laufen

ich laufe viel mehr als sonst, mit dem hund, versuche morgens zum brötchen und zeitungen holen runter ins dorf zu laufen, es ist nicht weit, nur monstersteil, 11% gefälle, das nichtlaufen eingeschrieben im kopf, weil schon meine eltern keine geher waren, und in meiner spätpubertät sassen wir in alten fiats und auf mopeds, es kam einfach niemand auf die idee, zu gehen. jetzt begegne ich jedesmal irgendwem und finde das schon besonders, gucke beim laufen in die bäume und die mauern, zähle die löcher im asphalt und vertiefe mich in die aussicht.

im alten kiosk an der regionalstrasse unten liegen sz, die welt und die faz auf dem eiskasten, das ist auch neu, es gibt ein paar deutsche nester im umland, wo sich leute gefunden haben, kinder an der deutschen schule in mailand, eltern auf der suche nach einer datsche mit guter luft. inzwischen wird die dritte generation erwachsen, es ist wie ein dorf ohne den zwang, der abstand bleibt genügend groß, es sind ja auch nur drei oder vier generationen, davor war der krieg. das lokal unten am wasser läuft auch gut seit ein paar jahren, das publikum sieht nett aus, ist mitgealtert, immer mal wieder erkenne ich jemanden von ganz früher, aber ich bin nicht mehr auf dem laufenden.

lago

hier gehts morgen in den süden, zu den freunden, der aussicht und ins haus am see. das wird nicht exzeptionell auffallen bei meiner wenigbloggerei, aber jetzt hab ich mal einen grund dafür, der nicht ich ist.

alternative lesetipps hab ich grad zwei, einmal das wunderbare delhi diary bei read on my dear, hier mein lieblingstext, dann das leben in new york, wie es herr spiegel aufschreibt. es empfiehlt sich sowieso, gelegentlich fremde blogrollen durchzuklicken, die szene ist viel lebendiger als gedacht.

einen schönen, heissen und hellen sommer wünsche ich, geht raus, geht trinken, esst eis.

keiner

das ganz und fullbody umarmt werden manchmal so vermissen, dass man sich kurz irgendwo zusammenrollen muss. 2012 zuletzt, der mann kurz danach wieder weg, still missed sometimes, wenn ich ehrlich bin. ach, ach. (gestern, szene in den letzten minuten von „the killing“, season 4. treffer versenkt.)

idiot, als exempel.

die versuchung, dem kind, das sein neues handy zum dritten mal zerschmissen hat, einfach mein 4 jahre altes zu geben, damit er das auch fallen lässt, weil ich die geräte so lange benutze, wie sie funktionieren. aufgeregt, kind im zorn als idiot bezeichnet. natürlich darf man seine kids nicht auf diese art beschimpfen, aber wütend werden die meisten eltern gelegentlich, besonders bei mehreren kindern, und es sind meistens die mütter, die spontan mit der situation umgehen müssen, die väter haben zeit, sich eine reaktion zu überlegen, bis sie nach hause kommen, oder ist das ein vorurteil? es gibt ja auch getrennte familien, wo die väter sich nicht so aus der affäre ziehen und die kinder bei beiden aufwachsen. ärgert mich, bei so einem blöden mißgeschick die nerven verloren zu haben (obwohl, come on, dreimal?), aber ich laufe auf dünnerem eis grade.

später hab ich den ärger bei den halsabschneidern von gravis gelassen, die für eine 10minuten-reparatur 109€ verlangen können. muss uns einen besseren dienst suchen, bei den alten iphones konnte man das glas für 10€ bestellen und dann selber wechseln.

bisschen bammel vor dem urlaub dieses jahr, der ja immer auch ein 24/7 -programm für drei jungs bedeutet, als dauersolo, und sie sind anstrengend grade, die zwillis mitten in der pubertät, testosteronstürme glaube ich, allgemeine neugestaltung des gehirns. sie streiten sich viel, haben sogar angefangen, sich nicht immer rein spielerisch zu kloppen, sagen wirs mal so, sie brauchen und fordern abstand auch mir gegenüber, gleichzeitig provozieren sie mich häufiger, suchen die grenzen, meine übliche souveränität verpufft da, ich muss mir also ein neues, besser funktionierendes zen suchen, weil mein erprobtes nicht mehr genügt, ich hab ja auch noch den zweiten 24/7 – job mit meinem diabetes, der grade kaum steuerbar ist, durch die wechseljahre.

mit den befreundeten eltern sind die gespräche ähnlich leidenschaftlich versunken wie der babytalk am anfang, weil alles schon wieder so neu ist. am liebsten hätte ich einen gleichermaßen pädagogisch wie endokrinologisch erfahrenen pfleger an der seite in den nächsten monaten, einen, der auch kochen und karate kann. andrerseits, erfahrung beim kinderhaben: kurz vor der erschöpfung entspannt es sich wieder, und: familie ist ein system, in dem energien nicht verloren gehen.

am rande: ich glaube nicht daran, dass entschuldigungen (bei sowas wie meinem schimpfwort gestern) den kindern helfen. erklären genügt, denke ich. sonst müssen sie dann dem elternteil, der den fehltritt begangen hat, auch noch die schuld abnehmen, ertragen dann also alles alleine, die beschimpfung und das schlechte gewissen der eltern, statt einfach wohlbegründet und gesund so richtig sauer auf sie zu sein, der zorn verraucht dann in der zeit, die sie brauchen. ich musste, wenn mein vater mich so richtig angebrüllt oder sogar geschlagen hatte, immer zu ihm gehen und ihm sagen, ich sei ihm nicht mehr böse dafür, „der leidet richtig, weißt du?“ meinte meine mutter dann. daher meine vielleicht bisschen übertriebene empfindlichkeit bei diesen themen.

 

[stɔːris]

die versionen jeder familiengeschichte, bei drei schwestern drei zu jeder episode. ob das plumpsklo rechts oder links auf dem hof stand, und in welchem jahr genau das bad angebaut wurde, alles so wichtig wie alles, ihre geschichten, wie sie in ihre rollen zurückschlüpfen im familiengefüge und sich nur ein bisschen davor sträuben, wie klar und genau umrissen die alten kleinen risse sichtbar werden im großen strom der geschichten. die tante, die 80 geworden ist am sonntag, hat ein phänomenales gedächtnis und eine traumwandlerische sicherheit bei pointen, sie weiß stories zu jedem haus in der stadt, jeder ecke des elternhauses, eine frage, und sie antwortet stundenlang. sie erinnert jeden namen, wer wann wen geheiratet hat, die leben als vor- und abspann zu den sachen, sie sie grad erzählen will, „der hatte dann später einen autounfall, mit seiner mutter, und sie hat überlebt, traurig, du“, hat die farbe der milchkanne parat, die sie in der hand hatte, als die englischen tiefflieger sie fast erwischt hätten, kurz vor ihrem elternhaus, und macht das schrille sirren ihrer motoren nach, die piloten hatten weisse lederkappen auf, die konnte sie sehen, so tief flogen die maschinen, sie duckt sich in ihrem sessel, man sieht sie als kleines mädchen in den kellerschacht springen, dessen deckel als munitionsmetall eingezogen worden war, „zum glück, du!“, „und die ganze milch war verschüttet“. sie erzählt, als wäre alles erst gestern passiert, mit so einer schelmischen selbstsicherheit, man wird wieder kind beim zuhören. die andern schwestern diskutieren im hintergrund weiter die details, wir nichten sitzen still und nehmen mit den iphones auf, wie bei jedem besuch.

 

ferienkinder

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die ersten ferienwochen ohne richtigen plan für die kinder, der grosse ist als teamer mit der kirche unterwegs, die zwillis sind bei mir. sie sind beide mitten in der pubertät, mal hormonell verstrahlt, mal hungrig, kindlich oder obercool, und hopsen im lauf eines einzigen tages munter durch die unterschiedlichsten stadien. der unbeirrbare ist grad unsicher, der stillere hat den ersehnten wachstumsschub und triumphiert, beide kennen einander so nicht und gehen jetzt bei konflikten das gesamte arsenal durch. ich will zuerst beides auffangen, merke schnell, dass man reisende nicht aufhalten kann und versuche dann, pathetic wie ein unparteiischer boxtrainer, den jeweils schwächeren zu moderieren, den stärkeren auszuzählen, oder umgekehrt? laufe also immer rund um den ring herum.

um sie von den handys und rechnern fernzuhalten, hab ich ganz altmodisch ein paar kleine blöcke lindenholz und 5 kg ton gekauft und hingestellt, dabei dummerweise nach der ersten stunde einen kommentar abgegeben bzw. ein werk des unsicheren nicht erkannt, worauf er es sofort selber auch nicht mehr gelungen fand und wieder zerstört hat. frau fragmente, mit der ich ein paar sehr schöne stunden verbringen durfte, hat das sofort richtig als eine self-fullfilling prophecy eingeordnet, kenn ich ja auch von mir selber.

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ich bin eher in worten als taten zuhause und erkläre bisschen viel, obwohl mir das selbst erfahren selber so gefehlt hat als kind. sammle noch ideen für die zwillis, etwas mit verantwortung vielleicht, abenteuer, chancen also, hab aber grad nix auf lager, und auf die vielen workshops für sommerferienkinder haben sie leider keine lust. nicht genug nerven hab ich fürs klappe halten, bis die ideen sprießen, denke ich, und ärgere mich auch darüber, nicht einfach entspannt dem kind zu vertrauen, das natürlich all das schon hinbekommen wird, trotz den absehbaren querschüssen. erkläre also dem unsicheren, dass ihm jetzt eben die welt näherkommt und mitwertet über noten, freundinnen, peergroups, dass ihn normale kritiken, so etwas wie spontane unmutssäußerungen, wenn schon wieder ein glas runterfällt, grade treffen, weil er verunsichert ist, dass es sich wieder ändern wird, ein übergang ist zum größerwerden (das hören sie immer so gern), dass es halt schwerer ist, in der welt gut zu sein, als daheim bei muttern, das die welt anderen kriterien gehorcht, von denen können dir viele total egal sein, denke ich, sag ich aber nicht, grad in diesen jahren kann ich manchmal nicht einschätzen, wie weit sie schon abstrahieren können, die armen, mit so einer redemutter.

die hoffnung, dass die kids allgemein unkomplizerter sind als ich, stabil, nicht nur resilient wie die mama.

die verschiebung, wenn das aussen wichtiger wird, wie der eine zwilling davon profitiert, der andere drunter leidet, wie sich also mal wieder das verhältnis umkehrt, wie sie sich voneinander lösen im familiensystem und alleiner sind mit ihrem wesen. (dieser satz hätte eigentlch genügt, als posting, aber ich wollte mal wieder mehr schreiben.)

nach dem essen hören sie mit den handyspielen wieder auf und einer baut sich stundenlang, bis elf nachts, etwas aus dem holz: eine handyhalterung.

Unbenannt

der text von vor ein paar jahren, als lückenfüller ausgegraben. gemerkt, dass es schwerer wird, sich als flirtatious zu beschreiben, weil die leichtfüßige identität körper-sex-selbst durch das altern gestört wird, es schleicht sich rein wie ein nervig mitlaufender untertitel. vielleicht der am wenigsten fühlbare verlust, ersetzt durch bisschen ironie, bisschen bitterkeit, man redet lieber drüber, als es zu tun.

kw

neulich im christmon oder im sz-magazin einen einfühlsamen artikel über einen mann gelesen, der bei einem unfall seine hoden verloren hat, besonders erwähnt wurden die psychischen folgen seiner zeugungsunfähigkeit. gedacht, wir frauen sind nur ca. 30 jahre unseres lebens fruchtbar, nur ein paar tage pro monat, und haben andauernd hormonballett im kopf. zu wenig mitleid gehabt.

die ukulele nur spielen, weil sie so schön aussieht mit ihrem rotbraunen mahagoni, und so klein und leicht im arm liegt. bei den anderen instrumenten spielen aussehen und haptik auch eine übertriebene rolle, das glänzende rosewood auf der konzertgitarre, wie die decke vibriert bei jedem ton. eher sammlerin sein als macherin, glaube ich, mehr in der wahrnehmung zuhause als im umsetzen, auch beim üben.

auf dem roten kugelschreiber, den ich in die klassenkonferenz mitnehme, steht „halbstarker“ in fett, merk ich erst, als ich da bin. dem kind fällt die entschuldigung, die alle am dringendsten hören wollten, am schwersten, man sitzt daneben und will übernehmen, besonders, weil das kind sich sonst immer und sofort entschuldigt, vielleicht auch aus strategischen gründen, denke ich jetzt.

die ärztin, die mir den abbott libre verschreiben will, um eine position pro diabeteshund gebeten, die sie sofort und überzeugend liefert. <3

 

pssst

wenn ich ein bisschen flirte, dann meine ich das genau so, nichts halbes und nicht ganzes,  als spiel und als kompliment, und wenn ihr das bemerkt, nehmt es einfach als lebenszeichen, es macht spass, all den kram nur anzudeuten, der sonst mit viel aufwand gelebt werden muss, ein kleiner kick sexiness, ein erinnerung an das, was ihr euch wünscht, also jetzt nicht mal von mir. ein lüften der ollen decke über all dem, was fließt und atmet und sich mitteilen will, weil es geht.

(in italien aufgewachsen bin ich. dort ist es unhöflich, gar nicht zu flirten, und deutschland macht mich echt fertig mit all seiner funktionalen angst vor missverständnissen. ein kleines ich seh dich ganz, and I like it, und ich will dich nicht heiraten.)

(das leben als single)

rantino

bisschen ranten wurde ich gerne, sind aber alle so nett überall, bevor sie in ihre fein strukturierten leben zuruckgehen, als hätten sie die erfunden. alles gut, alles fein. hätte gern eine tastatur die gross genug,ist , um auf sie einzuschlagen mit beiden fäusten, aber nein, man sitzt und tippelt mit den fingerspitzen vor sich hin, als würde man so irgendwo im leben weiterkommen. wir sind cyborgs, unsere gedanken durch hunderte von spiegeln gelockt, nichts ist mehr eigen, wir sind alle und gleichen uns immer.

 

 

liberberlin und kolportage

wärend meine mutter und ich uns gegenseitig in die gemäldegalerie begleiten, wo eine art tag des offenen buches (pdf) stattfindet, eine mischung aus verlegern, buchhändlern der stadt und antiquariaten, über die menschen dort nachgedacht, und ob ich eventuell gern dazugehören möchte. fast alles männer und frauen in meinem alter, gut gekleidet, auf eine komplizierte und nicht offensive weise intelligent aussehend, als hätten sie viel erlebt und könnten nur wenig davon mitteilen. sie schüchtern mich etwas ein, wie alles durchgeistigte, aber meine mutter plaudert munter mit jedem, erzählt ihre lebensgeschichte und freut sich, dass ich mitgekommen bin.

die mischung ist glaube ich zu bunt, um wirklich kaufendes publikum anzuziehen, an den altbuchständen gibt es von kinderbüchern über kartenwerke und belletristik alles, von ollen inselbändchen bis zum zauberberg in hundertster auflage, signiert, für 1.4, wenn ich richtig erinnere. einen spezialisten für autografen gibt es auch, er zeigt in einer kleinen glasvitrine einen kafkabrief für 120k. gibt es käufer dafür? wird der preis nicht dann erst real, wenn ihn jemand bezahlt? die kunst der setzung.

das antiquariat t. hatry (sehr oldschool, ein geschäft auf 5 stockwerken, aber keine webseite) hat einen interessanten schatz ausgegraben und mitgebracht, eine reihe von 189 zeitschriftenromanen aus den jahren 1931 bis 1942, erschienen im zeitschriftenverlag a.g., kurz z.a.g., als beilage einer wochenzeitschrift, die unter verschiedenen namen erschienen ist. die illustrationen auf den titeln sind sehr besonders, der verleger anthon bakel hat dort immerhin einigen künstlern der nazizeit ein auskommen ermöglicht, hannah höch ist dabei, und viele, die ich nicht kenne, einige illustrationen hätten glatt aus den fünfzigern stammen können, sag ich jetzt mal so, faszinierend, wie besonders jeder titel ist, obwohl sie sich stilistisch so ähneln.

die beiden antiquare haben irgendwie von jeder erschienenen ausgabe ein exemplar ausgegraben, „bis auf fünf“, und sie in einem katalog versammelt, jeder mit bild und kurzer inhaltsangabe, die titel hätten einen großformatigen katalog verdient (und das vorwort hätte auch auf ein paar mehr seiten verteilt werden können, dann hätten noch leerzeichen und – zeilen reingepasst, oder sogar absätze)

sie wollen die ganze sammlung verkaufen, für runde 10.000€, aber vielleicht zeigt sie der alte oder der neue eigentümer ja noch ein bisschen herum. leider kaum bilder online gefunden, nur in der oben verlinkten pdf finden sich ein paar.

„Im Mittelpunkt dieses Romans steht ein großer Erfinder und zwei junge Menschen. Durch eine interessante Preisfrage, die der alte Erfinder an die Welt richtet, werden für die Preisträger und den Erfinder seltsame Verwicklungen herausbeschworen. Gewaltige Erd-Katastrophen und die große Hilfs-Expedition zur Rettung der Helden versetzen den Leser in höchste Spannung. Eine reizende Liebesgeschichte legt einen freundlichen Rahmen um das Geschehen, dessen Ende hier noch nicht verraten werden soll.“ (Die 5. Frage, Roman des Theaterkritikers Fritz Gottfurcht, alias Anselm Goth)

„Im Norden Berlins haben zwei Werkstudentinnen ein ,Büro für Frauenberatung' eröffnet, um ihr Studium zu finanzieren. Leider ohne Erfolg, die Einrichtung ist schon gepfändet. Ein Tag vor dem Auszug aber bringt ein Unbekannter ein kleines Mädchen, legt 4000 Mark auf den Tisch und verschwindet.“ (hier steht nur der name der autorin im katalog, eine gewisse Luise Käthe Wolter-Karai)

beide von 1934. eine wilde mischung also, erst in den späteren romanen ab 1938 scheinen die übel propagandistischen titel zu überwiegen, man müsste sie natürlich lesen dazu, aber die inhaltsangaben sind schlimm genug.

 

 

sense8

sense8 geguckt. ob es eine entscheidung war, die serie mit reinem pathos zu beginnen? also nur pathos, ohne klare orientierungspunkte, ich wusste auch nicht, worum es gehen sollte. hat mich an angels in america erinnert, vom großen gestus her, macht aber ungeduldig, weil wir heute anders sehen als vor ähm jahren, eiliger, wir suchen das besondere nur im bekannten, es macht fast aggressiv, wenn man in den ersten minuten in eine opernhafte sterbeszene geworfen wird und mit was einfacherem, verständlicherem gerechnet hat.

die idee der empathie als bedrohung des systems mag ich sehr, schön sixities und flowerpower, aber es hat gedauert, bis ich sie im film verstanden habe (nicht gespoilert vorher), die wachowskis setzen bedeutung voraus, statt sie im drehbuch wachsen zu lassen, sehr unbescheiden und im impetus schon fast wieder gut, wenn es nicht etwas merkwürdig jesusfilmhaftes hätte. absurd, wie dann im verlauf der staffel alle konflikte ausschließlich mit gewalt gelöst werden, als gäb es im kopf der regisseure zwei konzepte, die total gegensätzlich sind und nichts voneinander wissen, anders als die sensates im film. (die gewalt fand ich ernsthaft bescheuert und musste mich häufiger mit dem gedanken an die kohlköpfe beruhigen.)

mochte die vielen länder mit sehr tollen kamerafahrten, die serie immer dann gut, wenn etwas neues passiert, die biographien der figuren funktionieren halbwegs, selbst wo sie chlicheehaft sind. sie sind alle traumatisiert, oder in einer position der gesellschaftlichen ächtung, das ist ungewöhnlich für eine serie aus den usa, alle in einem laufenden konflikt, der in der ersten staffel nicht aufgelöst wird, fand ich auch interessant. alles sehr gemütlich aufgebaut leider, da hätte eine ordentliche verdichtung gutgetan.

auffällig viele schöne männer, also diese pinup- schönheit, bei der es gar nicht mehr wichtig ist, was die leute tun oder sagen. wenn die leute in der zweiten staffel endlich die welt retten statt immer nur einander, oder etwas wirklich revolutionäres tun, würd ich weiter gucken, die verfolgerei durch den regierungsschurken wird jetzt langweilig. bin außerdem für gewaltfreie versionen, wo wie in stummfilmzeiten immer nur steht „sie prügeln sich“ oder „sie ballern rum“.

 

dazwischen

bin bisschen gespalten in den bedürfnissen, einerseits versucht, mir für die zeit schnell noch eine geschichte an land zu ziehen, klar fehlt da was, aber es fällt keiner auf in der masse der gesichter und profile, wie ein wort, das man zu oft sagt. die alternative nur-körper ist dann doch, ich weiß nicht, einfach weit weg von dem, was ich bin, und das gerede in den kneipen mit den freunden ist genau das, ein warmes/lautes hohoho in die nacht. außerdem muss ich lachen, wenn mir jemand von seinem penis vorschwärmt, echt, penis? gut, wenn einer dran ist, wenn es ein mann ist, okay. ich sehe die männer, wie sie solche mails schreiben und den langen schlingerpfad, fluchtpunkt p, den sie hinter sich haben, über berg und tal. wozu haben wir eher ganzheitlichen den langen weg der sozialisation hinter uns gebracht, dabei bedürfnisse verbunden, beim sex das resthirn erschlossen? gern etwas zwischen plüsch und dem hier, zwischen nur geist und nur körper. not?

passagen 2 und 3

es freut die kinder sehr, bei einem großen fest im mittelpunkt zu stehen, well naturally freut es sie, wen nicht? vielleicht bringt die konfirmation nur ans licht, wie sehr die kinder im mittelpunkt der elternleben stehen, wo ich als mutter in meiner lage oft nicht soviel zeit für sie habe, wo vieles eben einfach nicht geht, gleichzeitig wird der schritt ins neue leben gefeiert, der übergang ins eigene, in den mittelpunkt ihres eigenen lebens, die religion nur als anlassgeber, obwohl ihnen das auch thema war, in kindlicher gleichberechtigung neben den geschenken und dem trara. bin mir nicht ganz sicher. ich mag den gedanken eines rite de passage sehr gern, es ist aber eigentlich nur die passage in einen ersten anzug, sie müssen dazu regelmäßig in die kirche und in den konfiunterricht gehen, was bei der hohen qualität der jugendarbeit hier in der gemeinde überhaupt kein opfer für sie ist. vielleicht fehlt mir das ein bisschen, ein vorgang, der zur selbsterkenntnis führt, ein echter schritt, der arbeit und konzentration erfordert. das ist aber nu auch nicht aufgabe der kirchen, bei denen die selbstverantwortung zumindest in den 10 geboten kaum eine rolle spielt. aber nee, es ist schon schön, dass die kirche die jugendlichen feiert! es macht sonst ja keiner. bar/bat mizwa für alle. in der schule bleibt das einzelnen lehrern und dem zufall überlassen. die jugendweihe, in berlin sehr verbreitet, bietet nur party und ein paar kurse.

schöne predigt gehört, der pfarrer hat sie um den film boyhood herum aufgebaut, das größerwerden, die beziehungen, viel lieber würde ich „texte“ schreiben, merke ich, weil die predigt auch ohne den kirchlichen rahmen funktionieren würde, der mich dabei nicht so sehr berührt, anders als die gedanken und bilder, die weiterführen und etwas öffnen. der pfarrer mäandert ein bisschen um seine themen herum, ist souverän und freundlich, genau im gleichgewicht zwischen dem ritus und dem leben, er kann das sehr gut, wie an einem küchentisch bei einem glas wein, wenn etwas unbedingt gesagt werden will, authentisch und heartfelt. es war die letzte predigt dieses menschen, zumindest vor seiner gemeinde, er ist bereits pensioniert, die jungs hatten glück.

für die auswahl der bibelsprüche haben offensichtlich alle google bemüht, und auf denselben paar seiten gesucht, alles vielfach vorhanden. es muss mehr gute sätze in der bibel geben, not? furchtlosigkeit und liebe hatten meine beiden, wie viele andere auch.

wie der glauben besser funktioniert als das internet, und schon so lange, weil es ein geschlossener kreis ist, ohne leerstelle für kommentare, gefällt mirs und pageviews. glauben als sich selbst bestätigendes system, ich glaube, und der glaube macht mich sicher, ich mag die eleganz und askese dahinter, das uneitle, wobei das aufgehobensein in einer gruppe beim gottesdienst zb auch etwas gibt. ob es mehr ein wissen ist für die, die vom glauben leben?

je älter ich werde, desto weniger behagt mir das männliche am gott, auch weil in meinem ganzen umfeld die frauen diejenigen sind, die das praktische, nicht symbolische leben gestalten, egal, ob sie berufstätig sind oder nicht. wie hier frau wildgans erzählt, dass überwiegend frauen dableiben bei pflegebedarf, während die männer verschwinden. lieber mit den frauen der bibel reden, ein pläuschchen mit gott stelle ich mir inhaltlich eher diachron und formal eher monologisch vor, ein mansplainer, die heerscharen, die siege und strafen, die geschichte, der einzelne nur als beispiel. einfache bilder, aus denen die unterwerfung nicht wegzudenken ist, oder nur dann, wenn der glaube als ganz und gar freiwillig verstanden wird, als anerkennung eines grösseren anderen.

na, das hohelied ist ja auch noch da, zum glück.

mal wieder in den schönen und vielseitigen (und einen tick zu verspielten) band von otto kallscheuer hineinlesen, die wissenschaft vom lieben gott, eichborn 2006: nee, der hat natürlich auch keine passenden zitate. zu pfingsten, steht da, „im Gründungsereignis der christlichen Mission, wurde der Endkampf um die feste Burg Zion ersetzt durch die Geburt eines neuen Mediums: des heiligen Geistes globaler Kommunikation.“(s. 468); „Der Endkampf zwischen Gut und Böse hat sich ins Herz jedes Einzelnen verlagert, ist in jeder Sprache kommunizierbar geworden“ (s. 471)

endkampf? wieder so ein albernes männerwort. es endet ja nie, solange man lebt.