in den tiefen der blogs

wenig schöneres, als in den tagen zwischen den jahren mit ein paar büchern und einem tee im warmen zu sitzen, während es draussen immer noch dunkel ist. kitty koma und graf typo haben wunderbarerweise eine anthologie mit vielen lieblingstexten aus weblogs zusammengestellt und in einem e-book veröffentlicht, sie selber beschreiben es so:

Es werden Gräber gegraben, Joints gebaut und Ateliers verwüstet. Liebe, Geburt und Tod kommen vor. Väter, Mütter und Großmütter treten auf. Gartenzwerge spielen eine geheimnisvolle Rolle. Man gedenkt früherer Zeiten, guten und schlechten, erfindet aus Zufall bahnbrechendes, wandert aus oder spaziert einfach nur am Strand entlang.

das buch gibt es zunächst als kostenlosen download, später wird es bei independent-buchportalen zu finden sein. ab sofort läßt es sich unter http://edition.barnimkante.com/ im epub- und für kindle im mobi-format herunterladen.

die QR-codes lassen sich auf einen gutschein drucken und sind ein kleines last-minute-geschenk. aus diesem blog ist auch was dabei.

 

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vorweihnacht

im kopf kaum nebeneinander von drinnen und draußen, zu finster die nachrichten, zu leicht die flucht. kaum zugang zur religiösen bedeutung, der konsumaspekt ist leichter mitzumachen als das friedensbringende und gnadenspendende der weihnachtzeit, ich hoffe, mir gelingt spätestens im gottesdienst noch ein wechsel hin zum großen & ganzen. dieses jahr noch keinmal das WO gehört, fällt mir jetzt erst auf.

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wie fast jedes jahr verläßt mich der verstand kurz vor weihnachten und ich kaufe allen kindern viel zuviele geschenke, mit muttern durchs kadewe gestromert, als wären wir noch die von ganz früher, reich und sicher eingetütet in möglichkeiten. die frauen in den schlangen an den kassen, alle blond und hochhackig, die männer älter und im hintergrund, nee, war jetzt bisschen übertrieben, das kaufhaus wirkt am samstag vor dem fest trotzdem wie ein 3d-werbefilm aus den goldenen zeiten von irgendwann, mit einem selbstverständlichen und selbstverständlich sichtbaren wohlstand, der mir sonst im alltag nicht begegnet. einen tag vorher wurde das kaufhaus überfallen, mich hätten sie jedenfalls nicht mitgenommen.

wann genau habe ich mich für die ukulele entschieden, die jetzt hier herumliegt?

alles eingepackt, dabei weihnachtslieder, hat jemand eine empfehlung für schöne, nicht von knaben gesungene? ich mag erwachsene stimmen. o come all ye faithful ist mein liebstes weihnachtslied (oh kommt all ihr gläubigen, es wird auch auf latein gesungen, adeste fideles), ich hab nur eine olle version von herrn sinatra, mit einem tick zu viel input.

in der papeterie vom KDW hätt ich aber schon gern mal übernachtet. sinn für luxus als großzügigkeit, als hingabe an die schönheit der welt, nicht nur als dekadenz und überfluss, eine stilistisch sehr feine grenze.

 

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Unbenannt

frau ziebarth im tagesspiegel! über herrn schnecks facebook, sehr gefreut. habe auch ein paar mal über sie geschrieben, sie hat gregor den löffel erklärt, ich war mit ihr im bodemuseum, wie mir grad erst wieder eingefallen ist, vor den kindern war ich häufiger auf theaterpremieren und habe frau ziebarth auf ausnahmslos jeder getroffen, sie ist ein theatermensch, ist in jedem theater berlins zuhause. ich kenne sie über meinen vater, der in den sechzigern ein paar jahre im DIW in berlin gearbeitet hat und mit ihr befreundet war. als wir uns zum ersten mal begegneten, war ihre erste frage: was ist dein lieblingsbuch?

 

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über bord

die feine geringschätzung einiger, wenn ich von meinen plänen erzähle, ihr erwähnen von dingen, die sie haben, „mein“, erfolge, bücher, gelder, kunden, als wären sie sich nicht sicher und müssten das immer wieder ausprechen, verankern, ihrem leben substanz geben. das flüchtige interesse, der blick, der gleich wieder auf wanderschaft geht, wieder weg will, obwohl ich grade noch im anlauf auf die anekdote bin. alles ist erlaubt. sie fragen nie.

was machst du denn wirklich so von früh bis spät? bis wohin geht deine sicherheit? keine neugierde?

 

 

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KW 48 – 50

grade sehr stolz auf die jungs, war 3 wochen hintereinander 11 stunden täglich weg, und sie machen es mit mäßigem maulen mit, „das kochen hat mir gefehlt, wie schön, dass du wieder da bist“, sagen sie, nachdem es eine weile fast nur hamburger und tiefkühlpizzen und schawarma oder stullen gegeben hat. nein, nach dem medienkonsum habe ich nicht gar nicht erst gefragt, hatte aber überall frische passwörter drauf. viel gelobt und einmal laut gebrüllt, hat den druck rausgelassen, bei mir und den kindern. jetzt freies wochenende, abends sehe ich, wie der große fast 10 klimmzüge schafft (ich bin immer noch bei 0,5, aber in diesem jahr beginnen auch meine arme zu altern, ich muss da also ran, demnächst), samstags um zehne schlafen die zwillis noch und der große brummt in der dusche, hund will kuscheln, kaffee im bett, sehr bewußtes wohlbefinden meinerseits.

mich hat die wenige zeit für den haushalt effektiver gemacht, ich schaffe bad und küche vor 8 morgens, also nicht gut, aber in ordnung, nur der schreibtisch quillt über, abends schaffe ich gar nichts mehr, nicht mal gitarre, nur noch ein paar serien. zum glück bin ich auch zum grübeln (zukunft, gegenwart) zu müde. tinnitus jetzt auch auf dem anderen ohr, aber der kommt und geht, ich nehme tabletten dagegen, drückt mir die daumen.

die fortbildung ist überraschend intensiv, sehr viel stoff, der anspruch angenehm hoch, keine unterforderung, ja, ich hatte ein paar vorurteile, dabei weiß ich ja, wie jedes thema sich aufblättern und öffnen kann, wenn man genauer hinschaut. sehr tolle leute kennengelernt, und die dozenten zb im praktikum der letzen anderthalb wochen sind wirklich großartig, fachlich wie menschlich, viel inhalt, viel lachen, viel selber machen, es ist ihnen eine herzensangelegenheit, alles notwendige zu vermitteln, sie haben viel erfahrung im thema, humor und selbstironie im umgang mit sich und uns lernenden. ich wollte trotz erschöpfung gleich weitermachen. empfehlung.

hab das ipad mit goodnotes und tastatur und sonem stift gar nicht immer dabei, riesenspass am schreiben mit der hand, mit dem alten caran d’ache – kuli und einem bleistift für die skizzen und marker für die struktur. es ist die ganze zeit selbstbelohnend, schreibe wieder flüssig und lesbar inzwischen. kugelschreiber leergeschrieben. füllfederhalter ist leider unpraktisch, bin linkshänderin. ein notizbuch mit seitenzahlen und inhaltsverzeichnis gefunden, sehr gute idee, damit entfällt das ewige blättern bei blättern oder anderem. goodnotes ist trotzdem großartig, um pdfs zu kommentieren.

„Hallo, in Ihrem Profil glücklich schauen Sie. Können wir Freunde sein? Bitte antworten!“

 

 

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Der Tod ist nicht.

Es ist nicht alles da, vor allem kein Zusammenhang zwischen Körper und Raumzeit. Das, was da ist, könnte überall sein, ich weiß nicht, wo ich bin, das Denken geht an und aus wie ein Warnblinklicht, der Körper ist träge und schutzlos, weil ich kaum Gewalt darüber habe, wie wenig, weiß ich aber nicht, weil ich den Weg zwischen Gedanken und Bewegung nicht mehr finden kann, mein Gehirn schafft grade, ich zu denken, es gibt mich in einem Raum, es dauert ewig, bis ich diesen Raum als von mir unterschiedenes wahrnehmen kann. Mein Arm fühlt sich unförmig an, das merke ich, als ich ihn zu heben versuche, die Hand fällt sofort gefühllos auf meine Seite, fällt sie weit? Sie fällt durch den Weltraum. Es ist dunkel. Das Denken ist mühsam und funktioniert nur in kleinen einzelnen Sekunden, ich erinnere später nur den Unterschied zwischen der Zeit mit Gedanken und der ohne, reine Abwesenheit, schwarz auf eine lichtlose Weise. Ich wollte mich nach einer Weile gegen das Nichts orientieren, ganz simpel, hier bin ich, ich ist etwas, und das ist mir lieber als nichts, obwohl das Nichts einfacher war, keine Energie aufbringen, es überall hinlassen. Die Erfahrungen waren beide elementar, der Wechsel von einer in die andere fing direkt in den Bewegungsnerven an, ich konnte spüren, wie der Plan aus dem Kleinhirn ins Bein rumpelt, Bein hoch, ins Reale, seitwärts, aus dem Bett runter, aua, da knallt der Fuß aufs Parkett.

So funktioniert das Hirn eben, es braucht zum Überleben Luft, Zucker und Wasser, es hat keine Energiespeicher zur Verfügung, ohne Luft überlebt es nur ein paar Minuten, ohne Zucker bleibt noch Zeit für diesen Schwanentanz, bei dem nacheinander die Funktionen des ZNS abgeschaltet werden, damit die Restenergie noch für das vegetative Nervensystem genügt. Das Erlebnis ist ein paar Jahre her, aber ich hab noch immer eine Art von Ehrfurcht vor der klaren Hierarchie zwischen nötig und nicht nötig, wie dann als erster Gedanke, also Gedanke als etwas, das man nicht gleichzeitig tun muss, die Bilder für „Hypoglykämie“ und „Honigtopf, kleiner Schrank, Küche“ aufkommen und die Magie der Grenzerfahrung vorbei ist, während ich meinen Körper in die Küche wuchte, wie beim Sackhüpfen, nur ohne Hüpfen, weil das Hirn nur noch Energie hat für die Hälfte des Körpers.

An dieser Grenze fällt einem vor allem der Unterschied auf: Es gibt nichts zu sagen über das Nichts, während man übers Leben bis runter zu den Nerven andauernd Romane schreiben möchte. Neurotransmitter: Toll! Glutamat, Serotonin, Rezeptoren, Zellwände, ein Kosmos, egal, wo man hinschaut, es ist komplex, es ist kompliziert, es ist ein Wunder. Das Nichts ist einfach nur Nichts. Ich seh das so: Leben ist das, was die Zellen miteinander machen, wenn man sie läßt, Leben ist Stoffwechsel, Tod lohnt die Mühe nicht, er ist das Nichts, es liegen genug Rätsel im Leben, mit dem Tod will ich mich nicht aufhalten, auch die Seele ist nicht mehr als der Wärmeabdruck im Bett, wenn der Liebste schon gegangen ist, etwas hiesiges.

geschrieben für dieses beeindruckende projekt.

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