kw 45

davidzwilling hat sich alle vier weisheitszähne auf einmal rausnehmen lassen, die sache ging problemlos über die bühne, mit ibu und kühlpads auf den dicken backen ist es unangenehm, aber nicht dramatisch, also bis jetzt, tag 2. gregorzwilling hat magendarm, ich hoffe, er steckt david nicht an, oder erst, wenn seine schwellung abgeklungen ist.

ein zehntklässler in der schule der kinder ist heute nacht an einer mandelentzündung erstickt. gestern habe er noch gechattet, erzählt elias, und sich krank gemeldet. nie bin ich abends mit angina oder verdacht darauf zum notarzt, immer erst am nächsten tag zum kinderarzt, schwitzi, um nach dem abstrich eventuell mit antibiotika weiterzumachen. nehmt sowas ernst genug! der große malt sich aus, wie ich morgens zu ihm gehe, und er nachts gestorben ist, „für immer“, sagt ein zwilling. er hieß m., war groß, hatte schwarze haare und weiße haut, und er hatte einen sehr gut trainierten bizeps, sagt der große.

wie man bei plötzlichem hohen fieber immer den nacken checkt, wie ich bei asthma die kinder neben mir schlafen lasse, wie sicher ich mir bin, einen notfall zu erkennen, es aber eigentlich halte wie bei unterzuckerungen: wenn du ernsthaft zweifelst, hast du eine, und also das krankenhaus entscheiden lasse, ob die bänder gedehnt oder gerissen sind, die hand verstaucht oder angeknackst, es nur eine grippe oder doch blinddarm ist. aber bei halsschmerzen? vielleicht halstabletten aus der nachtapotheke. den kassenärztlichen notdienst kann man bei sowas in der pfeife rauchen, bei kindern kennen die sich nicht aus.

bah.

KW 44

mit den zwillis in der philarmonie, thielemann und der großartige menahem pressler, 91 jährig, spielt federleicht und freut sich sehr über den stehenden applaus. danach strauss, die alpensinfonie mit ganz großem orchester, inclusive der wirklich großen pauke und einer windmaschine mit kurbel, die ich noch nie gesehen habe vorher. zwillis sitzen vorne auf der klappstuhlkante und sehen hin. das konzert ist absolut perfekt, der eine kurze atemzug einer ich glaube oboe, den man nicht hätte hören sollen, macht es nur noch größer, es war makellos gespielt. draussen zeigt davidzwilling auf die gemäldegalerie und sagt: „das konzert war ja eigentlich ziemlich in ordnung, aber da drüben, das ist ja wohl das langweiligste museum der welt“. denkt man so (als vermittlerin von inhalten, nicht meinungen): yeah.

einen tag später frau ziebarth besucht, mit den jungs, wir bringen kuchen mit und ein buch, leider das falsche. da hast du wohl meine souveranität überschätzt, sagt sie, und ich nehme „sterben“ wieder mit. sie kennt knausgård noch nicht, was ich kaum glauben kann, aber vielleicht ist er menschen, die das ichbezogene netzschreiben nicht kennen, auch nicht so leicht nahezubringen? werde ihr „lieben“ mitbringen stattdessen, schon aus neugierde, ob es ihr gefällt, mit ihren 93 jahren, die reihenfolge ist ja auch nicht so zentral. sie freut sich über die jungs, die sie zuletzt vor jahren gesehen hat, und fragt sie aus, die kinder werden ganz still und stumm vor soviel altmodischem interesse, niemand fragt ja noch, lässiges ignorieren ist angesagt, wenn kinder mitkommen. der stuhl, in dem du sitzt, gehörte brecht, sagt sie, kennt einer von euch brecht? die jungs schweigen, ja, doch, sagt gregor dann zögerlich, ein autor, oder? elias weiß etwas aus der hauspostille, ich höre natürlich den weckruf lauter als nötig (das schlechte gewissen der alleinerzehenden irgendwie, und mein kultureller kontext fühlt sich zuhause bei frau ziebarth auch eher behauptet als gelebt an) und packe brecht auf meinen inneren stapel. frau ziebarth lacht und fängt an, surabaya johnny zu singen, sie kennen es noch nicht, wollen aber alle mal auf dem stuhl sitzen. wir verabreden einen gemeinsamen abend im BE, bei mutter courage. sie hat dort, das muss man wissen, einen sitzplatz in der ersten reihe, der für sie freigehalten wird.

 

kanon als quest?

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amüsante und recht kulturbegeisterte serie entdeckt, white collar, hauptfigur ein schöner junger betrüger mit hut und bildung. 6 staffeln bei netflix, die mischung aus vorfreude und panik bei soviel möglicher prokrastination. ähnlich wie suits lebt sie von der begegnung zwischen norm und regelbruch, bringt dazu durch ihre vorliebe für klassische bildung viel spass und jede menge kleiner erhebender momente, wenn ich buch, künstler oder kunstwerk kenne. so billig bin ich zu haben.

wieder dran erinnert worden, dass ich meinen jungs eine solide bildung angedeihen lassen möchte, die schule liefert da nur einen sehr weitmaschigen kanon, mit einem ein buch pro semester höchstens. die selbstbeschreibung von belesenen menschen hat häufig so einen antielitären grundton, es war nicht die eliteschule oder der hauslehrer wie in vergangenen jahrhunderten, sondern das buch als einziger ausweg aus einer trüben welt, die bibliothek der rückzugsort, das lesen also immer freiwillig und aus so einer autonomie heraus, als zeichen einer besonders ausgeprägten intelligenz in einem umfeld, das so eine intelligenz erstmal nicht belohnt hat, als bräuchte auch die reine, elementare freude am lesen eine entschuldigung, wenn sie nicht eh vom aussterben bedroht ist.

kann den kindern leider keine komplette backstory mehr liefern, es geht ihnen gut, sie haben alle smartphones und lieblingsserien, brauche also ein anderes antriebssystem, einen anderen impulsgeber, und eine leseliste. ein incentive, das wort gefällt mir am besten, etwas anfeuerndes. bestechen oder herausfordern? schwierig.

 

fotobücher, abkürzung.

hätte ich die möglichkeit, würde ich es kaufen, und hätte dann bald überhaupt keinen platz mehr für bücher, dann würde ich also noch wesentlich viel mehr spielgeld benötigen, um eine grössere wohnung beziehen zu können, und dann hätte ich vermutlich mehr platz, aber eben auch mehr spielgeld und bald wäre wieder alles so voll und in der menge wäre das buch auch nichts besonderes mehr. dann bleibt es lieber etwas besonderes, nur eben nicht in meinem besitz, not?

verloren

ihre haut ist fein und weiß, sie liegt in kleinen falten über dem schmalen körper. sie hat keine zähne mehr und kein gebiss, ihre lippen sind eingefallen, sie liegt halb auf der decke, halb schiebt sie die decke weg mit bewegungen, die gleichzeitig zart und fahrig sind. ihre arme und hände rudern herum, ihr krankenhaushemd rutscht dabei erst hoch, dann gleitet ihr arm heraus und sie liegt nackt vor mir. sie scheint zu reden, ohne dass ich worte erkennen könnte, die ganze zeit kommen ein-oder zweisilbige laute aus ihr heraus, mit einer leisen dringlichkeit. sie hat kaum mimik, kein lachen oder weinen, nur ihre augenbrauen sind noch im spiel. sie hebt ihren kopf oder versucht es, eine große unruhe ist in ihr, aber sie hat zuwenig kraft, um den körper in irgend einen zusammenhang zu bekommen. ich versuche, sie zuzudecken und frage sie, ob ich das darf, lege die decke über sie, aber sie bewegt sich weiter und liegt schnell wieder nackt, ihre brüste fast mädchenhaft klein. vielleicht muss sie mal, denke ich, und sage einer schwester bescheid, die meint, sie würde gleich kommen, aber es dauert noch eine weile. hilflos versuche ich, mit ihr in kontakt zu treten, sie sieht mich nicht richtig an, ihr blick ist unfokussiert und wandert hin und her, wie ihre arme. sie hat ihr hemd mit einer hand umwickelt und hebt die immer wieder, endlich komme ich auf die idee, dass sie angezogen sein möchte, vielleicht nicht einmal nicht nackig, als ob die scham komplexer ist und schneller verloren geht als die reine gewohnheit, kleidung zu tragen, aber ich weiss das natürlich nicht. es fühlt sich nicht übergriffig an, sie anzufassen, ich schiebe ihre kleine hand durch den weiten ärmel, lege ihren kopf aufs kissen, decke sie zu, wie ein kleinkind, und sie wird ganz ruhig. dann kommt die schwester mit einer bettpfanne ins zimmer, „musste pullern?“ fragt sie laut, klappt die decke hoch und die frau zur seite, legt die bettpfanne hin und die frau oben drauf, freundlich und resolut. „alles gut, mutti“ sagt sie noch und geht wieder raus. ich rede weiter mit dem menschen, den ich da besuche, die frau ist die ganze zeit sehr unruhig und windet sich hin und her in ihrem bett. nach einer viertelstunde oder so kommt die schwester wieder, die frau hat eingenäßt, sie bekommt eine windel, das bettzeug wird gewechselt, danach wird sie ruhiger. nach dem essen wird mein patient in ein zimmer mit jungen leuten verlegt, die schwester entschuldigt sich, sie hätten soviele pflegebedürftige grade da. großen respekt vor dem pflegepersonal und auch den nahen verwandten, die da einen umgang mit finden müssen, und hoffentlich einen pyjama für die alte dame, vielleicht in einem schlafsack, wie bei einem kleinen kind.

entlieben, mäandernd

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frau fragmente hat einen sehr schönen text übers entlieben geschrieben, und da fühle ich mich irgendwie auch als profi, hab ich mich doch genauso oft ent- wie verliebt, ungefähr alle zwei bis drei jahre.

erlebe mich nach dem entlieben nicht wie ein neues selbst, eher wie in einer vorübergehenden verhärtung des jetzigen, weil ich die gefühle ein paar monate lang intensiv verdrängen und nicht zulassen darf, ich muss sie richtig austreten wie einen funken, es sind ja immer großartige und strahlend sichere gefühle, ein mächtiges ist so. nach der trauer kann ich dann wieder aufmachen und bin mir wieder näher.

fragmente schreibt: „Die Hoffnung ist die zerstörerischte Kraft überhaupt“, das ist ein bitterer satz, aber der moment der klarheit kommt leichter und schneller mit den jahren, man erkennt das alte im neuen und kann schneller darauf reagieren, obwohl, manchmal wünsche ich mir einen modus, der das kämpfen ermöglicht, gegen die erfahrung und das offensichtliche, alles setzen, nicht nur leise für sich, sondern offen und für den anderen, tun, was man kann, weil jede liebe schutz verdient? wäre das freiheit oder masochismus? da bin ich mir auch noch nicht so sicher, praktiziere aber den kontaktabbruch, als sichersten weg. wir waren ja auch beim entlieben, das beginnt erst am ende der strategien.

ich erinnere es als wirkliche arbeit, erleichtert durch das bei fragmente erwähnte abflauen des oxytocins (wenn es nur oxytocin ist, war es keine liebe),  die entmutigung, wenn mal wieder klar ist, dass es nix wird, weil man ja eine body&soul-sicherheit („ja. alles.“) wegdenken muss, die so real ist wie der tag, besonders in der endorphinösen phase, über die ich leider nie hinausgekommen bin in den letzten 12 jahren. immer als kalten entzug erlebt, mit der liebe geht ja auch die intensität der wahrnehmung, dieser unverschließbare zugang zur welt. den abschied von vornerein als unvermeidbaren und ebenso vergänglichen teil des abenteuers begriffen.

es gibt schönere bilder für die liebe, sie drängen selbst in einen versuch übers entlieben. love is.

es gehört dazu, wenn es mich mal wieder erwischt, plane ich das entlieben im kräftehaushalt von anfang an mit ein, wird es gehen, hast du genug ressourcen, geht das noch einmal? lohnt die liebe das erwachen, ist es das wert? hast du zeit dafür grade? es ist ein zu erwartender preis, den man für ein paar tolle wochen oder monate zahlen wird, ich möchte heute keine meiner lieben missen (gut: fast keine), ich erinnere die magie und nicht den kummer danach. die praxis verhilft einem zu einem zustand, der erst nach dem dritten oder vierten korb möglich wird: entspannte freiheit im und von dem mangel, er wird zum blinden fleck, mit dem ein gutes leben möglich ist. darauf kann man sich verlassen auch im entlieben, es gibt andere dinge, kinder, freunde, bücher, arbeit. musik.

und die so bezaubernde wie nagende erkenntnis, dass jede liebe bleibt, einen fußabdruck hinterlässt, den man auch nach jahren noch wiedererkennt. mein pathostroll dazu: dein zertrampeltes herz!

wäre neugierig darauf, wie es sich das selbstfahrende entlieben anfühlt, ohne ein nein als auslöser, in einer langjährigen beziehung, als normalen prozess ohne trennung. ich stelle es mir wie ein verebben auf normalnull vor. ändert sich so eine liebe nicht sowieso alle paar jahre (oder jahrzehnte, how should i know), und man muss seine neue form im alltag erkennen, würdigen und feiern, als bewussten erkenntnisprozeß? bei dem dann die gefühle magischerweise auch ohne rausch überleben, in anderer form.

also yeah, wie immer: still not saved. won’t happen.

alte platten

wie davidzwilling beim sonntagsfrühstück hinhört, fast gegen seinen willen, als „as falls wichita, so falls wichita falls“ läuft, auf dem wiederbelebten plattenspieler, wie man immer hofft, etwas von sich in den kindern wiederzuerkennen. die t-shirts mit den breiten streifen von metheny, die riesige wollbergmähne von lyle mays am piano, es war glaube ich die tour für offramp in den frühachtzigern, konzert in den scimmie in mailand. gebannt sassen wir davor und hatten keine ahnung, was als nächstes kommen würde, es war alles so anders, wir waren hin und weg, ich erinnere mays fast intensiver als metheny, es war etwas nie vorher gehörtes, und der sass da inmitten seines haares und spielte, als wär es nix. auch: wie wenig die aufregung von damals reproduzierbar ist, beim hören heute eher „noja, bisscken sphärisch allet, hat aber momente“, ich hoffe, ich habe mich verändert, nicht die musik.

ø

hba1c ist 5,7! es war wohl mehr ab als auf in den letzten wochen, trotzdem ein sehr, sehr gutes gefühl. (könnte man, wenn es nicht so sehr tmi wäre, einen tagesbericht diabetes in den wechseljahren machen: angefangen heut früh mit einem blutzucker von 327, nach abendlichem superwert, also keinem frühstück wg wert, korrekturbolus wirkt um 13:00, als ich noch beim arzt sitze, bei dem ich um 11:30 einen termin hatte, hypo, vorsichtig korrigiert mit 2,5 BE traubenzucker, konzentrationsschwierigkeiten bis ca. 14:30, dann frühstück, normaler postprandialer wert von 168 um 16:00, dann nach hunderunde eben um 19:00 wieder weit über 200, deswegen kein yoga und frust über einen dieser tage, hunger, werde irgendwas gemüsiges essen müssen, kohlehydrate gehen erst wieder ab ca. 22:00, wenn der blutzucker wieder im normbereich ist, und dann ist es wegen unübersehbaren nachtwerten zu spät. trinke ich einen whisky drauf.)

kw 38

mit der schwester ein paar tage verbringen, sie begleitet ihre tochter, die nach berlin gezogen ist. wunderbar, wir verstehen uns wortlos und sehen uns viel zu selten. wir spazieren herum, mitte und prenzlauer berg, ich wundere mich über die touridichte und die menschenströme auf den strassen. die kunstwerke lassen uns und andere vorzeitig in ihre neue ausstellung, etwas über die sehnsucht nach dschungel, gelungen ist sie, eine empfehlung, ein paar sehr sehenswerte arbeiten über phantasie, natursehnsucht und modernes leben. einen laden für hundezubehör entdecken wir, mit eleganten leinen und schönem anderen kram, kaufe nix, weil ich alles schon habe und in einem soliden pragmatismus lebe.

ein abend mit freunden, einer mit docbuelle und s., in alter tradition im due forni, sehr schön und warm. freut mich immer, wenn ich meine römische schwester mit in meine zusammenhänge bringen kann.

gestern dann ein paar museen, die ausstellung im dhm zu homosexualität_en, sehr lehrreicher überblick über den umgang mit schwulen, lesben und transmenschen in den letzten 200 jahren, mit vielen sehr persönlichen videozeugnissen (wie heissen selfies als video?) übers coming out, jeder menge teils so skurriler wie finsterer objekte aus der langen geschichte der gesellschaftlichen ächtung. leider war der katalog sehr chaotisch aufgebaut, bild nach bild nach bild, ohne eine erkennbare struktur, ansonsten hätte ich den für die jungs mitgebracht, die sind ja noch ein bisschen in limbo und bestimmt neugierig. großartiger neubau von i.m. pei ums zeughaus herum, war da irgendwie noch nie mit vollem bewusstsein drin, sehr repräsentativ und großzügig, elegante toiletten, mit glastüren und marmorbecken, alles sehr edel da, klar hab ich als mutter sofort die schulen und ihre miserable ausstattung im kopf, aber das dhm ist ja eine stiftung des bundes und steht ausschliesslich in der öffentlichkeit, anders als die schultoiletten, in die ja nicht mal die schüler gehen.

über die linden ging eine größere gruppe menschen mit weissen kreuzen, abtreibungsgegner, of all things, dass die immer noch so laut werden wollen! es waren sogar frauen dabei, und sehr viele polizisten. bei der abschlusskundgebung, die wir hören, als wir uns vor dem dhm noch vor dem regen unterstellen, spielen sie eins der schöneren kirchenlieder, „von guten mächten wunderbar geborgen“, weil bonhoeffer sich wohl in seiner ethik gegen schwangerschaftsabbrüche geäußert hat, was mich überrascht. aneignung von schönen liedern übers aufgehobensein, um eine praxis der entrechtung und lebensverändernder übergriffigkeit zu propagieren, sehr unangenehm manipulatives vorgehen.

hab mir für den tag mein rennrad vom großen ausgeliehen, fand es schwer bremsbar (bremsen viel zu weit vorne am lenker) und war wahnsinnig schnell damit, auch beim bergauf fahren alle überholt, wie von selber ging das, meine langsamkeit liegt wohl doch am ollen tourenrad und nicht nur am alter. es hat geregnet, doof ohne schutzbleche, habe aber mein guccitäschchen über dem hintern platziert und so stilvoll mich und die anderen geschützt, rennradfahren ist schon etwas für eher zierliche gesäße.

 

and if you listen very hard

wir sassen zu viert oder fünft im dunkeln, natürlich um ein feuer, es war zwischen zehn und elf uhr abends, es gab damals in den achtzigern keinen hinweis darauf, wie schwer es einmal sein würde, die einzigartigkeit solcher abende über die nächsten dreissig jahre zu retten. mit der liebe geht das leichter, bei den guten geschichten bleibt das besondere im zentrum der erinnerung, der moment dieses einen kusses, die sekunden davor und danach, nicht die dutzend clichees und tausend filme und die milliarden anderen küsse auf der welt (es gibt natürlich keine milliarden lagerfeuer mit teenies drumrum, sollte es aber.) guido hatte damals wie immer die gitarre, musik flog ihm zu, er spielte auch noch klavier und querflöte (jethro tull), schrieb lieder und war vollkommen zuhause, wenn er spielte. wir hatten kastanien im feuer, es war also schon herbst, redeten, rauchten, sangen oder schwiegen und machten witze. das alter, wo man noch aufgehoben im moment ist, in den minuten vor und nach dem jetzt, mit allen sinnen die blicke spürt, die nacht, die fragen, die hoffnung, ob da nicht etwas möglich sein könnte bei dem einen ihm, der dabei war, ausnahmsweise, weil er sonst mit einer anderen clique unterwegs war, und wie zum teufel ich es schaffen könnte, näher an ihm dran zu sitzen, während das feuer langsam runterbrannte, und guido immer weiter spielte. dann kam eins der stücke, von denen ich jede strophe kannte, ich hab lauter gesungen, weil er auf der anderen seite sass, die anderen wurden still, und plötzlich singt man alleine, sicher und ohne jeden sicherheitsabstand zu den eigenen gefühlen stairway to heaven, alles gelingt dabei, der song wurde dafür geschrieben. (er hat mich an dem abend nach hause gefahren und ist mitgekommen. magic night.)

o2: can’t do

verstehe eigentlich nicht, warum o2 sich auf so eine großveranstaltung wie das lollapalooza nicht irgendwie vorbereiten kann. gibt es keine mobilen sendemasten oder so etwas? die netzabdeckung war nicht nur schlecht, sie war einfach gar nicht vorhanden. kein anruf möglich, 11 stunden lang, wie in einem betonbunker unter der erde, kein netz sowieso, gerade wenn man mit kindern unterwegs ist vollkommen inakzeptabel. auch sms waren kaum zu versenden, man musste wie früher mit der antenne in der hand über das gelände laufen, das glück hat dann für vielleicht eine sms genügt, gleichzeitig kommen die von den kindern vor stunden geschickten nachrichten geballt an, eine minute später heisst es wieder: zustellung nicht möglich. wirklich eine zumutung, dann sieht man neben sich im grössten gedränge vor der seeed-bühne die menschen stehen, die (wohl mit einer telekom-anbindung) munter und lebhaft nachrichten verschicken und selfies hochladen.

(mit den netzanbietern ist es halt klar eine zwei-oder dreiklassengesellschaft, ich kann mir vier telekomverträge für mich und die jungs schlicht nicht leisten, das ärgert mich schon lange – wobei vielleicht die preisdifferenz geringer ist als die der qualität.)

lollapalooza

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erstes festival seit sagen wir mal über 20 jahren, und so toll, man kommt mit der s-bahn hin! die kinder sind sehr aufgeregt und freuen sich, es sind unglaublich viele leute gekommen, 45000 verkaufte tickets, hören wir dann. viele wunderhübsche sehr junge menschen, lauter mädchen mit blumenkränzen im haar und glitzer im gesicht, um die zwanzig jahre alt, schätze ich, ein drittel dreissiger, viele mit auch kleinen kindern, und auch ein paar wenige fuffziger wie mich, oft mit teenagerkindern.

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ich kannte ja nur wenige der bands, erkenne aber dauernd stücke beim zuhören. lauter echte fans im publikum, der großteil kann mitsingen bei den headlinern abends, dazwischen als beifall unglaublich hemmungsloses kreischen, ich benutze dann mein oropax wegen der fans, nicht wegen der bands.

P1070950am samstag hab ich einfach das privileg genossen und mir fast jede band angehört. bin dazu bestimmt über 10km gelaufen am samstag, hin und her über das grosse gelände, das trotzdem nur einen schmalen streifen des riesigen flugfeldes umfasst, die fläche innerhalb des gebogenen flughafenblockes zum columbiadamm hin. „lollapalooza“ weiterlesen

16

dinge, die nach 16 jahren nicht besser werden:

außer einem edding kein stift mehr auf dem schreibtisch.

paketklebeband ist niemals da, wo man es erwartet. ich weiß nicht, wozu man klebeband alles verwenden kann. es ist mir ein rätsel.

hinter den betten befindet sich genau das, was man bei teenagerjungs erwartet

haribos halten erst ab 3kg-packungen länger als 3 tage, und nur, wenn sie gut versteckt sind.

wenn ihre kraft gelegentlich mal nachlässt (wäscheberg, stullen-statt-abendessen oder so) dann sind die kinder genau im richtigen alter, sich für alle zeiten daran zu erinnern.

die konsumierten eier pro tag gehen ins dutzend, nahrung mit vielen kohlenhydraten und/oder vielen kalorien sind wie nie gekauft.

aufgeschriebene passwörter sind nicht sicher. niemals.

die kinder verfeinern ihre diskursiven fähigkeiten und passen sie den mütterlichen schwachstellen an. du weißt nachher selber nicht mehr genau, warum du es erlaubt hast.

komisch, ich hatte doch noch bier im kühlschrank?

der teure concealer ist alle (ja, auch bei jungs).