7. august 2025, locarno

heute noch mal filmfestival, und ich dachte bis zum aufstehen, mein erster film sei um 11 uhr, dann sehr erleichtert, dass es 14:30 ist. gemütlich hingefahren, in der stadt wieder 15 minuten hin- und her, bis ich mein ziel gefunden habe, google maps zeigt einfach alle strassen in der nähe grün an, also als meinen weg, dann 15min verloren, um eine neue parkapp zu installieren (4sfr für 6h scheint mir absolut angemessen).

(achtung, es folgen spoiler)

zum glück haben sie mich trotz verspätung noch ins proppevolle riesenkino gelassen, für das kurzfilmprogramm mit bleifrei 95, randaghi, l’avant-poste 21, primera enseñanza.

bleifrei war angemessen deutsch-finster, junge frau hat dauernd sex, mit ihrer freundin und deren mutter, empfindet das als grenzüberschreitung, fühlt sich benutzt, hat auch sex mit leuten, bei denen sie nur kurz mitfährt, geht dann zur bachelor-party ihrer freundin. neben mir im kino ein älteres paar, sagt „diese zeiten sind sehr lange her bei mir“ und geht dann, bei mir auch eher ochnööö, empfinde den gezeigten spannungsbogen von „wir zeigen alles, und unsere protagonisten leiden darunter“ als hm, spießig? jedenfalls deprimierend.

nachtrag: eine szene bleibt mir in erinnerung, drei freundinnen gehen kurz ins bad, ich als publikum denke: um zu reden, und dann stehen sie da alle drei, sehen sich an, keine sagt ein wort, dann gehen sie wieder auf die party

genauso wie der folgende animationsfilm, der auch zwei punks als hauptfiguren hat, die sich begegenen, herumfahren, wieder verlieren, von bösen wölfen zerrissen werden, dann relativ unvermittelt als elegante katzen wiedergeboren werden. mochte aber das dichte feld, in dem die handlung stattfand, und die vespa, auf der die figuren herumgefahren sind.

danach l’avant-post 21, zeigt drei junge frauen auf engem raum miteinander, auch wieder sex ohne grund (sollte ja im leben eigentlich ein normalzustand sein, mich nervt das nur wegen meiner komplettverdrängung, da single, daher hab ichs in filmen lieber hergeleitet oder plotbedingt), eindruck einer besonderen situation, sie machen party, bis der nachbar klingelt, was sie denn machen würden, es sei mitten in der nacht, darauf die eine: „sie hat einen abort“. die frau setzt sich aufs klo, die freundinnen dicht dabei, der abbruch wird ein bisschen wie eine geburt gezeigt, mit drücken und schmerzen etc. den film mochte ich sehr, er zeigt, was sache ist, zeigt die gemeinschaft der frauen und schafft es dabei, den abgegangenen embryo in einer kleinen von den frauen improvisierten zeremonie zu begleiten.

bei primera esenañza hören wir eine gruppe von mädchen bei einer gesangsstunde, eine bekommt von einem arzt ein sprech- und singverbot, um knötchen von den stimmbändern zu heilen, daraus ergibt sich dann eine beklemmende situation. bin vor schluss gegangen, wollte zum nächsten film.

danach nur 500m bis zum nächsten kino, wo sehnsucht in sangershausen läuft. episodenfilm, die protagonistinnen finden alle einen blauen stein, den sie hochheben und bei sich behalten, haben alle eine offenheit für das besondere im alltag, sind beweglich im geiste, obwohl ihr umfeld die bewegung ignoriert oder nicht darauf eingehen will, weil die kontaktaufnahme eine grenze überschreiten müsste, der klasse, des interesses, der aufmerksamkeitsökonomie. beginnt mit einer szene im 18. jh, wo ein dienstmädchen in ihrer freizeit gezeigt wird, sie findet einen stein, wir erfahren, dass sie bei herrn novalis arbeitet. die nächste szene spielt in der neuzeit, eine junge frau arbeitet als putzfrau und kellnerin, dabei begegnet sie einer band, begleitet die sängerin einen tag, schenkt ihr einen gefundenen stein, bietet zeit und ein auto, wird nicht wahrgenommen oder erinnert von der band. in der nächsten episode geht es um eine junge frau aus afghanistan, aber da bin ich weg, wollte zum nächsten film. fand den film sehr/zu leise und poetisch in seinen aussagen, bin mir nicht sicher. es ist mir leicht gefallen, früher zu gehen, ich war nicht richtig drin, es blieb abstrakt, mehr ein film über als ein film, mehr schreiben über als schreiben, ich bin da empfindlich.

dann spaziergang zurück zur piazza grande, wollte mir einen stoffbeutel kaufen, es gab (an tag 2 von 12) aber keine mehr, hab danach ü-ber-all leute mit diesen beuteln gesehen. man kann sie im onlineshop kaufen, muss dann aber 20€ fürs versenden zahlen, mehr, als für post aus den usa, die haben echt eine meise. hole mir eine pizza und eine cola light, spaziere noch ein bisschen herum.

dann ins nächste große kino, um legend of the happy worker zu schauen, von dem ich nur wusste, dass colm meaney mitspielt, den ich ja sehr schätze. sehr besonderer film, ich glaube, eine art metropolis des 21. jh. eine parabel, ein kinderbuch, ein western, of all things, aber das passt sehr gut, wie im western wirken gut und böse klar unterschieden, aber weil wir ja in der gegenwart leben, verläuft die grenze im film nicht zwischen gut und böse, sondern zwischen oben und unten, buchstäblich, und zwischen nicht wissen und wissen.

über mehrere generationen wird ein loch gegraben vor den malerischen felsen arizonas in utah, immer weiter, immer tiefer, die arbeiter glücklich und selbstbewusst als „good digger“.

der herr der unendlichen baustelle lebt oben in seinem büro und ist nur sich und den seinen verpflichtet, seinem großvater, dem vater, „me“. er besucht seine vielen arbeiter und lässt sich täglich von ihnen bestätigen, wie gut es ihnen geht, wie glücklich sie sind, im film sehr schön opernartig gelöst, er ruft runter, die arbeiter antworten im chor.

das system kommt kurz durcheinander, als ein alter mann, am ende seiner lebensarbeitszeit, eine frage hat, die nie jemand gestellt hat. er bittet einen jungen kollegen, dem chef diese frage zu stellen, und wir sehen, wie schwer dieses fragen fällt, der held braucht mehrere anläufe dazu, die frage ändert sein leben, nicht das des ersten fragenstellers, des alten mannes, der ein leben gebraucht hat, verbraucht hat, um sie stellen zu können, ihr seht, ich bausche etwas auf, es ist die sinnfrage, reduziert wie alles in diesem film: „why?“, und zack, ist die vierte wand im spiel. fand den film sehr mutig in seinem so klaren aufbau, es ist eine art kinderfilm für erwachsene, er hat etwas von den alten cartoons. bild und plot als perfekte entsprechung. und ja, es ist natürlich die frage aller fragen, egal, was man so tut im leben. sogar t…p könnte den film verstehen.

colm meaney spielt den bösewicht im film, er kommt mit einem wunderbar röhrenden riesigen alten auto vorgefahren, ist der onkel der hauptfigur, und will mehr, mehr von allem. er setzt riesige bagger ein, die das loch immer tiefer graben können, und der held muss dann alle entlassen, weil niemand so schnell graben kann, aber zum glück endet der versuch bald, und alle arbeiten weiter wie gewohnt.

regisseur duwayne dunham war da, auch der produzent und die schauspieler*innen waren für ein q&a am ende mit auf der bühne, der film war wohl ein jahrzehntelanges projekt aller beteiligten. dunham hat ein paar episoden von twin peaks gedreht und ist über seinen kontakt zu david lynch an einen einakter von s.e. feinberg gekommen, aus dem das drehbuch entwickelt wurde. aus dem hollywoodreporter, dort noch mehr zur fimgenese, inclusive interview mit dunham.

fand es lustig, dass der kameramann ein namensvetter von reed smoot ist, der 30 jahre lang als senator für utah eingesetzt war.

bin mit einem meter abstand an herrn meaney vorbei gelaufen, das war sehr aufregend, hab ihn aber natürlich nicht angesprochen. mir ist die beste frage für das q und a nach dem film ja auch grad erst beim schreiben eingefallen, nach dem bezug auf metropolis hätte ich sonst gefragt, und herrn meaney nach dem auto.

der große ist mit mehrstündiger verspätung wieder in trier angekommen, nach mitternacht, ich merke: niemand hat damit gerechnet, dass er mit der bahn pünktlich kommt, er nicht, ich nicht, die bahn selber wahrscheinlich auch nicht. niemand.

bei der bahn gilt es erst ab 5 minuten als verspätung, und fahrgäste dürfen erst ab einer stunde verspätung 25% ihres tickets reklamieren, ab zwei stunden 50%. es ist alles unfassbar. in italien sind 90% der züge pünktlich.

heute heulen dauernd flugzeuge über den see, es hört sich an, als fällt uns gleich der himmel auf den kopf.

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050825 #wmddgt

jetzt haben wir zufällig an einem 5. was unternommen, da bietet sich das doch an.

zu früh für ferien wachgeworden, mir und dem großen einen kaffee gebracht, fenster aufgerissen und die noch kühle frische luft hereingelassen – es gab dieses jahr noch keine dieser üblichen schwülen 35°c-tage hier, es ist tagsüber um die 28°, abends kühlt es auf 23° oder so ab, perfekt.

dienstags ist eigentlich markt in der stadt, aber ich hatte am tag zuvor eingekauft, wir konnten uns das frühe aufstehen wg parkplatznot sparen. gut gefrühstückt, ich mit mitgebrachtem müsli, der große mit salat, caprese und obst, alles klar von ihm selbst gemacht.

nach dem frühstück internet gelesen, unter vermeidung von nachrichten, da bin ich im urlaub im verdrängungsmodus.

nachmittags ist der große zu fuss zum strand gelaufen, ich bin erstmal noch in die stadt für einen einkauf, danach auch an den strand, dort jemanden verabschiedet, die zurück nach hause muss, außerdem mein seit paar jahren vergessenes schlauchboot identifiziert, also der große hat es in einem großen beutel in der umkleide, unter all denn minisurfbrettchen, flossen, einzelnen rudern uä entdeckt, mit nach oben genommen, es ist fast zu schwer zum alleine tragen. es passen 5 oder 6 leute rein, ich war in den letzten jahren halt immer allein hier.

dann schon um kurz vor 5 hoch, wir wollen nach locarno rüberfahren. der große kocht sich noch schnell was, ich räume bisschen herum, um halb sechs fahren wir los, nur bisschen später als vorgenommen. die strasse geht am see entlang, mir fällt der sehr dichte verkehr auf, vielleicht berufsverkehr? die kombi arbeit in der schweiz/ wohnen in italien ist recht beliebt. endlich die grenze, wie meistens komplett verlassen, ich fahre langsam durch. dann gibt es noch 12km autobahn, nach der ausfahrt in die stadt sofort auf parkplatzsuche, bin generell eher frei von orientierungssinn und bei der weit verbreiteten verkehrsführung mit unmengen von einbahnstrassen, kreisverkehren und fussgängerzonen schnell überfordert, trotz navi („kehren sie in 5m um“; „BITTE WENDEN“, etc.) bin kurz gestresst, dann einen der gesuchten parkplätze gefunden, die ab 19 uhr nix mehr kosten, kurz mit zwei jungen frauen geschnackt, die eine hatte eine feine kette über dem nasenrücken, zwischen zwei kleinen ringen an den nasenlöchern, das hab ich noch nie gesehen, nicht mal in berlin. danach gemütlich am see lang zur piazza grande gelaufen.

reihen von gelben plastikstühlen, hinten mit aufdruck "locarno film festival"

der platz ist noch relativ leer, sehr viele gelbe und schwarze plastikstühle sind dort aufgereiht, bis zu 8000, lese ich, aber das scheint mir doch etwas übertrieben. die leinwand ist wirklich riesig, die projektoren sind so groß wie ein container, schick in schwarz am ende des platzes, da reiche ich noch fotos nach. wir kommen von der leinwandseite des platzes um ca halb 8, es gibt eine taschenkontrolle, bei der ich mein mückenspray nicht deklariere, es hat nämlich ein „vorsicht brand“-zeichen an der seite und dürfte eigentlich nicht mit rein.

schwarzes sitzpolster mit aufdruck, ein leopardenkopf und aufschrift "prix du public UBS"

wir bekommen so sitzpolster mit werbung für teilnahme am publikumspreis („die größte jury der welt“ sagen entweder festivalsleitung oder einer der ubs-sponsoren später) und ziehen dann nacheinander noch einmal los, um kaffee und einen kleinen imbiss zu besorgen. es gibt viel zu gucken, der platz füllt sich rasch, mit dem großen versuchen wir die altersmischung zu schätzen, er meint „eher alt“, ich meine „eher jung“. schön angezogene, lächelnde menschen überall jedenfalls. wir hören, wie bei ein paar stühlen die lehnen abbrechen mit lautem knacks, da hat sich wohl jemand zu beherzt angelehnt.

dann gehen die lichter aus, der himmel ist noch nicht ganz dunkel, aber leinwand und film sind sehr gut sichtbar. nach den ersten szenen enttäuschung, die untertitel sind auf italienisch, sooo international sind die dann doch nicht, denke ich. sage dem großen, dass wir jederzeit gehen können, wenn ihn das nicht verstehen nervt, aber der film last dance ist auch so gut und nachvollziehbar verständlich, wir bleiben bis zum schluss.

filmleinwand an der liazza grande in locarno, vor dem film wird das publikum gezeigt

achtung, es folgen spoiler:

germain ist 75 und lebt in glücklicher ehe mit seiner frau lisa, die begeistert bei einem tanzprojekt von la ribot mitmacht, ihm filmchen schickt, viel erzählt. dann stirbt sie, germain wird von seiner familie und nachbarn aufgefangen, bekocht, begleitet, jeder übernimmt eine der rollen, die alle auf einem großen kalender in seiner wohnung farblich markiert werden. ihm ist es etwas zuviel, die vielen speisen bekommt die katze, bald mehrere katzen, weil es sich herumgesprochen hat.

das paar hat sich versprochen, für den anderen dinge zu ende zu bringen, falls eine/r früher gehen muss, er besucht also eine probe von la ribot und fragt, ob er mitmachen darf, findet sich so eher ausversehen in einer mehrmonatigen und sehr intensiven täglichen probezeit wieder, wo er langsam vom „pinguintanz“ (der große) in eine gewisse ausdrucksfähigkeit hineinfindet. er erzählt keinem davon, es gibt einige lustige missverständnisse deswegen, weil er nie zu hause ist und sich alle sorgen machen. der film endet mit der aufführung, die familie im publikum, die aufführung ist uns ein bisschen zu einfach gelöst, andrerseits sieht man die lücke, die seine frau gerissen hat, das passt dann wieder. schöner leichtfüßiger film.

heute beim googeln erst gemerkt, dass ribot eine bekannte choreografin ist, sie hat 2020 einen goldenen löwen für ihr lebenswerk erhalten, und diese art arbeit mit biographischen elementen, dem körper wie er eben ist, mit professionellen und amateurstänzer/innen gleichzeitig auf der bühne, das passt zu ihren konzepten.

wir reden über die raubtiere bei festivals, bär und löwe waren halt vergeben, sind aber auch naheliegender, wie auch die palme für cannes. mal nachforschen, welche bedeutung ein leopard für stadt und gegend (tessin) hat, vielleicht nur die pelze der damen im nahen ascona um die jahrhundertwende? das festival gibt es seit den vierzigern, ich weiß nicht, ob es immer den leopard für den besten film gab.

es ist den ganzen abend schön warm, wir bleiben im t-shirt.

dann durch die stadt zum auto spaziert, um kurz vor mitternacht losgefahren. unterwegs noch fast kein benzin mehr, hat mich gewundert, an einer minitanke mit selbstbedienung noch den tank gefüllt. strasse jetzt fast leer, die dörfer und städte noch voller menschen, es ist august, da arbeitet niemand in italien. um eins ca zu hause.

beim austeigen ohrenbetäubendes grillenzirpen.

#wmdedgt steht für: was machst du eigentlich den ganzen tag?

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2. august 2025

heute bei kräftigem regen gefrühstückt, dann war wieder sonne und wir sind zur fähre gefahren, der große brauchte eine badehose, die es auf dem markt an der anderen seeseite geben würde. in saisonzeiten fährt alle 15minuten eine fähre, 13,60 für beide hin und zurück, drüben durch den ultravollen markt gelaufen, badehose gefunden, dann noch die suchtmässig leckeren zitronen-ricotta-tortellis geholt, 12 große stück für 16 euro, schwamm drüber, mit olivenöl (oder butter?) und frischem parmesan sind die eine sünde wert. viele deutsche extrem unelegante touris unterwegs, zu enge t-shirts, bauchteile frei, rote hälse und köpfe, ich weiß nicht, warum mir das so auffällt dieses jahr, es sollte mich nicht kümmern eigentlich. mein sohn trägt ein gestreiftes baumwollhemd und bermudas und sieht blendend aus, tjé.

ich hätte hunderte handtaschen wählen können, aber es war dann einfach zuviel auswahl, sehr lustig die gefakten birkinbags aus leoparden-kunstfell, hätt ich vielleicht mitnehmen sollen, aber die kosten meist auch über 200€, und sind nur im vergleich spottbillig*. (ich rechne dies jahr mehr, weil mir der in den letzten monaten zuviel gezahlte lohn {im öd ist man bei versetzung immer erstmal auf vollzeit und muss die teilzeit neu beantragen, das hatte ich übersehen, habe aber weiter teilzeit gearbeitet} auf einmal abgezogen wurde, ausgerechnet in den sommerferien.

mit den hörgeräten höre ich das haus knacken und weiß nicht, ob das früher auch schon so war.

mittags bekocht worden vom großen, andere tortelli aus dem kühlschrank mit einem extrem leckeren und frischen tomaten-gemüse-sugo, zum reinsetzen, dabei wollte ich eigentlich nur ein oder zwei probieren. am eher späten nachmittag dann noch zum see für eine runde schwimmen, lesen, plaudern mit den anderen, danach aperitiv, diesmal am see, auch hier teurer geworden, aber der blick ist natürlich unbezahlbar. abends bruschetta mit dem rest sugo, sehr lecker, und ein bierchen, lese am handy gründe für intensives weiteres daumendrücken nach, es ist ein elend alles, aber es wird alles besser werden, unbedingt, ausrufezeichen.

erholung setzt ein, es ist ein riesiger unterschied, nicht mehr restlos erschöpft zu sein bei urlaubsbeginn.

*nachgesehen: es sollte eine kelly und keine birkin gefaked werden, und die gab/gibt es sogar wirklich.

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31. juli 2025

erster tag see und strand, mit alten freunden und bekannten. wir merken, dass wir langsam die alten sind, die immer am strand sitzen und lesen, im schatten der großen birke. sonne mit wolken, es ist fast frisch gelegentlich, mit sonne aber wie immer, das wasser klar und kühl. abends aperitiv, diesmal oben an der strasse statt unten am see, weil es unten sehr voll ist und oben leckere häppchen dazu gereicht werden. danach hoch zum essen und abwarten, wann die sonne nicht mehr spürbar ist auf der haut. nivea.

tisch mit aperol und ein paar kleinigkeiten zum essen

gemerkt, dass ich endlich mal zum filmfestival nach locarno kann und es nicht wie sonst immer verpasse. es gibt für alles noch tickets, möchte gerne einen der filme auf der piazza grande sehen (slowtiger hat recht, den anblick sollte man mitnehmen), bisschen sorge, weil ich ja nach filmende noch anderthalb stunden um den see zurück fahren muss, aber wann, wenn nicht jetzt. tagsüber eine reihe kurzfilme, darunter bleifrei 95, dann sehnsucht in sangerhausen, abends happy worker, mit colm meaney, den ich als trekkie natürlich immer gern sehe, danach kommt auf der piazza grande noch ein mich null interessierender film über einen milliardär und seine tochter, den schaue ich just for the feeling sozusagen. der spannendere film läuft am abend davor, aber der kommt bestimmt auch mal nach berlin. oder lieber last dance? dafür ein gratis-ticket gebucht. 4+ -filme an einem tag, dafür habe ich jahrelang beim streaming geübt.

meine kamera in berlin gelassen, die alljährlichen aufnahmen vom rosanen monte rosa mit dem handy versucht, aber das klappt dann doch eher nicht.

blick auf den monte rosa im morgenlicht, etwas unscharf
monte rosa unscharf im morgenlicht

versucht, den großen herzulocken. eine zugfahrt würde 10 stunden dauern und hin und zurück über 330€ kosten (via trainline), flüge von köln/bonn nach malpensa hingegen nur 120€ hin und zurück. so wird das nix mit der energiewende.

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nach hause

angekommen, bei fast allen gemeldet, sehr entspanntes zuhausegefühl. heute bei nils minkmar (über draussen nur kännchen) eine beschreibung gefunden, in der ich mich wiederfinde, die ferien in italien sind bei mir jedes jahr eine „rückkehr ins eigentliche leben“. ich merke so eine tiefenentspannung, weil die anpassung an berlin wegfällt, an die stadt, ans komplexe allerlei des alltags. gut, vielleicht ist das einfach „ferien“ und nicht italien, wobei ich das miteinander hier als viel angenehmer und frei von diesem andauerndem subliminalen vergleichen wahrnehme. die leute droppen eher küsschen als namen. niemand fragt, was du denn so machst im leben*, wobei das hier natürlich alle schon wissen, vielleicht ist das auch meine gute bubble am see, und nicht die italienische allgemeinheit, für solche aussagen bin ich eigentlich viel zuwenig hier. und kriege nichtmal mehr eine zeitung! es gibt kaum noch welche zu kaufen, ich habe die repubblica im online-abo, mag aber den spaziergang in die bar am see, mit cappuccio und brioche und zeitung.

*ich hab, wobei das klar nur mein problem ist, ein paar jahre gebraucht, um in deutschland ohne scham über meinen nicht akademischen job reden zu können. neuerdings erzähle ich mit begeisterung und rede eher ein bisschen zu lang, wenn mich jemand fragt, eine wirklich erfreuliche veränderung. in italien hatte ich nie solche gefühle, hier sind jobs und selbstwert nicht so eng ineinander verflochten vielleicht. oder ich bins nur.

ich brauche immer 2,3 tage, bis mein italienisch sich wieder genauso anfühlt wie mein deutsch. ich rede mit leichtem mailänder akzent, den ich allerdings nicht wahrnehmen kann.

noch nicht am strand gewesen, in berlin auch keine neue bademode mehr gekauft, gestern dann bei lektüre eines gesprächs zwischen frau gedankenträger und herrn ix das überraschende gefühl bekommen, zuwenig zu wiegen, weil man mit einem bmi von 27 wohl die beste lebenserwartung hat (auf mastodon), jetzt wieder entspannt mit meinen röllchen.

halt: beim suchen im netz zum thema allerdings einen 9 jahre alten artikel aus dem ärzteblatt gefunden, der zu einem anderen ergebnis kommt: bmi ≥ normalgewicht ist mit höherem sterberisiko verbunden, für männer mehr als für frauen, in einem ärzteblatt-text von 2018 (mit anmeldung, und unangenehmem foto) wird das noch einmal bestätigt.

bei allem der hinweis, dass statistik nur statistik ist, und die lebenswege immer das ergebnis einer vielzahl von bedingungen, geschichten, ereignissen und beziehungen sind, und genen, in krankheit und gesundheit.

schade, hatte mich schon auf mehr pasta und mehr von dem großartigen italienischen käse, vor allem, gefreut, die ich kaum noch esse, weil ich schon immer mit leider extrem wenig kalorien auskomme.

immerhin schleppe ich meine dicken bücher herum, zwei ziegelsteine mitgenommen, den murakami, auf den ich mich richtig freue, und den vuong, den ich als herausforderung empfinde, vor allem wegen des schriftbildes allerdings. die bücher sind so groß, eigentlich brauche ich eine neue handtasche dafür, ausrufezeichen!

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kw 30 2025

upsi, ich wollte doch mehr bloggen. zuviel los, dann ist der tag rum und ich schlafe, dann sind die dinge wieder weg, dann kommt der nächste tag. frage mich, wie die anderen (mek, buddenbohm, kaltmamsell) das hinkriegen neben dem alltag, vermutlich brauchen sie weniger schlaf oder haben mehr disziplin.

heute ist die schwester meiner mutter ebenfalls 90 geworden, sie liegt leider im krankenhaus mit einer art schwächeanfall. meine cousine ist bei ihr, fast die ganze familie checkt ein, fragt, grüßt, 3 generationen, wir sind ein bunter und lauter haufen. sie lebt noch alleine, in stade, der geburtstadt meiner mutter, kennt dort alle und jeden, ist tief verwurzelt in der stadt. ich weiß nicht, wie es jetzt weitergehen wird mit ihr, sie hat zwar hilfe, lässt aber wie ein käptn auf hoher see niemanden an die segel, der nicht alles genau so macht, wie sie es will. sie ist eher resolut vom typ her. drücken sie bitte die daumen.

gestern noch ein geburtstagsgeschenk eingelöst, mit 2 freundinnen ins freiluftkino, ich dachte, wir gucken diesen bob-dylan-film. dann kam eine sehr explizite werbung, junge tänzerin oben ohne und unten fast ohne, tische, männer, ein striplokal, aber es war dann keine werbung, sondern der hauptfilm, in dem eine prostituierte einem reichen berufssohn begegnet, er sie für eine woche kauft, spontan in vegas heiratet, sie sich an den obszönen reichtum gewöhnt, bis der vater des jungen mannes seine gehilfen schickt, um die sache zu beenden, was ihnen natürlich gelingt. ich kannte keine der schauspielerInnen, sie waren alle sehr gut, besonders das gesicht von mikey madison ist als lolita perfekt, eine schöne, glatte maske, fast zu glatt für mimik, bis auf die augen. mochte das nebeneinander des verwöhnten jungen, der immer alles bekommen hat und den sehr klar sehenden zynismus der frau, und wie sich beide dann in kleinen momenten erkennen im biblischen sinne, herz zu herz, beide gleich verloren und verlassen, der freiraum für die absurde hoffnung, dass es doch eine liebe werden könnte, und nicht nur ein kurze berührung in einem geschäft. und wie sie dann beide in ihre rollen zurückkippen, sie hoffnungslos und traurig, er bedröhnt und abwesend, den preis zahlt sie, weil ihr leben danach wieder im club stattfindet, und seins im jet. die clichees kullern da nur so, pretty woman blablubb, sry! ich war halt vollkommen hinterm berg dies jahr, was filme angeht, dabei war anora der gewinnerfilm der oscars. guter film, aber zuviel sex. männer sehen das bestimmt anders. (merke, ich komme mit mehr feminismus aus dem film raus, als ich reingegangen bin)

bin mit frisch überwundener blasenentzündung in decken eingerollt, es ist wolkig, aber bleibt ganz knapp über 20°, sehr feiner abend, die freundinnen nehmen mich seit jahren regelmässig mit ins freiluftkino, es gibt einen tisch, erdnüsse und ein bierchen dazu, mit viel luft und himmel drumherum. nachher radelt man durch den dunklen park wieder nach hause.

heute dann vorfreude auf den urlaub, morgen gehts los. beim packen die versuchung, gitarre, ukulele, das klavier und zeichenzeug mitzunehmen, weil ich ja eventuell in der freien zeit mal wieder etc. beim zeichnen habe ich eine reelle chance, mein job gibt mir gelegenheit dazu, das mit kindern zu machen, hätte fast noch ein lehrbuch gekauft, hoffe, das internet hilft da weiter. ich kann die erste ebene halbwegs, den reproduktiven teil, ein wiedererkennbares tier aufs papier bringen, habe aber keine ahnung, wie ich von da in eine kreative, interessante darstellung kommen kann, oder wie so ein weg vermittelbar ist.

habe nur ein bisschen respekt vor der langen horrorfahrt über deutsche autobahnen, mit all den geisteskranken rasern. die geschwindigkeit ist so ein typisch phantasieloser männerfetisch, passt gut ins land (und ja, am see brauchte ich ein auto, es gibt keinen nahverkehr.)

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musik und parties

eine freundin fragte an, ob ich eventuell in die philarmonie wolle, sie hätte da eine steuerkarte übrig. immer, natürlich, wer will das nicht? es war auch noch ein wirklich sehr guter platz in der ersten reihe von block b, der saal voll, etwas über ein drittel weißhaarige menschen, die anderen von ca. 12 jahren an aufwärts. seit langem mal wieder ein abend, bei dem ich so gut wie nichts vorher kannte, oder zwar schon mal gehört habe, aber ohne eine beziehung zur musik aufzubauen. liszt und strauss, thielemann und erin morley, eine sensationell gute sopranistin aus den usa. beim zuhören kann ich es kann glauben, dass jemand (strauss) so eine melodieführung schreiben kann für eine stimme, es scheint eine sehr wilde reise, doch sie bleibt souverän, gutgelaunt, charmant in einem wunderschön schwingenden plisseekleid in bianchigrün. die orchesterlieder sind es, thielemann erzählt, dass er ein bisher unbekanntes lied gefunden habe, für piano, und daraus ein orchesterstück geschrieben hat, unfassbar eigentlich. das lied war fein und voller schönheit, ganz leicht und elegant, nicht so voller sensationeller effekte wie die anderen lieder.

mit ubahn zurück, wie immer mit pendelverkehr, ich weiß auch nicht, was grad in berlin los ist.

so, das war am 6. juli, schon wieder über eine woche her. im klassikblog, das ich oben verlinkt habe, sind seitdem schon wieder drei komplette seiten gefüllt, ich habe mir zum 60. mal wieder das weiterbloggen vorgenommen, egal wie, egal was, nicht mehr warten, bis die ganzen angefangenen texte mit ideen, sätzen, abschweifungen angereichert werden. überhaupt: nicht auf ideen warten, einfach losschreiben, wie früher. ich tue das nicht mehr, weil mein beruf die meiste zeit des tages einnimmt, auch die meiste kraft verbraucht, das freie fliessen der gedanken, wie es idealerweise bei mir aus einer gewissen langeweile heraus entsteht, das kann man nicht erzwingen. na, mal schaun, mal sehn. im neuen job bin ich abends nicht erschöpft, vielleicht klappt es da mit gewohnheit, wenn ich nicht mehr dauernd einfach so einschlafe, sobald ich nicht mehr stehe. jeden abend ein paar zeilen vorm einschlafen oder so.

meinen geburtstag im kleinen kreis gefeiert, nach jahren mal wieder, weil runde zahl etc. der davidzwilling hat mir ganz selbstverständlich beim vorbereiten geholfen, er hat die rolle übernommen, denn der gregorzwilling war in umbrien, der große steckt in seiner abschlussarbeit. es war sehr schön und fast herbstlich heimelig, weil es draussen so geschüttet hat die ganze zeit, die luftfeuchtigkeit ist fast so hoch wie am lago, das ist gut für haut und haar. reden, zuhören, plaudern, die freundeskreise mal zusammenbringen. man bleibt im fluss miteinander. vorgenommen, das wieder regelmässig zu machen, weil jünger werden wir ja nicht.

s/w-bild, in der mitte ein tisch, drumherum menschen im gespräch

foto: gaga nielsen

habe meine geburtstagszigarette jedenfalls sehr entspannt am sofatisch genossen, ich biete das bei einladungen immer allen an, raucht drinnen, ich mag das aroma, macht aber keiner mehr, der gang auf den balkon ist konditioniert, ist ja auch so ein ausstieg aus der sozialen situation ins ganz eigene, du mit deiner kippe unterm nachthimmel, das hat was.

heute dann auf der arbeit mit einem kuchen und einem blumenstrauss überrascht worden, nasse augen bekommen, es ist ein wirklich guter ort, an dem ich gelandet bin.

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5. juli 25

endlich sommer, also verlässliche temperaturen über 20°, mehr will ich ja gar nicht. ich bin immerhin abends wieder ansprechbar und für spontane aperitivs zu haben, ein riesenfortschritt, nehme die stadt wahr, die schön gekleideten jungen leute, viel weiß dieses jahr, anliegende weiße schlauchkleider und -shirts, bei denen ich überhaupt nicht in versuchung komme. parallel dazu empfinde ich meine sommerkleider als einen tick zu blümerant und bunt, aber ich kann ja nicht jedes jahr neue kleider kaufen, nur weil die mode sich dauernd ändert, wobei ich mich dunkel erinnern kann, dass ich das früher deutlich anders wahrgenommen habe. und ja, mein schrank ist sehr voll.

dies posting entsteht nach dem schönen text übers schreiben beim herrn buddenbohm, über frau kaltmamsell.

mich beschäftigt die vor monaten gelesene statistik über die vielen frühen tode von typ einsern immer noch, ich habe das bedürfnis, meine rente früher zu beantragen, die stunden zu reduzieren bis auf ein mass, dass nicht mehr anstrengend, sondern nur noch auslastend und angenehm ist. gregorzwilling sagt, ich solle wieder mehr sport machen, er hat recht, aber grade habe ich überhaupt keine energie übrig dafür. das ist schon ungut, sagen wirs mal so. ja, ich weiß, der sport bringt energie, aber die müdigkeit ist eine koppel ohne gatter, rausgucken ist einfach, rauskommen weniger. erstmal über den zaun irgendwie. jedenfalls werde ich mir so bald wie möglich joggingschuhe nachkaufen, nachdem die letzten von einem sohn erst ausgeliehen und dann irgendwie übernommen wurden. heute, sonntag, hätte ich wunderbar zeit dafür. ich bin nicht unfit, aber fit bin ich auch nicht, und das reicht nicht mehr.

kann sein, dass es ein frauending ist, wenn wir dann in der menopause angekommen sind und immer noch nicht genau wissen, ob das jetzt alles so bleibt, oder ob ich in die etwas zu groß gekauften bhs auch noch reinwachse, wie aus den erst neulich gekauften hosen wohl bald wieder heraus, gleichzeitig ändert sich der masstab peu a peu, ich bin dankbar dafür, dass ernste erkrankungen bisher ausbleiben.

ich werde 60 in dieser woche, das ist schon richtig cool eigentlich. am geburtstag bin ich bei patti smith, falls ich das ticket nicht noch loswerde, ich wär auch einfach gern allein gut essen gegangen. mal sehn.

jetzt gleich mit einer von einer freundin vermittelten steuerkarte in die philarmonie, liszt und ein paar strauss-lieder, gemerkt, dass meine ganzen sommerschuhe ungeputzt und staubig im schrank stehen, ich weiß gar nicht mehr, ob ich damit länger laufen kann. trage mal wieder das alte graue lieblingskleid, mit meiner grauen perlenkette, die mir plötzlich viel zu grob und groß vorkommt, merkwürdig. immerhin passe ich noch rein.

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jugend reist

der gregor-zwilling fliegt morgen nach amman, für ein praktikum. bin aufgeregt und habe stellvertretendes reisefieber, mein mutterherz flimmert etwas. was ist denn bitte falsch an so einem klassischen praktikum irgendwo im schwäbischen? als angehender ingenieur müsste da doch was zu finden sein! im sächsischen hat er nix gefunden, trotz langer suche, das tiefere westdeutschland ist ihm schlicht nicht eingefallen. wenn ich mich dann kurz konzentriere und die frau casino von früher erinnere, kann ich meine neugierde auf den rest der welt ein bisschen reaktivieren, die vorfreude auf andere kulturen, sprachen, regionen, bevor alles verdeckt wurde durch die mediale flut an informationen, bildern, vorurteilen. die eigene person mit haut und haaren ins andere, fremde, unbekannte bringen und schauen, was passiert. der spass an entdeckungen. drücken sie dem g.-zwilling die daumen auf seinem weg zum weltbürger.

ich war nie im arabischen raum, ich möchte da eigentlich wirklich gerne mal hin, bin träge geworden, fahre immer nur an den see im sommer, dabei geht ja reisen auch ohne viel geld oder zeit, dann ist der impakt viel intensiver, diese klimatisierten großen hotels sind ja auch entfremdung pur von der umgebung. habe frau ziebarth immer dafür bewundert, dass sie überall mal war, „jedes land nur einmal„, mit ihrem kleinen köfferchen, sie hat auch die buddha-statuen in afghanistan sehen können, bevor die taliban sie gesprengt haben. der kleine gregorzwilling macht das nu einfach, bewundere ihn sehr. frage an die kundige leserschaft: soll er seinem kurzzeitchef irgendwas kleines mitbringen, ich dachte an italienische kekse oder taralli oder sowas?

ansonsten habe ich diese maikälte langsam satt, es wird und wird nicht wärmer, besonders, da sie auf die aprilkälte folgt, die ja direkt auf die märzkälte gefolgt ist. ich denke dann an rahmstorfs these, dass es in mitteleuropa ebensogut richtig kalt wie viel zu heiß werden kann, und befürchte schlimmes, bin als absolutes sommerkind einstweilen aber einfach traurig darüber. die klematis verblüht auf dem balkon, ohne dass ich mich abends raussetzen wollte, zu ungemütlich. immer noch wollpullis, mir ist aufgefallen, dass ich sowieso kaum halbwegs elegante tragbare leichte alltagskleidung mehr habe, weil ich über alles einen pullover ziehen muss. meine garderobe ist leider anders als geplant noch nicht ganz geupdated, immerhin nehme ich langsam aber irgendwie unaufhaltsam etwas zu und kann dann zu engen kram einfach direkt entsorgen.

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kw mai 25

versuchsweise eine kleine leselampe für um den hals bestellt, damit ich vorm einschlafen statt handy auch mal wieder ein buch lesen kann, die nachtischlampe macht mehr atmo als licht.

das neue buch von ocean vuong macht den einstieg schwer, der text ist winzig, ein hunderte seiten langer fußnotentext schreckt mich etwas ab. seine sprache ist bildreich, hätte es vielleicht lieber als ebook geholt, um wörter nachsehen zu können beim lesen, das mache ich gern bei den ersten seiten, wenn der lesefluss dann trägt, gibt der umliegende text genug bedeutung ab für die nicht verstandenen wörter, die werden dann mitassimiliert.

zweite seite: „Down our back roads, the potholes are so deep and wide that, days after a summer downpour, minnows dart freely in the green-clear pools.“ ohne google hätte ich nicht gewusst, um welches lebewesen es sich handelt, hatte aber schon etwas lebendiges assoziiert. minnows sind jedenfalls elritzen, die elritze lebt in „klaren sauerstoffreichen gewässern in ufernähe“, ich kenne diese silbrigen kleinen fische, ein bild, dass mich noch eine weile begleitet, überhaupt ein bildreicher einstieg ins leseerlebnis, zuletzt hatte ich etwas ähnliches bei arundhati roys „god of small things“, ich habe aber auch eine schwäche für lebendige landschaftsbeschreibungen. das buch bis jetzt voll mit kleinen glitzernden stellen.

im blog nach dem gott der kleinen dinge gesucht, nix gefunden, bestimmt, weil es ja schon 1997 erschienen ist, ich habs vermutlich vor der bloggerei gelesen. weiß aber noch, wie meine freunde damit nix anfangen konnten, nee, die eine freundin, die bücher für ihr seminarangebot suchte, die fand es uninteressant, und ich zweifelte dann sofort an meiner wahrnehmung, obwohl ich ja wusste, dass eine reise nach indien in den achtzigern mich geöffnet hatte für den text, in den ich jetzt allerdings auch nicht mehr reinkomme. unfassbar, wie die zeit vergeht.

zweite woche in der neuen arbeitststelle verbracht, es ist eine sehr außergewöhnliche grundschule, an der ich gelandet bin, montessori-orientiert, kinder und kollegium so sprühend vor energie, ideen, kreativität und talent, ein sehr lebendiges mobile, wo eins ins andere greift, es abholt, weiterbringt, in bewegung und in beziehung bleibt. ich habe das erste mal in diesem beruf das gefühl, ich könnte da alles von mir einbringen, jeden aspekt, jede minibegabung, die man so entdeckt an sich über die jahrzehnte, meine person als gesamtpaket. sehr aufregend und am anfang etwas anstrengend, ich muss die in den letzten jahren festgetrampelten schutzschichten erstmal ablösen, die scheu überwinden, ins handeln kommen, das wird ein bisschen dauern, aber diese schule ist eine großartige chance. drücken sie mir die daumen bitte.

merke grade, wie ich die fischchen aus dem emperor of gladness, ihr schnelles hin und her, ihre leichtigkeit, als assoziation auch bei den zeilen über die schule noch im kopf hatte. fascinating.

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springweg brennt

heut nachmittag hab ich mich auf den balkon in die sonne gesetzt, um meks buch anzufangen, springweg brennt, und dann ging es mir so wie den anderen leser*innen: plötzlich war es ein paar stunden später und das buch ist zu ende, es liest sich sozusagen von selber. ist mir schon lange nicht mehr passiert. beim lesen sofort wieder in dieser zeit gewesen, als alles noch so offen war, das leben, die wege, entscheidungen, jetzt sind meine kinder gerade noch in dieser lebensphase, und ich bin mek wirklich dankbar dafür, dass ich dem modus, dieser unmittelbarkeit der jugend mal wieder näher bin.

im buch wird ein altes haus in utrecht besetzt, mek und seine truppe gehören dabei schon zu einer art von profis, es gibt bestimmte abläufe beim besetzen, dann beginnt eine art rollenspiel mit der stadtverwaltung, wo jede seite abwechselnd schritte macht, wie bei einem gesellschaftstanz. die gespräche, die verschiedenen persönlichkeiten, wie entscheidungen mal getroffen werden und mal einfach passieren, die totale offenheit von situationen, es liest sich sehr lebensnah und hat einen intensiven zeitreiseneffekt. und oft ist es lustig, wie die hausbesetzer ihre strasse vor der räumung an beiden enden mit sofas abriegeln, so schön, und dann kam berta, aber das solltet ihr selber lesen. und es gibt überraschend viele hunde im buch!

beim lesen gleich gedacht, das wär ein würdiges ende auch für mein riesiges altes sofa, die jungs wollen es immer loswerden, aber ich sitze halt noch drauf.

mir waren hausbesetzer*innen lange zeit ewas unheimlich, so piratenartig, sie nehmen sich halt, was sie brauchen. in mailand gibt es das leoncavallo, von dem mek auch schreibt, da war ich in den frühen achtzigern auf demos und konzerten, ich hab mich aber eher als solidarische touristin gefühlt, nicht als teil der leute, hab mich nicht getraut, auf den diskussionsrunden zb zum thema feminismus was zu sagen, bin aber hingegangen. das leoncavallo gibt es noch, es steht schon wieder vor einer räumung, die am 15. mai stattfinden soll, irre. ich war ja immer mehr in der bürgerlichen ecke zuhause, und die besetzten häuser waren jenseits der grenze, also die gründe dafür waren alle richtig und nachvollziehbar, aber der weg war mir zu kämpferisch, vielleicht, weil die häuser immer nur kurz vor oder nach den räumungen in meiner wahrnehmung auftauchten. dann sind freunde von mir in welche einzogen, dann war es normalisiert, der jetzt tote freund martin hat eine zeitlang in der rigaer str. gewohnt, weiß gar nicht, ob es das haus da noch gibt.

jedenfalls. lest das.

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20 jahre hotelmama

worte, worte, worte. unfassbar viel text, mein blog wird am 1. april 20. als frisch alleinerziehende habe ich damals irgendeinen ort für mein glück gebraucht, und es war wahnsinig aufregend, einfach texte ins netz stellen zu können, ohne schwellen, ohne schwierigkeiten, in einem rutsch in die welt, press pubblish and go, das funktioniert für mich 2025 immer noch. inzwischen sind die kinder schon ein paar jahre ausgezogen und in ihren eigenen leben, aber die bloggerei ist für leute wie mich immer noch der schönste weg, text zu veröffentlichen. es gab ja damals eine richtige bloggerszene in berlin, mit treffen und parties, ich hab freunde und liebhaber gefunden, die liebsten davon sehe ich immer noch regelmässig. ihr leser und leserinnen seid meine bezugsgruppe, on- und offline. danke.

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ab jetzt abendrot

tiefblauer himmel, man sieht oben in der mitte einen winzigen roten kinderdrachen fliegen
blauer himmel mit kleinem roten drachen

ich war immer tiefblau, ozeanblau, ultramarin, bodenlos mit den paar pixeln bianchigrün dazwischen. das meer in allen schattierungen, der himmel, wenn er mal wie heute strahlend und voller licht ist, kobaltblau und lapislazuli, wenn es abend wird. wenn man die augen schließt und die sonne brennt, ein paar momente, bevor alles wegfließt, einfach nur die glorreiche sommerhitze, das gleissende meer, das kindheitsglück, wenn der himmel weit und der sommer endlos ist.

oben diesiger himmer, darunter hellblauer pazifik, im unteren drittel sieht man die schwanzflosse eines wals aus dem wasser schlagen. whalewatching 2012 vor monterey
whalewatching 2012, vor monterey

der strand zu heiß für nackte füße, also flipflops. und dann, ausrufezeichen, habe ich mir heute eine rote brille gekauft, obwohl ich auch diverse blaue probiert habe, eine war voll die frau-casino-farbe, durchsichtig wie flusswasser, oder eine mit leichtem türkisem glitzerdingens, aber nein, erst bei der roten war es ein klares ja. neulich habe ich schon eine korallenrote handyhülle gekauft, und einen roten pullover, ich erwäge sogar, meine roten lederstiefel mal wieder anzuziehen. ist das auch das alter? der farbwandel fühlt sich elementar und grundlegend an, wie ein abschied, also nicht nur gut. nur noch 80% sehkraft, sagt die optikerin.

ich schaffe das meer nicht, komme nicht hin, klebe hoffnungslos im grauen berlingetriebe fest, und kleide mich jetzt als rote ampel, vor sich hin blinkend, ein roter punkt im farbchaos der großstadt. die alten brillen weggeworfen.

blick von oben auf ein felsiges küstenstück am highway 1 in californien, man sieht gischt, aus dem wasser ragen schwarze felsstücke
bucht am highway 1

bevor alles den bach runter geht, lieber noch schnell für 1 euro ein haus am meer kaufen, echt, das war so knapp heute.

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gras wachsen hören

gestern mein hörgerät bekommen, seitdem kommt mir die welt sehr laut vor, alles macht geräusche! das klicken auf der tastatur, die fingernägel auf dem tisch, der holzboden meiner wohnung knarzt in vielen tonlagen. die akustikerin meinte, das gehirn muss sich wieder daran gewöhnen, soviel zu hören, in den ersten tagen oder wochen fällt einem jeder ton auf, den das leben so erzeugt, alles fühlt sich einen tick zu laut an, später reduziert sich die wahrnehmung wieder aufs notwendige. war gestern abend so richtig hirnmüde, verspürte eine klangunlust, bitte endlich wieder ruhe! ich trage jetzt unitron moxi b1-312, ersteinmal für drei wochen, dann teste ich noch ein anderes gerät und darf mich dann entscheiden. die geräte verbinden sich via bluetooth mit dem handy, streamen und telefonieren geht dann automatisch, ob sie sich auch mit dem rechner verbinden lassen, weiß ich noch nicht. zuzahlung wäre nur 10€ pro seite.

die akustikerin hat mir die aufgabe gegeben, während der anpassung 15min am tag klassische musik zu hören, „laut!“, das mache ich natürlich gern. und ja, bald ist ostern, die mp (selbstlink, sry) geht schon wieder, hurra!

meine diagnose war eine mittelgradige auf der einen und eine leichte schwerhörigkeit auf der anderen seite, es ist mir bisher im alltag nicht so wahnsinnig doll aufgefallen, ich habe in gesprächen mit anderen halt öfters nachgefragt oder mein nichtverstehen stillschweigend akzeptiert, nur flüstern ging irgendwie gar nicht mehr. und ja, die geräte halten auch bei kleinen ohren sehr sicher, und ich hatte richtig sorge, dass sie rausfallen, wie alle anderen kleinen ohrstöpselchen.

neulich freunden erzählt, dass die airpods bei mir nicht halten, nein, auch nicht mit den kleinen adaptern. eine freundin hatte eine erklärung: die dinger werden für männerohren gebaut, die einfach größer sind. fand ich interessant, wäre empörend, falls wahr. in meinem umfeld bin ich jedenfalls die einzige, bei der solche dinger überhaupt nicht halten, das ist mit einiger wahrscheinlichkeit aber wohl eher eine anekdotische evidenz. falls nicht, kann es ja ein anreiz zur meistens geschäftsfördernden diversifizierung sein.

vor ein paar jahren hat mir ein hno-arzt von hörgeräten abgeraten, es sei alles noch nicht so wild, und ich solle mein gehör trainieren. es scheint aber so, als ob ich mich eher dran gewöhnt hätte, ohne obertöne zu leben. außerdem hat mich die aussicht auf mehrere hundert bis tausend euro zuzahlung abgehalten, dabei geht es auch ohne. jetzt gespannt darauf, ob das gerät wieder aus meiner wahrnehmung verschwindet. erstmal jedenfalls ein hoch auf die krankenkassen, und auf fielmann.

(falls ihr euch das auch überlegen wollt: termin beim/bei der hno fürs rezept, dann termin bei einem hersteller oder bei fielmann, dort wird auch noch einmal ganz genau getestet, was ihr braucht oder wollt. es gibt ein paar geräte zur auswahl, von verschiedenen firmen, die werden jeweils ein paar wochen getragen und dabei angepasst, dann bekommt man ein eigenes, je nachdem mit oder ohne zuzahlung.)

edit/ergänzung: seit gestern die liedzeile „listening to the voice of my soul“ samt melodie im kopf, jetzt hat gregorzwilling sie identifiziert, es ist „listening to the wind of my soul“, das passt nur ungefähr, but well:

edit hinterdrein: es gab beim f. kein zweites hörgerät zum testen, mein jetziges wurde nur noch einmal in der einstellung angepasst. der termin fürs zweite wurde abgesagt, einen weiteren hab ich nicht bekommen – also ganz so toll war das doch nicht alles. bin zufrieden mit dem gerät, hätte aber schon gern noch ein anderes zumindest ausrobiert.

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