28. november 22

wie ein trottel von der arbeit wieder nach hause gefahren, weil noch zu krank. jetzt dauernd alte bilder im kopf, höre aber auch alte musik, bach kantaten, das duett aus bwv 21, das ist natürlich harter tobak. lieber einfach alte playlists, aber es hülft nix, ich finde die trauer angemessen, die welt soll anhalten, wenn so ein mensch stirbt. dass ich mich damit unangemessen fühle, liegt am europäischen umgang mit trauer, der beherrscht und im rahmen stattzufinden hat, und der rahmen für gute freunde+ ist einfach unbeschrieben.

dieser tod hat mich weich gemacht, ich höre wieder musik, merke ich grad, wie sonst nicht mehr so oft, bin wieder an dem teil dran, der sich nicht verändert, der nicht altert, der keine wege gefunden hat, der fassungslos ist wie am ersten tag vor der irren landschaft des lebens, mit all den geschichten, gefühlen, wahrnehmungen, das ganze sensorium, dass wir auf halbtot stellen, als wär das normal.

jetzt sophie hunger, headlights, von ihr lief auch ein song auf der trauerfeier, neben hero von bowie.

jedenfalls.

ab jetzt weihnachtsplanung, dabei kommt eine frage auf: d.-zwilling studiert ja jetzt neuerdings biologie, ich will ihm zu weihnachten einen standard-ziegel schenken, wie den anderen beiden zu ihren jeweiligen fächern. weiß eine*r unter meinen leser*innen zufällig, was da grad das beste ist? es sollte eine inclusive e-version enthalten.

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22. 11. 22

twitter gibt es noch, es ist für mich genauso nutzbar wie vor musk, weil ich harmlose dinge poste. dauernd neue follower, sehr schräg. damals, als twoday kurz damit drohte, dichtzumachen, habe ich mir ein weblog auf eigener domain gebaut, das war ein fortschritt, da habe ich einen tritt gebraucht. mastodon wirkt bisher weniger wie ein netzwerk und mehr wie facebook, wo jeder seine dinge kundtut, ich weiß nicht, ob das nur an der optik liegt, es hat aber noch den zauber des neuen. ich schreibe da bisher auch nix rein, nehms mir aber vor. in italien gibt es mastodon auch, es wird hie und da erwähnt, ich weiß aber nicht, ob es auch so einen ansturm gab. in meiner timeline, wenn ich auf meiner instanz (mastodon.social) nachsehe, sausen jede menge spanische, englische und italienische posts durch, es scheint im italienischen twitter aber weniger thema zu sein. gemerkt, dass mir die aura von twitter, das design, die geschichte doch wichtig sind, was bei facebook nie so war, das ist reine und oft nervige funktionalität.

hab diese woche noch zwei urlaubstage, für die ich zum glück doch keinen spontanen trip gebucht habe, weil da jetzt die beerdigung von m. stattfindet. fürchte das ein bisschen, die gemeinsamen freunde können alle nicht mitkommen, denke, ich werde da kaum wen kennen und deutlich spüren, wie wenig ich teilhatte an seinem leben in den letzten jahren.

gegenwart ist alles.

vermisse die kinder, das langsame kleine hochköcheln der weihnachtsdinge ende november, anfang dezember, die pakete und verstecke, die lebkuchenberge. susan cooper ist da eine hilfe, schneelangsam hat die stattkatze es genannt, auch wenn ich die späteren bände zu … zu bedeutungsschwanger und übertrieben dramatisch fand, da hab ich die leise, beharrliche verbundenheit mit land, winter, kindheit und rittergeschichten vermisst. es muss nicht immer um alles gehen.

fahre weiterhin mit dem rad zur arbeit, wie immer auch bei schnee oder eis. bin aber vor ein paar monaten einmal mit dem rad hingefallen, kein sturz, mehr ein umkippen nach zu engwinkligem auffahren auf eine platte in der welt der holprigen berliner strassen. schmerzhafte prellung am knie, ich weiß noch, ich sass bei frau modeste mit frau engl zusammen, die auch grade einen (viel schlimmeren) radunfall hinter sich hatte. bei mir wars ganz klar das alter, fehlende schnelligkeit beim gegensteuern, bremsen, herumreissen, es ist so weit, es geht nicht mehr zurück, ich bin keine 50 mehr. klare innere stimme: du solltest in deinem alter bei schnee und eis nicht mehr rad fahren, und dann guck ich raus, die strasse sieht trocken aus, das eis in den pfützen kann ich doch umfahren … seit dem hinfall bin ich unangenehm vorsichtig geworden, ich fahre nicht mehr einfach drauflos, sondern plane jede kurve irgendwie, ein paar sekundenbruchteile, bevor mein rad sie fährt, wie ein mentaler spiegel, der alles genau wissen will. ich hoffe, das legt sich wieder. überlegt, die von den kids stammenden knie- und ellenbogenschoner anzulegen, wenn es unter null grad sind, es ist ja berlin, da geht alles.

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schon wieder.

auf einem spaziergang in einem geschäft gewesen, in dem neben blumen vor allem kram verkauft wird, es war sonntag, sie waren event-mässig offen, es gab glühwein mit und ohne. bin ohne jeden widerstand in die dekowelle eingetaucht, adventskränze für 80€! mit blumen, kleinkram, blättern und be-zau-bern-den insekten aus glitter und perlen. dazu 8-10cm lange libellen, mit pailetten und stickerei, für 29,90€, für den weihnachtsbaum, ich weiß auch nicht, was es mit insekten auf sich hat dieses jahr, vielleicht eine kleine anerkennung, weil sie uns ja alle überleben werden, so wie es grade läuft. fand sie ungelogen schön, anders als meine freundin, die eine insektenphobie hat. früher, in den 80ern in mailand, war das ein glückssystem, schöne dinge ansehen, kaufen, was man mag, zuhause hinstellen, wobei, beim genau drüber nachdenken, hat meine mama einen klassisch schlichten geschmack, adventskranz nur mit roten kerzen und sonst nix, dabei blieb es, keinerlei elemente an fenstern oder türen, ich glaube, das gehörte sich so, keine ahnung, ob das etwas mit dem protestantismus, mit geschmack oder mit klasse zu tun hat. bei mir verschwimmen langsam diese grenzen, ich sauge die weihnachtsstimmung auf wie einen zaubertrank, voll guilty pleasure. natürlich geht es dabei um etwas anderes, unstillbares, längst verlorenes, yadda yadda, aber es funktioniert, wie alle menschen bin ich ja ersatz gewöhnt. ist das nicht strange? jedenfalls blaue kerzen für den adventskranz gekauft, die tannenzweige dafür aber wie gehabt für 1€ den bund beim blumenladen an der s-bahn.

ich brauche einen richtigen zahnarzt, die eigentlich gute zahnärztin meiner kinder war irgendwann mal total beleidigt, weil ich mit den kids ein paar mal den termin vergessen hatte, dann bin ich erst mit kids und dann auch selber zu so einer kinder-großpraxis hier im kiez gegangen. beim letzten besuch hat mir da so ein junger arzt erklären wollen, dass wurzelbehandlungen einfach weh tun, er nichts dagegen tun kann, statt sich zu entschuldigen, dass er es nicht hinkriegt. da will ich jetzt auch nicht mehr hin, bei zähnen bin ich merkwürdig empfindlich, weil ich mit immer so wehrlos fühle bei der behandlung. die letzten empfehlungen aus dem freundeskreis waren immer unglaublich gut aussehende männer, das finde ich auch stressig. es ist nicht einfach. offen für tips!

gruppe von kindern um einen küchentisch, erdbeeren essend

weiter bilder von martin gesucht, ein paar schöne gefunden. werde sie seinen kindern geben. diese rückversicherung beim bilder surfen, die kindheit meiner kinder, meine eigene jugend, so viele fotos, in denen ich (oft verwackelte, es waren analoge zeiten) unbekümmertheit und nähe sehen kann, dazu muss man ja gar nicht viel tun, kinder sind so, wenn man nichts grob falsch macht, alltag, gemerkt, dass mir das fehlt. zuviel beschäftigung mit weltthemen, krieg, musk, der ganze scheiß, das alles nimmt überhand in meiner wahrnehmung, vielleicht auch daher der wunsch, jetzt aber mal alles schön zu haben, gerne lauter, weil der rest so lärmt.

extra noch aufgestanden, um ein gedicht zu suchen, dass ich vergessen hatte, ich wusste nicht einmal mehr den autor. gleich beim ersten aufschlagen des ersten buches ein anderes, auch passendes gefunden, ein hoch auf die hausbibliothek.

Ein großer blauer Falter ließ sich auf mich nieder
und deckte mich mit seinen Flügeln zu.
Und tiefer und tiefer versank ich in Träume.
So lag ich lange und vergessen
wie unter einem blauen Himmel.

(hans arp, ich bin in der natur geboren, Arche 1986, S. 10: „Märchen“)

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this tweet made my day

bei twitter konnte für ein paar tage jeder für 8$ jede identität einnehmen, was zu vielen sehr lustigen nachrichten geführt hat. gestern hat sich jemand als die firma lilly ausgegeben und verkündet, insulin sei jetzt gratis zu haben.

lilly verlor einiges an wert auf der börse, das war somit ein irre erfolgreicher protest gegen die giernasen von lilly, und sogar die ceos dort haben es bemerkt, die sonst all die seit jahren laufenden kampagnen unter insulin for all einfach so abwinken, und die toten dabei in kauf nehmen, also menschen, die insulin sparen müssen, weil sie sich die zahlung nicht leisten können. das beste dabei: die ganze aktion hat 8$ gekostet, ein traum.

(es fühlt sich überflüssig an, das mit den maßlos erhöhten insulinpreisen in den usa zu erwähnen, der preis wurde in den letzten jahren um über 1000% erhöht, und mit dem dortigen miserablen gesundheitssystem müssen die diabetiker*innen sehr viel davon selber bezahlen. jeder weiß es, niemand kann etwas dagegen tun, nein: niemand tut etwas dagegen, man könnte gesetze entwickeln, aber keiner will das, kapitalismus ist heilig, es gibt halt opfer, es ist halt der markt, so what, diese ganzen elenden firmen entwickeln insulin jedes jahr ein bisschen weiter, machen es schneller wirksam, „herbs and spices“, wie scott hanselman es beschreibt, um es dann noch teurer verkaufen zu können. banting, der das insulin als erster herstellen konnte, hat 1923 das patent für einen dollar an seine universität weiterverschenkt, weil es für jeden kostenlos sein sollte. seitdem ist die entwicklung weitergegangen, insulin wird seit jahrzehnten synthethisch hergestellt, es hatte seinen preis, aber war bezahlbar.* elon musk himself hat nach dem tweet etwas dazu gesagt, um lilly zu helfen, insulin gäbe es für 25$ pro ampulle, hat er getwittert, also wozu die aufregung. finde den tweet leider nicht mehr, hier hat jemand dazu getwittert. das walmart-insulin ist langsam wirkend, schwer einstellbar, es ist überhaupt nicht auf der höhe der zeit, es ist ein laufrad im vergleich zu einem normalen rad mit kette, schaltung und bremsen. den vergleich fand ich passend, hab dann aber beim nachschauen erfahren, dass walmart inzwischen ein schnelleres preiswertes insulin auf den markt gebracht hat, das allerdings auch viele nachteile hat. freie wahl der insuline ist sehr wichtig bei der therapie, weil jeder mensch verschieden ist, diese auswahl ist in den usa nur für mehrere hundert oder tausend dollar jeden monat möglich, weniger, wenn man wenig insulin braucht, mehr, wenn man sehr viel benötigt, und nichts davon ist freie wahl, nichts ist entscheidbar.)

*ich erinnere mich noch an die aufregung, als es das erste humane insulin auf dem markt gab, mein vater musste es aus der schweiz besorgen, weil es in italien noch nicht verkauft werden durfte, bis dahin hatte ich tierische insuline. eins dieser sogenannten analoga (also dem menschlichen insulin sehr ähnliche wirkstoffe) habe ich seit ein paar jahren benutzt, auch von lilly hergestellt. die kasse zahlt das selbstverständlich, es kostet hier in d keine unsummen wie in den usa.

warum kann ich eigentlich keine tweets einbinden? brauche das zu selten, es wird wohl bald eh nicht mehr nötig sein, aber so ist es auch doof. klappt nicht.

mein jetziges macbook funktioniert seit 2008 tadellos, fährt mit neuer ssd und mehr ram innerhalb einer minute hoch, aber es lässt sich nichts mehr updaten. ich brauche einen neuen rechner, fürs letzte aaps-update habe ich mir bei einer nachbarin einen geliehen, das geht natürlich auch, aber … es soll wieder ein (gebrauchtes ) macbook werden, m1, ich brauche eins mit deutscher tastatur, daher gehen die reimporte aus gb leider nicht. die kaffee- und trinkgeld-spenden der nächsten wochen gehen in den rechnertopf.

referrer von mastodon kann ich nicht erkennen, da steht dann einfach nichts, wie beim feedreader, also auch bisschen wie früher.

nachrufe über martin gelesen, dabei die (grad hat meine hand „deine“ geschrieben, schneller, als ich es denken konnte) endlichkeit von allem wie eine harte wand gefühlt. das ist unser raum, da kommen wir nicht raus, no matter what.

gleich spaziergehen, putzen, einkaufen, mit irgendwie aufgefächertem bewusstsein, es bleibt mehr hängen vom alltag, dauernd fällt mir was kleines auf, wobei das grade auch der duftschwall vom eau de cologne des untermieters sein kann, der jetzt ein wichtiges vorspiel hat. ich drücke ihm die daumen!

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10. november 2022

möchte eigentlich wieder mehr bloggen. bei twitter ist das vertraute gefühl weg, es ist vom medium zum thema gerutscht, das stört den fluss. es wirkt nicht durchdacht, was dort geschieht, haken, keine haken, drohungen, den haken jederzeit wegnehmen zu können, das ist sehr kindergarten. als erwachsene möchte ich da eher vermitteln als einfach mitmachen. es scheint, als ob die app mit großen schritten von innen dekonstruiert wird, ein akt der sabotage durch den neuen chef, der offensichtlich niemandem rechenschaft schuldig ist. sehr rätselhaft. bei mastodon fehlt mir noch meine timeline, ich muss da viel mehr zeit investieren, die ich grad nicht habe. und beim namen kommt immer noch die assoziation zur mastopathie, sollte die app einfach in „mammut“ umbenennen, da erinnere ich mich dann an die eine folge northern exposure, in der joel ein tauendes mammut entdeckt, das dann von einem bewohner aufgegessen wird, weil gut gelagertes steak. und an das mammut in new york.

anstrengende woche bis jetzt, für jeden dieser tage möchte ich einen komplett im dämmerschlaf verbringen, ohne news, ohne anfragen, ohne kontakt. nix gelesen, das neue buch für die lesegruppe noch nicht mal gekauft. keine lust zu kochen, aber es sind hühnersuppentage. ein besuch hat wieder abgesagt, das erleichtert mich, dabei unter jedem tag die organische freude, am leben zu sein, und die trauer über die, die es nicht mehr sind, mit beidem laufen wir tagaus, tagein, und spüren es in jedem schritt. den nanowrimo hab ich verpasst, das wollte ich unbedingt mal versucht haben. vielleicht gibt es das auch mit shuffle-version, jeder schreibt jeden tag an einem anderen roman mit? oder nur romananfänge, goncourt hatte da mal was. ich weiß auch nicht. ratlosigkeit. freude über die kids mit ihren projekten, mit dem g. über kontinente sein anschreiben für eine praktikumsbewerbung gegengelesen, via chat und mails. meine generation ist ja noch dankbar für diese kommunikationsformen, für die jugend sind sie selbstverständlich. darum tut es mir um twitter leid, es gab vorher nix dergleichen, meine erlebnisse sind deshalb eng mit der app verbunden, der zauber der ubiquität und der gleichzeitigkeit von allen überall. zutiefst demokratisch. 20:45, fühle mich wie 23 uhr mindestens, spüre aber die wachheit im resthirn, die mich erst viel später wird einschlafen lassen, nur meine füße sind müde.

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serien vom letzten jahr

(wie früher: lieber schnell nachlegen aus dem entwürfe-ordner. erinnere inzwischen, nur ein jahr später, kaum noch was von der serie, nicht mal ihren namen, ist das nicht erstaunlich? woran liegt das? keine offenen handlungsbögen, alles abgeschlossen, die angebote zur identifikation eventuell nicht nachhaltig genug, zu wenig kontaktpunkte mit meiner realität – finde das interessant. diese serie hat es nur in den zwischenspeicher geschafft, von dispatches from elsewhere erinnere ich soviel, dass ich sie nochmal anschauen werde.)

von anfang 2021: gemerkt, dass die zweite der beiden neuen serien, die mich am meisten berührt oder sogar verändert haben, meinem selbstbild widerspricht, weil sie so eine college- und magieserie ist. eigentlich lustig, dass der bildungsroman da gelandet ist. die letzte hat mir ermöglicht, szenen von nähe und sex nicht mehr sofort zu überspringen, weil sie sich aus den figuren ergeben, nicht mehr aufgesetzt und als selbstzweck mitlaufen, habe das erst in der 3 staffel bemerkt, ein bisschen humanistischer auftrag ist bei den drehbuchschreiber*innen spürbar dazu gekommen, aber sie haben es von anfang an irgendwie geschafft, vollständige persönlichkeiten darzustellen. die serie zeigt unter einem vielfältigem und gelegentlich trip-artigen plot eine respektvolle selbstverständlichkeit im umgang mit dieser nähe, etwas, dass sich ergibt oder eben nicht ergibt, so wie ich es von früher erinnere. einen weg, wie ich sein kann. ich weiß noch nicht, ob der phantasy- ansatz den autor*innen einfach einen handlungsspielraum für die figurenentwicklung gibt, den normale fiktion nicht hat, aus einer art ungeduld mit der realität heraus, die als einschränkend und langsam erlebt wird vor den möglichkeiten der phantasie, wie ästhetik vs. synästhetik. habe das buch nicht gelesen, aber lev grossmann hat das schön zusammengefasst. am ende erwähnt er thomas malory, von dem ich vor monaten eine vergleichsweise neue ausgabe seiner arthussagen gekauft habe, die ich seit dem entgammele, sie stand zu lang in einem schlecht belüfteten regal eines holländischen antiquars.

(die andere serie ist dispatches from elsewhere)

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da sein

habe ein lieblingsfoto, unter den vielleicht fünfen, die ich von ihm habe, irgendwo in meinen drei kisten. gestern angefangen zu suchen, dabei alle schönen bilder von freunden, bekannten, den söhnen, mir selber rausgefischt, auf einen stapel gelegt. das sind die bilder, die meine erinnerung formen, die behalte ich irgendwie im kopf, so ein ach, das! -pling beim durchblättern, ein wiedererkennen beim suchen, eine schon oft gelegte spur. der rest sind sonnenuntergänge. die lasse ich in der kiste und werde sie vermutlich nicht mehr so oft ansehen. und dann schickt mir der große heut abend ein foto, „schau mal, ich habe auch ein bild von martin“, und es ist genau dieses gesuchte bild, auf einer meiner parties geschossen, er mit drei anderen freunden, alle aneinandergelehnt auf meinem ollen ikeasitzkissen, gelöst und lustig.

es sind so ca 250 fotos, die mein leben bis jetzt ausmachen, fast alle vor der digitalen wende, danach gibt es kaum noch bilder von mir, tant pis, früher war ich schöner. für die habe ich ein kleines blätteralbum „mit säurefreier folie“ gekauft. vielleicht schaue ich dann häufiger rein. meine hochzeit war auch dabei, martin war mein trauzeuge, das hatte ich ganz vergessen, muss so eine last minute-spontanaktion gewesen sein. alle männer sind dabei, alte freunde, alle toten, auch fotos meiner eltern, mit diesem strahlen der achtzigerjahre. ich kenne seine neue partnerin nicht, sein bruder kennt mich nicht, die wege sind gekappt, martin ist tot, ich hoffe, jemand teilt mir trotzdem irgendwie seinen beerdigungstermin (ein wort wie eine dampfwalze, alles platt, alles hin) mit, damit ich entscheiden kann. werde noch eine weile fassungslos bleiben, da hülfe ein gemeinsamer abschied. was für ein scheißtag. meine söhne sind liebevoll und sagen, ich könne mich jederzeit melden, meine freundin kommt, ich rauche und trinke und rede, als wäre er noch da. so wird das ab jetzt sein, alle freunde und kollegen reden über ihn, viele verschiedene geschichten, verschiedene menschen, überall irgendwas von ihm, nie mehr alles, wir haben paar fotos in einem haufen anderer bilder, geschichten, alle mit genausoviel von uns wie vom anderen. so ist das eben, mehr bleibt nicht. außer seiner kunst, die aber mit dem aspekt der vergänglichkeit immer gespielt hat, er hat oft dinge wie alte paletten oder leere wasserbecher oder in der stadt gesammelte holzabfälle zu großen kunstwerken verarbeitet, zu dingen, die aber weiterhin im fluss sind, wieder abgebaut werden, entsorgt oder recycelt werden können. zum kotzen ist das. es ist so absurd, ich hätte ihn sowieso vielleicht erst in monaten gesehen und es wäre völlig okay gewesen, vor ein paar tagen hatte ich beim heimradeln ein paar sekunden lang so bilder von ein paar episoden mit oder über ihn im kopf, wie polaroids. ich denke, das hirn ist ein kaleidoskop, mit einem netzwerk an assoziationen, die als background durch den tag begleiten, bestimmt vergessen wir die meisten, erinnern nur die, die durch solche tragödien bedeutung erlangen. es war kein zeichen, ausrufezeichen, sowas gibt es nicht. ach, ach. ich will intensität, leben, unmittelbarkeit, ich will gegenwart, es ist alles so schnell vorbei, unfassbar schnell. ich will sowas nicht einfach verarbeiten, er soll noch einmal einfach da sein mit all seiner bemerkenswerten lebensenergie, wie damals, als wir alle den selben raum belebt haben, in gesprächen, ausgehen, sachen machen, biere trinken, und das trennende in ferner zukunft lag. diese zeiten sind lange vorbei, und jetzt kommen sie auch nicht wieder. das ist ja auch okay, wir haben kinder, die sind erwachsen, wir werden älter wie unsere freunde und reden über die alten zeiten, nur gelegentlich, es gibt ja noch viel gegenwart, es ist also eigentlich alles gut, nur wenn einer viel zu früh stirbt, dann nicht. was hat er geackert gegen den tod! ich hoffe, es hat genützt, ich hoffe, er hatte nicht so viel angst.

dieses posting fühlt sich an wie redundantes und gleichzeitig zu privates gerede, herumstochern in der wunde, er hätte nichts damit anfangen können. aber er ist weg und ich bin noch da. immer diese intensiven gefühle, die haben mir noch nirgendwo geholfen! bin auch ein bisschen betrunken, der wein muss ja weg, und früher hätten wir sowas auch alle gebloggt.

puh.

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martin k. ist gestorben. ich weiß nicht woran, will es gar nicht wissen. kann nicht googlen. eine freundin hat es mir gesagt, es ist wohl grade passiert. er war so eine ungelebte, oder nur kurz gelebte geschichte, als wir mal beide frei waren, einer von denen, mit denen ich gewollt hätte, davor waren wir jahrzehntelang gute freunde, seit einem spanischkurs damals, in den achtzigern an der fu. ein arbeitstier, mit einem riesigen kunstwillen, und es musste kunst sein, nicht nur architektur, er hat raumfordernde, große dinge gebaut und gedacht, ich konnte nächtelang atemlos mit ihm über kunst und die welt reden, das gespräch ging immer weiter und weiter. sein vater ist mit mitte vierzig auf einem ausflug gestorben, herzinfarkt, darum ist er marathon gelaufen, rad gefahren, es ging immer um strecke, ankommen, dinge einfach tun. ich weiß noch, wie er 1998 vor meiner tür stand, herumhopsend, ich kriege ein baby! rufend, und ich ihm sagen konnte: ich auch! unsere ersten sind 6 wochen auseinander, die zweiten ähnlich. er fand es immer traurig, dass ich meinen akademischen weg so hab versanden lassen, hat es nicht verstanden, ich konnte es schlecht erklären, so frei von ehrgeiz, wie ich nun mal bin. ich hatte vor ein paar monaten einmal angst um ihn und hab ihm geschrieben, er solle gut auf sich aufpassen und sich checken lassen. macht er, hat er geantwortet, und dass wir uns mal wieder sehen sollten. das geht nun nie, niemals wieder, mir macht das angst, die lange zeit, in der das nie wieder gehen wird. da sitz ich dann und schaufele worte in die welt, weil es irgendwas ist, was in der welt ist, wo er es nicht mehr ist. ich hatte ihn sehr gern. unfassbar. mein tiefstes mitgefühl an folke, c. und j. es tut mir wahnsinnig leid. möge die erde, möge alles dir leicht sein, lieber martin.

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zeit, allein

neue zeiteinheit für spätnachmittage: 1 wärmflasche. wollte das eigentlich auf mastodon posten, aber die instanz oder die app hängt, und während ich warte, blogge ich schnell. weiß nicht, ob mastodon erfolg haben wird, ich glaube, die likes und zahlen sind zu wichtig für große user, und unsere ganzen großartig diversifizierten timelines sind nicht transferierbar. twitter ist das erste, was ich morgens aufmache, vor der nyt und dem feedreader. mastodon social geht grade seit minuten nicht auf, es ist 19:45, da sind halt alle im netz- morgens habe ich diese minuten nicht und wäre schon wieder auf twitter. würde t vermissen, andererseits fand ich ja auch facebook mal cool. sowas vergeht.

neulich mit einer freundin ausgewesen, die so nebenbei erwähnt hat, dass sie nie allein ist und nie allein war. ich kann mir das nicht mal vorstellen, glaube, dass sich beim älterwerden die paar jahre wg in der jugend, die 7 jahre ehe und 20 jahre kindererziehung zunehmend wie eine episode anfühlen werden. sehen sie mich eine hand heben, um die jahrzehnte allein zu zählen, die übrigbleiben, wenn ich die jahre in familien abziehe, und sie wieder sinken lasse: es sind nur 10 jahre. es fühlt sich soviel mehr an, dass ich das alleinleben jetzt doch nicht mehr für gesund und eben meins halte. ei der daus, da zwickt die laus. wir sind natürlich alle allein, immer, vielleicht ist es das.

ich habe eine retirement-countdown app, die schon auf 8 jahre x monate runter ist. ich schaue nur alle paar wochen mal rein, selten genug, um mich zu freuen. habe dabei keine vorhaben oder sowas, das geld wird eh kaum reichen, eher die hoffnung, dass mein prokrastinieren ans geldarbeiten gebunden ist, und ich dann freier und unbekümmerter planen kann, womit ich mich beschäftige.

20:17, jetzt lädt mastodon endlich. ich habe dort 70 follower und folge 93 leuten, auf twitter folge ich 499 und habe 341 follower. freue mich über jeden.

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kunst, 3d, fluchten

in einer ausstellung in mailand (was rede ich da, ich war dieses jahr überhaupt nur auf 2 ausstellungen) das erste mal so eine vr-brille getragen, in einem durch eine stellwand abgegrenzten, vielleicht 2m im durchmesser großen bereich. gezeigt wurde die geschichte des gebäudes, der biennale. es war aufregend intensiv, durch bewegen so eines kleinen irgendwasses, vielleicht einer art 3d-maus, konnte man wölkchen jagen. tolles gefühl, aber eingeschränkt durch mein wissen, dass nichts davon real ist. ein paar wochen später in einem film im planetarium gesessen, wo der sich bewegende himmel viel größer ist, weil wir uns unter einer 35m-kuppel befunden haben, das erlebnis war unmittelbarer und wirklicher, obwohl die filmkulissen nicht so realistisch aussahen (gebäude, objekte, sowas), als ob der optisch wahrgenommene raum einen größeren effekt hat als die bewegung des körpers im raum, den ja diese brillen imitieren. vielleicht können die kids, wenn sie spielen, das bewusstsein besser ausschalten?

(nehme mir immer mal wieder vor, zu spielen, aber verliere bei versuchen immer nach ein paar minuten den fokus, weil mir die ganze gewalt so auf den keks geht. gewalt interessiert mich nicht, es sei denn, sie richtet sich gegen mich oder meine lieben.)

mit freundinnen gesprochen, eine war auf der fridays-for-future-demo, die in berlin wohl wiederaufgenommen werden sollen. die marxistisch-leninistische gruppe war da mit ihrem ewigen megaphon, viele andere kleine gruppierungen, die auf jeder demo in berlin mitlaufen. im gespräch gemerkt, dass ich die hoffnung auf ein stoppen des klimawandels aufgegeben habe. es kümmert keinen, politiker und wirtschaftsbosse gehen keine risiken ein, jeder ist sich selbst der nächste. niemand übernimmt verantwortung. gedacht, alles stehen und liegen zu lassen und in neuseeland fuss zu fassen, damit meine kinder dahin können, wenn es soweit ist, ca. ende des jahrhunderts, also eher meine kindeskinder. es wird auch dort verteilungskriege geben, wer weiß, wie lang man da überhaupt noch hinziehen kann, es ist ja jetzt schon schwieriger und teurer. skandinavien wäre nicht so weit weg, aber da ist es kalt und dunkel. früher ist nicht jedes gespräch über den klimawandel in so einer ecke gelandet, ob es am altwerden liegt? nichtmal die lächerliche 120km/h-regel schafft das land. meiner mutter neulich zu meiner großen überraschung einen sehr dramatischen kurzvortrag des inhalts geladen, sie sollten die bilder ruhig verbrennen, wenn das was hülfe, was es nicht tun wird, nichts hilft, weder demos noch wissenschaft noch internationale abkommen, und gewalt natürlich schon gar nicht. das ist genauso unfassbar wie der diktator, der mit atombomben droht. was ist mit den leuten?

(vergessen, das zu posten, es ist von anfang september, aber es ist nicht zeitsensitiv. ich wollte das mit neuseeland noch rausnehmen, weil zu albern. who cares? die zeiten sind verrückt.)

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