erfinden, wo es einen qr-code im buch gibt, mit dem wir ein video vom unterzeichnen freischalten können? das wird natürlich schwierig bei den toten autor*innen.

bei meinem letzten kauf hilft nur der glaube, es ist von einem eher bekanntem nichtdeutschen autor, ich sehe das ein bisschen wie beim potlatsch, wir geben zuviel, machen uns damit ein bisschen größer als wir sind, jemand im internet gibt uns etwas zurück, was uns größer erscheint, als es ist, alle sind glücklich. ich denke immer, ich kann es ja wieder in den markt zurück schicken, aber irgendwie kommt es nie dazu, obwohl der platz in der wohnung endlich ist.

balkone geputzt, blumen gegossen.

gelesen, dass seit dem beginn des ukraine-krieges erstausgaben von puschkin aus europäischen bibliotheken geklaut werden. weiß gar nicht, ob ich den mal gelesen habe. die diebe ersetzen die bücher mit perfekten faksimiles, das ist das interessante daran, warum der aufwand? der irrationale erste gedanke dazu war: sie holen heimlich raus, was ihnen wertvoll erscheint, dann machen sie alles platt. klingt aber ein bisschen zu filmreif. so sind die zeiten, sie sind schwer, es drückt von allen seiten auf den alltag und macht ihn dichter, intensiver, wie so ein tilt shift-effekt, bei dem alles genauer wahrgenommen wird.

der g.-zwilling ist wieder hier, eine andere party, es ist maienluft überall. er hatte erfreulicherweise großen hunger, mit ihm ins restaurant gegangen, zuviel trinkgeld gegeben, ich fühlte mich reich. er erzählt, er hätte sich grad die new-york-trilogie gekauft, und ein paar tage später ist auster gestorben, und wie merkwürdig sich das anfühlt. außerdem hat er den homo faber gelesen und war hingerissen vom buch, und bisschen beunruhigt, während bei mir die tatsache, dass die jungs lesen, zu einer tiefen beruhigung führt, sie haben einen hafen immer dabei. ins restwochenende mit minimalem alles-wird-gut-gefühl, das gibt es ja grad nicht umsonst wie sonst im mai.

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