mit den zwillingen auf dem traditionsreichen christlichen gymnasium in schmargendorf, zum tag der offenen tür. der nawi-lehrer hat seine steinesammlung mitgebracht und einen echten mammut-knochen, gregor fragt, david denkt, wie immer, wenn die beiden zusammen auftreten. toller eindruck, gute leute, und ich durfte „tochter zion“ mitsingen, eins von den schöneren schmetter-weihnachtsliedern, bei einem vortrag eines wohl pfarrers (es gab einen segen! es ist immer gut, einen segen zu kriegen) über die ziele der schule, die einen in jedem sinn idealen bürger im sinn hat, das ist so absurd angesichts von reformstress und realität, das mag ich, es ist anders als an anderen schulen, bei denen es nur ums abitur und standhalten zu gehen scheint, nur darum, die kinder vorzubereiten auf ökonomie und eine als bösartig vorgestellte welt, hier gibt es andere ziele. aber eine schule am anderen ende der stadt? die entfernung ist aber das einzige, das mich abhält. ich weiß natürlich nicht, ob die zwillis überhaupt genommen werden könnten. mäh, elternzeugs.
Kategorie: familie
am herd stehen, kartoffeln für püree schälen, dabei vor einem richter mühelose stringente begründungen dafür parat haben, dass der exmann eigentlich ***, in der rede fast spielerisch werden können, fast sicher, obwohl so etwas überhaupt keinen interessiert, so eine eindringliche rede aus der gummizelle, schon gar kein gericht. weiter machen, spüren, wie die wut härter wird. sie wird trocknen wie kuhscheisse, die kann ich dann im winter verfeuern.
ich habe angst vor den nächsten jahren bekommen, das hatte ich noch nie.
yoga macht einen wunderbaren bewegungshunger im körper, befreit die nervenbahnen, es ist aufregend, wie sich zentimeter für zentimeter erkenntnis einstellt, die abläufe bekommen einen sinn, den der körper schneller versteht als der immer noch „hä? was jetzt? mooment mal“ brummelnde verstand, bis man den ausschaltet.
gemerkt, dass ich wieder größer werden muss, in der trauer ritualisierender, vielleicht einen ring für jede niederlage, ein tattoo für jeden schritt ins freie, eine markierung, die sichtbar ist und nicht weglächelbar. eine bewaffnung.
lrs labyrinthisch
die einzelnen schritte, wenn sie merken, dass ihr kind deutliche probleme beim lesen/schreiben hat:
1. gespräch mit der lehrerin
die lässt einen sog. „hamburger test“ machen
darauf muss man i.d.r. 4-5 monate warten, weil die betreffende sachverständige krank ist
(für einen schulexternen test bei einem spz kann man sich auf eine warteliste setzen lassen, nach deren ablauf man dann einen termin innerhalb eines jahres bekommen kann)
2. mit dem testergebnis geht man zum jugendamt und stellt einen antrag auf förderung, danach rechnet man
1-2 monate bearbeitungszeit
3. das jugendamt macht einen hausbesuch, um herauszufinden, ob die kinder echte probleme haben, und bewilligt den antrag
1-2 monate bearbeitungszeit
4. das jugendamt schickt die kinder zum schulpsychologischen dienst, der die kinder nochmals testet
1-2 monate bearbeitungszeit
5. der spd schickt die kinder dann zum duden-institut, dass die kinder nochmals testet
1-2 monate, bis der termin möglich ist
6. das duden-institut schickt die ergebnisse zum schulpsychologischen dienst
1-2 monate bearbeitungszeit
7. der dienst bestätigt die fördernotwendigkeit und schickt die unterlagen zum jugendamt
1-2 monate wartezeit
8. das jugendamt bewilligt eventually die förderung,
ich weiß noch nicht, wie lang da die bearbeitungszeit sein wird
9. jetzt benötigt man bloss noch termine für die förderstunden beim duden-institut
sie hätten eigentlich noch einen slot für den kinderarzt einbauen können, am besten zwischen schule und dem ersten besuch beim jugendamt. und vielleicht wäre außer dem duden- auch der klettverlag gern beteiligt? der übernimmt dann vielleicht die förderung der kinder, die nach bewilligung schon nicht mehr in der grundschule sind, ab dann zählen nämlich auch die deutschnoten bei den LRS-kindern, sodass der druck nochmal größer wird.
Alter. Was für ein Frust mit der Schule in Berlin immer. Sie ist gut genug, wenn ihr Kind sehr begabt ist, sehr ruhig und sehr konzentriert. In allen anderen Fällen rechnen Sie nicht damit, dass auch nur eins der zwangsläufig aufkommenden Probleme schulintern behoben wird, die werden normalerweise nicht einmal bemerkt.
Mein Rat nach 6 Jahren städtischer Grundschule: Nehmen Sie eine Privatschule, wenn ihr Kind nicht optimal mitkommt. Das Niveau in den staatlichen Schulen ist so niedrig, da müsste ihr Kind eigentlich unbedingt supergut mitkommen, die Begabung benötigt es, um mit den Lehrmethoden umgehen zu können. Wenn irgendetwas nicht klappen sollte, braucht es frühzeitig Unterstützung und Hilfe, etwas, zu dem das Berliner Schulsystem nicht in der Lage ist.
Wissen Sie was, nehmen sie doch direktemang eine Privatschule. Die sind staatlich gefördert, so ein Platz kostet ab 45 Euro im Monat, das ist einkommensabhängig. Setzen Sie Himmel und Hölle in Bewegung, um dort einen Platz zu bekommen, es wird nicht einfach. Wir wurden damals hier nicht genommen, und dann hab ichs aufgegeben und gedacht, das mir Staatsschulen eh lieber sind, aus politischen Gründen. Aber es geht dort nicht um Elitenbildung, es geht um einen angemessenen Lehrer-Schlüssel, es gibt dort ein Konzept, das mit dem ganzen Novellierungsscheiss in Berlin umzugehen gelernt hat, es gibt Wettbewerb, das Kind steht dort im Mittelpunkt, es eine Alternative zur städtischen Mangelwirtschaft.
weiß jemand in berlin einen guten nachhilfelehrer für englisch? den letzten haben wir verschlissen. aber jetzt will das kind.
wie der panik- und nervfaktor jährlich wiederkehrender themen wie läuse, hausaufgaben oder schwimmunterricht direkt abhängig ist von der netzaffinität des elternkreises, jedes jahr pro klasse im schnitt 38 elternpaare, davon immer die hälfte neu am jahresanfang. die engagierten, die hysterischen, die entspannten, die politischen, die stummen, die mit einer „schnuppelpieps“- mailanschrift, die ausführlichen, die mit der mailanschrift des mannes, nie ein mann mit anschrift der frau!, die paar, die es schaffen, in einem offenen gruppenmailwechsel eine führungsrolle zu übernehmen.
heut morgen am frühstückstisch, 2 von 3 kindern schniefen und husten, erzähle ich ihnen vom prinzip abhärtung und kalte dusche. und ehe ich einen zweiten satz anfangen kann, ist gregorzwilling aufgesprungen, reisst sich die kleider vom leib und steht innert 20 sekunden kreischend unter eiskaltem wasser, hüpft wieder raus, lässt sich abrubbeln und sagt: „aber nachher wird einem ganz warm!“, zieht sich wieder an und ist aus dem haus, insgesamt vielleicht 4 minuten dauert das. er wird einfach schneller werden als sein immunsystem.
prince 2010
block VI
ganz oben höre vom kind ich das leise ah!, als wir den ersten blick ins rund der waldbühne werfen können. wir sitzen oben, block VI, eine stunde lang, essen, trinken, elias fragt mich, ob die musik denn noch lauter wird, wenn der prince kommt. wir treffen nachbarn und sehen noch ein paar andere kinder, aber der rest des publikums ist eher aus meiner altersgruppe. ich bin total zufrieden, kind ist überwältigt sagt schon cool, die abendsonne ist immer noch heiß, es sind über 30 grad. dann endlich sieht man p aus dem wald kommen, weißer anzug, nach seiner schlagzeugerin und einem herrn, der mundharmonika spielt, der funke fliegt sofort, nach ein paar sekunden hat er uns am haken.
nach anderthalb songs stehen alle, mein kind zuerst (vorher: mama, können wir nicht zu den ärzten gehen oder so, die sind doch auch alt) plötzlich sagt prince, wir sollten näher kommen, und wie an fäden gezogen stehen die leute auf, klettern aus dem abschnitt raus und laufen die treppen runter, mein sohn flitzt an mir vorbei, komm mama, er ist wendig und schnell, ich laufe ihm einfach hinterher, nach einer minute stehe ich mit ihm
10 meter von der bühne entfernt, im staub, neben einem mann, der uhr und love-armband von cartier trägt. ein haufen publikum ist bis auf die bühne gelaufen und tanzt direkt neben den künstlern ein paar stücke mit, bis sie wieder heruntergebeten werden. prince spielt lauter alte sachen, aber so mit improvisationen, rhythmus und zitaten durchsetzt, so verspielt, leicht und treibend, dass man sie nicht immer gleich erkennt. er ist vollkommen alterslos.
freak out!
die waldbühne ist voll, nur an den seiten gibt es leere stellen, die stimmung ausgelassen und fröhlich. elias springt die ganze zeit mit, manchmal nur ein paar meter vom bühnenrand entfernt, die leute neben ihm wollen ihn auf die schultern nehmen und ganz nach vorn bringen, aber er will lieber nicht. wenn es ihm zu laut wird, geht er für eine weile plastikbecher suchen und kriegt so zwischendrin auch noch 25euro pfandgeld zusammen, einen pro becher. er bemerkt die ganzen paradiesvögel schon, die vielleicht 50zigjährige in enger ledermontur, mit ketten überall, den mann in jesusgewändern mit tätowierter brust, die bedröhnt herumschwankenden, die jungen türken in lila mit gold, die wunderschönen schwulen, bei denen man sich wünscht, dass die haare nicht gefärbt sind, den beamtentyp mit gelbem jacket und großen goldenen broschen auf den schultern und auf dem bauch. purple rain als zugabe, man erkennt die harmonics in den ersten takten, aber er lässt sich noch 10 minuten zeit, bis er mit dem text und dem thema rausrückt. elias ist abwechselnd total hingerissen und total müde, nach der zweiten zugabe werde ich leider leider vom kind vom platz gezogen. auf dem weg zur s-bahn hören wir die nächsten zugaben, und da ist das konzert schon 3 stunden alt.
ich freue mich total, dass ich für elias den masstab so hoch setzen konnte. er weiß das aber noch nicht. das war sein allererstes konzert.
die jungs streiten morgens wie die bierkutscher, mittags wie die köhler, abends wie die kesselflicker. dazwischen führen sie stille kriege. ich soll mal anwältin und mal general und mal henker sein, wenn alle „er hat gesagt“ und „nein, er hat gemacht“ – sätze auf papier stünden, müsste ich meine bibliothek auslagern. der hund ist unparteiisch und bellt immer mit. die kriege werden am wochenende hauptsächlich zwischen halb 8 und halb neun geführt, dann machen sie eine frühstückspause, dann geht es frischgestärkt in die nächste schlacht. der kontakt mit muttern wird durch das wort nein bestimmt, nein, keine hausaufgaben, nicht aufräumen, keine instrumente, keine haushaltsaufgaben. zwischendurch gibt es momente reinster magie, wenn sie mal 30 minuten lang still miteinander spielen. ich bin innen bröselig wie ein mürbeteig, auf dem jemand dickes gesessen hat. ich brauche eine revolution, nach der ich ein paar wochen absolutistisch regieren darf, zur erholung, bitte. krönend über allem tragen die kinder krankheiten im leib, seit september erkältungen, bronchitiden und übelkeiten. und als sie dann in der letzten woche zum ersten mal alle gesund waren, hat sich gregor die bänder am fuss gerissen. darum ist das blog so leer grad, ich krieg den kopf nicht aus dem chaos. jetzt grade habe ich sie mit dem hund rausgescheucht, oh himmlische ruhe. vielleicht einfach mal die klingel nicht hören?
der genuss, für die ferienwoche jeden kindertermin einzeln aus dem kalender zu löschen. 11 termine für drei kinder, wie immer bei diesem ritual denke ich übers einschränken nach. aber verzichten worauf, auf musik oder sport? der hockeyverein (im schnitt 5 mails täglich) kündigt ferientraining an, ich werde fast aggressiv.
davidzwilling guckt queen auf youtube. mama, die haben schon mal bei uns auf dem schulhof gespielt! ich sage nein, das war die elternband.
die wollen auch auf der elternparty spielen, ich gehe eigentlich gerne hin, es sind nette eltern dabei, aber wegen einer party solche musik hören? ich weiß nicht. die menge an welten.
die zwillinge spielen ein theaterstück vor, ich vorher: aber gewaltfrei, mit worten, nicht wie sonst immer als japanischer animationsfilm. hase und ente bekämpfen sich trotzdem und verzaubern dafür ihre penisse, der penis des schwächeren wird rosa und er verliert damit die weltherrschaft. ich weiß bescheid und gehe essen kochen.
nach zehn immer noch heftigstes gegacker und getobe in allen zimmern außer dem meinen. „morgen ist weihnachten! mama!“ jetzt liegen alle drei in einem bett und wollen das kissen teilen, das klappt aber nicht. gerüchteweise hat ein anderes bett mehr kissen, es werden bettdecken über den flur gezogen, wieder gegacker, dann schleifen die bettdecken und ein kissen wieder zurück.
„filmst du schon? ach so, nein, also dann bin ich wohl mal lieber still, oder? was? oh toll, gregoooor! schau mal, wie er da runterkugelt….was? achso, entschuldigung!“ (kichert), „aber du wolltest doch eigentlich den hund, zeig mal, ist der nicht ganz klein auf dem bild? nein? oh, entschuldigung. kannst du das phone nicht andersrum, dann sieht man mehr von den seiten, oh pssst, ja, ich weiß“ (kichert) „daviiiiid, toll machst du das…. ja, aber ich kann doch nicht nur gregor, dann ist david doch traurig! nei, das ist nicht zu laut hier, das stört doch keinen – ach so, die kamera, na, das sieht man ja auch nicht, dass da eine kamera… elias, schau mal, mama filmt!“
mit muttern und drei jungs in der tollen sandgrube im grunewald, versuch, filmchen ohne off-kommentar zu machen, ist gescheitert. zwischen huldigung und verzweiflung eingekeilt, ganz fest.