gestern aufregender abend: die kneipen haben seit gestern ihren außenbereich wieder geöffnet. bin mit freundin in die lieblingsbar gegangen zum aperitif, ohne reservierung, es war also alles voll, sehr voll, restlos voll, wie vor jeder der vielen lokalitäten im kiez, ein sehr junges, internationales, weiße sneaker tragendes publikum. der kellner trug maske und hat mit großer freundlichkeit darauf bestanden, dass sich nur leute mit tagesaktuellem negativtest hinsetzen dürfen, den man sich direkt vor der bar bei einem mobilen testcenter holen konnte, was ich gemacht habe, es hat nur 15min gedauert. es wäre alles schnell wieder vorbei, wenn bei diesen ersten öffnungen etwas schiefgehen sollte. mit einem impfpass wäre es auch gegangen, sobald die zweite impfung 14 tage her ist, der kellner hat das genau erfragt. außerdem mussten wir uns per qr-code in die luca-app eintragen, die dann die sekunden und minuten des aufenthalts zählt, bis man sich wieder auscheckt, wir waren 1 stunde und 47 minuten dort. es hat einen regenguss wie aus eimern gegeben, bei dem wir in einen hauseingang ausgewichen sind, danach wieder auf die nassen stühle, alles egal, endlich wieder stadtleben. gefühl gemischt, glück wegen dem aperitiv, sorge wegen der menschenmengen überall. im misirlou haben sie sehr gut aufgepasst, ich hoffe, das trifft auch auf die anderen läden zu. das bedürfnis nach geselligkeit ist riesig.
20. mai 2021
wir sehen uns dauernd selber im video, sind immer gleichzeitig sprecher und angesprochene, immer teil der anderen, mit denen wir grade sprechen. sind wir uns vertrauter oder fremder geworden durch den dauernden anblick? die schönheitschirurgen haben mehr arbeit, höre ich, hier ein doppelkinn wegmachen, da die stirnfalten glätten, die nasolabialfalten füllen. mein entspanntes ca. 10jahre jüngeres selbstbild ist gealtert (wurde geupdated) im letzten jahr, ab mitte fünfzig wird das altern ja so langsam richtig sichtbar, auch für andere. wenn man jemanden nach langer zeit wiedersieht, passiert diese anpassung innerhalb von sekunden, wie der autofocus beim fotografieren, sehr faszinierend. man sagt ja, dass jemand, der sich selbst so wahrnimmt, wie alle anderen ihn sehen, eher gefährdet ist, mal schauen, ob das auch fürs äußere gilt.
der ein paar jahre ältere mann im datingportal, der sagt, er hätte auch einen sohn, wir plaudern ein bisschen, stellt sich heraus, das kind ist 7 jahre alt, er würde es gern häufiger sehen, aber es sei „schwierig“.
bei meinem neuen alten bett ist ein nachttisch dabei, mit schublade und türchen. auf dem foto stand die schublade etwas offen und zeigte stapel von sauber zusammengelegten stofftaschentüchern. das schlafzimmer war klein, alles dunkle möbel, es war als „kleines ehebett“ inseriert, „6 jahre alt“, es gab nur einen nachtisch, denke, das bett gehörte dem vater der verkäuferin, und ihre mutter ist schon vor 6 jahren gestorben. wenn der vater die taschentücher nicht mitgenommen hat, ist er bestimmt auch verstorben, und jetzt verkaufen sie sein bett eben auch. es klingt alles schön pragmatisch, habe ein gutes gefühl, wenn ich das so weiterführe.
gestern 2. impfung bekommen, biontech. arm schmerzt ein bisschen, etwas hirnnebel, sonst nix. tasche für meinen impfpass gekauft, den ich in ein paar wochen zum ersten mal als passierschein verwenden darf.
heut früh um sieben stolpert der d.-zwilling in die wohnung, nachtzug, war billiger, er hat also lieber gar nicht geschlafen. er trinkt einen kaffee und füllt die waschmaschine (die in der wg ist wohl hinüber) und legt sich schlafen. mutterglück.
08. mai 2021
das bett ist im auto, große freude. ich habe tatsächlich online ein solides altes bett aus massivem nussholz erstanden, sehr spontan. es hat einen rücken und ein fußende und ein paar geschwungene linien und zählt als bisschen gondelhaft, nach dem kauf hatte ich aber keine ahnung, wie ich es von köln in mein schlafzimmer bekommen könnte. habe meinen fang dem nachwuchs mitgeteilt, daraufhin ergab sich noch während der hunderunde, vor der ich es gekauft habe, eine transportmöglichkeit. heute hat ein kumpel vom großen mit seinem vw-bus das bett abgeholt, bringt es in seine studienstadt und irgendwann in den nächsten wochen dann nach berlin, hoffentlich, bevor sie ihm den bus klauen.
tapetenmässig habe ich ein paar fachleute gefragt, um mir einen eindruck zu verschaffen. einer will 900€, obwohl nur eine wand tapete bekommt, der andere war gucken, meldet sich aber seitdem nicht, überlege jetzt, mich meinem endgegner eventuell selber zu stellen, dem glätten einer unglatt verputzten wand, bevor die tapete draufkommt. ich habe einmal wände verputzt, 1999, beim bezug genau dieser wohnung. es war wahnsinnig mühselig, unbefriedigend und im ergebnis sehr mittelmässig, und jetzt muss jemand im prinzip genau diese damals schlecht verputzte wand glatt bekommen. fehler holen einen ein.
der tochter einer freundin bei einem live-konzert auf youtube zugesehen, sie ist violinistin geworden, hat auch eine initiative zur unterstützung von musikern in der pandemie gestartet. zuerst gesehen habe ich sie als säugling auf dem arm ihrer mutter, die ich nach ein paar jahren ohne kontakt auf einer strasse in der nähe meiner neuen wohnung wieder getroffen habe, in die ich grad gezogen war, in den neunzigern. aus kindern werden leute.
ich wollte mich heute nicht auf den balkon setzen weil es mir noch zu kalt war. morgen sollen es 25°c werden, keine ahnung, woher die kommen, die ganzen grade, wahrscheinlich im gänsemarsch aus dem arschkalten mai, husch, einmal auf die große bühne, schnell, dann wieder ins nichts, aus dem sie kamen. was soll ich denn anziehen bei 25 grad? was muss ich ausziehen? heute trug ich eine hellblaue eher stylische regenjacke, die ich im schrank gefunden habe und noch zu bekomme, vielleicht so einen küstenstyle der achtziger, den leute wie ich erkennen, weil wir tanten haben, die in nordseenähe leben und im sommer zu besuch kamen. alle anderen trugen aber heute noch schwarz. froh, im unsichtbaren alter zu sein, jedenfalls: ich kann mit sommerklamotten nicht mehr umgehen.
auf twitter gelesen, dass ein 20jähriger aufgrund seiner homosexualität ermordet worden ist, von seinen brüdern. alireza fazeli monfared war sein name, er hatte ein sehr junges gesicht, genaus alt wie die zwillis, mit ähnlichem blick, offen, unerfahren, noch kindlich. er wollte fliehen und hat es nicht geschafft. hat mich fertiggemacht. nimmt einem die sprache, sowas. rip, sweetheart.
vielen dank!
vielen lieben dank für die spende! sehr gefreut.
26. april 21
wg. diabetes bei meiner hausärztin, im warteraum nur 3 leute, wie bei der impfung. während der 10 minuten, die ich dort warte, kam ein mensch ohne termin und wollte sich einfach mal anmelden, um eine hausärztin zu haben. wenn nichts anliegt, könne er sich auf eine warteliste setzen lassen, es kann aber september werden, meinte die ärztin. vielleicht meinte sie auch die warteliste für impfungen, ich hab das ja nur am rande mitgehört. die sprechstundenhilfe führt drei telefonate mit impfwilligen. es rufen die ganze zeit menschen an, die eine impfung wollen, das praxisteam hört sich die geschichten an, sie haben aber nur genug stoff für die eigenen patienten, das steht auch auf der webseite. sie wissen mitte der woche, so sagt es eine der arzthelferinnen am telefon, welche und wieviele impfungen sie in der nächsten woche zur verfügung haben werden, können sich das wohl alles nicht aussuchen. sie haben keine zeit mehr für die patienten, die sonst kommen würden, „und dann müssten wir im prinzip noch mal 6 wochen alles dicht machen, wenn die zweite impfung drankommt“, dann sagt sie noch: „wenn wir das durchhalten.“
ich bin guter dinge, hänge aber ein bisschen in der luft. es wird so zeit, wieder feste strukturen zu haben, bei mir sind anfang mai die drei wochen nach der 1. impfung rum, dann darf ich wieder unter die leute. das wochenende auf halbmast verbracht, obwohl ich eigentlich rund um die uhr staubsaugen müsste, weil emma einen heftigen fellwechsel hat, eine große tüte mit collieflaum ging schon an den wollladen, sie sieht zart aus ohne das felltutu überm hinterteil.
gestern kurz vorm abendessen haben mir die kinder gefehlt, da sind sie früher nach den vaterwochenenden immer wieder aufgekreuzt, aber das ist schon wieder ein paar jahre her, es ist vorbei. habe dann auf whatsapp mit ihnen herumgealbert und mir lustige bildchen angeguckt, aber ich höre die geschichten von freunden, wenn einer der sprösslinge aus irgendwelchen gründen für ein paar monate wieder zuhause einziehen muss, inzwischen mit einer gewissen inneren bereitschaft, sagen wirs mal so.
welle und form
ich bin früher, als ich meine haare noch mein haar nannte, mit großer hoffnung und bereitschaft durch die regale mit haarpflegeprodukten gewandert, hatte meinungen und vorlieben, eine werteskala von guhl bis schauma, die entscheidung zwischen volumen und seidigkeit fiel mir schwer, und ich hielt sie für notwendig. das wurde im lauf der jahrzehnte alles nach und nach weniger wichtig, von alleine, es waren immer dieselben 2 oder 3 sorten shampoo, ich habe seit ein paar jahren immer öfter vergessen, mir spülungen zu kaufen, das haarspray liegt seit ewigkeiten hinter der waschmaschine, und wenn ich in der drogerie vorm shampooregal stand, hatte ich vergessen, welches ich zuletzt hatte. ein bisschen frischen wind brachten die ökologischen aspekte, also kein silikon, keine komischen stoffe, das hat mich dann eine weile wieder mit einer gewissen neugierde aufs produkt und so einem entscheidungseifer erfüllt, das fehlen von silikon habe ich den haaren angemerkt, könnte den unterschied aber jetzt schon nicht mehr beschreiben. sichtbar war es glaube ich nicht, jedenfalls auf keine weise, die nicht ebenso gut hätte eingebildet sein können. einziger reproduzierbarer effekt: nach einem produktwechsel fühlt es sich nach der ersten wäsche immer irgendwie besser an, aber ich wollte nu auch keine 5 flaschen herumstehen haben. marketingidee: vielleicht 2 sorten für im wechsel anbieten? irgendwann im letzten jahr habe ich dann einmal zu einem silikonfreien billigshampoo gegriffen, für knapp über einem euro, und siehe da – kein unterschied fühlbar, alles frisch nach der wäsche. es war eine kleine überwindung zum verlassen der sphäre notwendig, ähnlich wie beim wechsel auf android, also ein spürbarer verlust, wo ich das selbstbild jetzt selber füllen muss, wenn die marke nicht mehr da ist. jetzt war der nächste schritt fällig, habe mir ein festes shampoo gekauft, es sieht aus wie ein stück seife, man spart die bescheuerte plastikflasche. und es funktioniert wie es soll, die haare sehen nach der wäsche gewaschen aus, und nach dem bürsten frisiert. mehr kann, nach meiner lebenserfahrung, kein mensch erwarten.
hin- und her gerissen zwischen so einer lust, mir eine höhle einzurichten, die frei von moden und trends mir wohlbefinden verschafft, also eine kleine meerfantasie im schlafzimmer, das immer noch nicht tapeziert ist, erst brauche ich einen job, wobei ich mich sowieso noch dauernd umentscheide, was tapeten und farben angeht. ich habe noch nie vorher ein zimmer eingerichtet, sie haben sich immer einfach so ergeben, aber seit ich mir die einrichtung vorgenommen habe, ist sie mir wichtig.
ich schlafe zum glück überall gut, träume aber selten, und fast nie meinen lieblingstraum, in dem immer meer und wasser vorkommen, und manchmal ein boot, und wellen, deshalb wird es jetzt an der wand statt blømster wohl ein wellenmuster mit kleinen fliegenden fischen geben. und warum nicht aufs ganze gehen: ich möchte in einem boot schlafen, und suche auf ebay.it nach einem letto a barca aus dem vorletzten jahrhundert, es gibt immer mal wieder ein paar, leider meistens mit alten matratzengrößen, also nur 195cm lang und nur 140cm breit. eine freundin macht mich darauf aufmerksam, dass es die auch hierzulande gibt, zb aus dem biedermeier, oft als empire- oder louis philippe- betten angeboten. teils sehr schöne alte möbel aus kirsche und nussbaum für ein paar hundert euro, kurz davor, mir so ein kleines bett zu kaufen, weil es realistisch betrachtet sowieso zuviel aufwand bedeutet, einen mann zu suchen, der länger als ein paar nächte bleibt. sagen sie bitte trotzdem bescheid, wenn sie eins in der größe 160×200 auf dem dachboden haben.
musste mich für diesen flirt mit dem stimmungsmöbel im schlafzimmer von allerlei einflüssen befreien, darüber gemerkt, dass es ja gründe dafür geben mus, dass die betten im handel alle gleich aussehen (zb eckig, jede kurve kostet) und kann jetzt ursache/wirkung wieder richtig herum wahrnehmen. ich werde mir dann, wenn es tatsächlich alles fertig wird, noch ein paar bilder mit meerwasser ins zimmer hängen. weil ich es kann who cares.
oder ich lasse es leer und schlafe auf einer isomatte, mit platz für jede neue idee.
auf instagram angefangen, mir bilder aus rom und von der italienischen küste anzuschauen, gemerkt: ich würde schon gern wieder in italien leben, am liebsten am meer. ich war zum glück 2 wochen am see im letzten jahr, denn nach über einem jahr ist die stadt ohne kultur, ausgehen und theater, ohne vernissagen und parties und leute und premieren und konzerte in kleinen jazzclubs doch ein eher trübes pflaster.
10. april 2021
stiller, kalter tag. geburtstagsgeschenke für die zwillis gesucht, diesmal bekommen beide fast das gleiche, wie eigentlich noch nie, aber es ist das erste mal, dass sie getrennt feiern, das kann ich ausnützen. ich habe dabei die bei jungen erwachsenen wichtigen bereiche praktisch, sport, werkzeug abgedeckt, plus je ein buch. sie werden 20, da vermissen sie hoffentlich das thema schönheit oder eleganz nicht so arg, oder ich habs mit dem sport abgedeckt.
mir selbst eine lustige balancescheibe gekauft, die stelle ich ins badezimmer und putz mir darauf stehend die zähne, so der plan. bisher nutze ich diesen moment schon zum balancieren auf einem bein.
neulich auf einer hunderunde 2 mädchen beobachtet, die mit bunten hula hoop -reifen spass haben, assoziationen sind irgendwie tiefste 60er, s/w-bilder von sportgymnastik mit regeln, mädchen mit pferdeschwanz. dann auf einer anderen hunderunde noch mehr mädchen mit hula hoops gesehen. normalerweise fällt mir sowas immer erst auf, wenn die welle schon wieder durch ist, also hier der hinweis an euch: sie sind wieder da, sind ein trendsport, es gibt kurse auf youtube mit jeder menge erwachsenen leuten, und man bekommt schnell gute laune beim zuschauen, es ist ein bisschen wie tanzen, aber es geht auch allein im wohnzimmer. habe mir also einen bestellt, es hilft, dass keiner dabei zusehen kann. sehr gespannt, ob ich das lernen werde, ohne meinen noch unversehrten rücken damit in unordnung zu bringen, es sieht nicht wirklich gesund aus, aber sehr lustig. wenn es ab juli dann wieder bisschen wärmer wird, freue ich mich auf lauter mit hula hoops in den parks herumwackelnde sportgruppen. tanzen wäre für den gesamtkörper glaube ich besser, aber so weit bin ich noch nicht.
wieder viel platz im hirn für die diese nebensächlichkeiten, wenn die pandemie keine angst mehr macht, wenn nicht alles, was ich tue oder lasse, vor dem hintergrund pandemie stattfindet, sondern einfach mal so vor sich hin passieren darf. naja, es sind schon noch ein paar elefanten im raum, aber der größte ist weg. hab ich erst nach dem impfen gemerkt.
vollkommen befremdlich, aber mehr im sinn von irre, dass keiner die verantwortung für ein paar wochen oder monate harten lockdown übernehmen will, und sie alle sich immer nur weiter im kreis drehen, als wäre diese dauerbelastung den politikern völlig wumpe, das andauernde feinjustieren des risikos, die unruhe bis angst im alltag, der riesenberg, den homeschooling und homeoffice und zuhausebleiben bedeuten. corona wird nicht von alleine weggehen. (mit dem klimawandel wird das genau so weiter gehen, da ist die gefahr ja noch leichter wegzuabstrahieren.)
einsatz
vermisse die zeit, als beim schreiben alles auf nur ein paar worte hinausgelaufen ist. grade ist es dauernd rush hour, wo das richtige völlig untergeht in der masse, ich dann immer auf der suche nach dem satz, den ich meine, mit einem fähnchen dran, wie bei einem reiseführer im gewimmel.
8. april 2021
gestern geimpft worden, mit corminaty. heute bisschen wie erster tag sommerferien. die praxis hat das so organisiert, dass immer nur 3 leute da sind, einer wird geimpft, zwei warten die 15-30 min nach der impfung, wenn einer geht, kommt der nächste rein. mir wurde vorher die temperatur gemessen, ich musste ein paar blätter unterzeichen, wartezeit war um die 5 minuten. meine hibbelige vorfreude habe ich nicht 100 pro verstecken können, mir sind nacheinander die kassenkarte und mein portemonnaie auf den boden gefallen. die arzthelferinnen lächeln sehr freundlich, hinter den masken. die mitwartenden waren gefühlt kränker als ich. bin sehr erleichtert.
bei mir war es wohl die kombination aus grunderkrankung und arbeit mit kindern, die mir einen impftermin bei meiner ärztin verschafft hat. ich habe auch briefe und mails geschrieben, in denen ich diese gründe angeführt habe, bezweifle zwar, dass die einen effekt hatten, aber es hilft, etwas tun zu können, und oft haben die ärzte keinen genaues bild von euren lebensumständen.
durch meine nutzung von aaps lebe ich schon in enger beziehung mit einem code, jetzt habe ich etwas codiertes gespritzt bekommen, der ganze code, der uns in alltag und konsum umgibt, ist wahrscheinlich viel komplexer, aber diese grenzüberschreitungen in den körper fühlen sich nach einem größeren paradigmenwechsel an. der mrna-stoff wird codiert und reisefertig gemacht und ist dann nur noch überbringer eines auftrags, der körper braucht keinen virus mehr, um den antikörper zu erschaffen, der code setzt ihm eine abkürzung ins haus, und er ist leicht zu ändern für andere impfungen. schon cool. das ist alles vielversprechend und einen tick beängstigend, wenn man die irre komplexität des körpers vor augen hat. aaps reagiert als code (auf den blutzuckerspiegel, nach definierten parametern, gibt über die insulinpumpe entweder mehr oder weniger insulin), der impfstoff agiert, stellt etwas her, was vorher nicht da war. das ist schon ein unterschied. fühle mich jedenfalls noch mehr cyborg, und werde sicherheitshalber einen chartreuse drauf trinken.
am nachmittag habe ich noch eine hunderunde gemacht, seit gestern abend tut die impfstelle etwas weh, bin bisschen schlapp, alles im rahmen.
mein impfpass ist leider erst ein paar jahre alt, nur der d.-zwilling hat noch seinen ersten, ein schöner überblick über die vorteile der neuzeit. wir haben uns 2009 auch gegen die schweinegrippe impfen lassen, mit pandemix, damals beim amtsarzt. das war auch ein kleinerer akt, die zu bekommen, aber genaueres erinnere ich nicht mehr. als wir in den frühen siebzigern nach italien zogen, wurden wir gegen cholera geimpft, das hat mich beeindruckt damals, weil es sich in kinderohren so sehr nach abenteuer und piraten anhörte.
zum ersten mal seit längerem durchgeschlafen. sehr erholsam. in 3 wochen bin ich geschützt, in 6 wochen gibt es die zweite dosis, laut praxis, weil so die schutzwirkung noch höher sein soll als wie bisher mit dem zweitschuss nach 3 wochen, aber es ist alles in andauernder bewegung.
hoffe, auch mein blutzucker fängt sich jetzt wieder, hatte in den letzten beiden wochen einen fast verdreifachten bedarf fürs essen, nur fürs essen, der grundbedarf hat sich nicht verändert. schwierig einstellbar, weil bis jetzt hochvariabel. mein aaps-system benötigt regeln, genaue vorgaben für die insulindosen, also x einheiten für x gramm kohlehydrate. es nervt etwas. rätsel, das gelöst gehört. corona ist es nicht, habe mich jeden zweiten tag testen lassen. ydmv.
habe irgendwo gelesen (nicht mehr wiedergefunden leider), dass die kinder von chronisch kranken leuten häufig psychisch belastet sind, bei diabetes stand als problem glaube ich „verleugnung“ und minimalisierung, seitdem rede ich darüber, wenn ich mit irgendwas diabetischem ein problem habe. am liebsten mit anderen diabetiker*innen oder in einem problemlösekontext auf facebook oder bei der ärztin, jetzt auch mit meinen kindern, es kommt mir aber alles tmi vor, weil es meist keine relevanz für mein gegenüber hat. das nicht darüber reden im alltag fühlt sich nicht als verleugnung an, ich nehme den diabetes nicht als getrennt von mir wahr, er ist also in allem präsent, nicht als star oder drama, nicht als gegner, sondern etwa so wie meine haare oder mein gewicht, darüber rede ich ja auch nicht dauernd. so froh, dass ich nicht mit schmerzen oder schlimmerem leben muss, es gibt wirklich ganz andere erkrankungen. mit der angst vor folgen etc. lernt man zu leben, ich denke nicht dauernd dran, keine ahnung, wie das anders gehen sollte.
versuche, den corona-stress gehen zu lassen, mir einen richtig guten job zu suchen, den alltag zurück zu erobern, weg aus der reinen reaktion auf umstände, aber es ändert sich ja nichts, solange das nicht für alle möglich ist, und dann gilt: es gibt genug aufgaben auch ohne pandemie.
3. april 2021
bisschen erschöpft, weil die anspannung nachlässt. ostern abgesagt. eigentlich hätten jungs und mutter nach tests zum traditionellen osterbrunch sozusagen mit vollem gebläse kommen sollen, jetzt will ich mir nicht auf den letzten metern noch etwas einfangen. erst daran gemerkt, dass ich eine mögliche infektion als wahrscheinlicheren weg aus der pandemie akzeptiert hatte. jetzt werde ich den vollen kühlschrank verkochen und den kram in einen picknickkorb packen.
gehe sonst ostern in die kirche, unvergessen das eine mal in einer kleinen dorfkirche auf rügen, wo mitten im gottesdienst 2 handys losgingen, in einem stillen moment, und beide zu meiner familie gehörten, und keiner außer uns hat gelacht. oder einmal im randvollen berliner dom, mit anschließendem lustwandeln über die museumsinsel, wie bürger einer anderen zeit. zur zeit bin ich eher auf der agnostischen seite zu hause, kann mich aber der dichten und bedeutungssatten geschichte um jesu tod nur schwer entziehen. sie wirkt.
der große könnte sich mit asthma bald impfen lassen, will aber eher nicht, weil der vater ihn vor den impfstoffen gewarnt hat. der vater redet viel, dauernd wohl, von irgendwas politischem, mit der bei solchen leuten berüchtigten menge an partikularwissen aus allen möglichen, aber keinen passenden bereichen. beim impfthema werde ich deutlich und geb meine meinung über den ex wieder: sein verhalten ist unentschuldbar. die zeit mit den söhnen in dieser so irre intensiven lebensphase ist unrettbar verloren. das freut den großen, weil ich das fast nie mache, beim thema vater immer neutral-informativ-wohlerzogen geblieben bin, vielleicht einen tick pathologisierend. auf twitter bekomme ich gute links mit argumentationshilfen (schön nach punkten sortiert auf Medical News Today, mit analogien zum programmieren in der c’t, hier auf youtube von den mythbusters). der große wird zwar schon vom vater mit filmchen und texten zugeschüttet und mag nicht noch mehr davon, ich hoffe aber, ich kann ihn überzeugen. geholfen hat mein hinweis auf die verquere argumentationsweise des vaters, damit kann ich den sohn auf eine metaebene bringen, die ihm vielleicht auch aus der hilflosigkeit hilft, [redacted]. kann mich aber angesichts der statistik auch wieder entspannen. bei vorsicht haben die söhne gute chancen, nicht angesteckt zu werden, oder nicht schwer zu erkranken, andererseits kommen 10% der positiv getesteten ins krankenhaus. vabbeh, wird schon werden.
in meinem alltag hat corona wesentlich weniger raum als hier im blog, da passen alle auf, folgen den regeln, man wechselt ein paar sätze zum thema und widmet sich wieder anderen dingen. wir haben uns alle dran gewöhnt, aber den kleinen bruch, den mein ausladen der kids, oder (bei kurzbesuchen) das maskentragen auch im haus bedeutet, spüre ich schon noch. ich spreche es an, mache witze drüber, damit der bruch sich nicht selbstständig macht und auf reisen geht, sondern schön an der oberfläche bleibt.
dieses jahr haben die kids für den ersten abends die ankunft von drei welpen erwartet, die notfallmässig für ein paar wochen versorgt werden müssen. zu meiner freude wurden alle wgs miteinbezogen, ich weiß natürlich, dass solche scherze, die auf wunscherfüllung abzielen, eher ein bisschen gemein sind, weil sie so gerne geglaubt werden, aber mir ist nix besseres eingefallen.
keine matthäuspassion gehört, dafür aber bei frau novemberregen die storyline von ostern nacherzählt bekommen, von 2012, aber die geschichte ist ja as zeitlos as it gets. die mp kommt dafür heut mit auf die hunderunde.
30. märz 2021
letzte woche mails an meine ärztin und briefe per einschreiben an behörden losgeschickt, um schneller an eine impfung zu kommen, mir albern dabei vorgekommen, trotzdem sehr angenehm, endlich irgendetwas tun zu können. gestern früh rief eine arzthelferin an und kündigte an, dass sie sich melden würden, wenn es impfungen gäbe, es ist eine der praxen, bei denen geimpft werden soll, es würden aber trotzdem noch die kv-prioritäten eingehalten. ich versuche, einen zeitraum zu erfragen, ohne erfolg. als ich „ein paar wochen“ sage, widerspricht sie nicht. das ist eigentlich gut, aber ich bin ungeduldig geworden. sie impfen wohl astrazeneca, das gegen die neuen varianten aus südafrika und brasilien gar nicht mehr gut helfen soll, also vielleicht besser auf einen brief von der kv warten und moderna oder biontech auswählen? heute heißt es wiederum, dass astrazeneca in berlin nur noch an leute über 60 verimpft werden soll. ich weiß gar nicht mehr, ob ich mich im wechselbad der gefühle grade im heißen oder kalten wasser befinde. jedenfalls erzählt eine freundin, die bei der kv arbeitet, dass langsam bewegung in die sache kommt, und rät zu geduld auf den letzten metern, aber die kv ist ja noch bei priorität 2, und ich bin 3 (in den usa wurden wir gerade hochgestuft) – aus dem berliner umfeld höre ich von immer mehr impfbenachrichtigungen, für partner und kinder von pflegefällen, für hochgewichtige und krebskranke, aber auch für leute, die überhaupt keinen impfschein erwartet haben. ich hoffe also weiter, aber es bleibt alles in der hauptsache im ungefähren.
heute früh mit dem d.-zwilling einen test gemacht, mit 45min schlange stehen, hinter einer frau mit recht tief hustenden kleinkindern im kinderwagen, die kids ohne masken, sie mit. abstand auf über 2 meter erhöht, trotzdem unsicher gefühlt. die kids dürfen ja in berlin schon mit normaler erkältung nicht mehr in die kita, mit so einem husten schon gar nicht, ich weiß nicht, wie und wo solche mäuse gestestet werden können, für die zentren sind sie wohl zu jung, oder durften mit dem husten eh nicht mit rein. nur die mutter hat sich testen lassen.
ich habe schon gelesen, dass wir alle eben „mit dem virus leben“ müssen und die impfungen durch die variationen vermutlich immer nur für einen gewissen zeitraum sicherheit verschaffen können. wie mir vor 10 jahren freund guido sagte, als ich ihm auf der abfahrt vom see noch mal schnell im krankenhaus besucht hatte: „sie haben mir gesagt, ich muss einen weg finden, mit dem krebs zu leben“, und er eine woche später tot war, natürlich, was alle wussten, wobei sich dieser vergleich unpassend anfühlt, aber ich kenne die fomulierung nur aus dem medizinischen bereich.
dort bedeutet sie, dass alles menschenmögliche versucht wurde, es keinen weg gibt, die krankheit zu heilen, und man also die symptome therapiert, so gut es eben geht, und hoffen wir das beste, im notfall an die ecmo. mich ärgert das ein bisschen, es wurde ja nicht alles versucht, nicht einmal ein voller lockdown, dann ist so eine formulierung irgendwie unstatthaft. wie wenn ich als diabetikerin sagen würde: ich nehm zwar insulin, aber ich achte nicht auf mein essen, und blutzuckermessen ist für paranoiker. das wäre fehlende compliance.
heute die beiden halbschwestern der jungs kurz zu gast gehabt, das war schön, ich freue mich so, dass die kids über 2 etappen eine großfamilie bekommen haben, die mädels hatten schon corona und sind also mit masken safe. so lange keine gäste mehr gehabt, sogar die notfallkekse waren alle. außerdem den balkon eingeweiht, mit tee und buch in die sonne geblinzelt, nach dem schon heut nacht ein blendend weißer vollmond den tag erhellt hat, wenn auch zu früh.
21. märz 2021
geträumt, in einem theater zu sitzen, dicht neben anderen menschen. ein schauspieler kommt über die reihen zu mir und liest meine lippen. ich teile mein knäckebrot mit ihm.
gestern bei der hunderunde an einer langen schlange von menschen vorbeigekommen, nicht einordnen können. die schlange war zu lang für kaffee, vielleicht eine wohnungsbesichtigung? als wir um die ecke kommen, sehe ich das schild „corona-testzentrum“. mache gleich einen termin.
beim impfthema gemerkt, dass meine nervendecke inzwischen dünne stellen hat. ich werde mich hoffentlich bald impfen lassen können, aber wohl keine wahl haben, mit welchem impfstoff. astrazeneca scheint gegen die neuen varianten weniger wirksam zu sein. ich hätte gern moderna, werde mir das aber wohl nicht aussuchen können. es ist eine zumutung, auch weil es daran erinnert, wie brüchig alles ist.
durch die vielen spaziergänge sehe ich einige freundinnen viel häufiger als früher. wie zu schulzeiten wissen wir jetzt fast alles voneinander. das werde ich vermissen.
jungs haben semesterferien und sind alle zuhause. gestern haben sie einen kompletten eimer hühnersuppe von einem 2,5kg-huhn ausgeleert, heute früh waren die letzten reste weg und der topf trocken. sie lassen sich fast täglich testen. ich habe eine matratze zu wenig im haus, weil einer beim auszug seine mitgenommen hat, neue matratzen online kaufen finde ich doof, also schläft einer auf dem sofa. wir reden täglich über corona, und das nervt, finden die kids, mir fällt das gar nicht auf, also lasse ich mir erzählen, was sie und ihre freunde so alles machen. sie gehen aus und bleiben mit ihren freunden draussen, bis ihnen kalt wird, sind meistens so nach 2-3 stunden wieder zuhause.
welle
nach einem tweet einen neuen bildschirmhintergrund geladen, unhinged romantik, ein werk von ivan konstaninovich aivazovsky, einem armenischen maler des 19. jahrhunderts.
ich habe unhinged verwendet, weil ich dachte, es hieße hemmungslos, hätte aber noch ein paar elemente aus dem maschinenbau, der mir gerade aufgrund des g-zwillings nahesteht.
aivazovsky ist berühmt geworden, weil er wellen als eine verbindung von wasser, bewegung und licht malen konnte, dramatische stürme mit schwankenden schiffen, wobei die meisten bilder eine gewisse vorliebe für sonnenuntergänge zeigen. meine lieblingsfarbe, dieses helle blaugrün auf dem verlinkten bild, findet sich in vielen seiner x-tausend werke, zu meinem glück in denen ohne sonnenuntergang, weil dieses durchlässige blau tageslicht braucht. wenn ich aivazovsky minus sonnenuntergang googeln könnte, hätte ich zugriff auf viele kleine farbräusche.
außerhalb von museen und theatern mag ich kunst, die diesen unmittelbaren zugang gestattet. wenn ich vor einem bild stehe, jetzt egal ob in der gemäldegalerie oder in galerien wie eigen+art etc., bin ich neugieriger auf kunstgeschichtlichen oder -theoretischen hintergrund, habe spass am anspruch und verspüre den ehrgeiz, dahinterzukommen, mitzuspielen, mich einzulassen. zu verstehen. zuhause vorm rechner fehlt mir dafür der anreiz.
vielleicht liegt das aber auch am alter, die nächste generation zeigt überhaupt keine reaktion auf das meerwasserbild. wie verändert sich der geschmack über einen lebenszeitraum? hatte immer schon einen neigung für die schönheit der elemente und ihrer darreichungsform, vertiefe mich mühelos in seitenlange naturbeschreibungen und mag sie in text und bild.
diese art malerei ist sicher deshalb so erfolgreich gewesen, weil sie ein künstlerisch recht hohes niveau hatte, für kitsch, man konnte sie sich ins wohnzimmer hängen.
die bilder in meiner wohnung haben alle etwas, dass ich wiedererkannt habe auf irgendeiner ebene, einige waren crushes auf den ersten blick, andere sind geeerbt, die erinnern mich auch, und wenn die erinnerung nicht gut ist, dann trösten die bilder darüber hinweg.
ich verspüre eine vollständig aus dem internet übernommenen neugierde auf kohlmeisen, spatzen und amseln, zum lunch kommen aber immer nur tauben, krähen und elstern. wie komme ich denn an eine amsel? gerade hat eine junge elster einen meisenball mitgenommen, vor ein paar wochen hat das eine krähe getan. sie warten, bis die tauben den ball etwas kleiner gefuttert haben, dann holen sie sich den rest.