beim laufen, im strom von einkäufern, familien, feierabend, liste im kopp, bisschen zu spät, dann spüre ich den boden unter den füssen, die stiefel sitzen fest und halten mich bis zum knie, die strasse ein parkett, ich kann mit schwung einen fuss genau vor den anderen setzen, und ganz unerwartet ist kurz der rest von mir da, die unruhe und der hunger, das große flimmern. mal wieder in eine nacht gezogen werden, umgeworfen und unter segel gesetzt, aber hey – weiterlaufen, nur kurz gewundert darüber, dass alle andern so leicht nach hause finden immer.
Kategorie: angelweide
(ein film mindestens)
das bild am ende des postings erkennen, den film wieder im kopf haben, deswegen weiter lesen, die meinung des autors über prairie home companion teilen, erleichtert in einen anstrengenden tag gehen. es ist viel wichtiger, karten für den eröffnungsfilm der berlinale ’14 zu kriegen. shape your memories. (über luckys blogrolle irgendwie)
die haar-probleme
auf dem weg an einem laden für friseurbedarf vorbeigeradelt, an meine unentrinnbar zu entsorgende lieblingsbürste gedacht, die ich schon seit wochen mit einem plastikstriegel für 2,50€ aus der drogerie ersetze, und die sogar bei den jungshaaren ziept — hinein also in die fremde welt. 4 lange regale mit ausschliesslich haarpflegeprodukten. ich nehme das haar nicht mehr so ernst wie bis ca. ende dreissig, ich vergesse in deutschland sogar das entgrauen von schläfen und haaransatz (in italien nie natürlich), ich sehe den menschen der zukunft haarlos, das kopfhaar wird dünner und gleichfarbiger werden in den nächsten paar tausend zeiten, oder immer früher ausfallen, bei beiden geschlechtern, bis nur noch eine art flaum bleiben wird, den die frauen sich natürlich abrasieren sollen. menschen als nackte, pelzlose spezies, ihr fetisch der glatten oberfläche ist allen anderen intelligenten lebensformen des weltalls unverständlich und gilt als skurril, aber niemand glaubt, wir hätten es leicht mit unserer körper/geist-kombo.
drei angestellte rennen zwischen einem raum am ende des geschäfts und dem regal mit haarteilen hin und her. ich weiche ihnen aus und sehe mich um, ich kann höchstens ein viertel der ware einer konkreten funktion zuordnen, weiss nicht, ob mich das stolz oder mutlos macht. eins der regale enthält alles an kämmen und bürsten, was man sich wünschen könnte, wenn man wünsche in der richtung hegt, viele meter mit shampoo, konditioner, spülungen in grossen flaschen und in kleinen, nach zaubersalbe aussehenden tiegeln, kein l’oreal, kein garnier.
„nimm 3, 3.4“ ruft eine frau quer durch den laden. meiner herkunft aus gutem hause zufolge bleibe ich brav vor den wildschweinborsten auf bambus stehen, aber das zauberwort antistatisch (die wüstentrockene heizungsluft) steht nicht drauf, und sie kostet auch nur 12 euro, die kann gar nicht echt sein. die angestellten rufen sich weiterhin zahlen zu, einer rennt mit einem telefonhörer nachvorne. „wer ist jetzt dran?“ „ich hatte vorhin die xxx dran, die war grad noch da“, und wusch rennt der nächste von der wand voller haarteile in den hinterraum, es liegt ein geheimnis in der haarwirtschaft, vielleicht eine echthaarauktion an geheimem, nur mit telefonen zu erreichenden ort, und die chefin, die das sonst erledigt, ist grad nicht da.
ich halte den mann fest, um ihn um rat zu bitten, weil in einem fachgeschäft die beratung zu den größten vergnügungen gehört. er bleibt lammfromm stehen, kurze haare, superglatte lippen, gezupfte augenbrauen – ich suche eine bürste, die gegen statisch aufgeladene haare mit nestern hilft! „aaah“, sagt er, während seine kolleginnen weiter hin-und herrennen, dieses aufseufzen, mit dem dir beim friseur nicht nur die antwort auf eine frage, sondern die lösung aller deiner haarprobleme serviert wird: „sie brauchen einen tangle teezer.“ einen was? wir laufen viele meter regal zurück, und da liegen sie. sie sind alle neonfarben. ich werde sie auch hinter der waschmaschine finden können, ohne dass ich erst eine taschenlampe hinterherwerfen muss. ich verlasse den laden also nicht mit einem gefühlt vererbbaren gegenstand, für den ich das regal extra hätte neu ausleuchten müssen, sondern damit.
neue kunst
parkplatz direkt davor, schlange vorm einlass, an dem ein mann in einem papierstapel blättert und namen durchstreicht. ich bin über freunde da und hab keine einladung, wieso überhaupt eine vernissage mit einladung? kenn ich sonst nur von museen, nicht von orten mit verkaufsabsicht. ich nutze in alter, noch nicht verlernter technik die sekunde, als der einlasser kurz woandershin guckt und gehe durch. drinnen sehr, sehr voll, die in-crowd komplett da, sehr gut angezogen, ich bin erleichtert, das die schuhe von heike makatsch so aussehen wie meine, hätte aber einen abendmantel und komplette schminkatur wählen sollen, statt der uralten d&g- herbstjacke, aber wer ahnt denn so einen auflauf?
die eine junge frau, die aussieht wie ein schatten am abend, sehr schmal, mit ultradünnen beinen in sehr engen hosen, haare bis zur taille, magerer langer kiefer, riesenaugen, riesenmund, alles auf 12cm- schuhen, nicht sicher, aus welcher dimension sie stammt, sie bringt die reflexe durcheinander. essen hätte es gegeben, im letzten hof stand eine wurstbude oder sowas.
die kunst ist kunterbunt, die sachen sind teilweise sehr gut im markt, wollen aber nicht mit mir nach hause, bis auf ein oder zwei stücke. die stimmung ist brauselig, die besucher strömen hin und her, es sieht alles genauso aus wie im film bei highend-vernissagen, es sind nur etwas zuviele leute da. die halle ist riesengross, über 500m², die stilrichtungen sehr disparat.
es gibt einen kleinen schwerpunkt auf geometrischem und abstraktem, ein paar gegenständliche sachen, typ halber gezeichneter frauentorso mit konstruktivistischen dreiecken und kreisen und einem stuhl, oder ein großer realistischer affenoberkörper mit einer muschel in den händen, von kevin earl taylor, die lustige, aber nicht nur feinsinnige collage mit blättern, auf denen beim näherhingucken anderes zu sehen ist, nette deko für die liegeecke in einem dieser imaginierten designerlofts.
paar sehr schöne objekte, einen plätschernden brunnenturm aus mülltonnenfragmenten, eine zerschnittene tür mit einem sehr eleganten dicken pinselhieb darüber (von clemens behr), diese axt unten, schöne klare ideen. die großformatigen bilder sind wohl auf die grossen wohnungen all der erfolgreichen szenetypen zugeschnitten, da verlieren die abstrakten bestimmt auch sofort dieses flimmernde beliebige, und hängen dann fest, über einem sofa. die lassen sich bestimmt ganz gut verkaufen, vorgenommen, mir die namen der künstler zu merken und sie in 5-8 jahren nochmal nachzulesen.
beim rausgehen kam uns im halbdunkel miranda july entgegen, gekleidet wie ein garçon der zwanziger, in knickerbockern. ihre ganze großartigkeit erfasst man sogar in sekunden, beim vorübergehen. die würde ich ja sofort nehmen, aber sie ist leider schon vergeben, an den film, den film, da gibt es kein zurück, ach ach.
vierzig jahre
„wie man es sich als kind vorstellt“ sagt der gitarrenbauer, als ich ihn nach seinem laden frage, „mit einem schaufenster zur strasse mit gitarren drin.“ meine olle framus wird dieser tage 40, 73K steht auf dem aufkleber im bauch, und K steht als elfter buchstabe für den monat november, sie klingt noch gut, finde ich, voll und warm, sogar fast zu laut für meine abendlichen übungszeiten, und ich hab sie natürlich sehr gerne. ich soll mehr nach vorne spielen, hat mein lehrer gesagt, und dass viele seiner schüler so spielten, bei mir fühlt es sich an wie: erstmal in den eigenen kopf hinein, in jeden akkord, noch nicht in die musik oder den song, noch nicht als melodie. beim mitsingen ist es eher ein hinterhersingen, wann immer halt ein akkord daherkommt. ich werd da langsam ungeduldig nach über 7 monaten unterricht, es ist schwieriger als gedacht, die nervenstränge wachsen sehr, sehr langsam, trotzdem ist dieses körperliche lernen eine hochinteressante erfahrung, dass der körper andere strecken benutzt als der verstand, zbsp. wo lernen über text eher ein umordnen von einrichtung ist, so muss ich bei neuer feinmotorik erst mal die möbel selber bauen, und davor die wälder finden, in denen die bäume dafür stehen. es gab momente, also ein oder zwei, da fühlte ich mich wie frau engl beim tango. zu ungeduldig, meint der vorbildlich geduldige und nur im stillen vermutlich zu tode gelangweilte lehrer.
die framus lag einen tick unter dem neupreis, jedenfalls bei 1:2 umrechnung, sie wurde in bubenreuth hergestellt, die fabrik hat eine spannende geschichte mit einigen aufs und abs, sie gehört seit einem konkurs ende der siebziger der firma warwick, es werden dort immer noch gitarren gebaut. die saitenlage von meiner alten texan ist etwas übertrieben, was ich mehr sehen als erspielen kann bei meinem aufenthalt in den oberen vier bünden, und bundrein ist sie auch nicht ganz. so zum vierzigsten kann ich ihr ja mal einen besuch beim spezialisten gönnen. es geht ihr nicht schlecht bei mir, sie wird jeden tag gespielt, oder fast jeden, aber die wohnung ist im winter zu trocken mit all dem saugenden holzboden, ich werde sie neben einen der nervigen luftbefeuchter stellen, die ich wegen der alten bis sehr alten bücher angeschafft habe, die haben die heißen und feuchten jahre in mailand gut überstanden, sind hier aber oft bis zur brüchigkeit trocken gewesen, ich habe nichts gegen nasse winter –
was ich ei-gent-lich sagen wollte: einen riesen glückwunsch an mein schönes instrument, and thanks for playing along.
KW 44
volksabstimmung. bestimmt 10 freundliche aufforderungen zur wahl bekommen, aus dem freundeskreis, alle anderen nachbarn habe ich grade auf dem wahlweg getroffen, prenzlauer berg geht vollzählig abstimmen. das immer wieder schöne gefühl, dazuzugehören, in einem viertel zu leben, in dem die meisten menschen meine politische einstellung in etwa teilen, überhaupt soviele leute zu kennen, hängt natürlich auch mit dem langjährigen elternsein und dem hund zusammen. ich bin hier wirklich zuhause.
spass an scifi-serien, die nicht vollständig b-pics sind. bei einer spielt ein verwandter von thor heyerdahl mit, und eine junge frau, die schon x kurz- und independentfilme gemacht hat, die hauptfigur ist weiblich und so alt wie ich, also die schauspielerin, die figur ist 158 und trägt es gut, die männer sind jünger als sie, bekommen oft feuchte augen und sind weniger kampferfahren als die frauen, es gibt auch chefinnen mit selbstverständlichen kopftüchern, die tochter der hf ist ihre kämpferin, wild und gefährlich. in einer szene sollte eine junge frau sich nackig machen, um ihre unsichtbarkeit ausleben zu können, und tut das nur unter der bedingung, dass ihr männliches seriengegenüber sich ebenfalls auszieht, obwohl es außer dieser gerechten verteilung keinen grund dafür im drehbuch gab, mich freuts, ich mag schöne rücken.
wochenende mit koriander, ingwer und curries verbracht, kinder sind beim vater. ich bin noch nicht so erholt von den langen letzten monaten, dass ich auch für mich selber aufwändig kochen würde, aber ich plane immerhin wieder rezepte.
ich kann nicht mehr richtig denken, alles will zum kurzen satz, in klare worte, alles wird runtergebrochen aufs einfache, auch im schreiben. weiß aber noch nicht, womit das zusammenhängt. vielleicht mit dem internet? oder kriege ich eine ernste krankheit, also außer der menopause, die ja auch irgendwann heranrollt. mir fehlen gründe zum nachdenken, alles wirkt so abgehandelt und beschlossen.
immer mehr spass an eigentlicher herrenkleidung, am liebsten (von jemand anderem) gebügelte hemden mit weste und jackett. es ist soviel einfacher, als sich täglich eine neue kombination ausdenken zu müssen. ich besitze eine goldene taschenuhr! wenn ich die nicht trage, muss sie eine weitere generation aussetzen, mein vater hat sie auch nicht benutzt, und wer weiss, ob von den jungs einer gentleman werden möchte.
eindeutig zuwenig kleider in meinem schrank, winterkleider mit langen ärmeln und einem unterrock, damit sie nicht kleben auf den strumpfhosen.
wimmelbild zum beginn der teenagerjahre. das ist der rest, das meiste haben die jungs selber auf diversen flohmärkten verhökert, da lag der schwerpunkt noch mehr auf dem geldverdienen. aber jetzt möchten sie tabula rasa machen, das zimmer soll leer von spielsachen sein, das neue kann man nicht mehr, noch nicht anfassen, es ist mehr raum als ding. es bleiben: ein eimer mit lego, einer mit bauklötzen, ein paar kuscheltiere, die neueren bücher und die gesellschaftsspiele.
um den übergang zu erleichtern, haben die zwillis den boden mit ihren gesamten schulsachen bedeckt, blätter, hefter (elende hefterwirtschaft in den schulen), kopien, leere und linierte blätter. sie gehören alle immer dem anderen.
false alarm
die sich vollkommen real anfühlende nähe zu jemandem, der auf sehr angenehme weise in meinen träumen aufgetaucht ist, obwohl wir uns nur übers netz kennen. als müsste ich morgens nur die hand ausstrecken.
die netzleute sind den träumen näher, dem strom der synapsen leichter zugänglich, es sind ja schon daten, sie sind verfügbarer, der traum muss da realität und symbol nicht neu zusammensetzen, so als sammlung von bild, text und ton ist der netizen ready-to-use, der echtmensch mehr ein ready-made. mein kopf sucht sich eine gestalt und braucht keine wirklichkeit, oder sie fehlt ihm jedenfalls nicht, er kann damit ganz leicht die eine geschichte bauen, die jetzt grade fehlt.
(tad williams in otherland, der dem internet per nervenstöpsel die sinnliche wahrnehmung dazuschrieb. deswegen fand ich die ipads zu groß am anfang, mein tablet-bild stammt aus diesen büchern)
(amelia, joni mitchell)
der sprachmimetismus immer. nicht nur in die dialekte hinein, bis in die stimmung und das atmen des andern, freundliche spiegeltänze. (durcheinander gekommen neulich, bei der aus rumänien stammenden und in bayern lebenden tante. das siebenbürgische ist ein älterer ruf.)
BB
mich durch die erste staffel breaking bad komplett und mit abwärts fallendem interesse durchgehievt, von der zweiten nur noch 3 oder 4 episoden, danach kam mir die glorreiche idee, überhaupt nur die fünfte zu gucken, das genügt ja zum mitreden, aber es kostet soviel zeit! und nix wird wieder gut, ausserdem macht die serie auf eine kunstvoll selbstreferentielle weise so griesgrämig, wie es sonst nur internationale nachrichten können, die hauptfigur ein moralfreier mann, der alles tut, was getan werden muss, aber nicht mehr. ich gucke zu, wie sich diese grenze immer weiter verschiebt, und wie white dabei mit ausnahme von „erlösung“ alle erwartungen erfüllt. mich interessiert und deprimiert die serie gleichermassen, die frustrierte phantasielosigkeit des lehrers am anfang, der schräge stoizismus des mörders in den späteren staffeln, beide nur scheinbar bedingt von aussen, eigentlich nur 2 seiten von arschlochigkeit, die logik der gewalt, wie das leuten genügen kann für fantum. oder nee, genau das ist es, oder? die ausweglosigkeit mal jenseits der bürgerlichen filmziele? wenn der film weitergeht, obwohl alle grenzen überschritten sind, vielleicht bis auf kannibalismus. geht white auch sexuell über grenzen oder bleibt er bürgerlich, geht es der figur also echt nur ums böse an sich und nicht um den exzess, oder hat er auch im nicht metaphysischen was davon? will ich nicht extra ansehen dafür, aber interessant ist die serie schon, das herumdenken ist beklemmend, doch, versteh ich, aber sehen kann ich das nicht, viel zu brutal und statisch allet. den schluss kann ich ja nachlesen.
kinder.
helfe gelegentlich im kindergarten aus, in dem meine söhne waren, und mit deren erzieherinnen ich seitdem befreundet bin. gleich wieder dieser kleinkindflash, die totale offenheit von ganz kleinen kindern in körpereinheit mit ihrem nichtkönnen von alltagsdingen, essen! es ist sooo lustig, wenn sie tomatenpasta essen, sie packen die nudeln aufs besteck, machen aber den mund nicht weit genug auf oder treffen ihn nicht richtig, alles mit höchster konzentration, dann machen sies nochmal, und nochmal, ungerührt. sie freuen sich über alles, so leicht wie sie weinen, das lachen, kichern, gackern, der ungeheuere lärmpegel von all den 1-4 jährigen, wie sie sich ins zuhören fallen lassen können mit großen augen, obwohl sie die bücher schon dutzendfach gehört haben, die leseratten, die immer ein buch bringen, sobald man sich setzt, wie sie mit 3 klötzchen und einer decke ein spiel spielen, bei dem man schreiten, stampfen und die steine herumtragen muss („könig“), wie sie mir die kita-regeln erklären können, ihre stimmchen beim mitsingen, das draufgängerische rumgepurzel, wenn man sie draussen toben lässt. ihre totale verschiedenheit, schon im vorschulalter lauter persönlichkeiten, noch gar nicht festgeschrieben, die lauten sind mal still, die wilden gebannt, mit einigen kindern sind sie so, mit anderen anders, die kleinen fliessenden sozialgefüge, und sie sind schon kompetent in beziehungen, sie testen mich aus, finden die grenze und sinds zufrieden. die verträumtheit einer ganz kleinen, eine zufriedene verträumtheit, glaube ich, sie lächelt, wenn ich sie anspreche, ist aber noch in einem eigenen reich, aus dem sie nicht herausmuss. oder wenn sie sich hinlegen beim mittagsschlaf, popo in die luft, und nach einer minute eingeschlafen sind, oder nach zwei minuten rückenkraulen, und dabei lächeln, ganz kleine häufchen unter ihren decken. wieviel mehr sie machen, wenn man sie lässt, sie haben holzbretter- und stücke auf ihrem hof, mit denen lauter waghalsige konstruktionen entstehen, kinder drauf, manchmal hälts, manchmal nicht, dann liegen sie im sand, stehen auf und machen es anders, es sind energiebündel mit wenig raumzeit zwischen idee und handlung und einem glücklicherweise niedrigen schwerpunkt. der eine, der immer anfängt zu hopsen und die arme herumzuwerfen, weil er sich so freut, einfach so, beim herumrennen. die eine meldet sich immer, der andere gar nicht, redet dann aber, wenn die erzieherin ihn anspricht, mit ganz leisem stimmchen entspannt vor sich hin, in eigener zeit, niemand drängelt, das drängeln kommt erst mit der schule.
ich bin eigentlich rausgewachsen aus dem impuls und kriege nur noch bei neugeborenen diese schöpfungsehrfurcht, aber trotzdem … unter anderen umständen hätte ich gern noch ein oder zwei mehr gemacht. nie ganz verstanden, warum jemand keine kinder wollen könnte. soviel liebe.
(alles dankbarkeit, wisst ihr ja.)
pink-orange-bordeaux, ein zyklus.
auf dem hundespaziergang morgends die zierliche junge frau, hochelegant auf diese schlimm zeitlose weise (beige). dunkelrote fingernägel, perfekt geschminkt, dazu eine kleinmädchenhafte unsicherheit in der körpersprache, schultern eingezogen, stimme piepsig, als wäre sie in einem exclusiven bürohaus geboren und aufgezogen worden, der prenzlauer berg schon das wilde leben.
paar meter weiter der blonde junge mann, haar (er ist der „haar“ und nicht der haare-typ) zurückgekämmt, babourjacke, drunter tweedjackett, usw., glatt wie ein puppenpopo. er steigt aus einem übergroßen erdfarbenen golf, er ist deckungsgleich mit seinem auftritt, keine persönlichkeit will raus, sie wäre eh nur eine art schmutzrand zwischen copy und paste. hoffe, einfach ein fotoshooting übersehen zu haben. schlimm alles.
heute blick auf die kleidung meiner mitmenschen, weil ich selber ausmisten möchte. die wildgestreifte eher edle wolljacke macht mir immer gute laune, wenn ich sie im schrank hängen sehe, aber für draussen ist sie mir zu sehr ausrufezeichen, oder soll ich sie doch mal tragen? ach je. nee. oder? ich weiss inzwischen, in welcher art stimmung meine mama sich die gekauft hat. sie hats richtig gemacht und den kram einer tochter weitergegeben, ich will aber nicht unbedingt auf schwiegertöchter warten, solang kann ich die motten da eh nicht raushalten. sie ist sehr weich, sonia rykiel.
eine abendgarderobe mit echtem pelzbesatz unten und oben einer seidenblume, es nimmt die frauen an der hand, die ihre pelze an der garderobe abgeben müssen und zeigt im schlichteren oberteil trotzdem noch ein bisschen mädchentraum.
gar nicht meins, aber als camouflage geeignet, und als erinnerung an eine ferne, duftende welt andrer leute, vor allem damen, sie gehören in große räume, in denen sie ein bisschen flattern können und nicht auf ein paar auratische eigenschaften reduziert werden (pelz), die alle von der trägerin wegführen, statt sich um sie herum quasi summend zu verdichten, zu einer figur, einer dame.
(wie in zeitschriften die beschreibung der klamotten eines stars etwas doppeldeutiges hat, einerseits fashionkram, du kannst das auch kaufen, andrerseits sortiert die aufzählung die kleidung zurück ins accessoire-hafte, es ist nicht die kleidung.)
wie schwer es ist, pelz und farbe wahrheitsgetreu abzulichten. es ist wie immer alles ganz anders.
schon schön.
junger herbst & alte lieder
last summer days, wies aussschaut, das wochenende, also das letzte, an dem ich kein mal an den herbst denken musste. am freitag einem großen liedermacher zuhören dürfen, in einem lauschigen theater, er sass mit nur ein oder zwei metern abstand vor uns auf der bühne, allein am klavier, und der mann kann jeden raum füllen, den man ihm öffnen mag, viele seiner texte haben diese magie, sie wirken wie gemacht für den moment, den zustand, was immer man eben dabeihat an so einem abend. danach das riesenglück gehabt, mit dem künstler und seinem volk noch eine weile in der nacht herumzusitzen und über dies und jenes zu plaudern bei einem bier oder zwei, weil eine freundin von mir eine freundin von ihnen ist. dann kam ich nach hause und wollte eigentlich eventuell noch beim sommerfest nebenan vorbeischauen, dort lebt nämlich einer meiner liebsten verlage, und die literaturmenschen standen auch noch herum, dunkel gekleidet, schmal und jung, ins gespräch vertieft, auf dem bürgersteig, ich habe mein rad bei ihnen abgeschlossen und hörte, ungelogen, wie ein mann zu einer frau sagte, mit impetus: „ja, emotionen!“, es hörte sich an wie die schaumkrone einer langen welle, da kann man dann eh nicht mehr einsteigen und ich liess es gutsein mit der nacht – aber es war ein guter schwung durchs wochenende.
und es ging weiterhin rund, was herz- und kopffutter angeht, gestern habe ich viva la libertá gesehen, es gab ein kurzes dreitages-festival im babylon mit filmen aus dieser speziellen ecke zwischen dem lazio und der toscana, ich sass da also mit frau kopffüssler und liess mich überraschen. der film sehr sehr schön, so spielerisch elegant wie komisch und traurig, ein federleichter film über dieses eigentlich tragische italien, bitte ansehen, wenn ihr die möglichkeit habt. das drehbuch ist wunderbar, zurückgenommen auf eine haiku-art, die hauptfigur wird von valeria bruni tedeschi geliebt, im film, für die jeder mensch schwach werden sollte, wenn er noch augen im kopf hat. der drehbuchautor war ebenfalls geladen und hat fragen beantwortet, er hat gesagt „il cinema non riesce a cambiare il mondo“, aber besser macht es sie ja doch. erinnert an die großen zeiten des römischen kinos. mit fellini.
heut früh hat frau moseron auf twitter pianoman erwähnt, den halben morgen hatte ich den ohrwurm. maurenbrecher hatte sein konzert auch mit einem der alten großen songs beendet, ich hör die anders, seit ich ein bissken musiktheorie ins system kriege und all die schönheit beschreibbar wird, immer bei den liedanfängen versuchen, den aufbau rauszuhören, wie dann nach ein paar takten die musik gewinnt und die synapsen alle folgen, la la di di da.
(das kleine ja hat sich verlaufen)
das eigentümlich naive am (offofflimits-) crush, ohne basis, ohne irgendwas außer dem kleinen triumphierenden jetzt, das unter der haut sitzt und rauswill und nicht darf, weil hey, aber wie schön das ist, so frei und 17jährig, ohne geschichte, warm und schräg steht das licht, und ich guck dich lieber nicht an, weil dann. es ist diese besondere art von ja, es wäre groß genug, es kennt den weg und braucht sonst nix, nicht mal ein morgen.
lieber die sonnenbrille auflassen.