afa

schon eine woche und einen tag hier. die ersehnte große langeweile hat noch nicht angefangen, weil g.-zwilling mit zwei freunden seit ein paar tagen hier ist, bisher haben sie einen tag verlängert, mal schaun. also haushalt wie immer ein faktor. sehr warm, habe ventilatoren bestellt, eine idee, auf die ich bisher noch nie gekommen bin, kein windhauch zu spüren, sehr unnatürlich, alles hängt fest in einer hitzeglocke. emma leidet vor allem. tagsüber liegen wir sehr angenehm am see unter bäumen, ich plaudere mit altem freund, die jungs miteinander. hotel mama hat 5 sterne, sagen die jungs, nur die nächte seien etwas warm, das gäbe sternabzug.

teilen

die berliner

neben unserem stückchen strand liegt ein großes grundstück mit haus und seezugang und pool, bewohnt von „dem berliner“, einem zehlendorfer immobilienmenschen. zu sehen sind meistens ein oder mehrere seiner kinder, junge erwachsene mit 3 bis 4 freunden. der berliner kauft den kids jedes jahr ein neues spielzeug, vor ein paar jahren ein riesiges trampolin im wasser, an dem wir immer vorbeischwimmen und wo jeder erstmal draufklettert, weil es so verlockend ist, bevor jemand aus dem haus das verbietet. das schnelle motorboot haben sie schon ein paar jahre, dieses jahr sind zwei scooter und ein surfbrett mit motor dazugekommen, die alle mit höchstgeschwindigkeit in größtmöglicher küstennähe betrieben werden, in einem wirklich irrsinnigen tempo ziehen sie enge, schnelle kreisel umeinander, sehr nah an den schwimmern entlang. wir strandnutzer beobachten das in so einer ungläubigen und leicht genervten faszination und spenden beifall, wenn mal einer ins wasser fällt. sie verstoßen gegen ein paar gesetze und wurden schon angezeigt, haben ihre strafe bezahlt und dann einfach weitergemacht. erstaunlich ist vor allem, wie laut sie ihren spass haben müssen, der lärm ist erheblich. sie tun halt, worauf sie lust haben, für jede metaebene ist da weder zeit noch raum.

meine gäste (ein zwilling mit zwei freunden) haben auch neues spielzeug bekommen, ein gummikanu für 2 personen, sie pumpen es gemeinsam auf, losen, wer zuerst dran kommt und paddeln dann 3km weit, bis zum kloster santa caterina del sasso, während einer hinterherschwimmt, und wieder zurück. sie sind abends sehr hungrig, sehr müde, haben einen kleinen sonnenstich und planen, heute bis zu den felsen hinter dem kloster zu kommen, von wo man prima ins wasser springen kann. sie plaudern über wirtschaft, pop und die neue staffel house of cards, und zeigen bilder von den pyrenäen, wo sie zwei wochen lang mit zelt und rucksack wandern waren.

heute auf dem liegestuhl hab ich mir versucht vorzustellen, wie die kinder des berliners das restjahr über anständige, ehrenamtlich tätige und konzentriert arbeitende junge leute sind, aber es war deutlich einfacher, sie nach ihrem verhalten zu beurteilen. wenn die berliner nicht da sind, genießen alle die ruhe.

teilen

1-satz-träume

im traum sitze ich auf einer kleinen mauer am rand einer nondescript strasse, als jemand vor mir stehen bleibt, auf dem fahrrad, und nichts sagt. ich sehe auf, und es ist m., zu dem ich 2012 den kontakt abgebrochen habe, er lächelt nicht, ich auch nicht. ein paar sekunden sehen wir uns an. er sagt: wir suchen psycho-paten, für ein flüchtlingsmädchen, jemanden, der sich um sie kümmert. dann überlege ich eine antwort, und will sagen: so jemand braucht bedingungslosigkeit, und überlege, ob das kind noch in den kindergarten geht oder schon älter ist, bin aber dabei schon wach. in den ersten paar sekunden, bevor der tag mich erreicht, habe ich das gefühl, dass er immer noch der mann meines lebens ist. zuletzt habe ich ihn mal auf dem rad gesehen, in der stadt, und wollte ein paar ampelphasen lang wieder sofort mit ihm sein.

ferien ey. lasst die träume kommen.

teilen

per aspera

zeitweise komplett genervt von meiner finanzlage. so wenig war es noch nie, und um jeden quark muss man kämpfen, kindergeld, versicherungen, steuern. beantragen, x unterlagen besorgen, hinschicken, alle paar monate. es ist bestimmt nur dewegen anstrengend, weil ich darauf angewiesen bin, die fortwährende aufwand dafür kostet zeit und macht mich nebenbei zur bittstellerin (beweisen sie ihren anspruch so oft, wie wir es für nötig erachten), obwohl es mein recht ist.

die versteigerung von ein paar erstausgaben hat wenig gebracht, das wertvollste ist liegengeblieben, ein paar jünger-bände sind im paket vermutlich an einen händler weitergegangen, eher enttäuschend. es sind vielleicht auch einfach schlechte zeiten für alte bücher, sollte kaufen statt verkaufen, aber mir fehlt grad der übermut des habenwollens. oder übersprung?

letztes gekauftes buch war eine studie über die psychoanalytische geldtheorie, weil ich zu verstehen suche, warum mir das geldverdienen so schwer fällt. liegt bisher auf dem stapel, kommt aber mit nach italien. anscheinend geht es darin hauptsächlich um frühkindliches, so richtig hilft mir das auch nicht auf die sprünge, aber interessant ist es allemal.

teilen

madre viva

am ersten ferientag mit dem putzen begonnen, dabei auch in die oberen kühlschrankfächer geschaut. ins glas mit der mutterhefe noch mal reingeschnuppert, bevor ich es entsorge, und siehe da – ein feiner, eleganter hefegeruch kommt mir entgegen, wo ich das aroma des verfalls erwartet hatte. sie hat wochenlanges vergessen werden überstanden, also hab ich sie gebadet, schaue, ob sie noch wächst, und werde sie in den urlaub mitnehmen müssen, denn was lebensformen angeht, bin ich eher dem ahimsa verbunden, aus pragmatischen gründen. hurra.

teilen

armyscheiß

ein paar jahrzehnte lang gab es einen großen armeeshop an der ecke, vollgestopft bis auf die straße, aus dem es intensiv nach naftalin und männerumkleide roch, der besitzer verlangte einen euro eintritt, stand oft im unterhemd vorm laden und trug mit seinem ungeduschtsein zur atmo bei, ein paar warzen in der verlaufsbahn der achselschweißes an die luft haltend. sogar der hund wollte die straßenseite wechseln. die jungs haben dort mal einen seesack gekauft, aus dem sie nach zweimaliger 90° wäsche den schimmel nicht rausbekommen haben. nach langer renovierung hat dort jetzt so eine gemeinschaftspraxis für ausgerechnet zahnärzte geöffnet, sehr auf edel, schön und gut gepimpt, motto: ihr geld für unser wohl. ihre tür steht immer offen, und wenn man dran vorbeiläuft, wird klar, warum: der alte mief kommt noch immer unverändert aus den räumen; schweiß, schimmel und mottenkugeln. kleine schadenfreude.

teilen

saisonale übergänge

erstaunlicher erschöpftseinsstatus. kenne ich nicht von mir, alles stresst, dauernd schlechtes gewissen, weil ich termine verschieben muss, die nur mit noch mehr stress zu schaffen sind, druck auf der brust, wach um vier, gereizt, kein überblick, mein zen ist futsch. vollzeit plus familie schaffe ich nicht, das ist schon wieder frustrierend. alter ist ein faktor, bin älter, als ich aussehe und jünger, als ich mich fühle, heute 54, und noch immer keine verdammte menopause. der job mit kleinkindern fordert auf akustisch intensive art, mir fehlt auch das denken noch immer, es läuft fast alles über intuition und erfahrung, aber nach ein paar richtigen sätzen von freunden kann ich besser damit leben, in einem kindergarten zu arbeiten. dass also eigentlich fast alles gut ist, muss ich mir grade noch stück für stück zusammenpuzzeln, es trägt noch nicht. freue mich sehr auf die freien wochen am see. ohne kids, die allein zuhause oder unterwegs sind, noch nie so viel zeit ohne kinder verbracht, vielleicht gehts mir dann doch nicht gut damit, eine trockenübung vor den auszügen wird das.

teilen

kw 27

den neuen soth mehr als sammlerin gekauft, die geschichte zum bild ist besser als das foto. mochte auch bei den früheren veröffentlichungen die texte immer sehr, eine kongeniale beziehung. das bild wird hier zur illustration der geschichte, es sind keine gleichwertigen partner. das foto brauchte drei tage von new york bis berlin, genau wie die vier platten, die ich zur unterstützung von tzadik records gekauft habe, das ist mir zu schnell.

dort spielt greg cohen den bass, mit dem ich schon mal ein paar worte gewechselt habe, womit ich damals meinen gitarrenlehrer beeindrucken konnte. jetzt muss ich nur noch den plattenspieler wieder in gang bekommen. (plattenkauf, so ein quatsch.)

mitte juli endet mein arbeitsvertrag, ich bekomme ab september einen neuen, bin aber die ganze zeit als plan und idee unterwegs, nicht wirklich fest gebunden, den pragmatismus am bein wie eine boje. freue mich sehr darauf, im sommer ein paar wochen lang zeit zum denken und herumleben zu haben.

werde die zwillis im sommer allein in der wohnung lassen und hoffe, dass sie aufräumen, zumindest, bevor ich zurückkomme. so wenig grundlegendes in der wohnung getan in den letzten monaten, wie ich immer sinnvolle plätze finden will für bücher und schränke und blumenpötte und geschirr und was sonst noch so über ist, sich dann alles einfach nur ansammelt, bis ich es entnervt wegwerfe. mag das entwertende daran nicht – als hätten die dinge irgendeine bedeutung außer dem wert, den ich ihnen beimesse. ich mag ja dinge, sie haben eine freundliche und stabilisierende wirkung auf mich, aber ohne system und struktur aka gestaltungswillen i.w.s. verlieren sie ihre eigenheit.

teilen

„Historische Umkehrung: nicht mehr das Sexuelle ist unschicklich, sondern das Empfindsame – verpönt im Namen dessen, was im Grunde nur eine andere Moral ist.“

in meinem sinnlos zerlesenen fragmente-einer-sprache-der-liebe-band nach der vox „zweifel“ gesucht, nichts gefunden, trotzdem, wie immer, eine lange weile später mit ein paar trovaillen, im sinn von schätzen, kleinen, fast dingfesten gedanken wieder aufgetaucht. (zitat aus: suhrkamp tb s. 182.)

teilen

détaché

es ist mir heut zwischendurch mit ein paar |plings| wieder eingefallen, warum ich so schlecht aus dem mögen wieder herausfinde.

ich erinnere mich an ganz früher, als die beziehung zu meinen nächsten erwachsenen eine fluchtbereitschaft enthielt, eine vorsicht, wie ich nie ganz selbstvergessen war, und wie wir in der liebe gehalten wurden, wenn mal wieder was schief gegangen war, wegen seiner kindheit, seinem stress, seiner erziehung, immer aus gründen, die nichts mit uns zu tun hatten, und wir mögen bitte hingehen und ihm sagen, dass es uns leid tut, weil er so drunter leidet. ich bin während der eskalation deeskalierend bis unsichtbar, danach verständnisvoll bis ironisch, so habe ich es gelernt, es ist mir erste natur inzwischen.

teilen

pasta

war kurz mitgerissen von der aufregung, aber sie ist wieder verflogen und ich genieße meinen abend. es bleibt ein interesse dafür, wie und in was und warum sie da reingeraten ist, warum sie das getan hat, aber es ist eher so ein verblüfftsein. vielleicht sagt sie was dazu, vielleicht nicht, das ist aber ihre sache, denke ich. liebe frau readon, hier gibts jedenfalls immer eine pasta für sie.

(hmm. werde noch mal drüber nachdenken, warum mich die sache nicht so wütend macht wie alle anderen.)

teilen

texte beamen

die verbindung zwischen einem buch und dem leseerlebnis ist unmittelbarer als bei einem e-book. die ersten augenblicke, der weg vom digitalen in die vorstellung ist eine zusatzstrecke, die energie kostet, konzentration einfordert, mehr phantasie benötigt. beim lesen will mein kopf das gerät ausblenden, das leuchten der oberfläche, und versucht, die wandelbarkeit der buchstaben zu vergessen. weiß nicht, ob die unmittelbarkeit bei papierbüchern frühe prägung und lange gewohnheit ist. auch bei hörbüchern rematerialisiere ich das gehörte immer erst, gebe ihm tiefe und raum zurück, dass es wieder welt wird, das dauert von den ersten worten an ein paar sekunden. diese medien bleiben bewußt, bis der inhalt durchs eindämmungsfeld durch ist, vor allem vorgelesenes ist frei verfügbar im raum, wie ein gespräch am nachbartisch oder ein radio in der küche, außerdem ist es ja schon mal gesprochen und erlebt, und muss mich erst erobern, als ob mein leserherz sagt: du text, du hast doch schon ein zuhause, warum soll ich dich haben wollen? und wenn dann so eine schöne sinnliche stimme liest, bin ich schon wieder abgelenkt durch einen nebenstrang.

teilen

kw langes wochenende

erkenne mich nach all den jahren in allem wieder, was mich ausmacht. es fühlt sich an wie eine entfremdung, als könnten alltag und lebensumstände auf keinen fall spurlos an einem vorübergezogen sein.

will mir ein neues bett kaufen, beim nächtlichen suchen eins gefunden und nicht gebookmarkt, rücken aus einem einzelnen breiten, schön gemasertem palisanderbrett, in frankreich. nicht wiedergefunden. denke kurz: dann halt doch erst neuer mann, dann neues bett.

die wünsche inzwischen luftgetrocknet und auf den schrank gestellt, gelegentlich noch auf vollzähligkeit überprüft und wieder vergessen.

ich schaffe es nicht, wieder mit gitarre anzufangen, sondern verschiebe es immer auf morgen.

schaue grad auf prime eine alberne serie, aus wirklich großer müdigkeit, und hab viel spass am entspannten umgang mit sex und gewalt, weil beides erzählt und nicht gezeigt wird, die befreiende  abstraktion der sprache, nur tom ellis ist zum glück dauernd halbnackt. mein kopf ist für text und gesprochenes viel zugänglicher als für bilder, die (bei gewalt) sofort auf gegenwehr stoßen. gewalt scheint mir nach der serie als natürlicher teil der menschlichen diskursmasse, sex wird wieder selbstverständlich.

ich kann den lievito madre nicht in meinen alltag integrieren. das brot ist zu aufwändig, geht erst eine nacht, muss dann dreimal alle 3-4h neu geknetet/geformt werden, bevor ich es abends in den ofen stelle, wenn keiner mehr essen mag, weil der tag vorbei ist. erwäge, die hefe auszusetzen oder weiterzugeben.

teilen

william mc carthy

mal wieder auf ein konzert, von mir unbekanntem singer-songwriter. wurde netterweise mitgenommen, in ein altes wunderschönes kino gleich hinter der brotfabrik (nicht schokoladen, sorry), in pankow, mit ungestrichenen wänden und nicht so toller anlage, aber sehr charmanter crew und toller bar. es gibt bier bier für 2,50€.

im publikum lauter fans, einer mit konzertshirt von den augustines, zu denen mccarthy als gitarrist mal gehört hat, ein energumeno, er füllt bühne und raum allein mit einer kleinen gitarre und sonst nichts. es klingt wie ein einziger song, mit auf und abs, geschmetterten refrains, das publikum singt mit, leider konnten wir keinen text verstehen, werde es aber nachlesen. es sind songs für eine band und große bühnen, sie brauchen alle kraft und den ganzen körper beim singen, haben dabei eine magische leichtigkeit und viele feine schöne linien. starke musik, im sinn von kräftiger musik, lauter musik, genau so gemeinten texten, die ich nachlesen werde! weiß noch nicht, ob die songs auch ohne raum und fans und lautstärke tragfähig bleiben, zum mitsingen sind sie aber unbedingt.

der schiere willen, den ganzen raum zu füllen mit seiner stimme, er holt uns dazu, wir sollen dabei sein, und freut sich, als ein paar junge frauen ausgelassen herum tanzen vorne an der bühne. bei einem song stöpselt er die gitarre aus, läuft ins publikum, steigt auf einen tisch und singt von da, man konnte seine perfekten zähne sehen und wurde mitgerissen und abgeholt von wo auch immer. viele zugaben, er hat das publikum aus den stühlen bekommen an einem arschkalten berliner maitag, das schafft nicht jeder.

bin zwar mehr beeindruckt als begeistert, das kann aber auch an meiner großen müdigkeit gestern liegen, ich war froh, einen sitzplatz zu haben und einen tisch unter meinem bier. oder werde ich alt? egal. mehr konzerte sollten möglich sein.

teilen