venezia bella

venedig ist die unglaublich detailreiche oberfläche von allen möglichen und unmöglichen geschichten, die dort passiert sind, vor hundert jahren, als die stadt noch kein disneyland war. die vergangenheit atmet noch, sie stinkt und schimmert in allen farben, die tourimassen so ein farbstrom in einer langzeitbelichtung, dahinter sehr schweigsame häuser, darunter das wasser. wir laufen einfach kreuz und quer durch die gassen und über die brücken, ich will mit den kindern durch die stadt zum markusplatz, den sie aus filmen schon kennen, über die rialtobrücke, einfach herumlaufen. wir haben nur ein wochenende, zuwenig zeit für anderes als entspanntes herumtreiben. fürs nächste mal mit mehr zeit habe ich mir eine venedig-führung an der hand von corto maltese vorgenommen, dem ich jederzeit überallhin folgen würde, durch pratts menschenleere stadt mit ihren magischen bewohnern, geheimnisvollen frauen, gefährlichen männern, alten und neuen mächten. es gibt diesen führer schon in mehreren ausgaben, er soll sehr genau und aktuell sein, im shop vom guggenheim lag er, als einziger seiner art.

ich bin sicher, alles könnte genau so passiert sein, wie pratt es zeichnet, die ganzen abenteuer, die  gerade hinter den schweren gardinen zum canal grande stattfinden, damit sie einem zustossen, muss man dazugehören, also einen platz haben in einer dieser alten bedeutungshierarchien, alt im sinn von: nicht mehr änderbar, vermutlich endlich, daher die melancholie. beziehungen haben, den städtischen strukturen ein persönliches netzwerk überziehen können.

wir laufen im gänsemarsch durch die gassen, immer den schildern nach, die den strom zu den hauptsehenswürdigkeiten führen, für so einen spaziergang auf der oberfläche genügt ein wochenende vollkommen. wenn man abbiegt, ist oft nur ein dickermannsbreiter raum zwischen den häusern, man landet dann am wasser und kommt nicht weiter, oder ist nach ein paar weiteren metern vollkommen allein und sofort verloren, weil die gassen den häusern folgen und nicht umgekehrt.

es ist die festa del redentore, gegen 18-19 uhr laufen wir über die ponte accademia zum dorsoduro,

– das heisst harter rücken, es könnte auch ein kräftiger fußrücken sein, braungebrannt und stabil, oder so ein zäher männerrücken, auf dem man städte bauen könnte – erst grad beim suchen entdeckt, diesen namen, gleich verliebt. dorso duro.

dann weiter, bis wir am wasser stehen. die jungs hopsen dann schamlos zwischen den vielen dort sitzenden menschen durch, bis wir ganz vorne an der punta della dogana ein paar halbe quadratmeter finden und die füße ins wasser halten könnten, so nah ist es. warten, mit getränken, keksen und leone-pastillen, die kinder spielen uno mit einem französischen päarchen. es wird nacht über einer großartigen kulisse, wir sitzen gegenüber vom markusplatz.

wir haben 2 einhalb sehr viele stunden zeit, es soll um 23:30 beginnen, die lagune füllt sich nach und nach mit hunderten von kleinen booten und gondeln und fischerbooten und polizeibooten und und, dicht an dicht, alles, was schwimmen kann, ist heut draussen, es fehlen nur glam und lucky mit schlauchbooten, sonst sind alle da, mit familien, freunden und touristen durcheinander.

und dann beginnt das feuerwerk, mein erstes überhaupt. alles vorher war nur geböller. wir stehen mit offenem mund und sehen 400 jahre tradition, von 5 weit auseinander liegenden  flössen aus über der guidecca und san giorgio maggiore in die nacht geschossen, eine unglaubliche vielfalt an farben und formen, choreografiert und mit perfekter handwerkskunst ausgeführt, über 45 minuten lang.

dabei stehen wir ohne gedränge direkt am meer, zwischen uns und dem feuerwerk nur ein paar reihen menschen und viele boote, am himmel die sterne und ganz weit oben ein riesiger vollmond. hammer romantisch, wie elias sagte.

zurück brauchen wir anderthalb stunden im dichten gedränge,

 

von der accademia-brücke aus kann man hunderte von bootslichtern sehen, grün und rot, die wieder nach hause fahren. es ist natürlich total voll, ein volksfest im besten sinne, wir brauchen ewig für den heimweg. zu fuss durch s. marco, immer die hauptstrassen entlang, bis wir morgens um halb zwei in cannareggio ankommen und ins bett fallen, sehr müde und sehr zufrieden.

sonntags sehen wir uns noch die chiesa del redentore an, mit der davor liegenden und offenen flossbrücke rüber nach venedig, die kirche als dank für die erlösung von der pest gestiftet und von palladio erbaut, die flösse immer nur an diesem wochenende offen. es ist zu heiss zum drüberlaufen, für die jungs sind die schlauchboot-fahrrad-hybriden viel spannender.

am letzten tag fahren wir mit den wasserbussen eine weile einfach hin und her, ich möchte nach murano, einfach um den kindern ein bisschen glaskunst zu zeigen. die insel ist heiss und schattenfrei, in einem hauseingang steht ein schild mit einem pfeil zur werkstatt, dort zahlen wir pro kopf einen euro für eine kurze führung und sitzen dann in einer alten leeren werkshalle, vor großen glühenden öfen. ein paar alte männer zeigen ihre kunst, ein bisschen müde natürlich, aber noch nicht verzweifelt, bilde ich mir ein, die kinder sehr begeistert, in ein paar sekunden entstehen vasen und ein sehr feingebautes und lebensechtes pferd aus klarem glas.

das glas überall in den schaufenstern ist viel traditioneller als erwartet, es gibt wenig wirklich aufregende dinge, immerhin erfreulich viele quallenskulpturen, aber die starke touristische orientierung der glaskunst ist offensichtlich.

 

ich sehe ein paar wunderbare dieser traditionellen stücke, gewaltige leuchter mit wunderbaren kerzen und blumen. die leuchter werden aus den werkstätten heraus auf lastkähnen verschifft, was sonst, das versöhnt einen schon wieder mit fast allem.

ich liebe muranoglas, werde irgendwann einen rosa-hellblauen leuchter der jahrhundertwende erben, der zu nichts sonst passt außer zu sich selber. in der stadt   gibt es zwischendrin viele ecken mit einem anderen, zeitgenössischem und ironischem venedig, man läuft dran vorbei, die studis und architekten und denker wie der ehemalige bürgermeister cacciari müssen ja auch irgendwo arbeiten,  aber bei einem kurzbesuch mit kindern sehe ich kaum etwas davon, in der ein bissken ahnungslosen suche nach dem literarischen und ewigen venedig meine ich in jedem kontrast zum tourikommerz etwas davon zu entdecken, obwohl es vielleicht doch nur der verfall ist, das sich aufgeben, bzw. kein geld für farbe.

dann ein aus der zeit gefallener ort, ein buchladen, in einer ecke nur 2 meter neben dem strom, ohne schild, mit einer neonröhre weit oben in der decke, staubigen stapeln mit alten uni-büchern über die geschichte der dogen, des handels, der seefahrt in der stadt, der buchhändler ein großer mann hinter einem alten pc-monitor, von dem er nicht aufsieht. im laden gibt es keine farben, das licht ist schwarz-gilb, aber das fällt gar nicht sofort auf, weil ich mir so fremd vorkam dadrin, ich hatte meine ganze geschichte dabei, aber die war nicht gefragt, ich war gemeint plötzlich, ich war dort, hätte etwas tun oder sagen müssen, die anonyme schnelle masse draussen war ganz weit weg. wenn ich das passwort gewusst hätte, dann wäre ich verschwunden und in einer anderen geschichte wiederaufgetaucht, aber ich habe die alten bücher wieder hingelegt, meine postkarten bezahlt und bin wieder rausgegangen, wegen der kinder und weil ich mich dem nicht ganz gewachsen fühlte, missing corto.

 

venedig lohnt sich, man muss ein gewisses zen-dingens mitbringen, aber die ruhe im chaos zu finden ist ja eine allgegenwärtige fähigkeit (smartphone gucken im bus). man sollte viel geld dabeihaben, weil das geld irgendwie unbemerkt verschwinden kann dort, und man sollte unbedingt versuchen, vom weg abzukommen.

 

lago

wir fahren an den lago und sind ne weile nicht erreichbar.

( ich wollte den dortigen telefon-vertrag aus den siebzigern, beim vor-vorläufer des jetzigen telkomkonzerns, von 5h netz im monat auf eine flatrate raufsetzen, diesen wunsch  mûsste ich, wie man mir letztes jahr mitteilte, einen monat vorher anmelden. wie sich herausstellt, kann man sie von deutschland aus nicht anrufen, so steht es in der antwortmail, sehr 18.jh.  irgendwie, auf die bitte, mir auf meine mail mit einer mail zu antworten, kamen nur noch automatische absagen mit der bitte, sie doch anzurufen. sehr tiefe provinz, aber mit wunderbarer aussicht, bis zum monte rosa an klaren tagen.)

sonst nix. guten sommer allerorten!

way away

war neulich im nature theater of oklahoma, romeo and juliet im HAU. in einem teil des stückes haben die beiden schauspieler einen dialog geführt zwischen sex und gefühl, mann und frau, nicht über gesellschaft und projektion, sie haben als stimmen der unterschiedlichen wünsche gesprochen, und irgendwann sagte die frau, sie wolle mal der neediness den stab halten. oder brechen? brechen. beifall im publikum.

esoeck

am wochenende wieder einen „sowas liest du?“ -kommentar auf irgendeine bemerkung zum herrn der ringe, dabei die zweischrittige reaktion von kleiner kontextfreier freude, für etwas besseres gehalten zu werden und dem ärger darüber, wenn jemand tolkien in die ecke gebrauchs- oder bedürfnisliteratur steckt. ich sage nächstes mal, dass ein leser für tolkien phantasie und vorstellungskraft braucht, und den mut, sich vorbehaltlos und ohne leine in eine neue welt zu werfen, in der nichts vorausgesetzt ist.

KW 20

die jahreszeit, wo man alten küssen hinterhergoogelt, von einem sylvester vor vielen jahren, aber ich weiss nicht mal mehr den namen, was mich freut, weil es eine schöne erinnerung ist. kinderfreies wochenende, keine pläne, sehr schön.

samstag starkregen (ohne brille sichtbar: schirm; mit brille: kapuze; nicht sicht-,  nur fühlbar: ignore), zum glück knapp vorher laufen gewesen, also musste ich mit dem hund nur noch kurz raus. wintermantel.

ob man hunden das schütteln auf befehl beibringen kann? vielleicht sollte ich aber auch keine weissen teppiche auslegen.

freitag kam ein freund und hat mir aus benn vorgelesen, der grade auf dem tisch lag, weil ich bei goncourt vom stundengott gelesen hatte und ein vages echo hochkam, kein gedicht, glaube ich, und das kapitel aus diesem romananfang ist es auch nicht, vielleicht ein mem der 60er jahre, bachmann?  war es nicht eher etwas mit einem kleinen und freundlich bleibenden triumph, ein der ewigkeit entrissener, ins ordnungssystem und vergänglichkeit überführter gott, die kurze stunde, festgehalten.

yes, obviously im benn weitergelesen: Wer allein ist, ist auch im Geheimnis,/ immer steht er in der Bilder Flut,/ ihrer Zeugung, ihrer Keimnis,/selbst die Schatten tragen ihre Glut.

ein jammer, dass pathos so einen schlechten ruf hat.

den freund und mich hat das gedicht, ein anderes,  ein bisschen traurig gemacht, wir haben dann einen lagavulin getrunken, eine stulle gegessen und von anderem geredet, dann bin ich zu einem abend mit anderen alten freunden weiter in den contadino sotto le stelle, das scheint nachwievor ein lieblingsort für dates zwischen bisschen älteren, weil die beleuchtung so freundlich schwummerig ist. guten wein getrunken und über die nähe gefreut, die ganzen nicht abgeschlossenen geschichten mit brüchen, zweifeln, wünschen, wir sind immerhin im fluss, das ist doch schonmal was, und es hört uns jemand zu.

jetzt einen text lesen, der eventuell zu einem verlag soll, von einem bekannten, nicht ganz glücklich darüber, weil das eigentlich ein job ist, der aber als gefallen angetragen wurde, weil ich bin ja keine lektorin. andrerseits hat er nachhilfestunden angeboten für einen der jungs, mir war das unangenehm, weil er nix wollte dafür, ich werde das kind jetzt hinschicken – diese tauschhandel sind zukunftsmusik, eine willkommene alternative, aber es ist kompliziert, weil die werte so subjektiv bestimmt werden, neulich der anbieter von nachhilfe, der pro stunde um die 25 euro haben wollte, bei dem preis wär ein schnelllektorat vielleicht wieviel stunden wert? und bei 13 euro? oder weg vom geldwert zu einer anderen bedeutung, idealerweise im vertrauen auf werte wie erziehung und takt und anderes altmodisches zeug.

leichter hunger auf die dinge, die ich nicht habe, also auf die nicht käuflichen davon – der andere freund neulich, der von seinen bordellbesuchen erzählt und sich freut, wenn er eine dame findet, die ihren job dort mit natürlichkeit versieht, ist das ein vorteil, den männer haben? mir fehlt eigentlich eher das gehalten werden, so im reellen wie übertragenen sinn, der sex ist dabei nur ein kleiner teil des deals. dem mann fehlt das auch, aber er trennt die beiden radikaler, kauft sich das eine, wartet auf das andere.

Kein Hochgefühl von Räumen
und auch Erlösung nicht,
nur Stunden, nur Träumen –
o gib dein Kerzenlicht.

(Wer allein ist –, G. Benn, Gedichte, Fischer, S. 277 und  O gib –, ebd., S. 337)

 

rites du passage

es war ein gewusel. alle, alle sind gekommen, sogar aus rom und münchen und amsterdam, aus dem wendland und aus münster, alle frauen der familie und ein paar der wenigen männer, und ein großer haufen kinder. ich war bissken nervös vorher, mein letztes großes fest mit familie war immerhin meine hochzeit, aber es wurde mit meiner familie alles wunderbar unkompliziert, nee: mit beiden familien, die vom ex war auch dabei. die ersten gäste schon am freitag, auf dem tisch eine riesige pasta aus dem 20l-topf wie anno d, mit wein, bier und whisky … ich hab also am sonntag verschlafen und musste viel kaffee trinken, um die küche aufs gleis zu bringen und dem einen zwilling, der sein hemd nicht anziehn wollte, eins von meinen anzudrehen („merkt keiner“). ab 11 kamen die gäste, beim brunchen war sogar der allerletzte teller aus der kammerecke mit dem zeug aus WG-zeiten im einsatz, und dann begann die zeit auf diese magische weise zu vergehen, wenn alles ineinander verfliesst, die geschichten, der tag und die menschen, immer mehr geschichten, neue und alte neu erzählt, umarmungen, gelächter, die vielen kinder nach ein paar stunden unzertrennbar in 3 sprachen, der gottesdienst war schön und angemessen, mit vielen liedern, mit einem trompetensolo, damit auch die letzte tante noch nasse augen bekommt (mütter können das auch so), die gethsemanekiche voll bis zur letzten bank, die jungs alle so groß in ihren anzügen und die mädchen mit den ersten higheels an den füssen, so viel schönheit. die bilder vom tag sind alle hell und fröhlich, der große war glücklich, weil er so gefeiert wurde, es ging bis in den frühen morgen. auf dem nachhauseweg vom restaurant sind die 12-16jährigen zusammen vorgelaufen und wurden gleich von einem polizeiwagen angehalten, wie alt sie denn seien („so. hmmm. und was macht ihr dann mitten in der nacht allein auf der strasse?“ „wir sind nicht allein! es ist die ganze familie dabei, die kommen da hinten“ – die ganze familie fand die fürsorglichkeit der beamten vorbildlich) das einzige, wirklich das einzige dumme war das geschenk für den großen, das nicht so lief, wie es sollte, ein windows-rechner, es scheint klar, das niemand sowas freiwillig kauft, andrerseits stellt so ein ding wirklich eine gute aufgabe fürs erwachsenwerden dar. die letzten gäste sind erst gestern wieder gefahren, es war ein ordentlicher 5-tage-klopper, und wie durch ein wunder ist noch ein drittel nutella im glas und eine ganz schale selbstgemachtes erdbeereis im tiefkühler.

jolie

der mai schaffts immer wieder, alles scheint sich zu fügen, wie lauter wasserläufe bergab in einem größeren zusammenkommen, schau hin, sag ich mir, und freu mich am kleinsten großartigen detail, es ist sehr zentrierend, wenn lauter nebensächlicheiten als sinnhaft zusammenkommen, dinge gut werden, lauter kleines stimmige muster bildet, obwohl das große sich nicht groß verändert hat, aber ich schau mich dann an und denke nu, einfach mitlaufen lassen, bestimmt nur ein kleiner tritt, dann bin ich auch wieder im fluss. sehen lernen. es gibt diese ein, zwei momente am tag, wo das leben schmeckt wie himbeertorte plus abendsonne plus kindergackern. bestimmt die unlängst explodierte grüne magie hier am platz. (dazu: alter gute laune song)

kleider finden

ein kleiner rundgang durch den kleinen laden, da hing es an der stange, mein kleid, genau so, wie es sein sollte. es passt wie angegossen und ist ohne jeden zweifel das richtige kleid für mich, es wurde für mich geschneidert, es ist schlicht taubenblau mit ein paar extras, und ich bin zuhause darin, „ja!“ haben verkäuferin und ich zeitgleich gesagt, als ich es anhatte. ach hätte ich, ach wäre ich doch gleich in diesen laden gegangen, und nicht zuerst in ein paar andere, bei denen es auch je ein kleid gab, das irgendwie in ordnung, eigentlich okay, kann man tragen war, so dass ich es mitgenommen habe, weil wann geh ich schonmal shoppen.

das schöne stück im lieblingsblau wird sicher länger durchhalten als der reissverschluss daran, ein langer reissverschluss über die ganze seite des kleides, arm bis hüfte sozusagen, der kurz nach beginn einer wunderbaren feier den geist aufgab und fortan den rest der nacht offen stand, sodass niemand das schöne kleid sehen konnte, weil ich die ganze zeit einen nicht dafür gedachten pullover drüber tragen musste. die von praktisch veranlagten mitgästen angebrachten klebestreifen haben irgendwie der schönen maienluft nicht standgehalten.

zwei ballkleider hängen ja auch noch im schrank, es sollte also unbedingt ein partysommer werden, und mindestens eine veranstaltung, auf die ich ein cremeweisses, seidenartiges und eher elegantes („festlich“) sommerkleid anziehen kann, am liebsten ein fest ohne kinder, hunde oder erdbeerbowle, am besten im diesjährigen sommer, weil es ist schon einen tick eng so obenrum.

leichtes misstrauen der 16jährigen gegenüber, die beim shoppen das kommando übernommen hat. wo kommt die her? wo war sie solange? wo ist sie jetzt? ich muss ihr die kreditkarte wegnehmen.

hell

schon wieder mai, mit festen zügeln durchtraben, eine party hab ich schon geschwänzt wg. sozialer unlust (und weil die gäste alle auf dem verteiler waren, lauter film-event-medien-superduper-männer und lehrerinnen, aber hey, ich muss mir wirklich mal überlegen, was ich will. wie früher einfach mal mitgehen, solange die sonne noch nicht aufgegangen ist, vorm tag wieder gehen und ruhe ist). nagut, ich hatte auch husten und kein kleid.

morgends um 5 aufwachen und denken: komm, mein hunger, leg dich zu mir eine kleine weile, ich machs dir warm und schön, und dann gehste wieder steine schippen wie gewohnt, und sandkörner zählen, und löcher füllen, oder was immer dich am leben hält.

schulplatz.

meine großen, wunderbaren zwillinge sollen an zwei verschiedene schulen kommen. eine davon ist unter den beliebtesten des bezirks, was immer das auch heissen mag, davidzwilling hat es jedenfalls in die klasse seiner wahl geschafft, am c.v.o.-gymnasium, da geht auch der große glücklich hin. gregorzwilling soll an den stadtrand, noch weiter draussen als der golfplatz, sagt das schulamt, nach karow, das ist so ziemlich die arschkarte aller berliner schulen, immerhin nahe am berliner ring, falls jemand außerhalb lebt. schulweg wäre über tram, u-bahn, s-bahn UND bus, alles nacheinander, und dann noch fussweg.

geschwisterregelung gilt ab dem nächsten jahr, die kann ich wohl noch nicht anführen. im letzten jahr galt sie auch. warum sie im nächsten und im letzten jahr gilt und in diesem nicht? heaven knows.

was kann ich tun?

warum einem meiner kinder eine excellente schule ermöglichem und dem anderen eine, von der niemand jemals gehört hat, die nur in den horrorgeschichten über nicht vermittelte kinder auftaucht, die schule in karow nämlich?

puh.

naja, auf in den kampfmodus, mit einem gewissen gefühl der machtlosigkeit angesichts all dieser willkühr von amtsseite. da hat sich also die sekretärin am cvo gedacht, ach ja, nehmen wir einen, dann – ja, was werden die sich gedacht haben, gar nichts womöglich? werde ich nie erfahren, es wird irgendwas rationales, unpersönliches, im stil von „können-wir-nichts-dafür-immerhin-wurde-einer-aufgenommen“ sein.

mal wieder schwimmen gehen

ach lass den sommer mal wieder etwas eigenes werden, bisschen größer, bisschen tiefer, näher am staub, als wärs nicht schlimm, auf die nase zu fallen, als wäre nie was passiert. manchmal kann ich sehen, wie schnell das leben läuft, immer weiter, und wir sind könig und können kurz stehenbleiben, sonne im gesicht, für einen blick, der alles trifft und versteht, was man verstehen soll, und sonst nichts, weil da ist auch nichts, mein lieber schwan. und dann der nächste schritt, der nächste tanz, in&out of the blue.

I’m a

zwillingsgeburtstag.  ein wunderbarer und sehr entspannter tag, noch keine parties, die machen wir getrennt dieses jahr, weil jeder eine eigene will. zum ersten mal nur 1 kuchen, dafür ein großer. kerzen, ständchen, hund will vom kuchen abhaben. ein abendplan war geplatzt, da habe ich den jungs videos satt angeboten, wir lagen also mit popcorn und chips und bionade/bierchen auf der couch und haben den hobbit und argo geschaut, um halb elf abends davidzwilling noch eine wärmflasche gemacht, weil er nach maulwurfskuchen, knabberkram und einer doppelten lasagna etwas hinüber war. (mother)

gestern kurz mit einem weltbass am tisch gesessen (u.a zorn, coleman, waits, anderson), er wohnt ein paar wochen über mir. was ich denn so tue, fragt er, „I’m a writer“, sage ich, bevor sich der kopf einschalten kann, und ich werde den mann nicht gut genug kennenlernen, um eine berichtigung notwendig werden zu lassen. warum mach ich sowas? ich habe nur ein paar jahre lang mit schreiben geld verdient, hauptsächlich als eisbär, davor und danach bin ich ein paar originellen ideen gefolgt, habe aber auch jede menge schwachsinn gemacht, das meiste eher unspektakulär. (joke)

der große spielt mit der gitarre und tut so, als könne er superschnell spielen. „kann das jemand?“ fragt er mich, ich freue mich und öffne den klassiker, gleich kommt ein freundliches hallo vom spolar plexus, ich erinner mich an das wohnzimmer meiner freundin mitte der achtziger, in dem christian kathrein sass und die stücke einfach so mitspielte. „hört sich echt scheisse an“ sagt der große, ich werfe ihn sofort raus und schicke ihn in sein zimmer. er soll jetzt 10 mal „das ist nicht so mein stil“ schreiben und mir die füsse küssen. kein respekt. i’m a bitch.

gott, ist das großartig, das stück. seit jahren nicht gehört, die songs geistern noch durch ein paar wiedergabelisten, aber sie sind zu sehr an alte zeiten geknüpft, nicht mal negativ, vielfach an menschen, nächte und stimmungen gebunden. neu hören ist eine hohe kunst, dabei geht zuviel verloren, nicht bei dieser platte natürlich, aber. mal auf kassette in einem einem citröen DS am lago, der fahrer auf koks, ich mit einem mailänder auf der rückbank, vielleicht verliebt, vielleicht nicht, der mich nach durchknutschter nacht eh sitzenlassen würde, die sonne ging auf, die musik ging weiter. später einer freundin vorgespielt, die irgendwie zu brav war dafür und es nicht cool genug fand, um es ihr nochmal vorzuspielen. das schwarze plattencover mit rand. habe die cd vor 10 jahren einer familienhelferin geschenkt zum abschied, weil damals, als ich mit den kleinen jungs frisch allein zuhause war, der große immer die kleinen verkloppt hat, teilweise mit kochlöffel, da hab ich beim jugendamt angerufen und nach tips gefragt. eine nette familienhelferin ist dann ein paar mal gekommen und hat mit den kindern gearbeitet, wir waren wechselseitig erstaunt übereinander, die, weil ich sie um rat frage, ich, weil sie so nett war. sie hat sich bei uns ein bisschen gelangweilt, es lief dann irgendwie unter bürgerverständigung, glaube ich. es gab einen schlussbericht mit chefin, noch einer mitarbeiterin, ihr und mir, der zur allseitigen zufriedenheit ausfiel, man, war ich jung damals. 2003. sie war ostlerin, mochte gitarre und kannte kaum internationale musiker.

I’m a blogger.

(morisette-revival-day)

(sie können hier über paypal etwas in die trinkgeldbüchse werfen, wenn sie möchten. das hotel mama hat auch einen wunschzettel. vielen dank dafür!)

(boston-graphic)

es wurde gewarnt vor den bildern, sie seien nicht nur „graphic“ sondern „very graphic“, bezieht sich das auf die größere sichtbarkeit graphischer signale im vergleich zu sonstigen aufnahmen?  ach nee, es heisst auch „explizit“, ach so. habe weitergeklickt, in diesem merkwürdigen weiterklicktrieb in the wake of tragedies, geht es um teilhabe oder darum, diese kleine überlebensfreude wegzukriegen, indem man zumindest hinschaut? so hab ich dieses eine fürchterliche foto gesehen, mit den fehlenden beinen, dem mann, der die arterien zuhielt, dem merkwürdig unblutigen wadenbein darunter, und dem weissen, geschockten gesicht des opfers. werde ich nicht mehr vergessen. der helfer hat in den letzten 10 jahren seine beiden söhne an die usa verloren, all dieses wissen, das sich stapelt und zu keinem sinn führt. grad wieder der gewaltschwerpunkt im vordergrund, unter den dingen, die wir unseren kindern am dringensten beibringen müssen: keine gewalt. das zweite ist ja genauso einfach, keine gier (kein profitdenken, mein ich)